Ehrung

Dr. Karl Ortseifen - Ehrenpreis der DNG 2020

  Ehrenpreis der DNG 2020 für Dr. Karl Ortseifen  
     
  NNB 11/2021  
 

 

Dr. Karl Ortseifen erhält den Ehrenpreis der DNG 2020 für langjährige Verdienste um die numismatische Gemeinschaft.

Vom 24. bis 26. September fand in Mainz das 18. Deutsche und das 56. Süddeutsche Münzsammlertreffen zum Thema: „Geld und Wirtschaft im Südwesten“ mit einem sehr ansprechenden Programm statt. Der Grund: die Numismatische Gesellschaft Mainz-Wiesbaden feierte mit mehr als 60 Teilnehmern ihr 100-jähriges Gründungsjubiläum.

Im Rahmen dieser Jubiläumsfeier erhielt Herr Dr. Karl Ortseifen aus den Händen der Präsidentin der Deutschen Numismatischen Gesellschaft (DNG), Frau Dr. Barbara Simon, den „Ehrenpreis 2020“ samt Urkunde verliehen.

In ihren Erläuterungen sagte die Präsidentin, dass man dem 1. Vorsitzenden Dr. Karl Ortseifen nach Beschlussfassung des Präsidiums der DNG vom 21. Juli 2021 den Ehrenpreis für seine langjährigen Verdienste um die numismatische Gemeinschaft verleihen wolle.

Dr. Karl Ortseifen und Dr. Barbara Simon (Bild Andreas Meyer)

 

Der 78-jährige Dr. Karl Ortseifen erläuterte beim Interview, dass er sich schon in jungen Jahren seit der Gymnasialzeit für das Sammeln von Münzen und Medaillen habe begeistern können. Dr. Karl Ortseifen war bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2009 Akademischer Direktor am englischen Seminar der Universität Mainz, Fachbereich Amerikanistik.

In den siebziger Jahren hätten ihn Reisen beruflicher Art öfters nach Amerika geführt, deshalb gehöre die Amerikanische Münzgeschichte ebenso zu seinem Sammelgebiet wie die Kurmainzischen Münzen, und als antikes Interessensgebiet käme das Sammeln der Münzen aus dem seleukidischen Reich dazu.

Seit über 25 Jahren gehört Dr. Ortseifen dem Vorstand der Numismatischen Gesellschaft Mainz-Wiesbaden von 1921 e.V. an. Er bekleidete die verschiedensten Ehrenämter wie Schriftführer und stellvertretender Vorsitzender. Seit 2009 führt er als 1. Vorsitzender und als Nachfolger von Dr. Konrad Bech die Numismatische Gesellschaft Mainz-Wiesbaden an.

Die aktuelle Festschrift zur 100-Jahrfeier über das Thema: „Geld und Wirtschaft im Südwesten“ mit einem Umfang von knapp 300 Seiten und mit allen Vorträgen des Sammlertreffens in Mainz beschäftigten Dr. Ortseifen schon seit weit mehr als einem Jahr. Wie er weiter beim Gespräch betonte, habe er schlaflose Nächte gehabt, ob das Sammlertreffen wegen der Coronapandemie überhaupt durchführbar sei. Es war durchführbar, und die über 60 Teilnehmer seien mehr als glücklich gewesen, endlich wieder in Präsenz dabei sein zu können. Viele nette Gespräche und die intensiven Diskussionen würden dies bestätigen. 

Die derzeit 52 Mitglieder der Numismatische Gesellschaft Mainz-Wiesbaden dürfen stolz sein auf ihren 1. Vorsitzenden Dr. Karl Ortseifen, der den Ehrenpreis der DNG – 2020 verdient hat. Herzlichen Glückwunsch!

Die Ehrenpreis-Medaille wurde von der Bildhauerin Maya Graber geschaffen, die für die Medaille das Metall Bismut gewählt hatte. Eingraviert ist der Name des Preisträgers. Die Ehrenpreis-Medaille hat die gleiche Form wie die Eligiuspreis-Medaille und unterscheidet sich lediglich durch Medaillenbezeichnung.

Andreas Meyer

 
     

 

Manfred Mehl - Bundesverdienstkreuz

  Manfred Mehl - Bundesverdienstkreuz  
     
  NNB 3/2021  
 

Dr. Manfred Mehl wird das Bundesverdienstkreuz in Anerkennung seiner langjährigen hervorragenden ehrenamtlichen wissenschaftlichen Tätigkeit im und für das Land Sachsen-Anhalt verliehen. Manfred Mehl hat sich seit 1990 mit der Münz- und Geldgeschichte des Landes Sachsen-Anhalt auseinandergesetzt und mehrere grundsätzliche Publikationen erarbeitet, die der historischen Forschung besonders umfangreiches Quellenmaterial in einer bisher nicht verfügbaren Qualität erschließen. Sie beinhalten als bleibende Verdienste vorzügliche quellenkundliche Katalogwerke in numismatischer und geldgeschichtlicher Hinsicht, haben Forschungsdesiderate geschlossen und sind als historische Standardwerke anzusehen.

Der Autor hat jeweils die überlieferten Urkunden und die in aller Welt verstreuten Münzen und die Münzfunde ausgewertet. Damit, ergänzt durch eine exzellente Dokumentation des Forschungsstandes, gelingt ihm die Darstellung einer umfassenden Münz-, Geld- und Finanzgeschichte historischer Territorien, die weit über einen rein numismatischen Quellenkatalog hinausgehen. So werden die von ihm herausgegebenen Publikationen zu unverzichtbaren historischen Handbüchern für die Geschichte Sachsen-Anhalts. Allein für die Erarbeitung der mittelalterlichen Münzgeschichte des Erzstifts Magdeburg mit den Hauptmünzstätten Magdeburg und Halle nahm sich der Autor einem Thema an, das seit über einem Jahrhundert als eines der letzten großen Desiderate der deutschen Münzgeschichte überhaupt galt. Fast 1000 verschiedene Münztypen wurden erfasst und katalogisiert. Das Werk hat nicht nur für die deutschen, polnischen und skandinavischen historischen Wissenschaften, sondern generell für die internationale Mittelalternumismatik eine erhebliche Bedeutung. Die Herausgabe dieses Werkes unterstützte das Land Sachsen-Anhalt mit einem namhaften Druckkostenzuschuss.

Die Erarbeitung der Katalogwerke verlangte die selbst finanzierten Studien in großen Münzsammlungen in ganz Europa, von St. Petersburg, Stockholm, London bis zu Wien, Frankfurt oder München genauso wie in den Museen des Landes. Außerdem waren umfangreiche zeitraubende Studien in den historischen Archiven notwendig. Seine Begeisterung für die sachsen-anhaltische Kulturlandschaft führte ihn darüber hinaus regelmäßig als Reiseorganisator für historisch speziell interessierte Gruppen an verschiedenste Orte. Eine Vielzahl an öffentlichen Fachvorträgen wäre ebenso zu nennen. Das Landesmünzkabinett Sachsen-Anhalt im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) konnte sein Engagement über viele Jahre begleiten und ihn fachlich unterstützen. Weitere Museen, z. B. Quedlinburg, Magdeburg, Merseburg, die Burg Falkenstein und in Halle, profitierten und profitieren von seinem Engagement unmittelbar. Im nächsten Jahr wird ein neuer Katalog der mittelalterlichen Münzen der Grafen vom Falkenstein erwartet.

Die kontinuierliche und essentielle landesgeschichtliche Forschungsarbeit von Manfred Mehl erstreckt sich inzwischen über mehr als 30 Jahre. Sie erfolgte in einer erstaunlichen Intensität und mit einer bewundernswerten Akribie. Die Ergebnisse seiner ehrenamtlichen Leistung sind aus numismatischer und historischer Sicht von außergewöhnlicher Bedeutung für die Landes-, Regional- und Lokalgeschichte.

Manfred Mehl wurde am 4.3.1939 in Schneidemühl/Posen (Grenzmark) geboren. Die Flucht von 1945 führte ihn mit seiner Mutter zunächst zu Verwandten nach Erfurt. 1949 erfolgte die Übersiedlung in die Nähe von Hildesheim. Nach dem Abitur studierte Manfred Mehl von 1958 bis 1964 in Hamburg Griechisch, Latein, Alte Geschichte und Archäologie sowie Slawistik. Von 1966 bis zu seiner Pensionierung 2002 war er in Hamburg im gymnasialen Schuldienst tätig. Neben seinem Hauptfach Griechisch lehrte er Russisch, Latein und Sport.

Seit 1969 ist Manfred Mehl Mitglied und seit 1990 Vorsitzender im „Verein der Münzenfreunde in Hamburg e.V.“. Im Verlauf seines Lebens publizierte er etwa 130 numismatische Aufsätze und Bücher. Von den über Sachsen-Anhalt hinausreichenden Veröffentlichungen sind insbesondere die Arbeiten zur Geschichte des Papiergeldes, der deutschen Banknoten und des Notgeldes sowie zur Münzgeschichte des Bistums Hildesheim hervorzuheben.

 

Für seine herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Numismatik wurde er 1995 mit der damaligen Dankmedaille des Landtagspräsidenten von Sachsen-Anhalt, 1998 mit dem 2. Preis des AINP (Internationaler Münzhändler-Verband), 2003 mit der Goldenen Ehrennadel der Stadt Hildesheim und mit dem Eligius-Preis der Deutschen Numismatischen Gesellschaft sowie 2006 mit dem ersten Preis des AINP (für das Buch zur Quedlinburger Münzgeschichte) geehrt.

 
     

 

 

Anna Franziska Schwarzbach - J. Sanford Saltus-Preis der American Numismatic Society 2020

  Anna Franziska Schwarzbach - J. Sanford Saltus-Preis der American  Numismatic Society 2020  
     
  NNB 2/2021  
 

 

Am 3. Dezember 2020 erhielt Anna Franziska Schwarzbach im Rahmen einer kleinen Feier im Münzkabinett Berlin, die als Video-Schaltung übertragen wurde, den J. Sanford Saltus-Preis der American Numismatic Society, den seit 1913 verliehenen und wohl renommiertesten internationalen Preis für Medaillenkunst. Sie ist nach Bernd Göbel (2000) die zweite deutsche Preisträgerin.

 

 

Anna Franziska Schwarzbach wurde 1949 in Sachsen geboren. Ihr Vater, Hans Brockhage, war ein Holzbildhauer mit engen Verbindungen zum Bauhaus. Schwarzbach studierte Architektur beim Bauhaus-Schüler Selman Selmanagid in Berlin. Nach Tätigkeit als Architektin, u. a. beim Bau des Palastes der Republik, schloss sie ein Bildhauerei-Studium an. Seit den 1970er-Jahren ist sie als selbstständige Bildhauerin tätig. Ihre Skulpturen stehen auf öffentlichen Plätzen (z. B. Lise Meitner auf dem Ehrenhof der Humboldt-Universität), ihre Arbeiten fanden in zahlreichen Museen im In-und Ausland Aufnahme. Das Themenspektrum der Medaillen ist vielfältig, und sie reizt immer wieder die Möglichkeiten dieser Kunstform aus. Besondere Fähigkeiten zeigt sie in der Porträtmedaille. Sie interessiert sich für Biographien mit Brüchen, die sie auch darzustellen weiß. Dafür nutzt sie gerne Eisen als Material; die Belebung des ‚fer de Berlin' ist ihr ein Anliegen.

 
     

 

Rossen Andreev - Deutscher Medailleurpreis 2020

  Rossen Andreev - Deutscher Medailleurpreis 2020  
     
  NNB 11/2020  
 

 

Am 3. Oktober 2020 erhielt Rossen Andreev im Rahmen einer Festveranstaltung im Alten Rathaus in Suhl den Deutschen Medailleurpreis 2020, der von der Stadt Suhl zusammen mit der Deutschen Gesellschaftfür Medaillenkunst e. V vergeben wird. Die Laudatio hielt Stefan Kötz, LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Münster, dem wir für die Erlaubnis zum (gekürzten) Abdruck danken.

 

 

 

„Mehr Relief geht nicht: 4 bis 33 mm Dicke! ‚Wirklich ein Klopper, wie der Medailleur selbst schreibt: 110 mm Durchmesser bei 1,120 kg Gewicht. Aber er wisse nicht, wie sie angenommen werde, diese Jahresmedaille, weil sie ‚etwas aus der Reihe tanzt“ (Flyer zur DGMK-Jahresmedaille 2019). - Was aber hat die Münster-Medaille, die Jahresmedaille 2019 der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst e.V., präsentiert auf der Jahrestagung vom 4. bis 6. Oktober 2019 in Münster, dass sie Rossen Andreev 2020 beim Deutschen Medailleurpreis nicht nur wie 2018 mit „Maryam Mirzakhani“ und 2016 mit „Numismatiker“ in die Top Ten brachte, sondern an die Spitze? Ist vielleicht gerade das „Etwas-aus-der-Reihe-Tanzen“ das Preiswürdige, weil sich dies eben auch auf das bezieht, was in der Medaillenkunst aktuell so üblich ist, in thematischer wie in künstlerischer Hinsicht?

Die Rückseite zeigt rechts im Hintergrund die zwei markanten Türme des Münsteraner St. -Paulus-Doms; in unmittelbarer Nachbarschaft dazu steht das LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum, Veranstaltungsort der DGMK-Jahrestagung 2019. Hervorstechendstes Element des Neubaus von Staab Architekten Berlin 2014 ist dabei die „Spitze“: ein weit in Richtung Domplatz herausgezogener, eben spitz zulaufender Gebäudeteil. Dominant ragt diese Spitze auch auf der Medaille von links in das Medaillenrund hinein, die Struktur der Fassade, rauer Sandstein, ist treffend eingefangen. Die Vorderseite zeigt das Foyer des Museumsneubaus: Durchblickt wird der immense, knapp 700 m2 große Raum mit seiner Tageslichtdecke, geblickt nach links auf den Kassenbereich, auf die imposante Freitreppe mit ihrer Zickzack-Form und dem in die Wand eingelassenen Handlauf, auf den flachen, weit nach rechts gezogenen Gang mit Blickmöglichkeit ins Foyer. Ein paar Freiheiten in den Details hat sich der Künstler erlaubt, die Proportionen jedoch, vor allem die enorme Höhe von 14,5 m, und die prägenden Bauelemente, die reduzierten, klaren Formen und Linien, die intensive Raumwirkung kommen unmittelbar zur Geltung.

Die Münster-Medaille Rossen Andreevs ist eine Architekturmedaille und steht damit in einer Tradition über Jahrhunderte. Im Konzert der Sujets der aktuellen Medaillenkunst tanzt sie jedoch aus der Reihe, Architektur ist nicht das Hauptthema. Und sie tanzt zumal motivisch aus der Reihe, denn nur selten zeigen Architektur- bzw. Museumsmedaillen Innenräume. Singulär macht die Medaille allerdings vor allem, dass sie - auch wenn sie klar anlassbezogen ist - keine eigentliche Funktion, Funktion im Sinne der Traditionslinie, hat, dass sie sozusagen frei ist: Architektur, der Raum als absolutes Motiv, Architektur um ihrer selbst willen.

Rossen Andreev, geboren am 17. Januar 1956 in Gabrowo/Bulgarien, studierte von 1979 bis 1985 an der Hochschule für industrielle Formgestaltung Burg Giebichenstein Halle im Fachbereich Malerei und Grafik. 1985 erwarb er das Diplom, war bis 1988 Assistent am Fachbereich, anschließend freischaffender Künstler; 1994 wurde er Leiter der grafischen Werkstatt im Fachbereich Kunstpädagogik. Die Anstellung an der „Burg“ gab und gibt Rossen Andreev die Freiheit, seiner Kunst zu leben, und er tut dies überaus produktiv (siehe https://www. rossen-andreev.de). Entsprechend seiner Ausbildung und Tätigkeit ist er seit den früheren 1980er Jahren zunächst einmal und noch bis heute Zeichner, Grafiker und Maler. Zur Plastik, Bronzegüsse stets kleineren Formats, kam er eher autodidaktisch, den Schritt zur Medaille tat er 1995. Neben Medaillen, die dem Thema „Mythologie“ der Werkgruppe „Metamorphosen“ oder bestimmten Editionsthemen verpflichtet sind, gibt es die „Plastischen Collagen“, die bewusst die Grenzen zwischen Medaille und freiem Relief überschreiten. Einen besonderen Stellenwert aber haben die Porträts: stark durchmodelliert, mit hoher Plastizität, gleichzeitig feinfühlig und tiefgründig charakterisierend.

In Rossen Andreevs Medaillenwerk ist die Münster-Medaille die erste Architekturmedaille, sie tanzt thematisch insofern aus seinem Werk heraus. Sie passt sich genauso gut aber in dessen Vielfältigkeit ein, zumal in Grafik und Malerei Architektur ein Hauptthema ist. Künstlerisch allerdings ist sie typisch: Ausdrucksstärke und Detailversessenheit, Experimentierfreudigkeit und dabei meistens Schwergewicht. Dass sie gleichsam funktionslos ist, frei, entspricht ohnehin dem Habitus des Gesamtwerks; in seinem Œuvre von allein ca. 130 Medaillen sind die allermeisten frei, folgen eigenen Ideen und Interessen.

Die eigentliche Seite der Medaille, das Neue, die künstlerische Leistung, das, was aus der Reihe tanzt - und damit das Preiswürdige -‚ ist freilich die Vorderseite. Ihre ganze Faszination jedoch eröffnet sie erst in der Seitenansicht: Erst so wird deutlich, wie weit dieser immense Raum auch hier in die Höhe steigt. Die Medaille verlässt dabei das klassische Rund nicht, erhebt aber die dritte Dimension zur Maxime, steigert das Relief ins Unerhörte, bis an die Grenze zwischen Medaille und freiem Relief. Für die Architekturmedaille bedeutet dies Innovation, es ist ein klarer Bruch mit der Traditionslinie. Überhaupt funktioniert die Medaille auch, wenn man den konkreten Raum, den sie in Metall bannt, gar nicht kennt. Der Raum, das architektonische Gefüge, wirkt auch als unkonkreter Raum, wirkt sogar als Abstraktum, kein Gebäudeinneres, kein eigentlicher Raum mehr, sondern Form an sich als Thema und als künstlerischer Ausdruck.

Mit der Siegermedaille des Deutschen Medailleurpreises 2020 ist Rossen Andreev sich und seiner Handschrift treu geblieben, er hat sich ein weiteres Mal aber auch neu erfunden. Sich-Neu-Erfinden geht ohne Experimentierfreudigkeit, ohne Innovation nicht, geht auch nicht ohne Freiheit, Freiheit gleichermaßen vom gesamten Schaffensprozess her. Vielleicht gibt die Medaille der Architekturmedaille ja neue Impulse, begründet womöglich sogar eine neue Tradition der freien (Architektur-)Medaille.

 

 
     

 

Dr. Lutz Ilisch - Medaille der Royal Numismatic Society 2017

  „Medaille der Royal Numismatic Society” 2017 für Dr. Lutz Ilisch
 
     
  NNB 3/2018  
 

 

Dr. Lutz Ilisch ist Leiter der Forschungsstelle für Islamische Numismatik, die 1990 durch die Universität Tübingen eingerichtet wurde. Als Kustos betreut er dort den Sammlungsbestand und koordiniert die Aktivitäten dieser Forschungseinrichtung. Sammler und Berufsnumismatiker gleichermaßen kennen ihn als ebenso kompetenten wie freundlichen und hilfsbereiten Fachmann. Er hat die Forschungsstelle für Islamische Numismatik zu einer international hoch geachteten Institution entwickelt und in das Studienangebot der Abteilung für Orient- und Islamwissenschaft eingebunden.


 

Kurz vor Ende 2017 erhielt er eine der ehrenvollsten Auszeichnungen auf dem Gebiet der Numismatik, die Medaille der Royal Numismatic Society (Medal of the Royal Numismatic Society). Sie wird seit 1883 von, der 1836 gegründeten Royal Numismatic Society in London vergeben an „some person highly distinguished for services to Numismatic Science'

Herzlichen Glückwunsch zu dieser wahrlichen verdienten Auszeichnung!


 
     

 

Prof. Klaus Kowalski - Hilde-Broër-Preis für Medaillenkunst 2017

  „Hilde-Broër-Preis für Medaillenkunst” 2017 für Prof. Klaus Kowalski
 
     
  NNB 4/2017  
 

 

Der Hilde-Broёr-Preis 2017 wird an Prof. Klaus Kowalski verliehen. Damit wird ein Künstler geehrt, der in seinem langen Leben den weiten Weg vom Geburtsort Allenstein in Ostpreußen über den Studienort Stuttgart zur Professur für Bildende Kunst in Hannover beschritten hat.

 

Die Medaillenkunst verdankt ihm Arbeiten, die von einer intensiven Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der Darstellung des menschlichen Körpers im Relief geprägt sind und in denen ein unerschöpfliches Maß sinnlicher Empfindungen zu entdecken ist.


Der Preis an Herrn Kowalski wird am 30. September 2017 im Rahmen des Jahrestreffens der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden übergeben.

Martin Hirsch

 
     

 

 

Konrad Schneider - Saalburgpreis für Geschichts- und Heimatpflege 2016

  Konrad Schneider - Saalburgpreis für Geschichts- und Heimatpflege 2016
 
     
  Personalia NNB 1/2017  
 

Auch nach seiner Pensionierung ist der Archivar, Historiker, und Numismatiker Dr. Konrad Schneider unvermindert publizistisch aktiv. Aktuell widmet sich der vormalige Archivdirektor und stellvertretende Leiter des Instituts für Stadtgeschichte in Frankfurt nicht zuletzt als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Liebenstein-Gesellschaft der Publikation von Münzschatzfunden aus Rheinland-Pfalz (MFRP) in dieser Zeitschrift.

Seine herausragenden Leistungen um lokale Forschungen im Hochtaunuskreis fanden jetzt durch die Verleihung des Saalburgpreises für Geschichts- und Heimatpflege eine sichtbare Anerkennung. Kernpunkt der überfüllten Veranstaltung war die Laudatio des ehemaligen Direktors des Hessischen Hauptstaatsarchivs Wiesbaden, Prof. Dr. Klaus Eiler. Schneider hatte u.a bereits 1997 den Eligiuspreis der Deutschen Numismatischen Gesellschaft gemeinsam mit seinem Jugendfreund und numismatischen Weggefährten Gerd Martin Forneck erhalten. Die Laudatio stellte schon vor 20 Jahren treffend fest, damit werde,,(...) ein Archivar und Historikergeehrt, der aus der Souveränität seines Berufes Numismatik und Geldgeschichte um zahlreiche grundlegende Arbeiten bereichert und bei systematischer Heranziehung schriftlicher Quellen die Rolle des Fachs in der Kulturgeschichte nachhaltig vertreten hat."

Während die inhaltliche Würdigung durch seine weiteren Arbeiten die erwartete Bestätigung fand, wirkt das Adjektiv "zahlreich" im Hinblick auf die Fülle von Schneiders Veröffentlichungen hingegen mittlerweile wie eine maßlose Untertreibung. Frank Berger musste sich schon bei seiner Würdigung zum 65. Geburtstag bei der Publikationsliste aus Platzgründen auf die Monographien beschränken. 2001 folgte der Ehrenpreis der Gesellschaft für internationale Geldgeschichte.

Das mithin gleichermaßen in Qualität und Quantität herausragende sowie stetig wachsende Gesamtwerk Konrad Schneiders hat mit dem Saalburgpreis eine erneute Würdigung gefunden, zu der wir herzlich gratulieren.

Dr. Dr. Axel von Berg Landesarchäologe Rheinland-Pfalz
 
     

 

 

Albert Raff - Von Hessenthal-Preis für Phaleristik 2016

  Albert Raff - Von Hessenthal-Preis für Phaleristik 2016  
     
  Personalia NNB 12/2016  
 

Die Deutsche Gesellschaft für Ordenskunde (DGO) verlieh Albert Raff, dem Vorsitzenden der Eligiuspreis-Jury der DNG, den Von Hessenthal-Preis für Phaleristik, die höchste Auszeichnung der DGO, für seine hervorragenden, eigenständigen wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Phaleristik. In der Laudatio wird besonders die Bearbeitung der württembergischen Orden und Ehrenzeichen von 1797 bis 1933 in den (zusammen mit Ulrich Klein publizierten) Katalogen zu den württembergischen Medaillen hervorgehoben, aber auch auf verschiedene Aufsätze zur württembergischen Ordenskunde hingewiesen. Und zusammenfassend: „In der Summe vertritt Herr Raff als Forscher und Autor somit zwei hilfswissenschaftliche Disziplinen. Zum einen ist er anerkannter Fachmann auf dem Gebiet der württembergischen Numismatik. Zum anderen ist er mit seinen ordenskundlichen Arbeiten Spezialist für das württembergische Auszeichnungswesen. Damit kann man ihn auch als eine Art Vermittler sehen, der weder ausschließlich Numismatiker, noch lupenreiner Phaleristiker ist.“
 
     

 

 

Prof. Eberhard Linke - Hilde-Broër-Preis für Medaillenkunst 2015

  „Hilde-Broër-Preis für Medaillenkunst” 2015 für Prof. Eberhard Linke  
     
  NNB 5/2015  
 

 

Am ersten Tag im Frühling 2015 versammelten sich Freunde und Mitglieder der „Stiftung Eberhard & Barbara Linke" und der „Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst" im schönen Pfälzer Weinort Flonheim bei Alzey zu einer besonderen Ehrung. Der seit einem Unfall im Jahre 2013 an den Rollstuhl gefesselte namhafte Bildhauermedailleur Eberhard Linke (geb. 1937, Lauban/ Schlesien) erhielt den mit 2000 Euro dotierten Hilde-Brëer-Preis für Medaillenkunst 2015 für das bisherige Lebenswerk auf dem Gebiet des Medaillenschaffens in seinem dortigen Atelier. Der renommierte Medaillenpreis wird seit 2005 hälftig von der DGMK und der Kulturgemeinschaft Kressbronn am Bodensee vergeben.


Linkes künstlerisches Gesamtschaffen ist in Ausstellungen vielfach gewürdigt worden. Prof. Dr. Dietrich Schubert hat es anlässlich einer Ausstellung 1998 treffend so zusammengefasst: „Eberhard Linke gehört zu den wenigen Künstlern im heutigen figürlichen Expressionismus, bei denen der Klang der Materialstimme, die Inhalte, die Formprozesse und der Ausdrucksgehalt in unauflöslicher Einheit der poetischen Gestalten wirken."

Vor 25 Jahren hat Eberhard Linke mit einer plakettenförmigen Medaille „Versuchte Einheit" eindrucksvoll die damals erregenden Zeitereignisse auf den Punkt gebracht, oder anders ausgedrückt, in eindrucksvoll reliefplastischer Formensprache auf eine Scheibe gebannt. Zwei aus der Anonymität halbkreisförmiger Scheiben herausragende menschliche Körper versuchen mit ihren Armen den Kreis zu schließen. Vision, Wunsch und Wagnis, aber auch Realität zugleich.

Zehn Jahre später schuf der Künstler die Ehrenmedaille zum XXVII. Internationalen Medaillenkongress der FIDEM 2000 in Weimar. Zur harmonisch gebetteten Komposition mit der geschützten Taube kontrastiert die schollenartig kantige, frakturierte Körper assoziierende Bruchfläche der Rückseite, Harmonie und Gefährdung ausdrückend.

Linke hat Skulpturen, Reliefs und Medaillenplaketten in Ton geformt und gebrannt und damit ein Material für sich erschlossen, das ganz am Anfang menschlicher Tätigkeit schon in der Jungsteinzeit stand. Seine Terrakotten in einer archaisch anmutenden Technik der Formung assoziieren eine natürliche, erdverbundene Ursprünglichkeit, wie man sie etwa in einem Steinbruch findet oder beim Berühren von Baumrinde empfindet. Die Medaille wird über ihren thematischen Bezug so zur haptischen Erfahrung.

Linke hat sich durch seinen Unfall künstlerisch nicht aus der Bahn werfen lassen. Die Jahresplakette für 2014 „Weiter rollen“ gibt den Liebhabern der besonderen Ausdruckskunst Eberhard Linkes Hoffnung auf weitere Preziosen in gebranntem Ton.

Wolfgang Steguweit

 
     

 

 

Bernhard Prokisch - Wolfgang Hahn-Medaille für Verdienste um das Institut für Numismatik und Geldgeschichte der Universität Wien

  Bernhard Prokisch   
     
  Personalia NNB 3/2015  
 

Am 1. Dezember 2014, dem Tag des Hl. Eligius, bekam Privatdoz. Dr. Bernhard Prokisch die vierte Wolfgang Hahn-Medaille für Verdienste um das Institut für Numismatik und Geldgeschichte der Universität Wien" (von Helmut Zobl, 2010) verliehen. Nach einer kurzen Einführung von Hubert Emmerig sprach Wolfgang Szaivert die Laudatio, worauf zwei weitere Laudationes der Studentinnen Hanna-Lisa Karasch und Elisabeth Preisinger folgten. Nach der Überreichung der Medaille ergriff Bernhard Prokisch das Wort und bedankte sich mit einer Rede, in der er u.a. auf die Probleme und Herausforderungen der numismatischen Lehre einging. Bernhard Prokisch war von 1990 bis 1992 Assistent am Institut; in dieser Zeit begründete er das Mitteilungsblatt des Instituts, dessen 50. Ausgabe im Jahr 2015 erscheinen wird. Seit 1992 ist er am Oberösterreichischen Landesmuseum in Linz beschäftigt, wo er nicht nur die numismatische Sammlung betreut, sondern auch Leiter des Schlossmuseums und Bereichsleiter der Kulturwissenschaften ist. Bereits seit 1986 lehrt Bernhard Prokisch am Institut ohne Unterbrechung bis heute, und zwar neben seiner Tätigkeit in Linz. Im Jahr 2008 erfolgte die Habilitation und die Verleihung der Lehrbefugnis für das Fach Numismatik. In der Reihe der Veröffentlichungen des Instituts für Numismatik und Geldgeschichte" (VIN) ist Bernhard Prokisch der aktivste Autor: Nach den Grunddaten (1992) erschienen ein Sammlungskatalog des Stiftes Wilhering (1996), drei Bände des Repertoriums zur Neuzeitlichen Münzprägung Europas (1996, 1999, 2004) sowie zwei Monographien zu den Münzen und Medaillen des Deutschen Ordens in der Neuzeit (2006)e und zur österreichischen Raitpfennigprägung (2009). Seit Jahrzehnten trägt Bernhard Prokisch also in Lehre wie Forschung ganz wesentlich zum Profil des Instituts bei, das ihm durch die Verleihung der Medaille seinen Dank abstattete. Anlässlich der Verleihung der Wolfgang Hahn-Medaille wurde ein Sonderheft des Mitteilungsblatts (Nr. 49a) herausgegeben, das unter anderem die Laudationes und ein Schriftenverzeichnis von Bernhard Prokisch enthält. Das Sonderheft kann am Institut bezogen werden und ist auf der Homepage des Instituts online verfügbar (http://numismatik. univie.ac.at/mitteilungsblatt).

Andrea Casoli und Hubert Emmerig

 
     

 

Peter Illisch - Wahl zum Ehrenmitglied der Koninklijk Genootschap voor Munten Penningkunde

  Peter Ilisch
 
     
  Personalia NNB 11/2014  
 

Im Rahmen der Herbstversammlung der Koninklijk Genootschap voor Munten Penningkunde am 27. September 2014 in Middelburg ist Dr. Peter Ilisch zum Ehrenmitglied der Genootschap gewählt worden. In zahlreichen Publikationen und Vorträgen hat Ilisch, seit 1982 Mitglied, wesentliche Grudlagenforschungen zur niederländischen Numismatik des Hochmittelalters geleistet, zuletzt durch seine Neubearbeitung des „Dannenberg" für das südliche Niederlothringen und Aachen, die als Sonderband („100 Special") des Jaarboek voor Munten Penningkunde zur Tagung erschien.

 
     

 

Alexa Küter - Preisträgerin des Walter-Hävernick-Preises 2014

  Verleihung des Walter-Hävernick-Preises 2014  
     
  NNB 07/2014, S. 281 f
 
 

Laudatio für Alexa Küter

Dietrich 0. A. Klose

 

Die Preisträgerin des Jahres 2014 ist Frau Alexa Küter, die für ihre Dissertation mit dem Thema „Die Augusteische Münzmeisterprägung" ausgezeichnet wird. Frau Alexa Küter hat von 1997 bis 2000 in Marburg Klassische Archäologie, Alte Geschichte, Romanische Philologie (Spanisch) und zwei Semester Medienwissenschaft studiert. Von 2000 bis 2004 setzte sie ihr Studium in Tübingen fort, unterbrochen von einem einjährigen Studienaufenthalt in Spanien. Nach dem Magister begann Frau Küter dann mit der Promotion im Fach Klassische Archäologie, bei Prof. Reinhard Wolters in Tübingen und bei Prof. Thomas Schäfer in Berlin. 2008 war die Arbeit abgeschlossen, im Januar 2009 schloss Frau Küter dann auch das Promotionsverfahren in Tübingen ab - mit Bestnote für Arbeit und Prüfung. So hat sie dafür auch bereits einen Preis bekommen - den „Promotionspreis 2009" der Tübinger Fakultät für Kulturwissenschaften. 2005 bis 2006 war Frau Küter wissenschaftliche Mitarbeiterin an dem von Prof. Wolters geleiteten numismatischen Projekt „Überprüfung der numismatischen Datierung okkupationszeitlicher Militärkomplexe in Germanien in augusteischer Zeit". 2008 bekam sie im Berliner Münzkabinett einen Werkvertrag zur Erfassung und Dokumentation antiker römischer Bleimarken (tesserae) und augusteischer Münzmeisterprägungen in der interaktiven Datenbank des Münzkabinetts. Von 2009 bis 2012 war Frau Küter im Deutschen Historischen Museum mit der Inventarisierung der numismatischen Sammlung und anderer Bestände beschäftigt, seit Januar 2013 bis Frühjahr 2014 war sie beim Berliner Münzkabinett als wissenschaftliche Angestellte am Projekt „Zeitenwende. Die Parther in augusteischer Zeit" beschäftigt.

Die hier ausgezeichnete Arbeit widmet sich einem historisch besonders interessanten Bereich der Münzprägung des Augustus, den Prägungen im Namen der Münzmeister aus der Münzstätte in Rom. Die Münzprägung in Rom wurde erst eine Reihe von Jahren nach dem Ende des Bürgerkrieges und dem endgültigen Sieg des Octavian/Augustus wieder aufgenommen. Die Prägungen im Namen der Münzmeister umfassen knapp 200 Typen. Angesichts der Chancen, die dieses Material für die Augustusforschung bietet, ist es erstaunlich, dass es bislang noch keine zusammenhängende Analyse erfahren hat. So besteht ein primäres Anliegen von Küters Arbeit darin, die in weiten Teilen ohne numismatische Methodik nur schwer zu erschließenden Bilder historisch und ikonographisch aufzuarbeiten. Grundlegend für die Auswertung der Münzmeisterprägungen ist ihre exakte Datierung. Diese war bislang strittig. Unter Einbeziehung aller Gesichtspunkte datiert Küter diese Prägungen nunmehr in die Jahre von 23 bis 6 v. Chr. und kann auch die Chronologie innerhalb dieser Prägungen revidieren. Die Münzmeisterprägungen greifen die alte, schon anachronistisch gewordene republikanische Prägetradition mit der Nennung der Münzbeamten auf. Küter revidiert die herkömmliche Auffassung, dass die Münzmeister - trotz anfänglicher Werbung für ihre Geschlechter auf ihren Prägungen - im Grunde Handlanger des Princeps waren, die sich schnell auf das Lob des Augustus konzentrierten und auf die Verfolgung eigener Interessen verzichteten. Es hat sich vielmehr gezeigt, dass die Münzmeisterprägungen administrativ wie inhaltlich stark der republikanischen Praxis verpflichtet waren. Die Magistrate wählten die Motive und Bilder eigenständig aus. Oftmals offen, oftmals aber auch verschlüsselt setzten sie ihre eigene Familie ins Bild.

Eine Prägung, die Frau Küter selbst als besonders auffälliges Beispiel hierfür anführt, sei hier pars pro toto vorgestellt. Es ist der Denar des Münzmeisters L. Cornelius Lentulus von 12. v. Chr., aus dem letzten Jahr der Edelmetallprägungen im Namen der Münzmeister. Auf der Rückseite sehen wir links eine männliche Figur mit Speer in der Linken und einer Victoria auf Globus auf der Rechten. Über ihrem Kopf schwebt ein Stern oder Komet. Rechts neben ihm steht eine Figur in Tunika und Toga, mit Kranz im Haar, die die rechte Hand zum Kopf der anderen Figur bzw. zu dem Gestirn ausstreckt und die Linke auf einen runden Schild mit den Buchstaben C und V stützt. Offensichtlich ist es der Tugendschild, der clipeus virtutis, der dem Octavian zusammen mit dem Augustus-Titel im Jahr 27 v. Chr. vom Senat verliehen worden war. Es handelt sich bei dieser Figur also sicher um Augustus, die andere mit dem Stern über dem Kopf wäre dann sicher der vergöttlichte Julius Caesar. Diese Beschreibung des Münzbildes ist zwar weitgehend unumstritten, die Interpretationen waren jedoch sehr unterschiedlich.

Mit der Datierung ins Jahr 12 v. Chr. ist Küter nun eine überzeugende Einordnung gelungen. Sie bezieht das Stück auf die am 6. März 12 v. Chr. erfolgte Wahl des Augustus zum pontifex maximus. In diesem Kontext erklären sich die Darstellung des Tugendschilds wie von Julius Caesar: Beides weist darauf hin, dass diese Würde dem Augustus doppelt zustand, einmal durch seine Abstammung von Julius Caesar, der ja ebenfalls pontifex maximus gewesen war, und durch seine eigene Tugendhaftigkeit. Augustus war aber erst nach dem Tod des bisherigen pontifex maximus, M. Aemilius Lepidus, zur Annahme dieser Würde bereit gewesen.

Das ist sozusagen die übergeordnete Bedeutungsebene, die auf Augustus Bezug nimmt. Darunter gibt es jedoch noch eine damit verbundene zweite, und die bringt nach alter republikanischer Tradition den Münzmeister selbst und sein Geschlecht ins Spiel. Ganz ungewöhnlich ist, dass er sich nicht nur wie sonst üblich als III vir, eben zur Bezeichnung des Münzmeisteramtes, sondern auch noch als flamen Martialis, als Priester des Mars, bezeichnet. Damit wird die Legende zu einem Mittel der Eigenwerbung für den Münzbeamten. Lentulus parallelisiert hier die Priesterwürde des Augustus mit seiner eigenen. Die höhere

Würde des Princeps wird im Bild ausgedrückt, die niederere des Münzmeisters in der Legende. Zwischen den beiden Priesterämtern muss freilich ein engerer Zusammenhang bestehen. Ein flamen konnte nur vom pontifex maximus ernannt werden, und Lepidus als der letzte Inhaber der Oberpriesterwürde hatte die vergangenen 24 Jahre im Exil in Circeii verbracht und Rom nicht betreten. Der Münzmeister, der in seinem Amtsjahr etwa 25 Jahre alt gewesen sein muss, kann die Priesterwürde also nur von Augustus gleich nach dessen Antritt des Oberpontifikats empfangen haben.

Es bleibt die Frage, warum im Münzbild Augustus nicht eindeutig als Priester charakterisiert wird und das (Handlungs-) Motiv derart statisch und allgemein bleibt. Und hier bietet sich die republikanische Tradition der Familienpropaganda durch die Münzmeister an. Es gibt mehrere republikanische Münzbilder, die als Vorbild für diese Rückseite in Frage kommen, und hierbei findet sich auch ein Denar eines Vorfahren des Münzmeisters, um 100 v. Chr. ausgegeben von P. Cornelius Lentulus Marcellinus. Hier setzt der Genius des römischen Volkes der Göttin Roma einen Kranz auf. Die motivischen Übereinstimmungen sind deutlich. Auf beiden Bildern ist die linke Figur vorwiegend militärisch, die rechte eher zivil charakterisiert. Caesar mit der Siegesgöttin entspricht der Roma in Uniform mit Lanze, Augustus mit Tugendschild dem Genius mit Füllhorn. In beiden Fällen sollen die Attribute vor allem die dargestellten Figuren kenntlich machen, sie besitzen keine Funktion innerhalb der Handlung. Die Münze demonstriert also die bewusste Anknüpfung an die ältere zur Familientradition des Münzbeamten gehörende Münze. Der Denar des L. Cornelius Lentulus zeigt damit ein eigentümliches Spannungsverhältnis zwischen dem Lob des Augustus, das die Münze auf den ersten Blick propagiert, und der eingewobenen Eigen- bzw. Familienwerbung, die die alte republikanische Tradition weiterführen.

Aber auch in der Eigenwerbung ist ja ganz geschickt das Lob des Augustus platziert, verdankte Lentulus doch sein Priesteramt direkt dem Herrscher. Lentulus besaß also einen Grund, um gerade die Wahl des Augustus zum pontifex maximus zu thematisieren: Auf diese Weise konnte er gleichzeitig sein eigenes Priesteramt herausheben und dem Princeps seinen Dank abstatten. Am Beispiel des Lentulus-Denars lässt sich deutlich machen, dass die Münzmeister die Münzbilder sehr individuell gestalten konnten. Mit der Münzmeisterprägung blieb, von Augustus wohl gebilligt oder sogar bewusst gefördert, ein Rest republikanischer Tradition der den Staat repräsentierenden Herrschaft der adeligen Geschlechter erhalten. Die Herrschaft des Augustus war in dieser Zeit noch keineswegs unangreifbar und unangefochten. Auch mit Blick auf das Schicksal Caesars hielt es der Princeps für notwendig, auf die Nobilität zuzugehen und zumindest nach außen hin das Bild einer Wiederherstellung der republikanischen Adelsherrschaft zu vermitteln. Die Münzmeisterprägung war nur ein Teil dieser konsequenten Politik. Augustus verschaffte sich dadurch die Zustimmung zu seiner tatsächlich überragenden Stellung. Die Gewährung von Freiheit (auch in Form der Münzmeisterprägung) diente damit genau ihrem Gegenteil, nämlich der Festigung seiner Herrschaft. Die Rückkehr zur alten Republik war freilich nur vorgeblich. Die Münzmeisterprägung war also ein bewusst eingesetztes politisches Instrument des Augustus zur Absicherung seiner Herrschaft in der Anfangsphase. Und damit wird auch verständlich, warum sie nach 17 Jahren nicht mehr weitergeführt zu werden brauchte und auch später kein Nachfolger Derartiges noch einmal zugestand.

Bei der Vorstellung einer Arbeit von dem Umfang der Dissertation von Frau Küter ließe sich natürlich noch viel mehr berichten. Lassen Sie mich jetzt nur noch einmal zusammenfassen. Frau Küter hat das Thema umfassend aufgearbeitet. Klarer Aufbau, flüssiger Stil, wissenschaftliche Präzision und eine sehr gute Sichtung und Auswertung der Literatur zeichnen ihre Arbeit aus. Die Arbeit ermöglicht es dem Numismatiker, dem Historiker, dem Archäologen, sehr gut in die Problematik und den Diskussionsstand einzudringen sowie verlässliche und präzise Informationen zu erhalten. Sie bringt mit vielen gut nachvollziehbaren, weiterführenden Ergebnissen die wissenschaftliche Numismatik voran und hat für diesen gerade historisch so bedeutenden Teil der römischen Münzprägung am Beginn der Kaiserzeit den Charakter eines Handbuchs.

 

Alexa Küter: Zwischen Republik und Kaiserzeit. Die Münzmeisterprägung unter Augustus (Berliner Numismatische Forschungen, Neue Folge, Band 11). Gebr. Mann-Verlag, Berlin 2014. ISBN 978-3-7861-2708-6, ca. 79,00 € (erscheint Juni 2014).

 
     

 

 

Andreas A. Jähnig - Deutscher Medailleurpreis 2014

  Deutscher Medailleurpreis 2014
 
     
  Kurznachrichten NNB 3/2014  
 

Die Jury für den Deutschen Medailleurpreis tagte am 21. Januar 2014 im Dresdner Münzkabinett. Sie hat die Entscheidung über diesen bedeutenden deutschen Kunstpreis getroffen, der im November 2014 in Suhl vergeben wird.

Zum fünften Mal vergeben die Deutsche Gesellschaft für Medaillenkunst und die Stadt Suhl 2014 den Deutschen Medailleurpreis. Die Jury wählte den Medailleurpreis aus dem deutschen FIDEM-Beitrag für Sofia 2014 aus, der am 20. Januar 2014 ebenfalls in Dresden juriert wurde. Zur Jury gehörten u.a. neben den Ständigen Mitgliedern wie dem Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst (DGMK) Prof. Dr. Bernhard Weisser, dem Oberbürgermeister der Stadt Suhl Dr. Jens Triebel und dem deutschen FIDEM-Delegierten Dr. Rainer Grund diesmal als Vertreter der Künstler Frau Anna Franziska Schwarzbach und als Vertreter der Sammlerschaft Reinhard Laufen an. Die Jury wählte aus insgesamt 100 Arbeiten von 38 Künstlern aus.

Mit großer Mehrheit entschied sich die Jury für die Arbeit „Freiheit im Netz?" von Andreas A. Jähnig.

Andreas A. Jähnig, geboren 1951, studierte an der Bauhochschule in Leipzig und parallel im Abendstudium Bildhauerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. 1978-1983 schloss er ein Studium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee bei Karl-Heinz Schamal, Wilfried Fitzenreiter und Jo Jastram an. Seitdem ist er freischaffend als Bildhauer tätig. In dem von der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst und dem nationalen FIDEM-Delegierten ausgelobten Wettbewerb »Passages to Reconstruction« errang der Künstler im Jahr 2007 einen dritten Preis. Jähnig lebt heute als Bildhauer und Medailleur in Baruth.

Die preisgekrönte Arbeit zeigt Menschen in der Aufsicht, die von einem Netz umgeben sind. Mit ihren Händen agieren sie in den Fäden des Netzes. Mit seiner Medaille „Freiheit im Netz?" reflektiert Jähnig die aktuelle Diskussion um die Sicherheit und Freiheit im Internet. Auch ohne den Titel zu kennen, kann jeder Betrachter das Thema schnell erschließen und trotzdem ist das Bild, das Jähnig gefunden hat, voller Tiefe und reich an Assoziationen. Die Preisverleihung findet im November 2014 in Suhl statt
 
   

 

 

Victor Huster - Deutscher Medailleurpreis 2012

  Deutscher Medailleurpreis 2012
 
     
  Deutscher Medailleurpreis wurde erstmals im Bode-Museum Berlin vergeben  
 
Am 6. Oktober 2012 wurde aus Anlass des Deutschen Numismatikertages der Deutsche Medailleurpreis erstmals in der Hauptstadt Berlin vergeben.

Alle zwei Jahre wird aus dem deutschen FIDEM-Beitrag (in diesem Jahr Glasgow) der Deutsche Medailleurpreis juriert. Träger dieses besonderen deutschen Kunstpreises sind die Deutsche Gesellschaft für Medaillenkunst und die Stadt Suhl. Der Preis wurde bisher viermal vergeben.

Am 1.12.2011 hatte eine hochkarätige Jury im Münzkabinett Dresden die Auswahl aus 53 Arbeiten von 33 Künstlern getroffen. Mit großer Mehrheit entschied sich die Jury für die beeindruckende Luther-Medaille von Victor Huster. Victor Huster, 1955 in Baden-Baden geboren, durchlief von 1971 bis 1976 Ausbildungen und Studien zu Schmuckdesign, Plastik, Gravur, Goldschmieden, Werkzeugbau und industrieller Prägetechnik. Seit 1976 ist er selbständiger Medailleur mit eigenem Atelier in Baden-Baden. Von 1979 bis 2010 wurden seine Entwürfe 25 mal bei Münz- und Medaillenwettbewerben in Deutschland prämiert. Seine Luther-Medaille entstand für die IARCM (International Association of reformation coins and medals).

Die Preisverleihung fand am Samstag, dem 6. Oktober 2012 um 11 Uhr im Bode-Museum auf der Berliner Museumsinsel statt. Die Laudatio hielt Herr Dr. Rainer Albert, Vizepräsident der Deutschen Numismatischen Gesellschaft. In seiner engagierten und kenntnisreichen Rede würdigte Dr. Albert den Preisträger Victor Huster als einen der besten und originellsten Medailleure der Gegenwart.

Der von der Rhön-Rennsteig-Sparkasse mit 2000 € dotierte Preis wurde durch den Oberbürgermeister der Stadt Suhl, Herrn Dr. Jens Triebel, den Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst Herrn Dr. Wolfgang Steguweit und den Marketing-Leiter der Rhön-Rennsteig-Sparkasse Herrn Michael Kraus verliehen.

 

 
     

 

Geburtstag

Wolfgang Steguweit zum 80. Geburtstag

  Wolfgang Steguweit zum 80. Geburtstag
 
     
  Personalia NNB 2/2024  
 
  • Wolfgang Steguweit zum 80. Geburtstag

Wenn am 30. Januar 2024 Dr. Wolfgang Steguweit seinen 80. Geburtstag feiert, gelten die Glückwünsche einem Numismatiker, der über Jahrzehnte die wissenschaftliche Numismatik und die moderne Medaillenkunst vorbildhaft betrieben und gefördert hat.

In Ostpreußen (Königsberg) geboren, in Mecklenburg (bei Ludwigslust) aufgewachsen und in Sachsen (Dresden) studiert, waren Thüringen (Münzkabinett Gotha im Schloss Friedenstein) und Brandenburg (Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin) die Stationen seines Museumslebens. Jedem dieser (ost-)deutschen Länder fühlt er sich verbunden, und nach der Wende hat er auch den westlichen Teil Deutschlands für sich erschlossen.

Als nach der Wiedervereinigung das Projekt einer alle Teile Deutschlands umfassenden Medaillengesellschaft zu scheitern drohte, ergriff er ebenso energisch und zielstrebig wie freundlich und verbindlich die Initiative und führte die deutschen Medaillensammler und Medaillenkünstler in der rasch aus der Taufe gehobenen DGMK, in der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst, zusammen. Er wurde der erste Vorsitzende der Gesellschaft, die er enorm fleißig und erfolgreich führte. Seinem Wirken sind der Hilde Broër-Preis und der Deutsche Medailleurpreis ebenso zu verdanken wie die stattliche Reihe „Die Kunstmedaille in Deutschland“ die er nicht nur begründet und lange betreut hat, sondern zu der er selbst wichtige Bände beisteuerte. Zahlreiche Medaillen verdanken ihre Entstehung seinen Hinweisen und seiner Begeisterung, aber eben auch seiner profunden Kenntnis der Medaillenschaffenden in ganz Deutschland. Stellvertretend für die vielen glanzvollen Veranstaltungen, die er angeregt und organisiert hat, sei nur an das FIDEM-Treffen 2000 in Weimar erinnert, von dem alle Teilnehmer heute noch schwärmen.

Vieles wäre noch anzuführen, beispielhaft genannt werden sollen noch seine Tätigkeit in der Historischen Kommission für Thüringen und 2011 die erfolgreiche Rückführung von in Coburg ausgelagerten Beständen der Gothaer Sammlung, eine numismatische Großtat.

Sein Schriftenverzeichnis umfasst inzwischen weit über 200 Titel, der aktuellste ist seine Autobiografie „Von Königsberg nach Gotha. Wege und Erinnerungen 1944-2024“, der er ein Kant-Zitat voranstellte: „Der Ziellose erleidet sein Schicksal, der Zielbewusste gestaltet es.“

Lieber Wolfgang, die große Gemeinde der Numismatiker und Medaillenfreunde gratuliert Dir herzlich zum Geburtstag und hofft weiter auf Dich!

R.A.

 
     

 

Dietrich Mannsperger zum 90. Geburtstag

  Dietrich Mannsperger zum 90. Geburtstag
 
     
  Personalia NNB 7/2023  
 
  • Dietrich Mannsperger zum 90. Geburtstag

Am 19. Juli 2023 wird Prof. Dr. Dietrich Mannsperger in Tübingen 90 Jahre alt. Dazu gratulieren wir ihm herzlich und wünschen ihm weiterhin alles Gute. Mannspergers Name ist eng mit der Wiederbelebung, Institutionalisierung sowie Innen- und Außenwirkung der Numismatik an der Universität Tübingen in den letzten drei Dezennien des 20. Jahrhunderts verbunden. Er leitete die zunächst am Philologischen Seminar eingerichtete und dann am Archäologischen Institut etablierte Numismatische Arbeitsstelle von 1972 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1999 und betreute damit zugleich die Münzsammlung der Universität. Er machte sie in diesem Zeitraum durch die Veröffentlichung der sechs Faszikel der Sylloge Nummorum Graecorum Tübingen, mehrere Hefte in der Ausstellungsreihe der Tübinger Münzsammlung und in den Ausstellungskatalogen der Universität Tübingen weithin bekannt. Dazu kam dann nach der Gründung des Universitätsmuseums auf Schloss Hohentübingen auch die Möglichkeit, ausgewählte Stücke der Sammlung für längere Zeit oder dauerhaft auszustellen. Noch 2011 und 2013 hat Mannsperger auch das NNB mit zwei Beiträgen zur Tübinger Sammlung bereichert.

Eine andere, von Tübingen ausgehende, aber sozusagen räumlich weit darüber hinausreichende Tätigkeit Mannspergers war außerdem die zusammen mit seiner Frau Brigitte absolvierte, auf den gemeinsamen klassisch-philologischen Wurzeln aufbauende Beteiligung am Tübinger Troja-Projekt in den 1990er Jahren. Sie schlug sich 1998 in dem zusammen mit Manfred Korfmann vorgelegten Troia-Rundgang und ganz besonders in dem 2006 zusammen mit seiner Frau veröffentlichten Buch „Homer verstehen“ nieder, das dem heutigen Leser einen zeitgemäßen Zugang zu Homer als „Quellenautor“ für Troja bietet.

Dass es indes mitunter eines langen Lebens bedarf, um etwas Angedachtes zum Abschluss zu bringen, zeigt Mannspergers jüngste Veröffentlichung: Ein Münzporträt des Pythagoras, in: Thomas Finkenauer und Alfred Nordheim (Hrsg.): Liber Amicorum. Claus Pelling zum 90. Geburtstag. Tübingen 2022, S. 119-125. Als am 8. Mai 1973 in der Auktion Leu 6 in Zürich griechische Bronzemünzen Unteritaliens und Siziliens aus der Sammlung vom Ton Virzi, New York, versteigert wurden, hat sich Dietrich Mannsperger eine seltene Prägung vom Ende des 4. Jahrhunderts aus Metapont mit dem Kopf eines älteren bärtigen Mannes herausgepickt. Alle, die damals bei der Tübinger Numismatischen Arbeitsstelle aus und ein gingen, waren von Mannspergers Idee, dass auf der Münze Pythagoras dargestellt ist, fasziniert. Und als der Verfasser, der damals noch im Bereich der klassischen Philologie tätig war, zwei Jahre später zu einem anastatischen Nachdruck der Teubner-Ausgabe von Jamblichs Vita Pythagorica Addenda und Corrigenda zusammenstellte, überließ ihm Dietrich Mannsperger liebenswürdigerweise ein Bild der Münze zur Reproduktion als Vorspann. Wenn es bis zur Veröffentlichung des dort angekündigten Artikels über die Münze nun 47 Jahre gedauert hat, dann ist das zugleich auch ein Zeichen dafür, wie lange schon der Verfasser mit dem Jubilar in Freundschaft verbunden ist.

Ulrich Klein

 
     

 

Ulrich Klein zum 80. Geburtstag

  Ulrich Klein zum 80. Geburtstag
 
     
  Personalia NNB 12/2022  
 
  • Ulrich Klein zum 80. Geburtstag

Im Oktober 2022 gab es für Dr. Ulrich Klein, den langjährigen Ersten Vorsitzenden und jetzigen Schriftführer des Württembergischen Vereins für Münzkunde, doppelt Anlass zur Freude: Er konnte seinen 80. Geburtstag feiern und erhielt für sein langjähriges ehrenamtliches Engagement die Staufermedaille in Silber. In der Oktobersitzung des Münzvereins sprachen vier langjährige Weggefährten zu Ehren des Jubilars. Den Auftakt machte Stefan Sonntag von der gleichnamigen Stuttgarter Münzenhandlung: Als Herausgeber der Reihe „Süddeutsche Münzkataloge“ in der Ulrich Klein zusammen mit Albert Raff acht Bände über die württembergischen und Esslinger Münzen und Medaillen publizierte, sprach er über „Ulrich Klein als Autor“ Daran schlossen sich drei Beiträge zu Themen aus Antike, Mittelalter und Neuzeit an: Dr. Rainer Albert (München) berichtete über „Kaiserliche Gärtnerei Augustus und der Lorbeer“. Prof. Dr. Helmut Rizzoli (Bozen) würdigte Ulrich Klein und seine Forschungen zum „Barbarossa-Fund“ und Albert Raff (Stuttgart) teilte neue Erkenntnisse zu den Münzen der württembergischen Herzöge Ulrich und Christoph mit. Bei dieser Veranstaltung übergab Martin Heinz auch seine Studie Die Abtei Reichenau und ihre Münzprägung im Hochmittelalter. Ein Beitrag zum Konstanzer Pfennig an Herrn Klein, die mit finanzieller Unterstützung des Württembergischen Vereins für Münzkunde gedruckt worden war. Eine Woche später erhielt Dr. Ulrich Klein aus den Händen des Ersten Bürgermeisters der Landeshauptstadt Stuttgart, Dr. Fabian Mayer, insbesondere wegen „seiner Verdienste um die Münz- und Medaillenkunde“ die Staufermedaille in Silber. Diese Medaille ist eine besondere persönliche Auszeichnung des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg. Sie würdigt „Verdienste um das Gemeinwohl..., die über die eigentlichen beruflichen Pflichten hinaus im Rahmen eines in der Regel ehrenamtlichen, gesellschaftlichen oder bürgerschaftlichen Engagements erworben wurden und über viele Jahre hinweg erbracht worden sind“ Die Staufermedaille von Hubert Alter Zimmermann und Wolfgang Theodor Döhm wurde erstmals 1977 anlässlich der Ausstellung Die Zeit der Staufer. Geschichte, Kunst, Kultur im Württembergischen Landesmuseum ausgegeben. Der Avers zeigt den staufischen Kaiser Friedrich 1. Barbarossa auf dem Thron. Auf dem Revers sind die drei staufischen Löwen zu sehen, die auf dem Wappen sowie auf den Münzen des Schwäbischen Bundes zu finden waren und die heute das Wappen des Bundeslandes Baden-Württemberg zieren.

Matthias Ohm

 
     

 

Paul Arnold zum 85. Geburtstag

  Paul Arnold zum 85. Geburtstag
 
     
  NNB 3/2021  
 
  • Paul Arnold

Am 2. März 2021 begeht Prof. Dr. phil. Paul Arnold seinen 85. Geburtstag. Die wissenschaftliche Lebensleistung von Paul Arnold ist beeindruckend und verdient großen Respekt. Sehr wahrscheinlich hängt dies auch mit einer beruflichen Entwicklung zusammen, die unter heutigen Verhältnissen gar nicht mehr vorstellbar ist. Nach dem Studium der Klassischen Archäologie und Alten Geschichte in Jena begann er 1959 seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Münzkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, wurde 1962 in Leipzig zum Dr. phil. promoviert und war von 1966 bis 1968 als kommissarischer Direktor des Münzkabinetts eingesetzt, bevor 1968 die Berufung zum Direktor erfolgte. In dieser Funktion wirkte Paul Arnold bis zum Sommer 2002, so dass er schließlich noch den Umzug der bedeutenden Universalsammlung inklusive Bibliothek vom langjährigen Interim auf der Güntzstraße zum endgültigen Standort im Georgenbau des Residenzschlosses Dresden leiten konnte. Im Jahr des Ausscheidens aus dem aktiven Dienst erhielt er die Bestellung als Honorarprofessor für Numismatik durch den Rektor der Universität Leipzig, nachdem er schon seit 1993 Lehraufträge an dieser Universität und an der TU Dresden wahrgenommen hatte. Sein Renommee in der wissenschaftlichen Fachwelt hatte ihm bereits 1991 eine Gastprofessur am Institut für Numismatik der Universität Wien eingebracht.

Als wesentlicher Aspekt der Verdienste von Paul Arnold wird sein Einsatz um die Wiedereinrichtung der 1958 aus der Sowjetunion zurückgekehrten Sammlung in Erinnerung bleiben. Es war abzusehen, dass diese Mammutaufgabe über sein Ausscheiden aus dem aktiven Dienst hinaus fortgeführt werden musste, was bis zur Gegenwart auch noch in dem vom Freistaat Sachsen finanzierten Daphne-Projekt andauert. Die über mehrere Jahrzehnte von ihm verantworteten Bestimmungs- und Ordnungsarbeiten innerhalb der umfangreichen numismatischen Bestände bildeten die Grundlage für eine fundierte Ausstellungs- und Publikationstätigkeit. Paul Arnold oblag die Konzeption der ständigen Ausstellung, die von 1974 bis 2004 im Albertinum gezeigt wurde und international Beachtung gefunden hatte. Seit 1995 stand dort ein weiterer Raum für temporäre Ausstellungen zur Verfügung, die mit ihren abwechslungsreichen Themen viele Besucher ansprachen.

Paul Arnold lag die Fortsetzung der Tradition des Dresdner Münzkabinetts als wissenschaftliche und museale Einrichtung von europäischer Bedeutung sehr am Herzen. Die ehemals fürstliche, universell angelegte Sammlung hatte auf dem Gebiet der Forschung seit der Aufklärung über mehrere Numismatiker-Generationen hinweg einen guten Ruf erlangt. Hier anzuknüpfen war eine Maxime des Wissenschaftlers, für den die fast 500-jährige Museumsgeschichte auch Verpflichtung bedeutete. Von Anfang an war er um ein kontinuierliches und breitgefächertes Wachstum der Sammlung und um neue Erkenntnisse in der numismatischen Forschung bemüht.

Im Mittelpunkt der Veröffentlichungen standen Probleme der sächsischen Münzgeschichte, der Brakteatenprägung und der Talerwährung in den Reichskreisen des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Die von Paul Arnold vorgelegten oder durch seine Mitwirkung erschienenen Publikationen ergeben eine Bibliographie mit großer Spannbreite. An erster Stelle zu nennen sind die Monographien, von denen einige Titel den Rang von Zitierwerken haben. Erwähnt werden muss auch der als AKS bekannte „Große deutsche Münzkatalog von 1800 bis heute“ ein mit H. Küthmann und D. Steinhilber erarbeitetes und seit 1970 in zahlreichen Auflagen bis in die Gegenwart herausgegebenes Standardwerk für die Münzsammler. Paul Arnolds Aufsätze widmeten sich der Numismatik allgemein, numismatischen Themen der Antike, des Mittelalters und der Neuzeit, Münzfunden, der Medaillen- und Ordenskunde. Die Tätigkeiten im Münzkabinett sind in Berichtsform in den Jahrbüchern der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden dokumentiert. Ebenso erschienen Führer zu Dauer- und Sonderausstellungen sowie in einem großen Maß Katalogbeiträge zu wichtigen übergreifenden Ausstellungen des Museumsverbundes. Viele der angedeuteten Themen waren Gegenstand von fundierten und rhetorisch beeindruckenden Vorträgen im In- und Ausland. Sprach Paul Arnold im Rahmen der Veranstaltungsreihe des Numismatischen Vereins zu Dresden (vor 1990 Fachgruppe Numismatik im Kulturbund der DDR), durfte man wegen des stets zu erwartenden hohen Niveaus mit einer großen Resonanz rechnen.

In den Jahrzehnten seiner Dienstzeit wirkte Paul Arnold in wichtigen internationalen und nationalen Gremien mit. Er repräsentierte das Münzkabinett Dresden seit 1972 in der Internationalen Numismatischen Kommission und war von 1986 bis 2001 Delegierter bzw. Vizedelegierter in der Fédération Internationale de la Médaille d'Art. Von 1991 bis 2002 vertrat er den Freistaat Sachsen in der Numismatischen Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland. Schließlich sei noch das Amt des Vizepräsidenten der Deutschen Numismatischen Gesellschaft erwähnt, das Paul Arnold von 1992 bis 2004 innehatte. Von der wissenschaftlichen Vernetzung zeugte seine Mitarbeit bei der Herausgabe internationaler Fachperiodika.

Für die wissenschaftlichen Leistungen hat Paul Arnold wichtige Auszeichnungen empfangen, so 1980 den Ehrenpreis der Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte und 2011 den Eligiuspreis der Deutschen Numismatischen Gesellschaft. Er wurde mit Korrespondierenden und Ehrenmitgliedschaften im Ausland und in Deutschland vor und nach der Wende geehrt. Die seit 2011 bestehende Ehrenmitgliedschaft im heimischen Numismatischen Verein zu Dresden hat wohl ein besonderes Gewicht. 2011 veranstaltete das Münzkabinett zusammen mit dem traditionsreichen örtlichen Verein ein Ehrenkolloquium zum 75. Geburtstag. Fünf Jahre später wurde Paul Arnold mit der neunten Ausgabe der „Dresdner Numismatischen Hefte“ als Festschrift zum 80. Geburtstag geehrt. Das Engagement des Jubilars für die Sammlerschaft, die manchmal fast ein Leben lang bestehenden Beziehungen zu Fachkollegen, die Wissensvermittlung gegenüber den Studenten und die Bereitschaft, jüngeren Akademikern Unterstützung zu gewähren, haben im Lauf des Berufslebens und auch danach noch an Bedeutung gewonnen. So haben ihn viele Menschen nicht nur als Museumsmann, Wissenschaftler und Lehrer in guter Erinnerung, sondern auch als Förderer und Freund kennen- und schätzen gelernt. Auch wenn in der jüngeren Vergangenheit Paul Arnold durch den Tod seiner geliebten Frau ein herber Schicksalsschlag ereilte und die derzeitigen Rahmenbedingungen kaum direkte Kontakte zum Münzkabinett und zu Numismatikern zulassen, wünschen wir dem Jubilar alles Gute, Gesundheit, ein dankbares Erinnern sowie die Zuversicht, dass sich die Dinge zum Guten wenden und Teilhabe wieder möglich sein wird. In dem Sinne freuen wir uns auf ein persönliches Wiedersehen und auf neue Aktivitäten.

Rainer Grund

 

 
     

 

Karla W. Schenk-Behrens zum 90. Geburtstag

   Karla W. Schenk-Behrens zum 90. Geburtstag
 
     
  NNB 12/2020  
 
  •  Karla W. Schenk-Behrens

Das Münzsammeln - wie die Numismatik überhaupt - kann nach wie vor als eine Domäne der Männer gelten. Umso bemerkenswerter ist die Rolle, die Frauen an der Spitze von Münzauktionshäusern in den ersten Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg spielten. Zu ihnen zählte Karla W. Schenk-Behrens ab 1964 in Düsseldorf und später in Essen. Mehr als 25 Jahre versteigerte sie Münzen und Medaillen und war viele Jahre lang die einzige Auktionatorin im deutschen Münzhandel.

Aufgewachsen als einzige Tochter des Handwerkermeisters Heinrich Behrens und seiner Frau Veronika in der Stadt Preetz in Schleswig-Holstein, wurde sie schon früh von ihrem Vater mit den Tugenden des ehrlichen Handwerkers und Geschäftsmanns bekannt gemacht, die ein Leben lang Grundlage ihrer Geschäftstätigkeit werden sollte.

Im Jahr 1959 zog Karla Schenk-Behrens nach Düsseldorf und gründete 1964 die Firma Düsseldorfer Münzauktionen. Der erste Name Düsseldorfer Münzhaus wurde ihr vom Ordnungsamt nicht genehmigt, da das Haus zum Handeln „fehlte“. Bis zum Jahr 1969 führte sie insgesamt 20 Auktionen durch. Der erste „Katalog“ - noch als sogenannte Treuhandversteigerung durchgeführt - war eine Xerokopie von wenigen Seiten. Handschriftlich bat sie damals die Empfänger, den Katalog an Sammlerkollegen weiter zu empfehlen und ihr doch die Adresse zukommen zu lassen, damit sie auch diesen Personen einen Katalog schicken könnte. Heute undenkbar, in damaliger Zeit ohne viele Werbungsmöglichkeiten, Newsletter, alter Adresskarteien und heutigem Datenschutzgesetz eine effektive Art der Kundenakquisition. Auf Wunsch eines lieben Freundes fanden einige Versteigerungen in dem bekannten Malkasten-Haus statt, so auch die Auktion 13 mit einer Sammlung Rheinland und Westfalen. Ein Mittagessen in dem berühmten Haus gehörte natürlich dazu.

Im Jahre 1970 verkaufte sie aus privaten Gründen die Düsseldorfer Firma an Heinrich Winter, der erst vor wenigen Jahren seine letzte Auktion durchführte. Heinrich Winter und sie blieben freundschaftlich verbunden und trotz räumlicher Nähe und Konkurrenz unterstütze man sich und jeder besuchte den anderen auf den Auktionen.

Nach einer kurzen Rückkehr in ihre Heimat kehrte Karla Schenk-Behrens ins Ruhrgebiet zurück und gründete 1971 in Essen die Firma „Münzen Auktion Essen". Unter ihrer Leitung entstanden weitere 40 Auktionskataloge (bis zur Nummer 60) mit Tausenden von Münzen. Gerne denkt sie an die bedeutenden Versteigerungen 41 (1981) und 51 (1986)zurück. Bei der 41. Münzauktion legte sie den Hammer erst weit nach Mitternacht zur Seite. Weltweit bekannt wurde sie mit Versteigerungen zu Münzwaagen und Gewichten. Die sechs Spezialkalaloge der „Waagen Auktion Essen“ sind heute Standartliteratur für dieses Sammelgebiet.

Viele ihrer damaligen jungen Kunden führen heute erfolgreiche Münzunternehmen. Zur damaligen Zeit kamen sie aber noch mit der Bahn nach Düsseldorf oder später nach Essen, da sie nicht im Besitz eines Führerscheins waren. Ein inzwischen verstorbener Kollege ließ sich von einem Erwachsenen begleiten, der die Bieterkarte hochhalten musste, da er noch gar nicht geschäftsfähig war. Andere baten um Zahlungsziele oder verzichteten lieber - so erzählt Karla Schenk-Behrens immer gerne - auf den Kauf einer neuen Jeans, da die Münze doch wichtiger war. Numismatikstudenten aus Münster oder Wien arbeiteten für sie, um etwas dazu zu verdienen, lieferten bei ihr ein oder kauften auf den Auktionen. Fragt man die Herren heute nach Karla Schenk-Behrens, so sind sich alle einig, dass ihre Ehrlichkeit und Freundlichkeit unvergleichbar war und ist.

Die freundschaftliche, ja manchmal familiäre Atmosphäre und die Tugenden der ehrlichen Kauffrau von Karla Schenk-Behrens, die sie aus dem Elternhaus kannte, machten sie zu einer Institution im Münzhandel der 1970er und 1980er Jahren.

Karla Schenk-Behrens war über Jahrzehnte Mitglied im Verband der Deutschen Münzenhändler und im Verein der Rheinischen Münzfreunde und war Gründungsmitglied des Vereins „Maß und Gewicht“.

Im Jahre 1990 verkaufte sie ihre Firma und zog nun endgültig wieder zurück in ihre Heimat in Schleswig-Holstein. Ganz aus der Numismatik hat sie sich dennoch nicht zurückgezogen. Mit großem Interesse hört sie sich gerne die Geschichten und Gerüchte aus der Welt der Numismatik an. Anfang November 2020 feierte sie ihren 90. Geburtstag und freut sich auf viele weitere Erzählungen.

Arne Kirsch

 
     

 

Anna Franziska Schwarzbach zum 75. Geburtstag

  Anna Franziska Schwarzbach zum 75. Geburtstag
 
     
  NNB 10/2019  
 
  • Anna Franziska Schwarzbach

Franziska Schwarzbach, das ist unerschöpfliche Energie, sie probiert unermüdlich neue Materialien und Techniken, belebte den Eisenkunstguss neu und erhielt dafür höchste Würdigungen, und sie kreiert aus scheinbaren Zufälligkeiten absichtsvolle Gebilde. Prof. Bernd Göbel sagte einmal über die Kollegin, sie schaffe „engagierte, auch private, auch schrundig schöne Eisengüsse, dünn, auch durchsichtig, Bronzenes, auch Neugeld, hinter dem eine Illusion verborgen steht, und die Köpfe, deren Glaubenswelt für die Bildhauerin übereinstimmende Botschaften sind.“

Anna Franziska Schwarzbach wurde 1949 in Rittersgrün im Erzgebirge geboren und wuchs in Schwarzenberg auf. 1968 machte sie Abitur und war Facharbeiterin als Rinderzüchter. Es schloss sich bis 1973 ein Architekturstudium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee an, dann bis 1975 eine Anstellung als Architektin am Palast der Republik in Berlin. Es folgte bis 1979 ein Abendstudium für Porträtplastik an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Das Abendstudium der Architektin hatte mit Kindern und auch berufstätigem Mann zu tun. Seit 1977 ist Franziska Schwarzbach freiberufliche Bildhauerin und dabei äußerst vielseitig: Stein-, Holz- und Metallplastiken, Medaillen, Drucke, Steinabreibungen, Radierungen und noch mehr.

Auffallend sind die Medaillen, die „kaputt“ wirken, die Löcher und ausgefranste Ränder haben. Die Medaille auf Kaiser Heinrich IV. ist dafür ein gutes Beispiel. Dahinter verbirgt sich vieles, zunächst einmal ist das aber technisch bedingt. Das dünne Wachsmodell führt im Eisenguss zu Fehlstellen, die von ihr geliebt und gewünscht sind. Der beschädigte Umriss, der angenagte Rand oder die Fehlstellen im Medaillengrund erhöhen die Konzentration auf das Bildnis in der Mitte. Frau Schwarzbach besteht darauf, dass ein Eisenguss dünn, ganz dünn sein muss. Das spröde Material entwickelt so eine ganz eigene Wirkung, es wirkt verletzlich und schmuckhaft zugleich. Es passiert schon, dass Frau Schwarzbach dem Gießer sagt, es muss so dünn sein, dass man durchsehen kann. So entstehen Unikate: Medaillen sind in der Regel vervielfältigte Produkte, aber bei dieser Technik bleibt zwar das Motiv in der Vervielfältigung erhalten, aber der Medaillengrund und der Rand sind sehr verschieden, es entstehen Güsse von einem Modell, die erst beim zweiten Hinsehen als zusammengehörig erkennbar sind. Und wer wollte z. B. bei Heinrich IV., bei diesem schillernden Kaiser, der die Welt aus den Angeln heben wollte und nach Canossa gehen musste, nur um anschließend den Kampf fortzusetzen, bezweifeln, dass gerade er durch solche Formgebung und Auflösung der Form meisterlich charakterisiert ist?

Was alle Objekte von Anna Franziska Schwarzbach, auch die Skulpturen, vermitteln, das ist eine sinnliche Freude der Künstlerin am Entstehungsprozess. Mit ihren eigenen Worten klingt das so: „Ich liebe die Unberechenbarkeit des flüssigen Eisens. Deshalb mag ich auch die Fehlgüsse. Mich begeistert ein misslungener Guss. Plötzlich etwas zu sehen, mit dem nicht gerechnet wurde, und ich beginne mit dem Fehler zu sprechen. Es ist etwas passiert, was ich nicht vorgedacht habe, ein Ereignis ganz gegen meinen Willen und gegen die Ansichten der Zeit, in der alles makellos sein muss, jede Abartigkeit ausgemerzt wird, kein Fluss, kein Baum, keine Kreatur darf sich befreit entfalten. Deshalb liebe ich meine Fehlgeburten, mein aufeinander geschweißtes Zeug, so wie ich es einst aus dem Wasser gezogen habe.“

Frau Schwarzbach ist eine wahre Porträtkünstlerin, das zeigen auch ihre Plastiken, bei denen der Kopf einer Figur, das Porträt, den Ausgangspunkt bildet und auch vom Gesicht her sehr intensiv zum Betrachter spricht. „Ich möchte manchmal abstrakt sein, doch es wird immer figürlich.“ sagt sie. Es sind keine Heroen, die so entstehen, aber es sind Menschen, die das je eigene Leben ausdrücken und so zum Gesamtverständnis dieser Welt hinführen. Das kann Ausgeliefertsein ebenso sein wie kindliche Neugierde. Gerade hier erweist sich die Künstlerin immer wieder als Realistin, keineswegs als Pessimistin, dazu ist sie viel zu aktiv.

Anna Franziska Schwarzbach feierte am 21. September ihren 70. Geburtstag, dazu herzlichen Glückwunsch und weiterhin viel Freude am Schaffen!

Rainer Albert




 
     

 

Peter Götz Güttler zum 80. Geburtstag

  Peter Götz Güttler zum 80. Geburtstag  
     
  NNB 06/2019
 
 
  • Peter Götz Güttler zum 80. Geburtstag


Am 8. Juni 2019 feiert Peter Götz Güttler seinen 80. Geburtstag. Sein unerhört vielfältiges und originelles Medaillenschaffen begeistert viele Numismatiker und Kunstfreunde. Viele Münzvereine haben Medaillen bei ihm in Auftrag gegeben, er hat mit seinen Schöpfungen die Medaillenkunst in den Münzvereinen populär gemacht und damit insgesamt die Medaillenkunst in Deutschland befördert. Darüber war immer wieder im NNB zu berichten. Eine ausführliche Würdigung findet sich im NNB 7/2009 im Zusammenhang mit der Verleihung des Hilde-Broër-Preises für Medaillenkunst 2009 an ihn oder in dem 2012 erschienenen Werkkatalog [Wolfgang Steguweit und Rainer Grund (Hrsg.): Peter Götz Güttler, Gegossene Sichten und Welten. Medaillen 1971 bis 2011 (= Die Kunstmedaille in Deutschland, Bd. 27). Sandstein Verlag, Dresden 2012, ISBN 978-3-95498-002-4. Besprechung in NNB 12/2012, S. 519].

Aber wie soll man einen großen, einen großartigen Medaillenkünstler mehr würdigen als durch die Präsentation seiner Arbeiten? Eine seiner imposantesten Schöpfungen ist die Eligiuspreis-Medaille der Deutschen Numismatischen Gesellschaft; deren letztes Exemplar 2019 verliehen wurde.

Die erste Eligiuspreis-Medaille der Deutschen Numismatischen Gesellschaft, damals hieß sie noch „Verband der deutschen Münzvereine“, schuf 1982 Prof. Karl Burgeff, Köln. Durch die am 27. Mai 1990 beschlossene neue Satzung, mit der auch die Namensänderung in „Deutsche Numismatische Gesellschaft“ verbinden war, war auch die Neugestaltung der Eligius-Medaille unausweichlich geworden, die natürlich den aktuellen Namen der Gesellschaft tragen sollte. Diese ebenso schlichte wie elegante Medaille konnte dann im September 1992 erstmals verliehen werden.


Eligiusmedaille von Peter G.Güttler

 

 

Ein Bischofsstab, das Amtszeichen des Hl. Eligius als Bischof von Noyon, ist das dominierende Element der Vorderseite. Die Krümmung des Stabes bildet ein Bildfeld, in dem Eligius als Goldschmied an der Werkbank sitzt und an einem Gefäß arbeitet. Auf dem Tisch liegen auch Münzen. Ein Schriftband ELIGIUS-PREIS fährt die Konturen des Stabes nach.

Innerhalb des polierten Feldes der Rückseite steht in einem vertieften und mattierten Streifen DEUTSCHE / NUMISMATISCHE / GESELLSCHAFT; in einem runden und abermals vertieften Feld ist groß das DNG-Signet angebracht, das über die Medaillenfläche hinausragt.

Peter Götz Güttler hat diese Medaille, wie er das mit den meisten seiner Medaillen machte, selbst aus Weißmetall gegossen. und patiniert, sie hat einen Durchmesser von 105 mm und gehörte zur FIDEM-Auswahl Budapest 1994.

„Durchdringen und Gestalten" ist Lebens- und Arbeitsmotto von Peter-Götz Güttler und macht ihn zu einem ebenso interessanten, spannenden und anregenden Gesprächspartner wie zu einem Künstler, der in der (kleinen) Medaillenform, die sein Hauptmedium geworden ist, Monumentales geschaffen hat. Dabei ist er zugleich ein aufrichtiger Mensch und ehrlicher Freund und deshalb gilt im Namen seiner zahlreichen Freunde und Bewunderer weit und breit:

 

Alles Gute zum Geburtstag!

Lieber Peter, bewahre Dir Deine

Lebensfreude an der Seite Deiner lieben

Frau Heidi und im Kreise Deiner Familie!

                                       Rainer Albert

 
     

Günter Unshelm zum 80. Geburtstag

  Günter Unshelm zum 80. Geburtstag  
     
  NNB 03/2019
 
 
  • Günter Unshelm zum 80. Geburtstag

Deutschlands am längsten amtierender Vereinsvorsitzender vollendete am 20. Februar 2019 sein 80. Lebensjahr.

Das Interesse von Günter Unshelm an der Numismatik wurde Anfang 1958 geweckt. Während seiner Ausbildung bei der Stadt-Sparkasse Solingen lernte er Helmut Steinhausen, Vorsitzender des wenige Monate vorher gegründeten Vereins der „Bergischen Münzfreunde' kennen. 1967 wählten die Mitglieder ihn zu ihrem neuen Vorsitzenden. Unverzüglich nahm er Kontakt zum Schloss bauverein Burg ad Wupper auf. Zwischen dessen Vorsitzenden Prof. Luchtenberg, Kultusminister NRW i. R. und Museumsdirektor Dr. Roselt wurde vereinbart, dass der Münzverein ab 1. April 1967 seine monatlichen Treffen im Bergfried der Burg veranstalten durfte. Es begann eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen dem Schlossbauverein und den Münzfreunden, die bis heute anhält. 1977 kam es zur Vereinigung der „Bergischen Münzfreunde“ mit den „Solinger Münzfreunden e.V.“ Die monatlichen Tauschtreffen wurden zunächst in die Stadt-Sparkasse Solingen, später in den Hauptbahnhof verlegt. Diese wurden zugunsten der Treffen „Wuppertaler Münzfreunde“ aufgegeben. Stattdessen fanden vierteljährliche numismatische Vorträge auf Schloss Burg im Bergfried, später in der Kemenate statt. Diese werden bis heute von zahlreichen Münzinteressenten und Gästen aus Teilen von NRW besucht. Die Termine werden seit vielen Jahren im NNB veröffentlicht. Die von Sammlern, Museumsleitern und Professoren behandelten Themen finden stets einen aufmerksamen und dankbaren Zuhörerkreis.

In den 1960er Jahren entdeckte Günter Unshelm ein neues Sammelgebiet: Münzwaagen und deren Gewichte. Er organisierte am 3. Mai 1986 im „Stapelhäuschen“ an historischer Stätte in Köln das erste deutsche Sammlertreffen, später gründete er den Verein „Maß und Gewicht“ und war dessen Vorsitzender bis 1997. Zum Thema Waagen und Gewichte bearbeitete er 1981-1990 für das Münzauktionshaus Schenk-Behrens in Essen sechs Kataloge. Er ist auch heute für mehrere große Münzauktionshäuser in diesem Bereich tätig. Er organisierte seit den 1960er Jahren zahlreiche Ausstellungen zu den Themen Münzen und Gewichte in Kreditinstituten, Museen und bei numismatischen Veranstaltungen. 2011 erschien von ihm das Buch „Die Bergischen und Märkischen Goldwaagen 1749-1850“ im Eigenverlag, es war nach 3 Jahren vergriffen.

Für seine langjährige Tätigkeit als Vereinsvorsitzender der Bergischen Numismatischen Gesellschaft (vormals Bergische Münzfreunde) und sein Buch hat ihm die Deutsche Numismatische Gesellschaft den „Eligiuspreis 2012“ verliehen. In einem feierlichen Akt im Gobelinsaal des Bodemuseums Berlin wurden ihm anlässlich des 21. Deutschen Numismatikertages am 5. Oktober 2012 Urkunde und die von Peter-Götz Güttler geschaffene Eligius-Medaille überreicht. 2017 ehrte ihn seine Bergische Numismatische Gesellschaft mit einer Medaille geschaffen von Peter Dünwald auf seinen 50-jährigen Vorsitz.

Günter Unshelm hat seinen Geburtstag mit Familie und großem Freundeskreis bei bester Gesundheit gefeiert. Er freut sich, dass auch sein Sohn Jörg seit 1986 aktiv sein Hobby „Münzen“ teilt und seit Jahren für den Dachverband „Rheinische Münzfreunde“ als Schatzmeister tätig ist.

Ruth Müller,

Pressesprecherin Berg. Num. Ges.

 

 
     

Heide Dobberkau zum 90. Geburtstag

  Heide Dobberkau zum 90. Geburtstag
 
     
  DGMK 21.1.2019  
 
  • Heide Dobberkau zum 90. Geburtstag

 

Hommage an eine Bildhauerin und Medailleurin unserer Zeit

Am 23. Januar 2019 begeht Heide Dobberkau in Bergisch-Gladbach ihren 90. Geburtstag.

Bedeutende Bildhauerinnen des 20. Jahrhunderts wie Renée Sintenis (1888-1965) und Emy Roeder (1890-1971) haben sich der skulpturalen Gestaltung von Tieren gewidmet und ihnen eine individuell abstrahierende Form gegeben.
Heide Dobberkau hat seit nunmehr 70 Jahren mit ihrem bildhauerischen Schaffen den Tieren Leben und Seele gegeben. Ihr Credo war und ist deren natürliche Gestalt, ohne ihr "naturalistisch" zu unterliegen. Es sind "Bronzen wie Tiere und Tiere wie Bronzen", so hat sie einmal die vom Richtungsstreit in der "modernen" Bildhauerei unberührte und gelassene Selbstinterpretation zusammengefasst und ihre künstlerische Auffassung so formuliert:
"...Nach Verlassen der Akademie habe ich zunächst zunehmend abstrahiert und wollte vereinfachen und Zeichen finden für Menschen, Pferde, Hunde, Vögel, selbstverständlich beeinflusst durch die Kunst der 50er Jahre. Aber nach einigen Jahren führte mich diese Abstraktion in eine Sackgasse und der für mich mögliche Weg schien mir, das sensible, lebendige Wesen der Tiere plastisch umzusetzen..."

Nach der künstlerischen Ausbildung von 1948 bis 1953 in Hannover (Hermann Scheuernstuhl) und Hamburg (Edwin Scharff) lebt und wirkt(e) sie seit 1963 in Bergisch-Gladbach in Ateliergemeinschaft mit ihrem Mann, dem ebenfalls künstlerisch tätig gewesenen namhaften Chirurgen Dr. Werner Niermann (1939-2018).
Die Deutsche Gesellschaft für Medaillenkunst ehrte Heide Dobberkau im Jahre 2006 mit dem "Hilde Broër-Preis für Medaillenkunst" für ihr Lebenswerk.
Am 21. November diesen Jahres wird das Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin eine Sonderausstellung mit einer repräsentativen Auswahl des Schaffens von Heide Dobberkau eröffnen und dazu eine Monografie zu Leben und Werk herausgeben.

Die zahlreichen Liebhaber der Kunst von "HD" in unserer/ihrer Medaillengesellschaft gratulieren sehr herzlich zu dem hohen Geburtstag und wünschen einen noch lange gesundheitlich stabilen und erfüllten Lebensabend.


Wolfgang Steguweit

 

 
     

Heinz Josef Kramer zum 90. Geburtstag

  Heinz Josef Kramer
 
     
  Personalia NNB 7/2018  
 
  • Heinz Josef Kramer zum 90. Geburtstag

 

Die Numismatik als Jungbrunnen - wer daran zweifeln mag, schaue auf den Essener Numismatiker Heinz Josef Kramer! Nach 31 Jahren Tätigkeit als Gymnasiallehrer für Mathematik und Physik arbeitete er sich in die Numismatik ein, und fast ebenso lange betreut er nun öffentliche Münzsammlungen in Essen. Schon 1993 erschien sein grundlegendes Buch „Das Stift Essen - Münzen und Medaillen“ ein unentbehrliches Zitierwerk. Die Betreuung der Sammlung des RuhrMuseums im Weltkulturerbe Zeche Zollverein schließt auch deren Erweiterung ein - nicht zuletzt durch die Sichtung der nicht verwertbaren Münzen der Klingelbeutelsammlung! Aber auch Seltenheiten wie ein Werdener Vierling des 14. Jhs. gelangten durch sein Engagement aus dem Münzhandel in die Museumssammlung (Das Münster am Hellweg, Jg. 68, 2015, S. 70-73). 2014 erhielt er für die Arbeit „Eingeprägt - Numismatik im RuhrMuseum“ den Kontinuitätspreis des „Forum Geschichtskultur an Ruhr und Emscher e.V.“. Seit 2013 (vgl. NNB 8/2013, S. 309) publizierte er weitere Aufsätze, so über den Essener Stiftsorden (Das Münster am Hellweg, Jg. 66, 2013, S. 88-96) und eine Kritik der Essener Regententabellen (ebd. Jg. 68, 2015, S. 60-69). Kleinere Beiträge erschienen im Monatsblatt des Stadtteils Stoppenberg, in dem auch das RuhrMuseum liegt. Nach wie vor führt er öffentliche Münzbestimmungen und Münzberatung durch. Zu seinem Geburtstag am 9. Juli wünschen wir, dass ihn das Engagement für die Essener Münzen, Marken und Medaillen weiterhin geistig und körperlich fit hält!

Gerd Dethlefs

 
     

 

Gerd Dethlefs zum 60. Geburtstag

  Gerd Dethlefs
 
     
  Personalia NNB 6/2018  
 
  • Gerd Dethlefs zum 60. Geburtstag

 

Gerd Dethlefs ist kein Freund von Aufhebens um seine Person. Lieber ist ihm, etwas Dauerhaftes und Nachhaltiges auf die Beine zu stellen, vor allem in Form von Publikationen, aber etwa auch der Herausgabe künstlerisch anspruchsvoller Medaillen. Das Leben des 1958 im schleswig-holsteinischen Flensburg Geborenen ist gefüllt und erfüllt von beruflichem und ehrenamtlichem Engagement, ist er doch geprägt von „preußischem“ Arbeitseifer und der Übernahme von Verantwortung. Sein 60. Geburtstag bietet eine gute Gelegenheit, auch auf diese Weise die große Wertschätzung für sein enorm vielfältiges Wirken zum Ausdruck zu bringen.

Als junges Kind verzog er mit seiner Familie ins westfälische Münster, das bis heute Gerd Dethlefs' Heimat geblieben ist. Nach dem Abitur am Johann-Conrad-Schlaun-Gymnasium nahm er 1979 das Studium der Geschichte und Kunstgeschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster auf; ab 1981 kam als zweites Nebenfach Romanistik hinzu. Er besuchte Vorlesungen und Seminare vor allem der Historiker Peter Berghaus, Peter Johanek und Bernhard Sicken sowie der Kunsthistoriker Georg Kauffmann und Karl Noehles. Mit der Arbeit „Studien zum Münzwesen in Marsberg während des Mittelalters“ (gedruckt 2000) erwarb er 1985 unter Peter Johanek (mit Peter Berghaus als Zweitgutachter) den Grad eines Magister Artium. Anfang 1985 begann er als Volontär am Stadtmuseum Münster und war dort ab 1987 als Historiker und wissenschaftlicher Angestellter tätig. 1988 gründeten er und seine Frau Silvia eine Familie, zu der bald auch zwei Söhne kamen. Im Sommer 1996 wechselte er zum damaligen Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster als Referent für Landesgeschichte, seit 2012 zusätzlich für das Porträtarchiv Diepenbroick. 1998 promovierte er bei Peter Johanek über das Thema „Friedensappelle und Friedensecho. Kunst und Literatur während der Verhandlungen zum Westfälischen Frieden“ Sein erfolgreiches Engagement ist enorm und umfasst neben der wissenschaftlichen Tätigkeit - sein Publikationsverzeichnis listet fast 300 Titel auf - zur westfälischen Landesgeschichte über die Münz- und Geldgeschichte mit Schwerpunkt auf Westfalen vom 16. bis 18. Jahrhundert bis hin zu zeitgenössischen Medaillen und frühneuzeitlicher Glaskunst etwa auch die Förderung der Kirchenmusik in Münster. Seit 1999 ist er Geschäftsführer der Vereinigung westfälischer Museen e.V. und seit 2005 Vorsitzender des Vereins der Münzfreunde für Westfalen und Nachbargebiete e.V.; von 2004 bis 2007 führte er als Präsident die Deutsche Numismatische Gesellschaft. Von 2012 bis 2014 war er vertretungsweise auch zuständig für das Münzkabinett am heutigen LWL-Museum für Kunst und Kultur/Westfälisches Landesmuseum und in dieser Funktion Mitglied der Numismatischen Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland als Landesvertreter für Westfalen-Lippe, seit 2014 als Fachgebietsvertreter für Landesgeschichte. In der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst e.V. versah er von 2012 bis 2016 das Amt des Schriftführers. 2015 übernahm er schließlich den Vorsitz des neu begründeten Fördervereins für öffentliche Münzsammlungen in Westfalen. Für sein wissenschaftliches und ehrenamtliches Wirken in der Numismatik erhielt er 2016 den Ehrenpreis der Gesellschaft für internationale Geldgeschichte e.V. Am 6. Juni 2018 wird Gerd Dethlefs nun 60 Jahre alt, wozu wir ihm herzlich gratulieren, alles Gute wünschen und ihm besonders für sein vielfältiges Wirken danken!

Peter Ilisch, Stefan Kötz, Stefan Wittenbrink
 
     

 

Eva Wipplinger zum 90. Geburtstag

  Eva Wipplinger
 
     
  Personalia NNB 4/2018  
 
  • Eva Wipplinger zum 90. Geburtstag

 

Es ist immer wieder ermutigend, wenn man mit der unternehmungslustigen Jubilarin zusammentrifft, wenn sie herzlich und bestimmt ihre Meinung zu einem Vortrag, einem Artikel aus dem NNB oder einem neuen Buch sagt. Sie gehört ganz einfach zum kulturellen Leben in Halle, zum Kunstverein, zum Kunstmuseum Moritzburg und nicht zuletzt zum Numismatischen Verein. Seine Gründung geht auf ihre Initiative zurück. Zum 30. März 1961 lud sie alle Interessierten ein. Es war - kurz nach Dresden - die zweite Gründung eines numismatischen Vereins in der DDR überhaupt. 30 Numismatiker folgten der ersten Einladung. Anfangs kamen sie nicht nur aus Halle und Umgebung. Sie reisten aus Leipzig, Eisenach und Magdeburg an, um Gleichgesinnte zu finden. Nach zehn Jahren zählte die Fachgruppe im Kulturbund mehr als 100 Mitglieder. 1964 fand sich darüber hinaus eine Schülergruppe „Junge Münzsammler“ zusammen, die sich alle 14 Tage bei Eva Wipplinger im Münzkabinett traf.1

Eva Wipplinger studierte ab 1950 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Kunstgeschichte. Im Jahr 1972 wurde sie mit einer Gesamtdarstellung zur Geschichte der halleschen Goldschmiedekunst promoviert. Veröffentlichungen zur Kunst der Fayence mitteldeutscher Manufakturen oder zum historischen Tafelgerät bezeugen ihr breit gefächertes kunsthistorisches Interesse.2

Die Numismatik prägte ihr berufliches Leben. Im Mai 1958 übernahm sie für 30 Jahre die Betreuung des Landesmünzkabinetts Sachsen-Anhalt im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale). Sie folgte damit Eberhard Mertens, der das Kabinett im Jahr 1950 konstituierte. Ihr Engagement galt insbesondere der modernen und zeitgenössischen Medaillenkunst. Als Kunsthistorikerin hatte sie selbstverständlich einen anderen Blickwinkel auf das Medium als manch dokumentarisch interessierter Sammler. Dies zeichnet ihre Leistung aus, was sich auch in der Sammlung des Kabinetts spiegelt. Mit der Konzentration auf die Bildhauermedaille etablierte sie eine Alternative zu den Arbeitsschwerpunkten der anderen tradionellen mittel- bzw. ostdeutschen Münzkabinette.

Im Kunstmuseum Moritzburg kuratiertein Eva Wipplinger eine Vielzahl von Ausstellungen. 1960 präsentierte sie ihre erste Ausstellung zur Entwicklung der Bildnismedaille vom Klassizismus bis in die Gegenwart mit großer Resonanz in den örtlichen Medien.3 Ab 1967 erhielten Bildhauermedailleure regelmäßig die Möglichkeit, ihre Medaillen in Ausstellungen zu präsentieren. Die erste umfassendere Retrospektive der Medaillenkunst in der DDR mit dem Titel „Vom Modell zum Guss“ organisierte 1974 Wolfgang Steguweit zusammen mit Eva Wipplinger. Sie ist durch einen reich bebilderten Katalog gut dokumentiert, in dem ein Aufsatz Eva Wipplingers die Arbeit von Gustav Weidanz und seiner Schüler vorstellte. Etwa die Hälfte der ausgestellten rund 100 Arbeiten kam aus der Hallenser Sammlung.4 In ihrem Aufsatz prägte Eva Wipplinger den heute eingeführten kunsthistorischen Begriff der „Halleschen Medaillenschule“.

1984 konzipierte Eva Wipplinger im Zusammenhang mit Kunsthandwerk, Malerei, Grafik und Plastik eine Medaillenausstellung unter dem Titel „Kunst der DDR“. In ihr wurde die Entwicklung der Medaille in den 1950er Jahren herausgestellt. Eva Wipplinger würdigte die Arbeiten Wilfried Fitzenreiters in diesem Zusammenhang mehrfach als wichtige Belege dieser Zeit.5 1992 war sie mit ihrem Projekt „Medaillenkünstlerinnen in Deutschland“, in dem sie Werke von etwa 70 Künstlerinnen zusammentrug, der Zeit voraus.6

Mehrfach beschäftigte sich Eva Wippilnger mit der Reformation und ihrer Rezeptionsgeschichte in den vergangenen 500 Jahren. Zuletzt organisierte sie 1996 eine diesbezügliche Münz- und Medaillenausstellung, die in Hamm (Sieg), in Daaden (Sieg), Eisenach, Halle und Dessau präsentiert werden konnte.7

Eva Wipplinger verfasste eine Vielzahl an Aufsätzen, insbesondere auch für das NNB.8 Dafür gilt ihr ein besonderer Dank. Vor 10 Jahren widmete Peter G. Güttler der Jubilarin eine Medaille. Die Vorderseite zeigt ein einfühlsames Porträt und eine treffende Inschrift. Auf der Rückseite ist eine schwebende Nike dargestellt, die mit einem Lorbeerzweig auf eine athenische Drachme weist. Davor ist der Grundriss der halleschen Moritzburg zu sehen, die den Mittelpunkt des Berufslebens von Eva Wipplinger bildete. Für den Künstler war es ein persönliches „Herzensbedürfnis“, Eva Wipplinger damit zu überraschen. Sie ist ein wunderbares Zeichen für ihr Engagement für die Kunst der Medaille.

Ulf Dräger

 

1 Eva Wipplinger: Münzsammler. Eine Fachgruppe im Deutschen Kulturbund Halle wird am 30. März 1961 gegründet. In: Hallesche Monatshefte Nr. 3/1961, S. 130/131; Eva Wipplinger: Das Münzkabinett und die Münzsammler. In: Hallesche Monatshefte Nr. 6/1964, S. 192/193.

 

2 Hallesche Goldschmiedekunst. Diss. phil., Halle 1972 (1973) (maschinenschr.); Fayencen deutscher Manufakturen aus der Staatlichen Galerie Moritzburg Halle. Leipzig 1965(2. Aufl. 1983,3. verb. Auflage Leipzig 1990) (Die Schatzkammer, 16).

 

3 Kurt Marholz: Modellierte Bildhauer (Rezension zur Ausstellung „Bildnismedaillen des 19. und 20. Jahrhunderts“ des Münzkabinetts in der Moritzburg). In: Hallesches Monatsheft (7), Nr. 10/1960,S. 480-488; ders.: Gustav Weidanz als Medailleur. In: Hallesche Monatshefte Nr. 11/1960,S.528-532; ders.: Die Entwicklung der Schaumünzen vom Klassizismus bis zur Gegenwart (Rezension zur Ausstellung „Bildnismedaillen des 19. und 20. Jahrhunderts“ des Münzkabinetts in der Moritzburg). In: Hallesches Monatsheft (8), Nr. 5,1961, S. 226-231.

 

4 Vom Modell zum Guss. Medaillenkunst in der DDR. Katalog zur Ausstellung 1974/1975, bearbeitet von Wolfgang Steguweit, mit einem Beitrag von Eva Wipplinger. Museen der Stadt Gotha, 1974.

 

5 Eva Wipplinger: Betrachtungen zum Medaillenschaffen der 50er Jahre, anhand einiger Beispiele von Wilfried Fitzenreiter. In: Galeriespiegel 4/1984, herausgegeben von der Staatlichen Galerie Moritzburg Halle, S. 15-18; Eva Wipplinger: Kunst der DDR. Eine Ausstellung in der Staatlichen Galerie Moritzburg Halle. In: Sammler Express, Heft 18/1984,S. 631 (Betr. Medaillenkunst der fünfziger Jahre von W. Fitzenreiter); Eva Wipplinger: Neujahrsmedaillen von Wilfried Fitzenreiter. In: Numismatische Beiträge (17). 1984, Heft 2, herausgegeben vom Kulturbund der DDR, Gesellschaft für Heimatgeschichte, Zentraler Fachausschuß Numismatik, Berlin 1984,S. 44/45.

 

6 Eva Wipplinger: Medaillenkünstlerinnen in Deutschland. Katalog zur Ausstellung in der Staatlichen Galerie Moritzburg Halle und dem Frauen-Museum Bonn, mit einem Geleitwort von Ingrid Szeiklies-Weber. Halle 1993.

 

7 „Dem Kaiser was des Kaysers ist und Gotte was Gottes ist“. Reformationsgedenken auf Münzen, Medaillen und Grafik, Begleitheft zur gleichnamigen Ausstellung, Evangelisches Gemeindezentrum Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Hamm/ Sieg, 25. Februar - 10. März 1996, Kreissparkasse Daaden/Sieg, 13. -27. März 1996, Thüringer Museum Eisenach, Schloss am Markt, Eisenach, 29. Juni - 1. September 1996, Universitätsmuseum der Zentralen Kustodie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 1996, und im Museum des Stadtarchivs Dessau, 1996, mit Geleitworten von Ralf-Torsten Speeler, Hanna Sabine Hummel und Ulf Dräger, hrsg. von der Kreisverwaltung Altenkirchen. o.O. 1996.

 

8 U.a.: Reformationsgedenken auf Münzen und Medaillen (NNB 45, 3/1996, S. 27-28); Ingrid Szeiklies-Weber (NNB 46,4/1997, S. 167); Philipp Melanchthon (NNB 47, 2/1997, S. 73-75); Medaillen auf Hochwasser und Teuerungen, aus dem Bestand des Landesmünzkabinetts Sachsen-Anhalt (NNB 51,10/2002, S. 409-411); „Sapere aude!“, ein Medaillenwettbewerb zu Ehren des Philosophen Christian Wolff (1679-1754) (NNB 54,1/2005, S. 8-9); Rezension: Das Merseburger Medaillenkabinett, Kulturhistorisches Museum Schloss Merseburg (NNB 56,9/2007, S. 388); Die Numismatika in der Marienbibliothek zu Halle an der Saale (NNB 51, 12/2002,S. 495-498); Rezension: Martin Heidemann, Wolfgang Steguweit (Hrsg.): Medaillenkunst in Halle im 20. Jahrhundert. Berlin 2002 (NNB 52, 3/2003, S. 125); „Der Mensch kann, was er will...“ (Plakette auf Arthur Lutze von Franziska Schwarzbach) (NNB 53,5/2004, S. 184-185).

 

 
     

Heinz Brehme zum 75. Geburtstag

  Heinz Brehme
 
     
  Personalia NNB 2/2018  
 
  • Heinz Brehme zum 75. Geburtstag

 

Am 18. Dezember 2017 feierte Heinz Brehme in seiner Wahlheimat Erfurt seinen 75. Geburtstag. Eigentlich aus dem kleinen Städtchen Ohrdrufer stammend, verzeichnet sein Lebensweg verschiedene Stationen, bis er später in der Bezirkshauptstadt Erfurt sesshaft wurde.

Er wirkte in der Fernmeldetechnik, die für alles, was mit Richtfunk zu tun hatte, unerlässlich war. Zeitungen wurden damals mittels dieser Technik aus den Redaktionen zügig zu den Druckorten versandt. Zu diesen bedeutenden Druckzentren zählte Erfurt. War es Zufall oder Bestimmung? Ausgerechnet in jener Druckerei, wo 50 Jahre zuvor die meisten städtischen Notgeldscheine das Band verlassen hatten, fand sich eine Anstellung für ihn. Nicht wissend, dass ausgerechnet in dem riesigen Kellerarchiv des VEB Druckerei Fortschritt noch immer tausende Druckfahnen, Notgeldscheine, Andrucke bis hin zu Druckklischees lagerten, versah er hier seine Tätigkeit. Erst kurz vor der anstehenden Verrentung wandte er sich aktiv dem Spezialgebiet der Erfurter Inflationsgeldscheine zu. Brehme unterwarf sich dem zeitintensiven und mühseligen Quellenstudium. Im Erfurter Stadtarchiv ließ er sich dickleibige Stadtrats-Protokollbücher, Sitzungsmitschriften sowie Druck- und Werkaufträge jener Epoche vorlegen. Als Forschungsergebnis konnte er Jahre später den komplizierten Werdegang eben dieser Geldscheine, deren Herstellung sowie Verteilung offen legen. Die Korrektur der bis dahin differierenden Auflagenhöhen gelang ihm ebenso wie der Nachweis bestimmter Fehldrucke u.a. mehr. Das massenhaft hergestellte Inflationsgeld hatte auch seine Eigenarten und war oftmals eben keine Massenware. So wurde 1921 eine bestimmte Anzahl der ersten Luthernotgeldserien nur an Stadtverordnete abgegeben. Zusätzlich gelang es ihm, bis dahin unbekannte, nur als Andruck existierende Notgeldserien von Erfurt und Sömmerda aufzuspüren.

Seine bisher thüringenweit gehaltenen Vorträge erhielten hohe Anerkennung sowie regen Zuspruch. Neben Erfurt sind Jena, Neustadt und Weißensee hierbei besonders hervorzuheben.

Dem rastlos tätigen Jubilar wünschen wir weiterhin recht viel Freude an der Numismatik, begleitet mit dem Wunsch, dass seine Forschungsresultate als Druckwerk bald vorliegen möchten.

Hans-Peter Brachmanski

 
     

 

Arnold Schwede zum 80. Geburtstag

  Arnold Schwede  
     
  Personalia NNB 8/2017  
 
  • Arnold Schwede zum 80. Geburtstag

 

Am 31. Juli 2017 vollendete Arnold Schwede in Paderborn sein 80. Lebensjahr. Aus Münster stammend, wirkte er als Vermessungsingenieur beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe für den Straßenbau in Ostwestfalen. Als Sammler Paderborner Münzen seit 1978 einer der Mitträger der Paderborner Münzfreunde, hat er seine als Sammler erworbenen Kenntnisse der Öffentlichkeit vermittelt, durch Vorträge ebenso wie durch Publikationen in landesgeschichtlichen Zeitschriften. Seine eigene Sammlung Paderborner Münzen überließ er dem Erzbischöflichen Diözesanmuseum, das damit den Grundstock für eine Dokumentation der bischöflichen Paderborner Münzen legte. Seit 1983 war er als „Münzwart“ Mitglied des Vorstandes des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens Abt. Paderborn e.V. (Altertumsverein) und hat die bedeutende Münzsammlung des Altertumsvereins im Jahre 2000 publiziert.

Bei der Ergänzung und Publikation der bedeutenden Münzsammlung der Volksbank Paderborn wirkte er beratend mit, auch bei der Präsentation der Sammlung in Ausstellungen und Publikationen, so zur Paderborner und Corveyer Münzgeschichte, zu Liborius-Darstellungen auf Münzen und Medaillen sowie zu Medaillen aus dem Paderborner Land.

Nach seiner Pensionierung hat sich Schwede verstärkt der numismatischen Wissenschaft gewidmet und - mit wesentlicher Unterstützung der Paderborner Volksbank, die seine Forschungsreisen an die wichtigsten europäischen Münzkabinette finanzierte - und in Kooperation mit dem Landesnumismatiker Dr. Peter Ilisch das Bild- und Textmanuskript zunächst der Münz- und Geldgeschichte des Fürstbistums Paderborn (2004) und dann der Fürstabtei Corvey (2007) verfasst. Beide umfangreichen Bücher sind als eine aus den Archiven erarbeitete Münz- und Geldgeschichte und eines aus Autopsie aller zugänglichen Stücke in öffentlichen und privaten Sammlungen erarbeiteten Kataloges die Ergebnisse höchst verdienstvoller Grundlagenforschung. Den Werken ist hohe Anerkennung in Rezensionen zuteil geworden; 2007 wurde ihm dafür der „Eligiuspreis“ der Deutschen Numismatischen Gesellschaft verliehen. In den folgenden Jahren sind weitere Grundlagenwerke aus seiner Feder erschienen, zu den neuzeitlichen Münzen der Grafschaft Rietberg (2012), der Stadt Marsberg (2015) sowie der Grafschaft Lippe (2016), wozu Heinrich Ihl den Katalogteil erarbeitete. Fünf teils umfangreiche Bücher - ein wirklich beachtliches Lebenswerk; viele Aufsätze und kleinere Hefte wären hier noch erwähnenswert. Auch im Vorstand des Westfälischen Münzvereins wirkte er als 2. Vorsitzender mit und wurde nach seinem Ausscheiden 2016 zum Ehrenmitglied gewählt. Für sein numismatisches Engagement sei auch hier herzlicher Dank gesagt. Dem Jubilar wünschen wir weiterhin viel Freude an der Numismatik (und auch Schaffensfreude für das eine oder andere kleinere Projekt). Ad multos annos!

Gerd Dethlefs

 
     

 

Silvia Klöde-Hoffmann zum 60. Geburtstag

  Silvia Klöde-Hoffmann  
     
  Personalia NNB 10/2016  
 
  • Silvia Klöde-Hoffmann zum 60. Geburtstag

 

Die Bildhauerin und Medaillenkünstlerin Silvia Klöde-Hoffmann feiert am 15. Oktober 2016 ihren 60.Geburtstag. Die in Niederau bei Meißen lebende Künstlerin wurde 1956 im brandenburgischen Kleinmachnow geboren.

Nach einer Lehre in der Staatlichen Porzellanmanufaktur Meißen studierte sie an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, wo sie 1983 bei Prof. Gerd Jaeger das Diplom als Bildhauerin erwarb. Danach arbeitete sie lange Zeit, bis 2011, an der Meißner Manufaktur in der Abteilung „Neue künstlerische Entwicklung“. Zu den umfangreichen Tätigkeitsfeldern gehörten die Gestaltung von Figuren und Schmuck sowie von plastischen Arbeiten für die Wand und den Raum, die Mitarbeit an Service-Komplexen und nicht zuletzt die Kreation von Medaillen. Im Jahr 2012 vollzog die Künstlerin den Schritt in die Selbständigkeit und ist seitdem mit zunehmendem Erfolg freischaffend tätig.

Innerhalb des Gesamtwerkes von Silvia Klöde-Hoffmann nimmt die keramische Medaille einen beachtlichen Stellenwert ein. Seit Mitte der 1980er Jahre widmet sie sich dieser Sonderform der reliefplastischen Kleinkunst, wohl wissend, dass sie damit in einer Tradition steht, die an der Porzellanmanufaktur Meißen bis Anfang des 18. Jahrhunderts, besonders aber in die Zeit der Weimarer Republik zurückreicht. In den letzten drei Jahrzehnten entstand ein beachtliches Œvre an Medaillen in dunkelbraunem Böttgersteinzeug, Feinsteinzeug mit warmen Brauntönen sowie weißem Biskuitporzellan. Die Künstlerin schätzt die guten Modelliereigenschaften der flüssigen Steinzeugmasse und die Möglichkeiten, durch Flächenpolitur besondere Oberflächenwirkungen zu erzielen. Mit dem Reiz des Materials und der ganz eigenen, unverkennbaren Handschrift, die sich durch Leichtigkeit und Schwung auszeichnet, hat sie bei großer Motivvielfalt mit oder ohne Schrift unkonventionelle Kompositionen im Medaillenrund geschaffen.

Silvia Klöde-Hoffmann ist seit 1993 Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst. Von 1990 bis 2014 war sie mit Beiträgen zu Ausstellungen der internationalen Medaillenföderation (FIDEM) vertreten. Auch auf anderen Gebieten ihres Schaffens ist sie vielfach bei Ausstellungen im In- und Ausland beteiligt, hat auch schon Personalausstellungen präsentiert. Werke der Künstlerin befinden sich in mehreren Museen bzw. Münzsammlungen in Deutschland und im Britischen Museum London. Über die keramische Medaille hinaus hat Silvia Klöde-Hoffmann auch beachtenswerte Entwürfe für Gedenkmünzen der Bundesrepublik Deutschland geliefert und einige vordere Preise erreicht. Erwähnenswert ist außerdem der mit dem 1. Preis ausgezeichnete Entwurf im Wettbewerb „Arche 2000“ der als Teilnehmermedaille für den 37. FIDEM-Kongress in Weimar in Böttgersteinzeug und als Silberprägung umgesetzt wurde. Der Jubilarin ist anlässlich des runden Geburtstages alles Gute, Gesundheit sowie weiterhin Ideenreichtum und Originalität im Schaffen zu wünschen! Auf Kommendes dürfen Freunde ihrer Kunst gespannt sein.

Rainer Grund

 
     

 

Heinrich Gietl zum 60. Geburtstag

  Heinrich Gietl
 
     
  Personalia NNB 1/2016  
 
  • Heinrich Gietl zum 60. Geburtstag

 

Numismatik in Deutschland, insbesondere numismatische Publikationen, das ist seit vielen Jahren ganz automatisch mit dem Namen Gietl verbunden. Jetzt mal abgesehen von einer riesigen Zahl monografischer Titel, die im Gietl Verlag erschienen sind, auch die wichtige Standardliteratur ist nach und nach in den Gietl Verlag abgewandert – und dies immer zu ihrem Vorteil, denn anschließend lagen diese Werke in bester Bebilderung and Layout wieder vor. Das gilt für den Jaeger und den Rosenberg, den AIDS, die Weltmünzkataloge. In den numismatischen Landbereichen gibt es den Oswald für die Heraldik und den Nimmergut für die Orden. Dazu traten dann ganz neue numismatische Projekte wie ein Lexikon der Numismatik, die Sachsen-Kataloge und eine Reihe zur römischen und byzantinischen Numismatik sowie Euro-Kataloge. Und dann gibt der Gietl Verlag noch die führenden deutschen Sammlerzeitschriften heraus, die MünzenRevue and Münzen&Sammeln . So weit, so gut.

Aber was bei all den Aufzählungen der erfolgreichen Gietl-Verlagsprojekte nicht fehlen darf, das ist die lapidare Feststellung, dass es das Numismatische Nachrichtenblatt wohl nicht mehr gäbe, wenn 1995 der Verleger Heinrich Gietl in schwierigster Lage nicht das Angebot gemacht hätte, das NNB in seinem Verlag herstellen zu lassen, und zwar ohne dass die Deutsche Numismatische Gesellschaft ihre (Besitz-) Rechte aufgab und ohne jede redaktionelle Einflussnahme des Verlags. Von jetzt auf nachher änderte das NNB sein Gesicht und fand ab der Januar-Nummer 1996 wieder den Anschluss an moderne Zeitschriftengestaltung.

Dafür gebührt Heinrich Gietl großer Dank! Sein 60. Geburtstag im Dezember 2015 ist dafür willkommener Anlass, fällt dieser runde Geburtstag doch auch zusammen mit 20 Jahre NNB in der verlegerischen Betreuung durch den Gietl Verlag.

Peter Götz Güttler hat zum Geburtstag eine Medaille geschaffen, die den erfolgreichen Verleger würdigt. Sein Porträt erscheint auf der Vorderseite zusammen mit der Zeitschrift, die seinen Einstieg in das numismatische Schrifttum begründete. 1986 begann „Der Geldscheinsammler - Zeitschrift für Papiergeld“ im Gietl Verlag zu erscheinen. Sie ist heute Teil der Sammlerzeitschrift „Münzen & Sammeln“, die unter dem Titel „Münzen & Papiergeld“ 1993 von einem Nürnberger Händler aus der Taufe gehoben wurde, schnell dahin dümpelte, darauf 1995 vom Gietl Verlag gekauft und zum Erfolg geführt wurde.

2001 kaufte der Gietl Verlag auch die MünzenRevue, die bis dahin in der Schweiz erscheinende bedeutende Sammlerzeitschrift, und 2005 den Battenberg-Verlag mit seine wichtigen (Münzen-) Sammlerprogramm. Inzwischen sind noch die nicht-numismatischen Verlage Süd-Ost- und MZ-Buchverlag als weitere Standbeine hinzugekommen. Dies alles zeigt Güttler auf der Rückseite seiner Geburtstagsmedaille unter dem neuen Dach „Gietl Verlage“.

Diese Erfolgsstory hatte viele Voraussetzungen, eine sei als vielleicht wichtigste genannt: Heinrich Gietl ist nicht nur ein guter Unternehmer, er ist ein Menschenkenner und Motivator, der mit unglaublicher Beharrlichkeit ein Ziel im Auge behalten kann. Er weiß, dass ein Projekt nichts taugt, wenn man nicht die richtigen Mitstreiter und Mitarbeiter hat - und die hat er immer wieder gefunden und eben motiviert, in langen Telefonaten, im persönlichen Gespräch, beharrlich. An prominentester Stelle ist Josef Roidl zu nennen, den er früh in den Verlag holte und zu seinem Partner machte, der die riesige Arbeitslast mitgetragen hat und nun das operative Geschäft allein übernehmen wird, weil Heinrich Gietl sich zurücknehmen will. Oder andere Ideen hat? Wie auch immer, zuerst herzliche Glückwünsche zum Geburtstag, alles Gute für die Zukunft, was es auch sein soll! Lieber Heiner Gietl, ad multos annos!

 

Rainer Albert

 
     

 

Peter-Hugo Martin zum 70. Geburtstag

  Peter-Hugo Martin
 
     
  Personalia NNB 7/2015  
 
  • Peter-Hugo Martin zum 70. Geburtstag

 

Um wirklich glücklich zu sein, braucht man einen Menschen, den man liebt, eine Aufgabe und eine große Hoffnung“, schrieb einmal Ricarda Huch. Zumindest zwei von den drei Kriterien (geliebte Frau und Aufgabe) kann Peter-Hugo Martin an seinem siebzigsten Geburtstag für sich beanspruchen. Peter-Hugo Martin, geb. am 12. Mai 1945 in Potsdam, aufgewachsen in Berlin, ist ein Numismatiker, wie es sie heute nur noch wenige gibt. Er studierte in Frankfurt am Main Alte Geschichte und Numismatik bei Maria R.-Alföldi und Konrad Kraft. Mit Hans Roland Baldus und Angelo Geißen bildete er die „Trias der jungen Wilden“, und man wäre gerne Mäuschen in jener Zeit großer Produktivität im Frankfurter Institut gewesen. Martin promovierte im Wintersemester 1970/71 mit dem Thema „Die anonymen Prägungen des Jahres 68 n. Chr.“ und übernahm direkt anschließend 1971 als Nachfolger von Friedrich Wielandt das Münzkabinett des Badischen Landesmuseums Karlsruhe. Er hat es bis zu seinem Ausscheiden aus dem Museumsdienst 2008 geleitet. In diesen 37 Jahren als numismatischer Einzelkämpfer gelangen ihm einige spektakuläre Neuerwerbungen für das Museum: man denke etwa an die Sammlung Bodenstedt mit einer vollständigen Typenfolge der Elektronmünzen von Phokaia und Mytilene, die Münze auf den Satrapen Pharnabazes, die persische Tetradrachme im Stil der Athener Tetradrachmen (Vs. Athenakopf / Rs. Eule in Dreiviertelansicht) mit dem Kopf des persischen Großkönigs als Beizeichen oder eine seltene siculo-punische Tetradrachme, die er 2005 in der Karlsruher Landesausstellung ‚Hannibal ad portas‘ präsentierte. In dem großen Unternehmen der Mainzer Akademie zur Aufnahme der römischen Fundmünzen in Deutschland (FMRD) hat er am Band Südbaden mitgearbeitet. Die Fundmünzenbestimmung für Baden wurde von ihm durchgeführt. Nicht nur die antike Numismatik bildete seinen Arbeitsschwerpunkt, auch auf dem Gebiet der Gemmenkunde machte er sich einen Namen. Für Karlsruhe konnte er bedeutende Gemmensammlungen erwerben. Auch in die Erforschung von Themen des Mittelalters und in der Neuzeit führten ihn Tätigkeiten und Interessen. Die Sammlung hat er um mittelalterliche Prägungen des südwestdeutschen Raumes erweitert, aber auch um bedeutende Stücke der Renaissance. Dazu gehören etwa ein Siegelabguss mit der Darstellung des Kurfürsten Ottheinrich von der Pfalz (1556) und eine Porträtmedaille auf Albrecht Dürer von Hans Schwarz (um 1520). Seit 1972 war Peter-Hugo Martin als Landesvertreter für Baden Mitglied der Numismatischen Kommission der Länder. Peter-Hugo Martin trug wesentlich zur Entstehung der „Gitta-Kastner-Stiftung zur Erforschung der Medaillenkunst in Deutschland ab 1871“ bei. Die ersten Ideen des Initiators Egon Beckenbauer referierte er 1982 der Numismatischen Kommission. Bis heute bildet diese Stiftung die ertragreichste Unterstützung der medaillenkundlichen Forschung durch die Numismatische Kommission der Länder. Martin als Kurator ist auch die erste Ausstellung auf Johannes Henke zu verdanken, die diesen Berliner Medaillenkünstler erstmals einem größeren Publikum vorstellte. Henke schuf in einer von ihm erst spät entwickelten Tiefschnitttechnik 2004 eine sehr treffende Porträtmedaille. Die Ausstellung im Zusammenhang mit der Gitta-Kastner-Stiftung ist nur eine von vielen Ausstellungen, die Peter-Hugo Martin durchführte und an denen er sich mit Texten und Leihgaben beteiligte. An zahlreichen Wettbewerben zur Gestaltung der bundesdeutschen Gedenkmünzen nahm er als numismatischer Gutachter teil. Viele Jahre lehrte er Numismatik an der Universität Heidelberg und war er Präsident der Badischen Gesellschaft für Münzkunde. Privat engagiert sich Martin bis heute für die Numismatik und Sammlerschaft.

 

Nach seiner Pensionierung kehrte Peter-Hugo Martin zusammen mit seiner Ehefrau Heidemarie wieder in seine Heimat Berlin zurück. Das Ehepaar bereut diesen Entschluss, der die Entfernung ins geliebte Frankreich deutlich verlängerte, nicht. Nach einem kurzen numismatischen Sabbatical ließ sich Martin gerne überreden, für fünf Jahre als ehrenamtlicher Mitarbeiter im Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin tätig zu werden. Sein genaues Auge und ruhiges Urteil trugen zur Verbesserung unserer Publikationen bei. Großzügig und gelegentlich mit sarkastischem Witz gab und gibt er sein Wissen an uns Mitarbeiter, die Besucher und Studierenden weiter. Eine in Berlin geschriebene Masterarbeit unterstützte er substantiell. Seit Januar 2010 ist er zudem zweiter Vorsitzender der Numismatischen Gesellschaft zu Berlin. Numismatiker ist man meist lebenslänglich, und es ist keine kühne Prophezeiung, auch Peter-Hugo Martin dieses vorherzusagen. Hierfür wünsche ich Gesundheit, Freude und frohe Schaffenskraft. Kommen wir noch einmal zu Ricarda Huch zurück. Es fehlte ja noch das dritte Kriterium, die Hoffnung. Welche Hoffnung macht einen Numismatiker glücklich? Vielleicht diejenige, dass die numismatische Flamme weiter brennt und lodert? Chairete, Peter-Hugo Martin!

Bernhard Weisser

 
     

 

Lutz Illisch zum 65. Geburtstag

  Lutz Ilisch
 
     
  Personalia NNB 7/2015  
 
  • Lutz Ilisch zum 60. Geburtstag

 

Dr. Lutz Ilisch, Leiter der Forschungsstelle für Islamische Numismatik am Orientalischen Seminar der Universität Tübingen, vollendet am 2. Juli 2015 sein 65. Lebensjahr. Aufgewachsen in Billerbeck, faszinierten ihn und seinen älteren Bruder Peter schon früh alte Münzen; 1963 war er erstmals Gast der Münzfreunde Münster und seit spätestens 1966 Vereinsmitglied. Als Schüler interessierte er sich schon für arabische Münzen, und nach dem Abitur auf dem Schlaun-Gymnasium in Münster begann er das Studium der Arabistik und Historischen Hilfswissenschaften in Münster. Schüler von Peter Berghaus, hatte er einen Nebenjob bei der Münzenhandlung Holger Dombrowski und betreute dort 1978-1985 als Redakteur die „Münstersche Numismatische Zeitung“; dort veröffentlichte er in Fortsetzungen seine 1979 eingereichte Magisterarbeit „Münzgeschenke und Geschenkmünzen in der mittelalterlichen islamischen Welt“. 1984 folgte die Promotion über „Die Geschichte der Artuqidenherrschaft von Mardin zwischen Mamluken und Mongolen 1260-1410 AD“. Im folgenden Jahr ging er zur Münzen und Medaillen AG nach Basel, bis er 1990 seine Lebensaufgabe fand: Als die Universität Tübingen die Sammlung islamischer Münzen des amerikanischen Sammlers und Händlers Stephen Album erwarb, berief man ihn zu deren Leiter. Ilisch baute in diesen 25 Jahren die Sammlung trotz bescheidener Mittel systematisch aus; zahlreiche Publikationen entstanden. Seit vielen Jahr ein Mitglied der Numismatischen Kommission als Beisitzer für islamische Numismatik, hat er sich u.a. um die Bestimmung islamischer Fundmünzen in Mecklenburg verdient gemacht. Dass er den westfälischen Münzfreunden treu angehört, sei dankbar vermerkt. Wir wünschen ihm viele Jahre wissenschaftlicher „Ernte“!

Gerd Dethlefs

 
     

 

Helmut Kahnt zum 70. Geburtstag

  Helmut Kahnt  
     
  Personalia NNB 3/2015  
 
  • Helmut Kahnt zum 70. Geburtstag

 

Der Numismatik-Virus befiel den am 8. März 1945 geborenen Helmut Kahnt schon im Alter von sechs Jahren, da gab es erste Berührungen mit ausländischen Münzen, die ihn erstaunten und seine Neugierde weckten. Das so hervorgerufene Interesse hat dann nie nachgelassen und macht auch aus dem nun 70-Jährigen immer wieder einen strahlenden Jungen, sobald er eine schöne oder interessante Münze oder Medaille sieht oder mit einem numismatischen Problem befasst wird. Es fasziniert ihn nach wie vor, die Geschichte hinter den Münzen und Medaillen zum Sprechen zu bringen. Den Zugang zu einem Münz-Verein fand er erst mit über 30 Jahren. Dadurch wurde aber zugleich das Bestreben gefördert, andere Sammler durch Vorträge und Veröffentlichungen an den eigenen Erkenntnissen teilhaben zu lassen. Nachdem er in der DDR nicht mehr bleiben wollte, fand er eine neue Heimat in Mannheim und hat sich der Numismatischen Gesellschaft Speyer, deren Mitglied er bis heute ist, und den Münzenfreunden Mannheim-Ludwigshafen angeschlossen, von Februar 1991 bis Februar 1993 war er auch deren Vorsitzender, bis es ihn, unter geänderten politischen Verhältnissen, wieder nach Sachsen zog. Ab 1989 bekam Helmut Kahnt Kontakt zur Zeitschrift „money trend", deren Chefredakteur er dann von 1990 bis 1996 war. In dieser Zeit entstanden auch zahlreiche Artikel für diese Zeitschrift. 1996 begann die bis heute währende Zusammenarbeit mit dem H. Gietl Verlag in Regenstauf, zuerst mit der Übernahme der Chefredaktion der Zeitschrift „Münzen & Papiergeld" (heute „Münzen & Sammeln"), auch hier veröffentlichte er zahlreiche Beiträge und ist immer noch der Chefredakteur. Nachdem der Gietl Verlag die Zeitschrift „MünzenRevue" übernommen hatte, war er von 2000 bis 2002 auch deren Chefredakteur. Zudem ist er Initiator der Reihe der „Sachsen-Kataloge" des Gietl Verlags. Aus seinen Buch- und Katalogveröffentlichungen hier eine Auswahl:

• 1986 Lexikon alte Maße, Münzen und Gewichte

• 2005 Das große Münzlexikon von A bis Z

• 2005 Mitarbeit am Katalog „Die sächsisch-albertinischen Münzen von 1547 bis 1611" (zusammen mit Claus Keilitz)

• 2006 Katalog „Die sächsisch-albertinischen Münzen von 1611 bis 1694" (zusammen mit Wieland Clauß)

• 2009 Katalog „Die Münzen Augusts des Starken 1694 - 1733"

• 2010 Mitarbeit an der 2. Auflage des Katalogs „Die sächsischen Münzen 1500 - 1547" (zusammen mit Claus Keilitz)

• 2010 Katalog „Die Münzen Friedrich Augusts II. von Sachsen/ Polen 1733 - 1763"

• 2014 Katalog „Die sächsischen Münzen 1763 - 1827"

• Bearbeiter des „Jaeger" von der 15. bis zur 20. Auflage

• Bearbeiter der 16. Auflage des Weltmünzkatalogs 19. Jahrhundert

Rainer Albert

 
     

 

Helmut König zum 80. Geburtstag

  Helmut König  
     
  Personalia NNB 11/2014  
 
  • Helmut König zum 80. Geburtstag

 

Anlässlich des 80. Geburtstages von Helmut König am 1. Oktober 2014 überbrachte Hans-Jürgen Gromzig dem Jubilar die Glückwünsche des Freundeskreises Thüringer Münz- und Medaillen-ammler und überreichte ihm eine eigens zu diesem Anlass geschaffene Medaille. Die Prägung übernahm Ralf Exner, Inhaber der I. Dresdner Medaillenmünze Glaser & Sohn GmbH, der nach einer Vorlage von Hans-Jürgen Gromzig auch den Vorderseitenstempel geschnitten hat. Im Lorbeerkranz steht unter einer Krone der Name des Jubilars mit der Jahresangabe LXXX, darunter das Datum des Geburtstages. Die Krone steht symbolisch für das bekannte Signet der Prägeanstalt Helmut König in Zella-Mehlis, wobei die acht Fleurons Medaillen für die acht Lebensjahrzehnte des Medailleurs stehen sollen. Der Rückseitenstempel mit dem Signet des Freundeskreises Thüringer Münz- und Medaillensammler stammt vom Jubilar selbst. Zum alljährlich stattfindenden Stammtisch gibt der Freundeskreis seit 2006 anlassbezogene Medaillen heraus. Dank umfangreicher Publikationen von Arist Engler () über die Prägungen von Helmut König - die früher themenbezogenen Kataloge konnte Engler bis zu seinem viel zu frühen Tod durch Spezialkataloge über Kulturbundmedaillen ergänzen - sowie durch jüngst von Konrad Dienel herausgegebene Editionen sind „Königmedaillen" heute ein beliebtes Sammelgebiet. Man kann heimat-, regional- oder themenbezogen mit vertretbarem Aufwand eine interessante Sammlung aufbauen. Wir würden uns freuen, wenn Helmut König die Numismatik weiterhin mit Früchten seiner Arbeit bereichert und wünschen ihm dazu noch viele produktive Schaffensjahre bei bester Gesundheit.

Matthias Grimm

 
     

 

Bernd Kluge zum 65. Geburtstag

  Bernd Kluge  
     
  NNB 6/2014  
 
  • Bernd Kluge zum 65. Geburtstag

 

In honorem Bernd Kluge Verdienste sind manchmal wie Perlen: Sie werden betrachtet, gelobt und weggelegt. Aber wo viele Verdienste sind, da reihen sich die Perlen zur Kette, ein Schmuckstück, das wir gerne bei passenden Gelegenheiten zeigen. Ein 65. Geburtstag ist eine solche Gelegenheit, signalisiert er doch auch nahende Pensionierung und damit berufliche Veränderungen. Bernd Kluge, Direktor des Münzkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin, kann am 18. Juni 2014 seinen 65. Geburtstag feiern. Die Deutsche Numismatische Gesellschaft und ihr Numismatisches Nachrichtenblatt sind Bernd Kluge vielfach zu Dank verpflichtet. Einige wenige, sehr wertvolle Perlen aus der großen Perlenkette seien genannt: 1997 fand der XII. Internationale Numismatische Kongress in Berlin statt und Bernd Kluge ermöglichte der DNG dabei repräsentative und nachhaltige Auftritte. 2012 war er für den 21. Deutschen Numismatikertag in Berlin verantwortlich, der mit einem Programm auf Spitzenniveau und einer freundlichen Gastlichkeit im Gedächtnis bleiben wird.




Prof. Dr. Bernd Kluge, Direktor des Münzkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin.

Foto: Axel Obdenbusch (Duisburg 2012), Repro NNB.

 


Im NNB war und ist er immer wieder mit wichtigen, weit über den Tag hinausgehenden Aufsätzen vertreten, aber einen unerreichten Höhepunkt setzte er mit einem umfänglichen Themenheft „Friedrich der Große" (NNB 9/2012), für das er Beiträge beschaffte und schrieb. Dass er die Numismatische Gesellschaft zu Berlin einige Jahre leitete und nach wie vor unterstützt, das sei aus DNG-Sicht noch angemerkt. An einige wenige Werke Bernd Kluges sei noch aus Sammlersicht erinnert: - Die Salier. Deutsche Münzgeschichte von der späten Karolingerzeit bis zum Ende der Salier. Sigmaringen 1991. - Numismatik des Mittelalters. Handbuch und Thesaurus Nummorum Medii Aevi. Berlin und Wien 2007. - Suum cuique. Medaillenkunst und Münzprägung in Brandenburg-Preußen. Berlin 2008. Zusammen mit Wolfgang Steguweit. - Die Münzen König Friedrichs II. von Preußen 1740 -1786. Berlin 2012. Unter Mitarbeit von Elke Bannicke und Renate Vogel. - Für 8 Groschen ist's genug. Friedrich der Große in seinen Münzen und Medaillen. Berlin 2012. Zusammen mit Elke Bannicke. - Gold gab ich für Eisen. Der Erste Weltkrieg im Medium der Medaille. Berlin 2014. Herausgegeben zusammen mit Bernhard Weisser. Seine Arbeit als Wissenschaftler, als Museumsleiter, in der Numismatischen Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland usw. wird an anderer Stelle zu würdigen sein, ebenso wie ein Gesamtschriftenverzeichnis Bernd Kluges natürlich erwünscht ist. Für dieses NNB haben einige Fachkollegen Bernd Kluges (Peter Ilisch ist für seine Unterstützung und Koordinierung dabei zu danken) Beiträge verfasst, die den großen Einfluss Bernd Kluges auf die numismatische Forschung, besonders des Mittelalters, erahnen lassen. Sie gratulieren damit Bernd Kluge zum 65. Geburtstag. Die Redaktion des Numismatischen Nachrichtenblattes schließt sich dieser Gratulation an und dankt - sicher auch im Namen vieler anderer Kollegen und Sammler - herzlich für sein Wirken, seine Kritik, seine Einsichten, seine Unterstützung. Weiterhin alles Gute - wir freuen uns auf viele weitere gemeinsame Aktionen!
 
Rainer Albert
 
     

 

 

Peter- Götz Güttler zum 75. Geburtstag

  Peter-Götz Güttler.  
     
  Personalia NNB 6/2014  
 
  • Peter Götz Güttler zum 75. Geburtstag

 

Am 8. Juni 2014 feiert Peter-Götz Güttler seinen 75. Geburtstag. Sein unerhört vielfältiges und originelles Medaillenschaffen begeistert seit Jahren eine stetig wachsende Zahl von Numismatikern und Kunstfreunden und ist im NNB immer wieder zu bestaunen. Eine ausführliche Würdigung findet sich z.B. im NNB 7/2009 im Zusammenhang mit der Verleihung des Hilde-Bror-Preises für Medaillenkunst 2009 an ihn oder in dem 2012 erschienenen Werkkatalog [Wolfgang Steguweit und Rainer Grund (Hrsg.): Peter Götz Güttler, Gegossene Sichten und Welten. Medaillen 1971 bis 2011 (= Die Kunstmedaille in Deutschland, Bd. 27). Sandstein Verlag, Dresden 2012, ISBN 978-3-95498-002-4. Bespre-chung in NNB 12/2012, S. 519]. Um nun Wiederholungen der verschiedenen bereits erschienenen Würdigungen zu vermeiden, sei hier eine sehr frühe und vielleicht weniger bekannte Medaille von ihm vorgestellt, an Hand derer die Person Peter-Götz Güttler in ihrer Unverwechselbarkeit und Beständigkeit zu zeigen ist.



1973 entstand als seine elfte Medaille insgesamt (im Werkkatalog trägt sie die Nummer 1973.7) „NIE WIEDER" zum Andenken an die Zerstörung Dresdens 1945. Eine Friedenstaube symbolisiert die Forderung nach Frieden, nach einer Politik zum Nutzen der Menschen (vielleicht hat die Entspannungspolitik der Zeit Erwartungen geweckt, am 21. Dezember 1972 z. B. wurde der Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland in Berlin unterzeichnet, von dem dann weitere Öffnungen ausgingen). Aber Peter-Götz Güttler lässt es nicht bei einer allgemeinen, blumigen Forderung, er konkretisiert auf eine fast schon furchtbare Weise: NIE WIEDER 13.2.1945. Das Datum verweist auf die brutale Bombardierung und Zerstörung Dresdens und den Flammentod Abertausender Menschen am Ende des Zweiten Weltkriegs. Es geht für ihn nicht um die Friedensparolen der Politiker, es geht um konkretes Handeln. Es geht um das Leben und den Lebensraum der Menschen, es geht z.B. um Dresden. Er bildet deshalb auf der anderen Medaillenseite ab, was schön ist, aber auch verloren gehen kann, wenn die Forderung NIE WIEDER 13.2.1945 nicht ernst genommen wird. Er bildet Dresden ab — es sollte eines seiner häufigsten Motive werden. Aber seine Stadtansicht ist 1973 zur Fiktion geworden, denn er zeigt das unzerstörte Dresden (rechts z.B. ist die Semperoper zu sehen, die erst 1985 neu aufgebaut wiedereröffnet wurde und nun wieder das Stadtbild mitbestimmt). Peter-Götz Güttler engagiert sich mit seiner Kunst für die Menschen und für eine verantwortungsvolle Politik (dass das unendlich wichtig ist, müssen wir gerade wieder erleben), auch das macht ihn so liebenswert. Und so wünschen ihm viele Freunde und Bewunderer Alles Gute zum Geburtstag! Lieber Peter, bleibe gesund und bewahre Dir Lebensfreude und Schaffenskraft an der Seite Deiner lieben Frau Heidi und im Kreise Deiner Familie! Rainer Albert
 
     

 

 

Dieter Raab zum 75. Geburtstag

  Dieter Raab  
     
  Personalia NNB 2/2014  
 
  • Dieter Raab zum 75. Geburtstag

 

Der Münzhandel und die Numismatik in Deutschland wurden nach dem 2. Weltkrieg in allen ihren Facetten nachdrücklich und wie von wenigen anderen von ihm geprägt: Dieter Raab feierte am 11. Dezember 2013 seinen 75. Geburtstag.

Dieter Raab wurde am 11. Dezember 1938 in Steinhöring/Bayern geboren. In jungen Jahren zog er nach Stuttgart, wo sein Vater eines der ersten und auch bekanntesten deutschen Jazzlokale betrieb, und begann das Münzensammeln im Alter von 12 Jahren. Nach dem Abitur und einem angefangenen Studium der Betriebswirtschaft wurde er von Kurt Jaeger für einen Ferienjob an die Münzen & Medaillen AG in Basel vermittelt. Es gefiel ihm so gut, dass er das Studium aufgab und dafür eine feste Anstellung bei den Cahns annahm. Hier lernte er auch seine Frau Lilo kennen. Dort arbeitete er von 1960 bis 1967.

1966 ergab sich die Chance, die Firma Dr. Busso Peus in Frankfurt zu übernehmen. Mit Peter Schulten gründete er deshalb 1967 die Firma Dr. Busso Peus Nachfolger. Diese Firma war vor dem Krieg die Firma Adolph Hess bzw. Adolph Hess Nachf., das wohl bedeutendste deutsche Münzauktionshaus.

Als erste Auktion versteigerte die neue Firma eine bedeutende numismatische Bibliothek. Dadurch wurde man auf die neue Firma aufmerksam und 1970 bekam Peus Nachf. die Sammlung Dr. Werner Koch, die wegen ihrer Größe in 2 Teilen versteigert wurde. 1971 folgte die bedeutende Mainz Sammlung Dr. Rudolph Walther und danach weitere große Einlieferungen. War die Firma anfänglich in bescheidenen Büros in der Neuhauss Straße, so zog sie 1970 um in den Bornwiesenweg 34, wo sie noch heute zu finden ist. 1973 trennten sich Raab und Schulten und Dieter Raab führte die Firma allein weiter.

Die bedeutendste Mittelaltersammlung der Nachkriegszeit, die Slg. Friedrich Bonhoff I und II, wurde 1977 versteigert. Große Aufmerksamkeit erregte 1982 die Versteigerung eines bisher eher unbekannten Gebietes durch Peus Nachf. - die Verauktionierung der Wallfahrtsmedaillensammlung von Dr. Busso Peus. Sammler, Museumsleiter von Bistümern, Klöstern und Kirchen kamen zu dieser Auktion. Ein völlig unbekanntes Publikum füllte den Saal.

1993 wurden Dieter Raab die Dubletten des Münzkabinetts Berlin zur Auktion anvertraut. Daraufhin folgte ein geschäftlicher Riesenerfolg: die Versteigerung der Restbestände der Staatsbank Berlin (Nationalbank der DDR) in 12 Auktionen von 1994 bis 2000 in Berlin. Raab sagte damals „Ich habe die DDR versteigert".

Und jetzt kam noch ein weiterer Triumph. Die Berliner Bundesämter waren so zufrieden mit dem Resultat und der Abwicklung der Staatsbankauktionen, dass sie Dieter Raab 2002 baten, die alten „non-valeur"-Aktien und Wertpapiere, die im Besitz der DDR gewesen waren, als Sammlerstücke zu versteigern. Es wurde nicht lang diskutiert. Ein Experte für alte Wertpapiere wurde angestellt und der Peus-Apparat lief auf Hochtouren. 2002 bis 2009 wurden 5 Auktionen in Berlin durchgeführt.

Im Jahr 2007 übergab Dieter Raab die Leitung seiner Firma an seinen Sohn Christoph. In den letzten Jahren genießt er die Ruhe seiner „Pensionierung", ist aber fast täglich im Büro zu finden, wo er Münzen bestimmt, alte Kunden empfängt und mit Rat und Tat seinem Sohn behilflich ist.

Dieter und Lilo Raab haben zwei Söhne, Christoph, den Numismatiker, und Stephan, den Rechtsanwalt und Steuerberater. Lilo arbeitet wie schon immer im „backoffice", macht die Buchhaltung und Kataloglayout. Sie erfreuen sich an ihren Enkelkindern und wissen das Leben zu genießen.

Dieter Raab war jahrelang die Gelenkstelle zwischen Münzhandel und Numismatischer Kommission, immer hat er die Interessen der Deutschen Numismatischen Gesellschaft und der Münzvereine unterstützt, die Anliegen der Sammler machte er zu seinen. Dafür sei ihm auch hier wieder gedankt! Lieber Herr Raab: Ad multos annos!

Rainer Albert

 
     

Sonstiges

Frank Berger

  Frank Berger  
     
  Personalia NNB 8/2023  
 

 

• Frank Berger

Der Vorsitzende der Frankfurter Numismatischen Gesellschaft und Kurator für Numismatik am Historischen Museum Frankfurt, Dr. Frank Berger, geht am 29. September 2023 in den Ruhestand. Zu diesem Zeitpunkt hat er das dafür vorgesehene Alter von 65 Jahren und 11 Monaten erreicht. Hinter ihm liegen im öffentlichen Dienst 26 Dienstjahre in Frankfurt, 14 Jahre am Kestner-Museum Hannover, 1 ½ Jahre am Niedersächsischen Landesmuseum Hannover und 15 Monate bei der Feldartillerie in Lüneburg. Sein numismatisches Werk umfasst 15 Bücher und ca. 170 Aufsätze und kleinere Beiträge. Furore machte schon seine Dissertation „Untersuchungen zu römerzeitlichen Münzfunden in Nordwestdeutschland“ erschienen 1992, in der er die Varus-Schlacht nach Kalkriese verortete. Zum Glück hat er weitere und weitreichende numismatische Pläne. Dazu alles Gute!



 
     

 

Martin Hirsch

  Martin Hirsch
 
     
  Personalia NNB 8/2023  
 

 

• Martin Hirsch

Seit dem 1. Juli 2023 hat die Staatliche Münzsammlung München mit Martin Hirsch einen neuen Sammlungsdirektor. Am Tag zuvor erfolgte seine Ernennung im Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst durch Kunstminister Markus Blume. Er betonte „Ich freue mich sehr, mit Dr. Hirsch einen renommierten und national wie international vernetzten Experten der Numismatik sowie langjährigen Wegbegleiter der Staatlichen Münzsammlung München mit der Direktion des Hauses betrauen zu können. Mit seiner profunden Erfahrung in vielen verschiedenen Bereichen der Museumsarbeit ist Dr. Hirsch genau der Richtige, um die Herausforderungen, die der Wandel der klassischen Museumsarbeit im digitalen Zeitalter nach sich zieht, erfolgreich zu meistern. Ich bin gespannt, wie er und sein Team die Schatzkiste des Museums mit modernen Vermittlungsmethoden für Interessierte in Bayern, Deutschland und weltweit noch besser öffnen werden.“ Bei der Ernennung wurde über die künftigen Aufgaben gesprochen. Die Staatliche Münzsammlung wird sich auf den Weg begeben, die zentral in der Münchner Residenz gelegene Schausammlung zu erneuern, moderne Vermittlungsmethoden einzuführen und die Einbindung des Museums in den Strukturen der Residenz voranzubringen. Damit wird ein Wechsel eingeläutet, der das auf die 1960er Jahre zurückgehende Museumskonzept mit seiner Raumeinteilung und den aus dieser Zeit stammenden Vitrinen ablösen und unter Einbindung digitaler Angebote aktualisieren soll.

Martin Hirsch hat Kunstgeschichte, Philosophie und Bayerische Kirchengeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert und im Fach Kunstgeschichte promoviert. Zudem hat er am Institut für Kunstgeschichte den Promotionsstudiengang Museums-und Ausstellungswesen absolviert. Er ist bereits seit dem Jahr 2007 - zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter - an der Staatlichen Münzsammlung München beschäftigt. Im Jahr 2011 folgte seine Ernennung zum Konservator, 2016 zum stellvertretenden Direktor sowie im Jahr 2017 zum Oberkonservator. Im Februar 2021 übernahm er zudem die kommissarische Sammlungsleitung. Sein Forschungsschwerpunkt liegt in der Medaillenkunst. Auf dem Gebiet hat er 2021 mit dem Katalog „Die Silberne Stadt. Rom im Spiegel seiner Medaillenkunst" ein auch im Ausland beachtetes Werk herausgegeben. Für 2025 plant er den Kongress und die Weltausstellung der Fédération Internationale de la Médaille d‘Art (FIDEM) nach München zu holen. Die Staatliche Münzsammlung zählt mit über 300.000 Objekten zu den wichtigen und traditionsreichen Münzsammlungen im deutschsprachigen Raum. Ihre Gründung geht auf Herzog Albrecht V. von Bayern zurück, über den 1552 erstmals bekannt ist, dass er antike Münzen erworben hat, die bei Kloster Attel am Inn gefunden wurden. Der Herzog trieb nicht nur den Ausbau seiner Sammlung voran, sondern wies ihr in der damals erbauten Kunstkammer fein gestaltete Verwahrungsschränke und einen eigenen Raum zu. Die Direktorenreihe des früheren Kabinetts lässt sich auf Kasimir Freiherr von Häffelin, seit 1781 Direktor der Sammlung, zurückverfolgen. Mit dem zuletzt, von 2006 bis 2021, amtierenden Direktor Dietrich Klose sind vielfältige Ausstellungen von der Antike bis in die Gegenwart, zahlreiche Publikationen und eine erfolgreiche Förderung des numismatischen Nachwuchses verbunden.
 
 
     

 

 

Reinhard Wolters

  Reinhard Wolters   
     
  Personalia NNB 3/2023  
 

 

• Reinhard Wolters 

Am 20. Oktober1977, einem Donnerstag, saßen die Erstsemesterstudenten Reinhard Wolters aus Duisburg und Frank Berger aus Wipperfürth in der ersten Sitzung einer Übung im Historischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. Der Akademische Rat Dr. Thomas Fischer, Kustos der universitären Münzsammlung, unterrichtete eine „Übung zur syrakusanischen Münzprägung' Dieses Grundseminar hatte mit Wolters und Berger insgesamt vier Teilnehmer. Auf diese Weise begannen zwei numismatische Lebensläufe. Reinhard Wolters, geboren am 14. März 1958, studierte von 1977 bis 1983 in Bochum, Bonn, Münster und Wien Geschichte, Germanistik, Publizistik und Katholische Theologie mit Abschluss M.A. Von 1983 bis 1988 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Alte Geschichte der Ruhr-Universität Bochum. In dieser Zeit entstand seine Dissertation „Römische Eroberung und Herrschaftsorganisation in Gallien und Germanien. Zur Entstehung und Bedeutung der sogenannten Klientel-Randstaaten' (erschienen Bochum 1990). 1988/1989 war er Postdoktoranden-Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Universität Wien mit Forschungsaufenthalten in Rom und New York. Daran schloss sich von 1989 bis 1995 die Tätigkeit als Hochschulassistent für Alte Geschichte an der TU Braunschweig an, an deren Ende die Habilitation erfolgte mit der Arbeit „Nummi Signati. Untersuchungen zur römischen Münzprägung und Geldwirtschaft“ (erschienen München 1999). 1996 bis 2000 war Wolters Oberassistent an der TU Braunschweig und wurde zum „Außerplanmäßigen Professor für Alte Geschichte" ernannt. Im Jahr 2000 erfolgte der Weggang nach Tübingen als Leiter der Numismatischen Arbeitsstelle am Institut für Klassische Archäologie der Eberhard-Karls-Universität. Dort war er auch Leitender Kustos der Universitätssammlungen. 2009 wurde er ordentliches Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts. Im Oktober 2010 erhielt Reinhard Wolters den Ruf als Professor für Numismatik und Kunstgeschichte an der Universität Wien, wo er 2011 Vorstand des Instituts für Numismatik und Geldgeschichte wurde. Im Jahr 2023 geht er in den Ruhestand. Seine Forschungsgebiete sind Provinzialrömische Geschichte mit Blickpunkt auf die Beziehungen zwischen Römern und Germanen, römische Geldgeschichte sowie antike Wirtschafts- und Sozialgeschichte, antike Geographie und Ethnologie. Viel beachtet ist sein Buch über die Schlacht im Teutoburger Wald (erschienen München 2008/2017) und das mit Hartmut Blum vorgelegte Werk „Alte Geschichte studieren" (erschienen in 3. Auflage, Konstanz 2021). Dem Vernehmen nach wird Reinhard Wolters auch im Ruhestand der numismatischen Wissenschaft erhalten bleiben.
FB


 
     

 

Dietrich O.A. Klose - Direktor i. R.

  Dietrich O.A. Klose - Direktor i.R.
 
     
  NNB 2/2021  
 

Dietrich Klose

Am 28. Januar 2021 endete die Amtszeit von Dietrich 0. A. Klose als Direktor der Staatlichen Münzsammlung München. Bereits 1984 in das Münchner Kabinett eingetreten und 2006 zu ihrem Leiter aufgestiegen, ist der Althistoriker und Archäologe heute ohne Zweifel der beste Kenner des Sammlungsbestandes wie der Geschichte des Hauses.

Der Schüler von Peter Robert Franke, 1987 über die Münzprägung von Smyrna in römischer Kaiserzeit in Saarbrücken promoviert, wurde unter Direktor Wolfgang Heß als wissenschaftlicher Mitarbeiter eingestellt. Man kann Kloses Erfahrungsschatz daran beurteilen, dass er der einzige Wissenschaftler ist, der die Münzsammlung ein Jahr nach Ablauf ihrer ersten eingerichteten Ausstellung „Vom Königlichen Cabinet zur Staatssammlung. 1807-1982“ kennengelernt und damit all ihre Wechselausstellungen bis heute begleitet hat. Als Konservator war er seit 1987 für die antike und die neuzeitliche Numismatik zuständig. Hatte er die Antike häufiger in seiner früheren Zeit durch Ausstellungen bearbeitet, so wanderte sein Interesse seit den 2000er Jahren mehr und mehr zur jüngeren Geschichte. Die von Klose selbst verantworteten Ausstellungen zeigten nicht nur die großen Epochen der Münzgeschichte, von den Herrschern Persiens, den Königen von Bayern, bis zur Geschichte der D-Mark. In das Direktorat von Klose fallen Ausstellungen auf entlegenen Gebieten des Faches: zu Primärgeld, Geldscheinen, Medaillen, Gemmen oder den historischen Münzmöbeln aus Japan. Das ergibt eine Bandbreite, die für einen numismatischen Museumswissenschaftler in Deutschland wohl ohne Beispiel ist und die in seinen Ausstellungskatalogen ihr bleibendes Zeugnis hat.

Im Ankaufswesen unterschied sich Klose von seinem Vorgänger Bernhard Overbeck. Legte dieser Wert darauf, immer wieder noble Glanzstücke zu erwerben, so zeichnete Klose eine andere Haltung aus. Er interessierte sich für Dinge, die heute nicht zur Klassik zählen und auf dem Markt leichter erschwinglich sind. Mehrfach glückte ihm die Erwerbung wichtiger Privatsammlungen auf dem Gebiet des Primärgeldes, der Wertpapiere oder historischer Geldbörsen. Stets an der Fundmünzforschung interessiert, gelang ihm über die Einwerbung von Stiftungsgeldern der Ankauf bedeutsamer Münzschätze des bayerischen Mittelalters.

Es fällt nicht leicht, ihn einer bestimmten numismatischen Tradition zuzurechnen. Vielmehr scheint es, dass ihm der breite Münchner Sammlungsbestand Anregungen für sein Wirken gegeben hat. Jede seiner Ausstellungen stieß in Neuland vor, nie gab es einen zweiten Aufguss etablierter Themen. Innerhalb der gegenwärtig tätigen Wissenschaftler der Münzsammlung ist er vielleicht derjenige, der am häufigsten Objekte auf seinem im Übrigen übervoll beladenen Schreibtisch zur wissenschaftlichen Bearbeitung stehen hatte. Von seinem Lehrer Franke hat er das sehr genaue Ansehen und Analysieren der Münzen erlernt. Das Studieren feiner Unterschiede und die Variantenbestimmung beherrscht er mit Sicherheit, worüber ich selbst in seinem Aufsatz zu den bayerischen Halbbatzen der Zeit Kurfürst Maximilians I. am meisten beeindruckt wurde. Mit seinem Lehrer, der zuvor neben weiteren bedeutenden Numismatikern an der Münchner Münzsammlung gearbeitet hat, kann Klose als einer der führenden Vertreter der Münchner Museumswissenschaft bezeichnet werden, die einen selbstständigen Weg in der Welt der Münzkabinette im deutschsprachigen Raum einnimmt.

Als Mann mit ruhiger Hand und leiser Stimme vermochte er es auf seine Weise, seinen Mitarbeitern Entwicklungsmöglichkeiten zu geben. Er sagte mir einmal, die besten Arbeiten könnten nur entstehen, wenn den Mitarbeitern Freiraum zu ihrer Entfaltung gegeben werde. Er unterstützte über die Jahre hinweg in hohem Maß und mit Erfolg den Nachwuchs. Derzeit arbeiten sechs jüngere Wissenschaftler mit befristeten Verträgen, was zu Zeiten eine gewisse Enge in den Zimmern im Damenstock der Münchner Residenz bedeutet. Nie drängte er den Stempel seiner fachlichen Autorität anderen Mitarbeitern auf. Doch wenn man ihn im Vis-a-vis fragte, so nahm er sich stets und für jedermann Zeit und gab kundig seinen Rat, dies auch im Präsidium der Deutschen Numismatischen Gesellschaft. Am Austausch mit den Künstlern unserer Zeit interessiert, engagierte sich Klose im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst und hat während seines Direktorats wieder und wieder moderne Medaillen angekauft. Man hörte im Museum, dass er Besuch bekam oder auf Reisen war und sah ihn kurz darauf im Depot an einem der beiden großen alten Tische sitzen und die Einträge ins Akzessionsbuch vornehmen. Die Münzsammlung verabschiedet sich dankbar von ihrem alten Direktor. Das Restaurierungsatelier schuf eine Porträtmedaille, die sein Bildnis und eine Münze Smyrnas zeigt, mit der sich Dietrich Klose als Doktorand beschäftigt hat.

Martin Hirsch

 
     

 

Numismatik als Wissenschaft bei Peter Berghaus 1950-1977

  Peter Berghaus  
     
   NNB 4/2020, S. 135 f.  
 

Numismatik als Wissenschaft bei Peter Berghaus 1950 19771

Peter Ilisch

Kein anderer hat die Mittelalter-Numismatik in Deutschland in der 2. Hälfte des 20. Jhs. mehr geprägt als Peter Berghaus. Er schöpfte seine Kraft aus der tiefen und ehrlichen Überzeugung, dass die Numismatik wie andere Wissenschaften ihren Beitrag liefern kann. Und er konnte diese Überzeugung auf andere übertragen. Wenn 1958 Michael Metcalf2 in der international renommierten Zeitschrift „The Numismatic Chronicle“ schrieb „most of the techniques of analysis and methods of presentation for which the German school of medieval numismatics is famous“3, dann dachte er in erster Linie an PB (Unterschriftskürzel) und dessen akademischen Hintergrund.

Dieser war durch das Studium bei Hermann Aubin und Walter Hävernick gegeben. Was immer man ersterem vorwerfen mag, so unterstützte er interdisziplinäre Ansätze.4 Walter Hävernick war an einer Verwissenschaftlichung der Numismatik gelegen, die sich von den älteren Ansätzen einer rein antiquarischen Münzbelustigung abzusetzen versuchte. Im Nachkriegshamburg, wo auch an der Universität und am Museum für Hamburgische Geschichte einer auf den anderen angewiesen war, entstand um ihn ein kleiner Kreis von Studierenden, die im Nachhinein als Hamburger Schule bezeichnet wurden und deren Mitglieder lebenslangen Kontakt und Freundschaft hielten.5 Wenn auch Doktorand, war PB eine der treibenden Kräfte, nicht zuletzt bei der Erschließung neuer Quellen, sei es in Archiven, sei es in ausländischen, besonders skandinavischen Sammlungen.

Als Peter Berghaus 1950 die Stelle am Westfälischen Landesmuseum bekam, war einer der entscheidenden Faktoren im Hintergrund die Erfahrung des Schatzfundes von Oberveischede 6 im Sauerland, von dem PB Kenntnis erlangt hatte. Aus der Überzeugung, dass es unverantwortlich wäre, ihn unverzeichnet der Zerstreuung unter Münzhändlern und Sammlern zu überlassen, war auf eigene Faust unter Mitnahme etlicher Literatur an den Fundort gereist und hatte den Fund erfasst, so gut es ging. Münzfunde sind eine der wesentlichen Quellen der Numismatik und PB hielt nicht viel von denen, die abwarteten, dass man ihnen solche auf den Schreibtisch legte. Kam ihm etwas zu Ohren, so reiste er so schnell es ging zu den Findern. Nach dem Weltkrieg gab es durch den beginnenden Wiederaufbau der kriegszerstörten Ortschaften besonders viele Funde. PB war in seiner Jugend im Kreis der Münzfreunde Hamburg unter den gestandenen Sammlern aufgenommen worden, war von ihnen in mancherlei Hinsicht gefördert und unterstützt worden. Diese Erfahrung prägte ihn. Er wollte das weitergeben, was ihm gegeben wurde. Dementsprechend förderte er münzsammelnde Schüler, zu denen ich auch gehörte. Nicht nur holte er sie in „seinen“ Münzverein, sondern er gab ihnen auch die Möglichkeit, mit ehrenamtlicher Mitarbeit im Münzkabinett erste Erfahrungen mit Münzbestimmung zu machen. Als ich mich nach dem Abitur bei PB nach den Möglichkeiten eines Geschichtsstudiums erkundigte, riet er mir, Geschichte mit Schwerpunkt auf den historischen Hilfswissenschaften, besonders natürlich der Numismatik, Volkskunde und Kunstgeschichte zu studieren. Seit dem 1. Semester war ich fortan der Diaschieber sowohl in der Vorlesung in der Mittagspause von 13 bis 14 Uhr wie auch am Abend im Museum in der um 20 Uhr ct beginnenden Übung. So blieb es bis zum Ende meines Studiums und durch diese Zusammenarbeit habe ich nicht nur Numismatik gelernt, sondern in vielen Diskussionen auch PB als Wissenschaftler kennengelernt.

Es war eine Zeit, in der es keine Arbeitszeiterfassung mit Stempeluhr gab. Zwischen Dienst und Freizeit gab es keine eindeutige Trennung, schon aus der eingangs erwähnten Überzeugung heraus. Er erwartete gleiches auch bei Fachkollegen an anderen Orten. Kollegen waren für PB äußerst wichtig. In Deutschland waren dies in erster Linie die Ex-Kommilitonen Gert und Vera Hatz7 sowie Walter Hävernick. Letzterer hat sich in den 1950er Jahren schrittweise aus der aktiven Numismatik zurückgezogen, wenn auch nicht zu 100 Prozent. Das Telefon war ein geeignetes Kommunikationsmittel, Meinungen auszutauschen. Das Netzwerk zu den Aktiven endete aber nicht an den Landesgrenzen. Schon frühzeitig hatte PB einen Kontakt zu Philip Grierson8, der ihm beim Ausbau seiner Bibliothek behilflich war. In den USA übernahm er die Rolle eines coordinating editor für Deutschland im Rahmen der von der American Numismatic Society herausgegebenen bibliographischen Zeitschrift Numismatic Literature. Persönlichen Kontakt hatte er bei der ANS zu George C. Miles9 und Margaret Thompson10, auch wenn diese in anderen numismatischen Feldern arbeiteten. Von den Beziehungen nach Skandinavien war schon die Rede. Sie waren ausgelöst durch ein Referat bei Aubin über die wikingerzeitlichen Funde mit deutschen Münzen. Für das Thema ließ sich auch Hävernick begeistern, der mit entsprechenden Münzen im Rahmen seines Köln-Corpus11 zu tun gehabt hatte. PB war frühzeitig auch selber in Stockholm aktiv, wo er großen Eindruck machte, weil er eine seit Jahrzehnten unbestimmte Münze mit Aufschrift MIMIGERNAFORD, die ihm Willy Schwabacher12 zeigte, auf Anhieb als älteste Münze aus Münster bestimmen konnte. In Stockholm war PB Teil eines familiären Teams, in dem anfänglich auch Numismatiker aus England und den Niederlanden vertreten waren.

Während Walter Hävernick als Dogma predigte, dass zur Erreichung von Gleichmäßigkeit auf Münz-Abbildungstafeln nur Gipsabdrücke verwandt werden dürften, löste sich PB davon. Gegen Ende der 1950er Jahre reifte in Münster die Erkenntnis, dass Fotos besser sind, da manches, was wegen Mangel an Relief im Gips unter den Tisch fällt, auf dem Foto noch erkennbar ist. Um diese Zeit entstanden die ersten Fotos und nicht viel später wurde ein Koffer für eine Leica, Stativ, Wasserwaage und sonstige Ausrüstung ständiger Reisebegleiter von PB. Ab 1960 wurden Register angelegt, auf denen das Fotografierte dann notiert wurde. Sie lassen erkennen, dass die Ideen zu Forschungen breiter waren als das, was realistisch selber bearbeitet werden konnte. Das Spektrum reichte von Aurei der römischen Kaiser über Merowinger, Münzen der Wikingerzeit zu frühen mittelalterlichen Goldmünzen und Erzeugnissen des Höhepunktes der Brakteatenkunst. Die Reisen führten ihn in viele europäische Länder, 1960 nach Paris, 1961 und 1964 in die USA mit New York, Baltimore und Washington, 1962 nach Kabul, 1964 nach London, 1962, 1965 und 1969 nach Leningrad zu Vsevolod Potin13, 1969 dann auch nach Tallinn, 1972 Beirut und Indien. Regelmäßige Reisen in die DDR, vor allem nach Berlin, gehörten ebenfalls dazu.

PB gehörte im Gegensatz zu vielen deutschen Kollegen zu den regelmäßigen Besuchern internationaler Kongresse. Hier traf er die ebenso Engagierten aus aller Welt. Besonders galt dies für den medievistischen Kongress in Spoleto 1960, der Settimana di studio del Centro Italiano di Studi sull'Alto Medioevo. Hier lernte er Ryszard Kiersnowski14 und dessen Schüler Stanislaw Suchodolski15 kennen. Kontakte zum Ostblock lagen damals nicht im Trend, in Gegenrichtung natürlich auch nicht. Typisch für die Kontaktfreudigkeit von PB war es, dass er die beiden Polen mit dem Auto zu einem Ausflug nach Assisi einlud. Ein Jahr später fuhr er zum internationalen Kongress nach Rom, wo er seine ausländischen Freunde wiedersah. Eine Folge der Pflege der internationalen Kontakte war es, dass PB 1973 Mitglied des Bureaus der Internationalen Numismatischen Kommission wurde. Aus den vielfältigen ausländischen Kontakten entstand ein Engagement in den USA, die zu dieser Zeit in Deutschland noch als leuchtendes Vorbild betrachtet wurden. 1961 wurde PB als Dozent eingeladen zur Summerschool der American Numismatic Society, die jemanden brauchte mit englischen Sprachkenntnissen und Erfahrung in mittelalterlicher europäischer Numismatik.

Zurückgekehrt nach Münster, erhielt der Rektor der Universität Münster den dezenten Hinweis, dass ihr Lehrbeauftragter (seit 1954) in den USA eine „professorship“ innegehabt habe. Dies bewirkte eine Ernennung zum Honorarprofessor, die anfänglich unbezahlt war. Erst später wurde ein monatliches Honorar von 356 Mark zur Abdeckung der Kosten für die Diapositive, die die Phototechnische Zentralstelle der Uni herstellte, gezahlt. Sie verpflichtete auch zu einer Vorlesung, für die die Mittagspause genutzt wurde. Damit war PB im Westfälischen Landesmuseum der erste Professor, was seinen nicht minder ehrgeizigen kunsthistorischen Kollegen Paul Pieper` verärgerte, der dann später für sich ebenfalls eine Honorarprofessur erwirkte. Die Wahrnehmung des unbefristeten Lehrauftrags zwang PB nicht nur, sich selber die Grundlagen des Fachs klar zu machen, sondern sie in konzentrierter Form an Studenten weiterzugeben. Er tat dies in lockerer Form, wobei es auch für die Vorlesungen kein Skript gab, sondern sich der Inhalt aus der Reihenfolge der Dias ergab. Der Kreis der Studierenden war im Vorbachelorzeitalter überschaubar, meist unter zehn. Sie trafen sich am Dienstagabend 20 Uhr im Lesesaal des alten Museums. Die damaligen Studienordnungen machten es möglich, dass die Teilnehmer aus unterschiedlichen Fächern zusammenkamen, neben Geschichte auch Ur- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie oder Kunstgeschichte. Die Interessenten kamen aus eigenem Antrieb und über mehrere Semester hinweg, so dass sich eine Kontinuität ergab. Es gab keine Credit points und auch Scheine wurden nur selten angefragt. Am Ende jedes Semesters wurden die Teilnehmer zu PB an den Pötterhoek zu einem Postkolloquium eingeladen. Ergänzt wurde der Kreis der Übungsteilnehmer durch einige wenige interessierte Sammler als Gäste. In den goldenen Zeiten des Wirtschaftswunders konnten auch Exkursionen durchgeführt werden, wenn auch nicht jedes Jahr. 1963 etwa ging es mit neun Studenten im Anschluss an eine Übung „Münzschatzfunde der Wikingerzeit“ für zwei Wochen nach Schweden, was die Uni mit einem Zuschuss von 2100 Mark unterstützte. 1970/71 wurde eine Sitzung der Übung von Psychologen im Rahmen einer Untersuchung zur Hochschuldidaktik analysiert, die zu dem Ergebnis kamen, dass Wortbeiträge des Dozenten im Vordergrund standen. So langsam entwickelte sich aus dem Ableger der Hamburger Schule eine münsterische Schule der Numismatik, zumal die Honorarprofessur zur Abnahme von Prüfungen berechtigte, was erstmalig in den frühen Siebzigerjahren zur Anwendung kam.

Während einerseits in den Übungen Münzen aus dem Museumsbestand im Original haptisch erlebbar waren und durch Diapositivbilder aus anderen Sammlungen ergänzt wurden, war es PB wichtig, Methoden der Untersuchung zu vermitteln. Neben der Auswertung von Funden gehörte dazu die Kartographie, der er ein ganzes Semester widmete. Ein besonderes Aha-Erlebnis war die Begegnung mit dem deutschen Emigranten in Stockholm Willy Schwabacher, der ihn mit der in der antiken Numismatik schon länger angewandten stempelvergleichenden Methode vertraut machte. Hier eröffneten sich neue Perspektiven, zumal die schon fotografierten Münzen benutzt werden konnten.17 1969 erhielt ich von der Universität ein Einsatzstipendium zur Umsetzung der vorhandenen Fotos wikingerzeitlicher Münzen aus Westfalen und Ostfriesland in eine Fotokartei. Die Kosten der Anfertigung von 2:1-Vergrößerungen übernahm der Freundeskreis der Universität. So entstand im Analog-Zeitalter die im Münzkabinett vorhandene Fotokartei.

PB wurde zu einem Missionar dieser Methode und überzeugte erfolgreich u.a. Wolfgang Hahn aus Wien und später auch Raymond Weiller aus Luxemburg. Für die Beratung von Kollegen investierte er viel Zeit. Hahn war aus Wien angereist und saß mit PB am kleinen Tisch im Münzkabinett, der sonst Ort der täglichen Teerunde um 9.30 Uhr war. Auch sonst war PB eine graue Eminenz im Hintergrund vieler numismatischer Projekte, die er durch sein phänomenales Literaturgedächtnis (wohlgemerkt ohne Bibliothekskartei und ohne Google) ebenso wie durch Fotos beriet und unterstützte. PB steckt auch hinter der Rettung der Welfensammlung, wobei dieser PBs Freundschaft zu Herbert Cahn18 in Basel wie auch Kontakte zu Hermann Joseph Abs von der Deutschen Bank und dem damaligen Ministerpräsidenten Möcklinghoff, der vordem Oberkreisdirektor in Lüdinghausen und Regierungspräsident in Münster gewesen war, zugute kam. Ein Bemühen, auch in Rheinland-Pfalz eine Zentralstelle für Numismatik zu etablieren, was der damalige Ministerpräsident Bernhard Vogel am Rande eines Numismatikertags zugesagt hatte, war ohne nachhaltigen Erfolg, was aber nicht PB angelastet werden kann.

1974 war das periodenübergreifende Semesterthema „Aufgaben und Methodik der wissenschaftlichen Numismatik“. Sein Wunsch war es, hierzu ein Lehrbuch zu verfassen. Es entstand auf Anregung eines Münchener Verlags auch eine erste Skizze, doch zog sich der Verlag bald wieder zurück, da er zu dem Schluss gekommen war, dass es für eine solche Publikation keinen lukrativen Markt gebe. Immerhin flossen die Überlegungen ein in einen 1979 im Druck erschienenen Aufsatz in dem Band „Geschichtswissenschaft und Archäologie19. Erwähnt werden muss noch, dass das Münzkabinett am Westfälischen Landesmuseum trotz begrenzter Haushaltsmittel von einer Provinzsammlung zu einer Generalsammlung ohne Anspruch auf Vollständigkeit ausgebaut wurde. Hierbei waren sowohl die in mehreren Tranchen angekaufte Sammlung Walter Engels20 wie auch die von Marcus Grube21 mit viel Herzblut zusammengetragene und dem Münzkabinett vererbte Sammlung von Bedeutung.

Peter Berghaus war ein lebhafter Mensch, der sich auch schnell für Neues begeistern konnte und außerdem auch noch außerhalb der Numismatik Ambitionen hatte. Eine unbeabsichtigte Folge war, dass ihm die Vielzahl der Interessen unausweichlich über den Kopf wuchs. So blieben manche Ideen wie etwa das mit der ostfriesischen Landschaft vereinbarte Projekt eines Corpus der ostfriesischen Münzen für den hochmittelalterlichen Teil auf der Strecke. Sein Ruf als Leuchtturm in der Mittelalter-Numismatik bewirkte auch eine Überschwemmung mit Anfragen aus dem In- und Ausland. Stapel von Briefen entstanden auf und neben dem Schreibtisch, deren Abarbeitung gar nicht mehr möglich war. Als Direktor des Museums ab 1977 war ihm dann die Verfolgung der laufenden numismatischen Literatur zeitlich nicht mehr möglich. Den Kontakt zum Fach hielt er aber durch Verlagerung auf die Forschungsfelder Wissenschaftsgeschichte und Römische Münzen in Indien.

Anmerkungen

1 Leicht überarbeitetes und ergänztes Vortragsmanuskript von der Gedenkveranstaltung zum 100. Geburtstag von Peter Berghaus in Münster am 20.11.2019.

2 David Michael Metcalf(1933-2018), seit 1963 tätig am Ashmolean Museum, Oxford.

3 Rezension zu Richard Gaettens: Das Geld- und Münzwesen der Abtei Fulda im Hochmittelalter unter Auswertung der Münzen als Quelle der Geschichte und Kunstgeschichte, der Wirtschaftsgeschichte und des Staatsrechts. Fulda 1957. In: The Numismatic Chronicle 1958, S.195-197, hier 195.

4 Historiker (1885-1969) in Gießen, Breslau, Kairo, Hamburg (1946-1954) und Freiburg. Kritisch betrachtet bei Eduard Mühle: Für Volk und deutschen Osten. Der Historiker Hermann Aubin und die deutsche Ostforschung. Düsseldorf 2005.

5 Vgl. http://www.hendrik.maekeler.eu/hamburger-schule-der-numismatik-online/

6 Peter Berghaus: Der Turnosenfund von Oberveischede, Kr. Olpe (um 1378). In: Hamburger Beiträge zur Numismatik 4, 1950, S.49-76.

7 Vera Hatz, geb. Jammer (1923-2010), Promotion bei Walter Hävernick 1951. Gert Hatz (1928-2017), Promotion bei Walter Hävernick 1952, bis 1993 Leiter des Münzkabinetts in Hamburg.

8 Philip Grierson (1910-2006), Numismatiker an der Universität Cambridge.

9 George C. Miles (1904-1975), Kurator der American Numismatic Society für islamische Münzen.

10 Margaret E. Thompson (1911-1992), Kurator der American Numismatic Society für griechische Münzen.

11 Walter Hävernick: Die Münzen von Köln vom Beginn der Prägung bis 1304. Köln 1935.

 

12 Willy Schwabacher (1897-1972), aus Frankfurt/Main stammend. 1943 vor den Nazis von Dänemark nach Schweden geflüchtet. Nachruf von Peter Berghaus in: Hamburger Beiträge zur Numismatik 24-26,1970-1972 (1977), S. 7-8.

13 Vsevolod Potin (1918-2005), Numismatiker für mittelalterliche Münzen an der Ermitage in Leningrad (heute St. Petersburg). Beide waren durch ihre Erfahrungen als Soldaten bei der Belagerung von Leningrad 1941 durch deutsche Truppen verbunden.

14 Ryszard Kiersnowski (1925-2006), Historiker und Numismatiker, während der deutschen Besatzung Polens inhaftiert.

15 Archäologe und Numismatiker, geboren 1936.

16 Paul Pieper (1912-2000), Kunsthistoriker, Fachmann für mittelalterliche Tafelmalerei. 1972-1977 Direktor des Landesmuseums.

17 Peter Bergbaus: Zur Anwendung der stempelvergleichenden Methode bei deutschen Münzen aus wikingerzeitlichen Schatzfunden. In: Nordisk Numismatisk Unions Medlemsblad 1967, Nr. 6, S. 173-178 (Schwabacher gewidmet).

18 Herbert A. Cahn (1915-2002), Vetter von W. Schwabacher, klassischer Archäologe und Mitbegründer der Münzen und Medaillen AG in Basel.

19 Geschichtswissenschaft und Archäologie. Vorträge und Forschungen (hrsg. vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte), Bd. 22 (1979).

20 https://wwwiwl.org/LWL/Kultur/museumkunstkultur/sammlunglmuenzen/sammlung engels/

21 https://www.lwl.org/LWL/Kultur/museumkunstkultur/sammlung/muenzen/sammlung grube/

 
     

 

Sebastian Steinbach - neuer Kurator des Münzkabinetts im Niedersächsischen Landesmuseum Hannover

  Sebastian Steinbach  
     
     
 

Seit dem 1. Oktober 2019 ist Sebastian Steinbach der neue Kurator des Münzkabinetts im Niedersächsischen Landesmuseum Hannover - Das WeltenMuseum (www.landesmuseum-hannover.de) und wird die mehr als 43.000 numismatische Objekte vom Frühmittelalter bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts umfassende Sammlung betreuen.

Steinbach studierte bis 2003 in Berlin Mittelalterliche Geschichte, Ältere deutsche Literatur und Sprache sowie Soziologie und promovierte 2006 am IEMAN-MittelalterKolleg der Universität Paderborn mit einer Dissertation zur Münzprägung und Geldwirtschaft der ottonisch-salischen Klöster (919-1025). Nach einer zehnjährigen Berufstätigkeit beim Auktionshaus Fritz Rudolf Künker in Osnabrück habilitierte er sich 2015 an der dortigen Universität mit einer Arbeit zu Münzprägung und Geldwesen als Quellen zur Ethnogenese und Herrschaftsorganisation des toledanischen Westgotenreiches (ca. 572-714). Neben seiner reichen Vortrags- und Publikationstätigkeit widmete er sich in den vergangenen Jahren auch Lehrvertretungen in Mittelalterlicher Geschichte, Wirtschaftsgeschichte und den Historischen Hilfswissenschaften an den Universitäten von Münster, Osnabrück und Heidelberg.

Nun übernimmt Steinbach die Leitung der in ihrem Ursprung auf das im 18. Jahrhundert zurückgehenden Sammlung, die aus dem ehemaligen königlich-welfischen Münzkabinett entstanden war. Die geografischen Sammlungsschwerpunkte liegen vor allem in Niedersachsen sowie - bedingt durch die Personalunion zwischen dem Kurfürstentum/Königreich Hannover und dem Königreich Großbritannien (1714-1837) - dem Britischen Weltreich und seiner Kolonien. Für seine neue Tätigkeit wünschen wir Sebastian Steinbach viel Erfolg und freuen uns auf viele weitere numismatische Vorträge und Aufsätze.

Rainer Albert

 
     

 

Johannes Eberhardt - neuer wissenschaftlicher Mitarbeiter am Münzkabinett Berlin

  Johannes Eberhardt  
     
  Personalia NNB 2/2020  
 

Seit September 2019 ist Dr. Johannes Eberhardt neuer wissenschaftlicher Mitarbeiter am Münzkabinett Berlin. Nach einem Studium der Geschichtswissenschaft und Musikerziehung und einem Magister Artium als Historiker an der Universität Erfurt, wurde Johannes Eberhardt dort im Jahr 2014 mit der Dissertation ‚Musikkultur in der griechisch-römischen Spätantike' promoviert. Hatte die Numismatik schon im Studium eine Rolle gespielt, so steht sie seit über fünf Jahren im Mittelpunkt seiner wissenschaftlichen und beruflichen Tätigkeiten. Zunächst führte ihn das Herzog-Ernst-Stipendium an das Forschungszentrum Gotha, wo er Münzthemen der Barockzeit bearbeitete. Mit dem Münzkabinett Berlin ist er seit 2015 verbunden, zunächst in einem DAI-Postdoktoranden-Stipendium und dann, nach achtzehnmonatiger Tätigkeit als akademischer Mitarbeiter in einem numismatischen Projekt an der Universität Freiburg, ab Oktober 2018 als Wissenschaftlicher Museumsassistent i. F. am Münzkabinett. Neben der gedruckten Dissertation ‚Ungezähmte Musen. Musikkultur in der griechisch-römischen Antike' (Münster 2018), erschienen Aufsätze und Beiträge zu numismatischen Themen. Aktuell liegt eine gemeinsam mit Wolfgang Steguweit verfasste Monographie zu der Bildhauerin Heide Dobberkau vor. Als Band 18 der Reihe ‚Das Kabinett' flankiert sie die von ihnen kuratierte Sonderausstellung im Bode-Museum. Die von Johannes Eberhardt betreuten Bestände betreffen die Neuzeit seit der Renaissance, darunter das historische Archiv der Münze Berlin, die Papiergeldsammlung, die Münzprägung in Brandenburg-Preußen und die Medaillenkunst bis zur Gegenwart. Ein weiteres Aufgabenfeld ist die Fortentwicklung der numismatischen Fachbibliothek. Johannes Eberhardt nimmt zur Nachwuchsförderung Lehraufträge bei den Historikern an der Humboldt-Universität wahr.

Bernhard Weisser

 
     

 

Wolfgang Haney - 30 Jahre Vorsitzender der Berliner Münzfreunde

  Wolfgang Haney  
     
  Personalia NNB 7/2017  
 

Wolfgang Haney übernahm 1987 nach dem Tod von Günther Schlüter den Vorsitz der Berliner Münzfreunde, man kann ihm heute also zum 30-jährigen Jubiläum gratulieren. Das ist noch kein Rekord, aber außergewöhnlich ist sicher, dass die Gratulation sich an einen 93-Jährigen richtet, der immer noch numismatisch sehr aktiv ist und zugleich auf ein bewegtes Leben blicken kann:

Obwohl er wegen der Nürnberger Rassegesetze die Schule vorzeitig verlassen musste, konnte er nach einer Maurerlehre und einer Hochbegabten-Sonderreifeprüfung studieren und wurde 1944 Diplom-Ingenieur und Sprengmeister und arbeitete als Bauleiter. Nach dem Krieg wurde er Leiter des Tiefbauamtes Berlin-Charlottenburg und kaufte später eine Großtischlerei und betrieb noch zusätzlich ein Sprengunternehmen. Nach 35 Jahren Haus- und Grundstücksverwaltung ging er in Pension.

1948 beginnend veröffentlichte er mehrere Bücher über Berlin und über Belege zum Schicksal der Juden im Dritten Reich, so erschienen z.B. im Battenberg Gietl Verlag (jeweils zusammen mit Hans-Ludwig Grabowski) 2008 „Das Geld des Terrors. Geld und Geldersatz in deutschen Konzentrationslagern und Gettos“ 2014 „Kennzeichen Jude. Antisemitismus, Entrechtung, Verfolgung, Vernichtung" und 2015 „Der Jude nahm uns Silber, Gold und Speck... Für politische Zwecke und antisemitische Propaganda genutzte Geldscheine in der Zeit der Weimarer Republik und des Dritten Reichs“.

Zahlreiche Ausstellungen in Europa (allein 66 in Deutschland) und den USA und über 150 Vorträge zeugen von einem ungewöhnlichen Numismatikerleben, für das er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde.

Wolfgang Haney, vielen Dank für alles, herzlichen Glückwunsch und weiterhin viel Elan beim Sammeln!

Rainer Albert

 
     

 

Ulrich Künker - übernimmt den Vorsitz der FENAP

  Ulrich Künker  
     
  Personalia NNB 5/2017  
 

Ulrich Künker, Geschäftsführender Gesellschafter der Fritz Rudolf Künker GmbH & Co. KG in Osnabrück, übernahm von Dr. Hubert Lanz den Vorsitz der FENAP, der Föderation Europäischer Münzenhändlerverbände. Ulrich Künker hat sich in den letzten Jahren stark für die Händler und die Sammlerschaft engagiert, nicht zuletzt im Kampf gegen das neue Kulturgüterschutzgesetz. Da die FENAP die Verbände der Münzhändler von Belgien und Luxemburg, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Irland, Italien, der Niederlande, Österreich, Schweden, Spanien und der Schweiz vereinigt, kann Ulrich Künker diese Arbeit nun verstärkt fortsetzen und die Anliegen der Numismatik den Politikern zu Gehör bringen.

 
     

 

Wilhelm Müseler - geht in den Ruhestand

  Wilhelm Müseler
 
     
  Personalia NNB 10/2016  
 

 

In diesen Wochen geht Wilhelm Müseler in den Ruhestand. Am 21.September 2016 hielt er seinen Abschiedsvortrag bei der Frankfurter Numismatischen Gesellschaft über neue Aspekte der lykischen Münzprägung. Seit 1984 war er im Frankfurter Münzhandel tätig. Seit 1997 betreute er zusammen mit Eike Druckrey, Ulrich Werz und Frank Berger einen informellen Arbeitskreis „Antike Numismatik“ in Frankfurt.

Geboren wurde Wilhelm Müseler am 17. September 1952 in Hannover als Sohn des Rechtsanwaltes Karl Müseler und seiner Frau Marianne. Im gleichen Jahr wurden dem Vater als jungem Rechtsanwalt die Betreuung und der Wiederaufbau der im Kriege arg beeinträchtigten Münzsammlung der Preussag übertragen.

Nach Jugend und Schulzeit in Hannover machte er 1972 das Abitur. Von 1972 bis 1979 studierte Wilhelm Müseler (alte) Geschichte und der Philosophie sowie verschiedene Nebenfächer (Empirische Kulturwissenschaften, Allgemeine Rhetorik bei Walter Jens, Anglistik und Amerikanistik) in Tübingen, Saarbrücken (Numismatik bei P. R. Franke) und Konstanz. Schon während des Studiums bereiste er intensiv den Mittelmeerraum und Vorderen Orient. Der Abschluss des Studiums erfolgte 1979 mit dem Magistergrad an der Universität Konstanz. Anschließend war er bis 1983 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Alte Geschichte daselbst. In dieser Zeit nahm er an Ausgrabungen in Petra! Jordanien im Auftrag der Universität Amman teil.

1984 trat er in das Frankfurter Auktionshaus Dr. Busso Peus Nachfolger als Sachbearbeiter für Münzen des Klassischen Altertums ein. Binnen 33 Jahren war er an der Herstellung von 109 Auktionskatalogen beteiligt. Trotz oder wegen der sammlerischen Aktivitäten seines Vaters ist Müseler privat nie ein Sammler von Münzen gewesen, oft zur Verblüffung einiger Kunden. Er schätzte Münzen stets als ästhetische Objekte und höchst gewichtige Quelle für das Studium der Geschichte untergegangener Zivilisationen. Daher konzentrierte sich seine Aktivität als Forscher vor allem auf Gebiete und Zeitabschnitte, für die Münzen die wichtigste, wenn nicht sogar die einzige noch vorhandene Quelle darstellen: Persepolis nach der Eroberung durch Alexander den Großen sowie Kilikien und vor allem Lykien im 5. und 4. Jh. v. Chr. im Spannungsfeld zwischen persischen und griechischen Einflüssen.

Seine Erkenntnisse legte er in einer Reihe von Aufsätzen und einer Unzahl von Bemerkung und Notizen in den Auktionskatalogen der Firma Peus Nachfolger vor. Mit Dietrich Klose verfasste er den Katalog der persepolitanischen Münzen in der Bayerischen Staatssammlung (München 2006). In Istanbul erschien 2016 sein Buch über „Lykische Münzen in europäischen Privatsammlungen“. Wilhelm Müseler wird sich auch nach seinem Rückzug aus dem aktuellen Geschäftsleben und der Übersiedlung nach Frankreich bzw. in die Schweiz weiterhin numismatischen Studien widmen.

Frank Berger

 
     

 

Christian Stoess - ab Juni 2016 Kurator für die Sammlungsbereiche Mittelalter und frühe Neuzeit am Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin

  Christian Stoess
 
     
  Personalia NNB 6/2016  
 

 

Am 1. Juni 2016 tritt Christian Stoess seinen Dienst als Kurator für die Sammlungsbereiche Mittelalter und frühe Neuzeit am Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin an. Nach seinem sehr gut bewerteten Magister Artium bei Peter Berghaus in Münster und Tätigkeiten für Museen, Münzfundvorhaben und Ausstellungen wurde er 1988 im Auktionshaus Peus Nachf. für die Aufgabenbereiche Mittelalter und Neuzeit angestellt, in dem er die letzten Jahre die Position eines Prokuristen innehatte. Seit 1992 ist er Präsident der Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte und Herausgeber der Geldgeschichtlichen Nachrichten. Seit 2008 ist er Vorstandsmitglied in der Numismatischen Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland. Gerade die fachliche Anerkennung, denen er seine Positionen in diesen Organisationen verdankt, zeigt den hohen Grad seines Ansehens bei den Numismatikern. Hinsichtlich der wissenschaftlichen Digitalisierung der Bestände, einer Kernaufgabe des Münzkabinetts in den nächsten Jahren, hat er umfassende Kenntnisse in Organisation und effektiver Münzdatenbankverwaltung vorzuweisen. Er hat selbst Digitalisierungsprojekte wie die Web-Site der Numismatischen Kommission eigenverantwortlich entwickelt. Nicht zuletzt liegt Christian Stoess die Nachwuchsarbeit im Bereich Mittelalter am Herzen. Das Münzkabinett erwartet von Christian Stoess als Mitarbeiter neue Impulse für die Numismatik des Mittelalters und der Neuzeit.

Bernhard Weisser

 
     

 

Bernhard Weisser Ernennung zum Direktor des Münzkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin — Preußischer Kulturbesitz

  Bernhard Weisser
 
     
  Personalia NNB 2/2015  
 

Prof. Dr. Bernhard Weisser wird zum 1. Juni 2015 Direktor des Münzkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin — Preußischer Kulturbesitz. Das hat der Stiftungsrat der SPK heute einstimmig beschlossen. Weisser nimmt bereits seit Ende der Amtszeit von Prof. Dr. Bernd Kluge am 30. September 2014 kommissarisch die Leitung des Münzkabinetts wahr. Weisser studierte Klassische Archäologie, Alte Geschichte sowie Ur- und Frühgeschichte. 1996 promovierte er zu dem numismatischen Thema „Die kaiserzeitliche Münzprägung von Pergamon«. Für diese Arbeit erhielt er das einjährige Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts. In der numismatischen Wissenschaftswelt hat er einen exzellenten Ruf und ist hervorragend vernetzt. 2009 wurde er zum Honorarprofessor am Winckelmann-Institut der Humboldt-Universität zu Berlin ernannt. Ebenfalls seit 2009 ist er Sprecher des Landes Berlins in der Numismatischen Kommission der Länder. Daneben ist Weisser numismatischer Sachverständiger bei künstlerischen Wettbewerben für die Gestaltung von Sonderprägungen und Gedenkmünzen und Erster Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst. 2013 erhielt er den Ehrenpreis der Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte. Seine berufliche Laufbahn am Münzkabinett begann Bernhard Weisser bereits 1996, zunächst als Museumsassistent in Fortbildung, im Anschluss als wissenschaftlicher Mitarbeiter. 2003 wurde er zum Kustos am Münzkabinett ernannt, 2009 zum Stellvertretenden Direktor. Er betreute in dieser Zeit zahlreiche hochkarätige Ausstellungen und leitete mehrere Forschungsprojekte. Besonders hervorzuheben ist der von ihm entwickelte interaktive Katalog von Beständen des Münzkabinetts, der die umfassendste Onlinepublikation einer Münzsammlung im deutschsprachigen Raum ist. Weisser sieht neben der Erarbeitung von Ausstellungen die Digitalisierung aller Bestände des Münzkabinetts und deren Präsentation im Internet als wichtigen Schritt dazu, die führende Rolle des Münzkabinetts in der deutschen Numismatik weiter auszubauen. Gleichzeitig soll die objektbezogene Forschung weiter gestärkt werden. Wenig aufgearbeitet ist bisher etwa der Bereich islamischer Münzen. Als eine weitere wesentliche Aufgabe versteht er die Nachwuchsförderung im Bereich der Numismatik.

 
     

 

Professor Dr. Bernd Ulrich Kluge - Museumsdirektor i. R.

  Professor Dr. Bernd Ulrich Kluge  
     
  Personalia NNB 10/2014  
 

Professor Dr. Bernd Ulrich Kluge zum 4. Oktober 2014

Seit 1. Oktober 1972 lautet die Dienstadresse von Bernd Kluge: Münzkabinett im Bode-Museum, Berlin. Während diese Zeilen geschrieben werden, nähert sich ein zweiundvierzigjähriges Berufsleben seinem Ende, in dem Bernd Kluge, und dies nicht erst in den zweiundzwanzig Jahren seit 1992 als Direktor, die Geschicke des Münzkabinetts geprägt hat.

 

Maxima res effecta. Gedenkmedaille zum 4. Oktober 2014 von Heinz Hoyer und Sneschana Russewa-Hoyer

 

Geboren wurde Bernd Ulrich Kluge am 18. Juni 1949 in Cottbus (Brandenburg). Er wuchs als zweites von vier Kindern in der DDR in einem katholischen Elternhaus auf. Der aktive junge Katholik entwickelte früh Skepsis und weltanschauliche Distanz zum sozialistischen Staat. Nach seinem Abitur 1968 in Cottbus gelang ihm die Aufnahme in das Studium der Geschichte und Bibliothekswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. Studienschwerpunkt war das Mittelalter, und besonders die mittelalterliche Kirchengeschichte interessierte Kluge. In Bernhard Töpfer fand er den geistesverwandten Hochschullehrer. 1972 schloss er sein Studium mit dem Diplom ab. Das Jahr 1972 brachte nicht nur den Studienabschluss, sondern er heiratete (die richtige Reihenfolge musste es schon sein: erst Studienabschluss und Aussicht auf eine Stelle, dann Heirat) auch seine langjährige Schulfreundin Christina (geb. Klink), die damals bereits seit einigen Jahren berufstätig war. In den folgenden Jahren wurden dem Ehepaar die vier Kinder Ricarda (*1975), Fabian (*1977), Ferdinand (*1981) und Maximilian (*1993) geboren. Mittlerweile gibt es das erste Enkelkind, für das sich der frischgebackene Großvater inzwischen jeden Montagnachmittag freihält. Die Neigung zum Mittelalter führte 1972 zum Eintritt in das Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin mit der Zuständigkeit für die Mittelaltersammlung in der Nachfolge von Prof. Dr. Arthur Suhle. Mit der Museumstätigkeit begann die Spezialisierung auf die Numismatik, die erste numismatische Publikation zu Brakteaten des Mittelalters erschien 1976. 1981 erfolgte die berufsbegleitende Promotion zum Dr. phil. Eine Promotion aus der Museumstätigkeit heraus war damals in den Museen keine Notwendigkeit und auch keine Selbstverständlichkeit, sondern erforderte besonderes Engagement neben dienstlichen Aufgaben und Familienpflichten. Schwerpunkte der Museumsarbeit und Forschung lagen und liegen für Bernd Kluge in der Münzkunde und Geldgeschichte des frühen und hohen Mittelalters, Brandenburg-Preußens und der Bearbeitung von Münzfunden. Mit der deutschen Wiedervereinigung vor 25 Jahren ergaben sich für einen in der DDR abseits der Politik und Partei in der Museumsnische forschenden Wissenschaftler neue Möglichkeiten und Anerkennung.

Mehr noch als bei den meisten anderen Museumskollegen, die ich kenne, gehört das wissenschaftliche Publizieren zum Selbstverständnis von Bernd Kluge. Sein Schriftenverzeichnis umfasst gegenwärtig 216 Positionen. Allein das Jahr 2014 ist mit acht Titeln vertreten, was die unermüdliche Schaffenskraft beweist. Unter den eigenen Büchern greife ich als die sechs wichtigsten in chronologischer Reihenfolge heraus: State Museum Berlin, Coin Cabinet. Anglo-Saxon, Anglo-Norman and Hiberno-Norse Coins (Sylloge of Coins of the British Isles 36), London /Berlin 1987; Deutsche Münzgeschichte von der späten Karolingerzeit bis zum Ende der Salier, ca. 900 bis 1125, (Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Monographien 29. Publikationen zur Ausstellung „Die Salier und ihr Reich"). Sigmaringen 1991; (mit H. Buck und A. Büttner:) Die Münzen der Reichsstadt Goslar 1290 bis 1764. Münzgeschichte und Geprägekatalog (Berliner Numismatische Forschungen. Neue Folge 4), Berlin 1995; Das Münzkabinett. Museum und Wissenschaftsinstitut (Das Kabinett 9), 2. bearb. Aufl., Berlin 2005; Numismatik des Mittelalters. Band I: Handbuch und Thesaurus Nummorum Medii Aevi (Österreichische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse, Sitzungsberichte 769, Veröffentlichungen der Numismatischen Kommission 45), Berlin/Wien 2007 und Die Münzen König Friedrichs 11. von Preußen 1740-1786. Auf Grundlage der Werke Friedrich Freiherr von Schrötters neu bearbeitet. Unter Mitarbeit von Elke Bannicke und Renate Vogel (Berliner Numismatische Forschungen NF 10), Berlin 2012. Das letzte Buch ist immer das wichtigste. Gegenwärtig im Druck ist Am Beginn des Mittelalters. Die Münzen des karolingischen Frankenreiches 751-814 (Das Kabinett 15), Berlin 2014.

Seit 1987 gehört auch eine umfangreiche Herausgebertätigkeit zu seinem publizistischen Wirken, für das er drei eigene Schriftenreihen begründet hat. Die Reihe Berliner Numismatische Forschungen erschien als Jahrbuch in fünf Bänden von 1987-1991. Seit 1992 gibt es im Anschluss daran die bislang in zehn Bänden erschienenen Berliner Numismatische Forschungen. Neue Folge als Monographienreihe, Band elf ist im Druck und erscheint noch 2014. Als publizistisches Begleitmedium für Ausstellungen und Bestandspublikationen hat Bernd Kluge die Reihe Das Kabinett ins Leben gerufen. Seit 1994 sind 14 Bände erschienen, Band 15 ist im Druck. Die Tätigkeit als Herausgeber ist für Bernd Kluge immer mehr als ein Ehrentitel gewesen. Kein Buch erscheint unter seiner Herausgeberschaft, das nicht bis in das Detail seinen fachlichen und ästhetischen Ansprüchen genügt. Dies gilt auch für die 1.488 Seiten umfassenden Akten zum XII. Internationalen Numismatischen Kongress in Berlin von 1997, die wir überwiegend an Nachmittagen und Abenden in der Situation einer Großbau-stelle bis zum Jahr 2000 redaktionell bearbeiteten und zum Druck beförderten.

Als Organisator des 1997 in Berlin veranstalteten XII. Internationalen Numismatischen Kongresses war er genauso erfolgreich wie als Bauherr (vulgo Nutzer) der grundlegenden Sanierung des Münzkabinetts und Bode-Museums zwischen 1998 und 2006. Die Baubegleitung nahm er aus gesprochen ernst, er ließ keine der vielen Bausitzungen aus. Erfolgreich war er in dem Bestreben, den historischen Bestand an Ausstattung und Möbeln zu sanieren und behutsam stilgerecht ergänzen zu lassen. Das Münzkabinett konnte als ein eigener Bauabschnitt ein Jahr früher als der Rest des Bode-Museums wieder vollumfänglich in Betrieb genommen werden. Die im Oktober 2004, zum einhundertjährigen Jubiläum des Bode-Museums (vormals Kaiser Friedrich-Museum), präsentierte Straße aus Gold und Silber mit einer einmaligen Öffnung des 60 m langen Tresors produzierte Besucherschlangen bis zur Monbijoubrücke und wird allen, die daran beteiligt waren, unvergesslich bleiben. Mit diesem Ereignis verbunden war die Unterzeichnung der Gründungsurkunde der Erivan und Helga Haub-Stiftung durch Erivan Haub und dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Dieter Lehmann unter Anwesenheit des Bundesfinanzministers Hans Eichel. Die enge persönliche Beziehung zu Erivan und Helga Haub, die auf gegenseitiger Wertschätzung beruht, hat sich in den letzten zehn Jahren immer weiter vertieft.

Die Notwendigkeit von wissenschaftsorganisierenden Tätigkeiten sieht Bernd Kluge zwar ein, und er übernahm zwischen 1993 bis 1999 als Vorsitzender der Numismatischen Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland auch Verantwortung. Die zuweilen zähen, von Partikularinteressen geleiteten und wenig effektiven Kommunikationsprozesse stießen ihn aber immer ab. Wichtig dagegen ist ihm die enge und gute Zusammenarbeit mit der bereits 1843 gegründeten Numismatischen Gesellschaft zu Berlin. Existierte diese vor 1989 nur noch in Westberlin und abgeschnitten von dem großen Kabinett, so sah er es als seine Aufgabe an, das früher enge Verhältnis von Gesellschaft und Kabinett zu erneuern. Diesen Prozess befördert er bis heute als Vorsitzender (1993-2004) und Vorstandsmitglied. Die Numismatische Gesellschaft leistet als Förderverein des Münzkabinetts substantielle Unterstützung, das Münzkabinett bietet der Gesellschaft die auf die Traditionen beider Institutionen stolze Heimstatt. In der Veranstaltung von Vorträgen und Symposien, in der gemeinsamen Förderung des numismatischen Nachwuchses und von numismatischen Publikationen entfalten Kabinett und Gesellschaft eine weit über Berlin hinaus reichende Wirkung. Seit 1993 gibt es wieder eine Lehre an der Humboldt-Universität mit dem Bemühen zur Verwurzelung der Numismatik in der Historikerausbildung und zur Ausbildung numismatischen Nachwuchses. Auch hiermit knüpfte Bernd Kluge an eine unterbrochene Verbindung an, denkt man daran, dass vor ihm zuletzt Arthur Suhle in den 1960er Jahren als Dozent an der Humboldt-Universität lehrte. 1995 wurde Bernd Kluge zum Honorarprofessor für das Fach Numismatik ernannt. Erfolgreich Studierende tragen seitdem über Praktika, Werkverträge oder als Projektangestellte zur lebendigen Arbeitsatmosphäre am Münzkabinett bei. Bernd Kluge war in den Staatlichen Museen in zwei unterschiedlichen Staatsgebilden und unter fünf Generaldirektoren tätig, er hat die Numismatik in nahezu jede große Mittelalterausstellung eingebracht, hat eigene Ausstellungen durchgeführt und in Zeiten schwieriger Finanzmittel bemerkenswerte Erwerbungen getätigt. Dass das Münzkabinett international wieder stärker seiner Bedeutung gemäß wahrgenommen wird, haben wir Bernd Kluge zu verdanken. Er ist dafür verschiedentlich geehrt worden: er ist Korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Korrespondierendes Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts, Ehrenmitglied der Internationalen Numismatischen Kommission, Ehrenmitglied der Österreichischen Numismatischen Gesellschaft, und er erhielt sowohl den Ehrenpreis der Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte als auch den Huntington Medal Award der American Numismatic Society.

‚Maxima res effecta, unter dieses Motto stellen wir die Abschiedsveranstaltung für Bernd Kluge als Direktor am Münzkabinett am 4. Oktober 2014. Das einem Vers von Vergil entnommene Zitat und einer Medaille auf Friedrich II. entlehnte Motto ist im übertragenen Sinne als Bündelung aller Kräfte auf ein gemeinsames Ziel hin zu verstehen. Unter den jeweiligen Bedingungen der Zeit hat Bernd Kluge höchst effektiv das Maximale für Kabinett und Numismatik geleistet. Wie es eine Ära Beger, Friedländer, Regling und Suhle gegeben hat, so gibt es nun eine Ära Kluge für das Münzkabinett. Ich habe Bernd Kluge seit 1996 als Direktor, wissenschaftlichen Kollegen und Freund erleben dürfen. Als Vorgesetzter hat Bernd Kluge immer klare Visionen, die er vorbildlich vorlebt. Es war nicht immer leicht, ihm Arbeit abzunehmen, die Kontrolle gibt er ungern aus der Hand. Den Mitarbeitern begegnete er mit der Fürsorge eines Pater Familias und mit echtem Interesse an deren Wohlergehen. Als wissenschaftlichen Kollegen kennzeichnen ihn Skepsis (eine bewundernswerte Haltung, die seine Gesprächspartner zwingt, sich tüchtig an ihm abzuarbeiten), sein unaufgeregter Fleiß und absolute Redlichkeit. Er hat wissenschaftliche Interessen der Kollegen an bestandsbezogener Forschung und Lehre unterstützt, als dieses Arbeitsfeld der Museen noch nicht so selbstverständlich war wie heute. An dem Freund schätze ich die Nachdenklichkeit, die Verlässlichkeit und das offene Visier, mit dem er seinem Gegenüber begegnet. Das Münzkabinett freut sich auf den neuen freiwilligen Mitarbeiter, der ab 1. Oktober unter folgender Adresse zu erreichen sein wird: Prof. Dr. Bernd Kluge, Museumsdirektor i. R., Staatliche Museen zu Berlin, Münzkabinett, Geschwister-Scholl-Str. 6, 10117 Berlin.

Bernhard Weisser

 
     

 

Arne Kirsch - Firma Sincona Zürich

  Arne Kirsch  
     
  Personalia NNB 9/2014  
 
Die Firma Sincona AG in Zürich, entstanden aus der ehemaligen Numismatischen Abteilung der UBS, freut sich seit Anfang August 2014 über einen neuen und versierten Mitarbeiter. In der numismatischen Welt ist das „neue Gesicht" allerdings ein längst schon bekannter und erfahrener Fachmann. Seit über dreißig Jahren beschäftigt sich Arne Kirsch mit Numismatik, der schon als Jugendlicher mit der Bestimmung von Münzen für Kataloge der Münzenauktion Essen begann. Weitere Stationen waren für viele Jahre die „Münzen und Medaillen AG" in Basel, dann die von ihm gegründete „Münzen und Medaillen Deutschland GmbH" sowie in den letzten gut 16 Jahren das bekannte Auktionshaus Fritz Rudolf Künker in Osnabrück. Mit Arne Kirsch bekommt die Firma Sincona AG nicht nur einen erfahrenen Numismatiker und Organisator, sondern auch einen seit über 10 Jahren von der IHK öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Numismatik, von denen es in Deutschland nur sehr wenige gibt. Ein weiteres Fachgebiet ist bei ihm die „Fälschungsbekämpfung", in diesem Zusammenhang ist er schon seit vielen Jahren Mitglied des IBSCC, dem Fälschungskomitee des Internationalen Münzhändlerverbandes IAPN, dessen Präsident er ebenfalls seit 2013 ist. Arne Kirschs Kontaktdaten als neuer Mitarbeiter der Sincona AG, aber auch als Präsidenten der IAPN, sind ab sofort wie folgt: Sincona AG, Arne Kirsch, Pelikanstrasse 11, CH - 8001 Zürich, Tel.: +41-44-215 10 98, Mail: arne.kirsch@ sincona.com


 
     

 

 

Stefan Kötz - Landesnumismatiker am LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum in Münster

  Stefan Kötz Landesnumismatiker
 
     
  LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum Pressemitteilung vom 31. März 2014
 
 

Das LWL-Museum für Kunst und Kultur / Westfälisches Landesmuseum in Münster hat als Nachfolger für den langjährigen Landesnumismatiker Dr. Peter Ilisch den Numismatiker Stefan Kötz M.A., Rottenburg/Neckar, berufen.


Geboren 1980 und aufgewachsen in Grimma (Sachsen), studierte Stefan Kötz ab 2000 an der Universität Tübingen Mittelalterliche Geschichte, Historische Hilfswissenschaften und Mittellateinische Philologie und schloss das Studium 2007 mit einer Arbeit zur Diplomatik (Urkundenlehre) Südwestdeutschlands im Hochmittelalter ab. Seine Dissertation beschäftigt sich in interdisziplinärem Zugriff mit der hochmittelalterlichen Münzprägung und Münzgeschichte am nördlichen Oberrhein (bes. Speyer und Lorsch).


Daneben war Stefan Kötz in verschiedenen kleineren Projekten tätig und war Lehrbeauftragter für Historische Hilfswissenschaften an den Universitäten Tübingen und Freiburg. Zudem hat er in Hinsicht an mehreren wissenschaftlichen Ausstellungen mitgewirkt, insbesondere bei der Sonderausstellung "Die Salier - Macht im Wandel" am Historischen Museum der Pfalz in Speyer 2011. Seit 2008 gehört er der Numismatischen Gesellschaft Speyer an.


Seine Forschungsinteressen und Veröffentlichungen gelten neben der Numismatik auch der Landesgeschichte, der Bildungs- und Universitätsgeschichte sowie den Historischen Hilfswissenschaften in ihrer Gesamtheit. Eine Publikationsliste (Stand Juni 2013) ist noch auf
der Website der Universität Freiburg einsehbar (http://www.mittelalter1.unifreiburg.de/personal/lehrbeauftragte/stefan-koetz).


Stefan Kötz wird seinen Dienst zum 1. Mai 2014 aufnehmen; in seine Zuständigkeit fällt auch die Bearbeitung der in Westfalen geborgenen Münzfunde und Fundmünzen.

Er ist ab 2. Mai 2014 erreichbar unter der

Tel.-Nr. 0251-5907-258, Fax -210,

und per Mail Stefan.Koetz[at]lwl.org.

 

 
     

 

 

Dr. Stefan Krmnicek - Antike Numismatik in Tübingen nachbesetzt

 

Antike Numismatik in Tübingen nachbesetzt  
     
  Kurznachricht 06/2012  
 

Mit der Berufung von Prof. Dr. Reinhard Wolters auf den Lehrstuhl für Numismatik und Geldgeschichte der Universität Wien im Oktober 2010 war die Numismatische Arbeitsstelle am Institut für Klassische Archäologie der Universität Tübingen erstmals in ihrer langjährigen Geschichte akut bedroht, aufgrund von Sparmaßnahmen nicht nachbesetzt und in weiterer Konsequenz vollständig eingestellt zu werden. Nicht zuletzt dank zahlreicher nationaler und internationaler Unterstützungserklärungen und Appelle der wichtigsten altertumskundlichen sowie fachnumismatischen Verbände und Vereine an die Universitätsleitung sowie dem Einsatz des Dekanats ist es zu verdanken, dass die zu befürchtende Schließung der antiken Numismatik in Tübingen vorerst abgewendet werden konnte. Das Rektorat der Universität hat eine Fortführung der Numismatischen Arbeitsstelle zunächst auf zwei Jahre befristet – mit Aussicht auf Verlängerung – gewährt. Das Institut für Klassische Archäologie und das Museum der Universität Tübingen sind in der glücklichen Lage zu vermelden, dass trotz der noch ungewissen Zukunft der antiken Numismatik in Tübingen die Numismatische Arbeitsstelle per 1. Mai 2012 in Person von Dr. Stefan Krmnicek wieder mit einem ausgewiesenen Numismatiker adäquat nachbesetzt wurde. Herr Krmnicek bringt durch seine wissenschaftliche Tätigkeit beim Projekt Fundmünzen der Antike der Mainzer Akademie der Wissenschaften, seine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Archäologische Wissenschaften der Universität Frankfurt und seine Stelle zuletzt an der School of Archaeology and Ancient Historyder University of Leicester (UK) ein numismatisch breit aufgestelltes und international geschärftes Profil mit, das der zukünftig angestrebten Intensivierung fach- und länderübergreifender Kooperationen von großem Nutzen sein wird. Durch die erfolgreiche Sicherstellung der numismatischen Forschung und Lehre an der Universität sowie der fachmännischen Betreuung der bedeutendsten numismatischen Universitätssammlung Deutschlands ist zu hoffen, dass die langjährige Tradition der Numismatik in Tübingen auch nach Ablauf der nächsten zwei Jahre in der gegenwärtigen Form weitergeführt wird. Kontakt: Universität Tübingen, Institut für Klassische Archäologie, Numismatische Arbeitsstelle, Schloss Hohentübingen, Burgsteige 11, 72070 Tübingen.

 

 
     

 

 

Nachruf

Peter Ilisch (1947-2023)

  Peter Ilisch (1947-2023)
 
     
  NNB 8/2023  
 

Peter Ilisch †

 

Nach kurzer, schwerer Krankheit ist am 29. Mai 2023, am Pfingstmontag, Dr. Peter Ilisch, von 1979 bis 2012 Wissenschaftlicher Referent (Kurator) für das Münzkabinett des heutigen LWL-Museums für Kunst und Kultur/Westfälisches Landesmuseum in Münster, bei seiner Tochter im südfranzösischen Bayonne verstorben. Peter Ilisch war über Jahrzehnte einer der produktivsten und ist, über seinen Tod hinaus, einer der angesehensten Mittelalter- und Neuzeit- sowie Fundnumismatiker; zugleich war er ein engagierter Regionalhistoriker für das Münsterland. Auch international hochgeachtet und -geschätzt, hat er so den Namen Münsters über Westfalen und Deutschland hinaus auch in die Welt getragen.

Peter Ilisch wurde am 28. April 1947 im westmünsterländischen Bilerbeck geboren. Seine Passion, die Münzen, die Numismatik, entdeckte er schon als Schüler, wie auch sein gut drei Jahre jüngerer Bruder Lutz - und es war sicherlich weise, sich früh zu spezialisieren und mögliche Konkurrenzen zu vermeiden. Als 14-Jähriger begann er, die Monatssitzungen der Münzfreunde Münster zu besuchen, suchte den Kontakt zum westfälischen Landesnumismatiker am Landesmuseum, Prof. Dr. Peter Berghaus (1919-2012). Von 1967 bis 1971 studierte er in Münster Geschichte, Historische Hilfswissenschaften und Volkskunde und bei Berghaus, Honorarprofessor am Historischen Seminar, lernte er Numismatik. 1974 wurde er mit einer Arbeit über die mittelalterlichen und neuzeitlichen Münzfunde und den Geldumlauf im westlichen und südlichen Westfalen promoviert. Bereits von 1972 bis 1974 war er als Wissenschaftlicher Volontär am Landesmuseum, wo er Anfang Januar 1979 die Nachfolge seines Lehrers, der 1977 Museumsdirektor geworden war, antrat. Dazwischen, kurzzeitig sogar im Schuldienst tätig, hatte er die Ersteinrichtung des Münsterlandmuseums Burg Vischering besorgt, hatte die Münzsammlung des Rijksmuseums Twenthe in Enschede bearbeitet und hatte an der NNB-Redaktion in Emden mitgewirkt; 1977 bis 1978 war er Assistent amInstitut für religiöse Volkskunde an der Universität Münster. Bis zu seiner Pensionierung Ende Mai 2012 hat sich Peter Ilisch am damaligen Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte durch vieltausendfache Erwerbungen, durch Ausstellungen und vor allem durch seine vielhundertfachen Publikationen enorme, bleibende Verdienste um das Münzkabinett und auch das Museum als Ganzes erworben. Über das Museum hinaus war Peter Ilisch in zahlreichen Kommissionen, Gremien und Vereinen aktiv, so zeit seiner Amtsdauer als Landesvertreter für Westfalen-Lippe in der Numismatischen Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, deren Zweiter Vorsitzender er 1999 bis 2001 war. Hervorzuheben ist hier besonders das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Gemeinschaftsprojekt seit 1996 mit dem Institut für Archäologie und Ethnologie der Polnischen Akademie der Wissenschaften zur Bearbeitung der frühmittelalterlichen Münzfunde in Polen, das 2013 bis 2017 mit fünf dickleibigen Bänden abgeschlossen werden konnte. Daneben war er ordentliches Mitglied in zwei LWL-Kommissionen, der Altertumskommission seit 1992 und der Historischen Kommission seit 1998; zu deren beider Forschungsvorhaben hat er, nicht nur numismatischerseits, substantiell beigetragen. Mit den Niederlanden, besonders der Koninklijk Nederlands Genootschap voor Munt- en Penningkunde (KNGMP), war er seit den 1970er Jahren engstens verbunden; 1982 wurde er dort Mitglied, 2014 dann zum Ehrenmitglied ernannt. 1996 hat er die goldene Ehrenmedaille der Teylers Tweede Genootschap in Haarlem und 2012 den Literaturpreis der KNGMP erhalten, beide Male für seine Korpuswerke zur Münzprägung in Niederlothringen im 10. bis 12. Jahrhundert; 2016 bekam er auch den Jeton de Vermeil der Société Française de Numismatique (SFN). Für sein Lebenswerk wurde er 2005 mit dem Ehrenpreis der Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte (GIG) und noch 2021 mit dem Eligius-Preis der Deutschen Numismatischen Gesellschaft (DNG) geehrt.

Dem Verein der Münzfreunde für Westfalen und Nachbargebiete (VMWN) gehörte Peter Ilisch seit 1964/65 an, diente ihm 1982 bis 1990 als Schriftführer und seit 2006 als wissenschaftlicher Beisitzer im Vorstand, seit 2012 war er Ehrenmitglied. Seine Vorträge bei den Münzfreunden Münster, bei den anderen Ortsvereinen, bei den Veranstaltungen des Gesamtvereins und überall in Deutschland - ebenso wie auf internationalen Kongressen und Symposien - sind unzählbar. Von Anbeginn verstand er sich auch als Partner der Münzsamm1er, hat uneigennützig Münzbestimmungen geleistet und stets als kompetenter, nie ungeduldiger Berater zur Verfügung gestanden; vielen Menschen konnte er dadurch wichtige Impulse geben. Zudem hatte er die Fähigkeit, Sammler dazu zu animieren, ihre numismatischen Erkenntnisse in Worte zu fassen und auf Vorträgen oder in gedruckter Form zu publizieren. Ein besonderes Beispiel hierfür war die langjährige intensive und sehr fruchtbare Zusammenarbeit mit Arnold Schwede (1937-2020) oder, noch zuletzt, mit Heinz-Josef Kramer (* 1928). 2012, zum 65. Geburtstag und anlässlich der Pensionierung, hat ihm sein Verein eine Festschrift gewidmet („Nummi docent! Münzen - Schätze – Funde“ hrsg. von Gerd Dethlefs, Arent Pol und Stefan Wittenbrink), in der 44 Autorinnen und Autoren auf seinen wissenschaftlichen Pfaden wandelten. Und auch im Förderverein für öffentliche Münzsammlungen in Westfalen (FöMW) hat er seit dessen Gründung 2015 als Schriftführer und als Hinweisgeber für lukrative Ankäufe mit schönem Erfolg gewirkt.

Ein Partner war Peter Ilisch aber auch für den Münzhandel – grundgelegt durch das gemeinsame Studium bei Peter Berghaus insbesondere mit Fritz Rudolf Künker (* 1949). Für viele Münzhandlungen und Auktionshäuser im In- und Ausland hat er Bestimmungen übernommen und im Gegenzug um Schenkungen an das Münzkabinett oder zuletzt um Spenden für den Förderverein gebeten. Zahlreiche, vor allem prominente Erwerbungen wären ohne das besondere Engagement des Handels nicht zustande gekommen; genannt sei in diesem Zusammenhang nur der Ankauf des Schatzfundes von Rödinghausen (Kr. Herford) 1995 mit 85 Talern, verborgen um 1610. Allerdings schritt er auch ein, wenn ihm illegal geborgene Schätze und Münzen aus Raubgrabungen im Handel auffielen, was sogar zu erfolgreichen Hausdurchsuchungen führte und Funde für Kollegen etwa im Baltikum sicherte.

In Münster war Peter Ilisch ein klassischer „Landesnumismatiker“ zuständig neben der Sammlung am Landesmuseum auch für die Münzfundpflege im Rahmen der Landesarchäologie (heute LWL-Archäologie für Westfalen). Es ist ihm zu verdanken, dass Fundmünzen als historische wie archäologische Quellen in Westfalen-Lippe systematisch dokumentiert, publiziert und erforscht werden; vor allem die institutionalisierte Kooperation mit den Metallsondengängern hat hier ebenso zahlreiches wie wissenschaftlich ertragreiches Material erbracht. Zudem war es sein Selbstverständnis, numismatische und landeskundliche Erkenntnisse miteinander zu verbinden und diese nicht nur dem Fachpublikum, sondern auch der breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln. Sein enormes Wissen hat er als Lehrbeauftragter an der Universität Münster seit 2001 stets auch an den Nachwuchs weitergegeben.

Sein wissenschaftliches Werk ist überaus umfangreich, die Bibliografie seit 1969 zählt weit über 500 Titel (s. Festschrift 2012, S. 485-507, Nachträge folgen); er gilt dabei als Meister der kleinen Form, von Miszellen und Kurzaufsätzen, hat aber ebenso große Monografien vorgelegt. Inhaltlich war er, wie so oft bei Ein-Mann-Münzkabinetten, numismatischer Generalist, die Themen waren breitgefächert, von der Antike bis zur Gegenwart, auch Marken, Geldscheine, Medaillen, selbst Bleiplomben umfassend. Der Schwerpunkt lag allerdings klar auf Nordwestdeutschland, auf Westfalen in Mittelalter und Früher Neuzeit, und hier besonders auf der „Dannenberg“-Zeit des frühen 10. bis früheren 12. Jahrhunderts. Sein Werk ist andernorts noch ausführlich zu würdigen; zu denken ist an eine Art „Wissenschaftliche Biografie Dr. Peter Ilisch“ die die Forschungsergebnisse synthetisiert und den Blick in die Zukunft richtet. Die Texte sind nicht immer leicht zu lesen, er hat mit kritischem Blick und vollendeter Methodenbeherrschung, in erster Linie der Stempelanalyse, jedoch stets neue und teils bahnbrechende Erkenntnisse geliefert. Und er hat Grundlagenforschung geleistet: mit Neuzuweisungen (insbesondere der „Colonia“-Pfennige), mit Korpuswerken (Münster/Mittelalter 1994; Niederlothringen/Hochmittelalter 2000 und 2014; Corvey/Neuzeit, mit Arnold Schwede, 2007; Werden, mit Heinz-Joseph Kramer und Felix Ossmann (†), 2022), mit Fundinventaren (West- und Südwestfalen 1980, Ostwestfalen(-Lippe) 1992, Neufunde Westfalen-Lippe 1981-2010; Polen/Frühmittelalter, mit Mateusz Bogucki und Stanislaw Suchodolski, 2013- 2017). Nicht zu vergessen ist seit Anbeginn auch - und wie im Falle der neuzeitlichen Numismatik gegebenenfalls auf gründlichen Archivstudien beruhend - der Landes- bzw. Münsterlandhistoriker Peter Ilisch, vor allem für den Kreis Coesfeld, seine Heimat. 1976 war er Gründer und seitdem Herausgeber der „Geschichtsblätter des Kreises Coesfeld“, worin er selbst umfangreich zur Siedlungs-, Stadt- und Wirtschaftsgeschichte gearbeitet hat.

Die Numismatik war Lebensinhalt für Dr. Peter Ilisch, er war ein „Lebenslänglicher“ - und das Lebenswerk, schon jetzt beeindruckend und bedeutend, war noch nicht vollendet, noch längst nicht. Manuskripte für etliche große Arbeiten, in verschiedenen Zuständen, finden sich in seinem Nachlass, ferner Material für sicherlich weitere hundert kleine Stücke. Zu nennen sind der Band über Norddeutschland im Projekt „Medieval European Coinage“ des Fitzwilliam Museum in Cambridge, eine „Westfälische Münzgeschichte des Mittelalters“ oder Korpuswerke der Mittelaltermünzen von Paderborn, Corvey und Herford. Sein Tod ist ein immenser Verlust auch für die Wissenschaft; Andere werden sein Werk fortsetzen und abschließen und dadurch - in diesen großen, enormen, zu großen Fußstapfen - die Traditionslinie, wie er selbst sie von seinem Vorgänger weitergeführt hat, weiterführen.

Stefan Kötz mit Gerd Dethlefs, Fritz Rudolf Künker und Stefan Wittenbrink

 
     

 

Gunter Walde (1942-2023)

  Gunter Walde (1942-2023)
 
     
  NNB 7/2023  
 

Gunter Walde †

Gunter Walde war in der deutschen Numismatik kein Unbekannter. Sammler, Münzhändler und auch wissenschaftliche Mitarbeiter von Sammlungen schätzten ihn wegen seines fundierten Wissens, seiner freundlichen Art und bereitwilligen Unterstützung in numismatischen Fragen als auch bei Publikations- und Ausstellungsprojekten. Am 27. Mai 2023 ist er gestorben, nachdem er sich mehrere Jahre mit starkem Willen und Zuversicht einem unerbittlichen innerem Gegner widersetzt hatte. Er wurde am 28. Juli 1942 in Waltershausen geboren, seine Kindheit verbrachte er in Friedrichroda am Fuße des Inselsberges in Thüringen und kam bereits in dieser Zeit mit Münzen in Berührung. Seine technische Interessiertheit und Neugier bestimmten seine berufliche Entwicklung. Nach erfolgreichem Abschluss einer Lehre als Werkzeugmacher in Gotha bot man ihm ein zweijähriges Informatikstudium in Jena an, das er antrat. Nach Absolvierung konnte er im heutigen Chemnitz an der Entwicklung und Produktion elektronischer Rechenmaschinen mitarbeiten.

Wahrend eines Wanderurlaubes in Bulgarien eröffnete ihm ein Bekannter aus Berlin, dass er Dollars dabeihätte und sich in den Westen absetzen wollte, jedoch nicht allein. Gunter musste sich schnell entscheiden und ging mit. Beide setzten sich von der Wandergruppe ab, überquerten in einer abenteuerlichen Tour 1969 zu Fuß die Grenze nach Jugoslawien und gelangten irgendwie in die deutsche Botschaft nach Belgrad. Mit dem Asylantrag für Republikflüchtlinge aus der damaligen DDR klappte es auf Grund des Ost-West-Spannungsverhältnisses nicht. Auf Umwegen kamen sie dennoch in die Bundesrepublik. Hier fand Gunter durch seine Ausbildung recht schnell eine Anstellung im EDV-Bereich bei Siemens in Essen. Bedeutsam waren für ihn die Olympischen Spiele 1972 in München, wo er im technischen Support bei Siemens tätig war. Auch in den Folgejahren wurde er wiederholt für die Betreuung von Siemens-Großrechnern in München eingesetzt. Er nutzte diese Zeit zum Lesen historischer und numismatische Literatur, studierte Auktionskataloge und begann Münzen von den Thüringer Kleinstaaten und Kursachsen zu sammeln. Im damaligen „Westen“ wurden die im „Osten“ gelegenen numismatischen Sammelgebiete nur wenig nachgefragt, so dass er oft solche Münzen recht günstig erwerben konnte.

Später zog er berufsbedingt nach Ludwigshafen, heiratete, wurde bodenständig und Vater von zwei Söhnen. In der Pfalz fand er eine neue Heimat. Er wurde Mitglied in den Numismatischen Gesellschaften in Speyer und Kaiserslautern, wo er oft an den Vereinsveranstaltungen teilnahm und neue Sammlerfreundschaften schloss. In Speyer arbeitete er später im erweiterten Vorstand mit, betreute über mehrere Jahre die Chronik und war an der Vorbereitung und Durchführung der alljährlichen Vereinsauktionen beteiligt.

Nach dem Fall der Mauer 1989 und der Grenzöffnung konnte er endlich wieder seinen Vater in Friedrichroda und seine Schwester in Langensalza besuchen. Er ist seiner Thüringer Heimat stets treu geblieben, so dass es für ihn zur Selbstverständlichkeit gehörte, am Brückenschlag West-Ost auf dem Gebiet der Numismatik teilzunehmen. Die Gesellschaft für Thüringer Münz- und Medaillenkunde, damals noch unter der Leitung von Heidrun Höhn, bot dafür die geeignete Basis, wodurch neue Sammlerfreundschaften, so auch mit mir, entstanden. Sein langjähriger Arbeitgeber bot ihm 2002 eine Altersübergangsregelung an, die er annahm und so mehr Zeit für sein Hobby, die Numismatik, fand. Er besuchte öffentliche Sammlungen, erfasste und dokumentierte die Bestände an Thüringer Münzen - auch fotografisch, wo dies möglich war. Etwa bis 2020 war Gunter Walde nebenberuflich, faktisch aber als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Kurpfälzischen Münzhandlung in Mannheim bis zu deren Abwicklung tätig. Er wirkte an der Vorbereitung und Durchführung von Auktionen der KPM, insbesondere der Katalogvorbereitung, mit, einige Jahre lang auch bei der Heidelberger Münzhandlung Herbert Grün e. K.

Auf publizistischem Gebiet war er nicht untätig. Gemeinsam mit Roland Gräsler gab er im Eigenverlag Bücher über „Die Erfurter Münzen des Erzbistums Mainz von 1756-1803“ (2003), „Die Münz-und Medaillenprägung des Herzogs Christian von Sachsen-Eisenberg“ (2006) und „Das Erfurter Groschenkabinett“ (2018) heraus. Mit Lothar Koppe verfasste er im Jahrbuch 2000 der Gesellschaft für Thüringer Münz- und Medaillenkunde einen Beitrag über „Sächsisch-Ernestinische Schreckenberger“ heute ein Zitierwerk. Unvollendet blieben leider die Bearbeitung des Medaillenwerkes von Ferdinand Helfricht (gemeinsam mit Hans-Jürgen Gromzig) und die Neubearbeitung der Schwarzburger Münzen und Medaillen 1493-1918 (gemeinsam mit Matthias Grimm).

Gunter Walde war ein mit der Heimat und Natur verbundener Mensch. In jüngeren Jahren führten ihn mehrere Hochgebirgswanderungen nach Nepal auf das Dach der Welt. Oft unternahm er Wanderungen in den Alpen sowie in den deutschen, italienischen und französischen Mittelgebirgen. Den Rennsteig hat er allein bezwungen und im Alter von 74 Jahren noch einmal zur Hälfte von Hörschel bis Neustadt am Rennsteig. Mit früheren Berufskollegen unternahm er auch Segeltörns im Mittelmeer.

Seine Lebensgefährtin Evelyn Lepique hatte er im Deutschen Alpenverein kennengelernt. Fast 20 Jahre verlebten beide erfüllte Jahre mit vielen Unternehmungen. Als seine Kräfte schwanden, hat ihn seine Partnerin liebevoll bis zu seinem Tod gepflegt. Er wird ihr, er wird uns fehlen. Er war ein Freund.

Matthias Grimm

 
     

 

Albert Kruse (1936-2023)

  Albert Kruse (1936-2023)
 
     
  NNB 7/2023  
 

Albert Kruse †

Am 29. April 2023 verstarb der langjährige Vorsitzende der Mindener Münzfreunde und Organisator der Norddeutschen Münzsammlertreffen Albert Kruse. Am 7. Januar 1936 in Minden geboren, in Jugendzeiten ein sehr erfolgreicher Handballspieler, gründete er ein lukratives Autohaus - was sein Münzsammeln beflügelte. Befreundet mit dem Begründer der Mindener Münzfreunde, Klaus Marowsky (1925-2005), und seit 1974 Mitglied der westfälischen Münzfreunde, baute er eine bedeutende Sammlung russischer Münzen auf und spezialisierte sich auf Jefimki, die um 1655 auf westeuropäische Taler aufgestempelt wurden. Der Versteigerungskatalog seiner bedeutenden Sammlung ist bis heute ein wichtiges Zitierwerk. Als Nachfolger Marowskys im Vorsitz der Mindener Münzfreunde und im Mindener Gesellschaftsleben verwurzelt, engagierte er sich erfolgreich für das Mindener Museum und für die Mindener Geschichtstaler - 2014 erschien dazu ein umfangreicher Dokumentationsband. Kruses Verdienste um das Norddeutsche Münzsammlertreffen sind in der Festschrift zum 50. Treffen 2005 („Minda Numismatica 2005“) nachzulesen. Dass die Treffen bis 2010 ausschließlich in Minden und mit gutem Erfolg stattfinden konnten, und dann noch einmal 2015, ist auch sein Verdienst. Er hielt auch über Minden hinaus Kontakte zu Sammlervereinen, diente dem Verein der Münzfreunde für Westfalen und Nachbargebiete einige Jahre als Zweiter Vorsitzender und wurde zum Ehrenmitglied gewählt. Gesundheitliche Probleme beschwerten seine letzten Jahre; auch, dass er „seine“ Münzfreunde als Alleinvorstand führen wollte und schließlich die Wahl eines Nachfolgers nicht akzeptieren mochte - das hätte man sich anders gewünscht. Unbestritten aber und unvergessen bleiben wird sein Engagement für die Mindener und deutsche Numismatik.

Gerd Dethlefs

 
     

 

Christian A. Kohl (1939-2023)

  Christian A. Kohl (1939-2023)
 
     
  NNB 7/2022  
 

Christian A. Kohl †

Die Freiberger Münzfreunde durften Christan A. Kohl über 3 Jahrzehnte zu ihren aktiven Mitgliedern zählen. Nun ist er am 2. März 2023 im Alter von 83 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben. Ein bewegtes, erfolgreiches Leben endete mehr oder weniger plötzlich und letzte Pläne konnten nicht mehr vollständig von ihm realisiert werden. Christian A. Kohl wurde am 13. Dezember 1939 in Dresden geboren, wuchs dann als Sohn des Superintendenten der Evangelischen Kirche in Freiberg auf, besuchte dort die Schule und machte eine Lehre zum Werkzeugmacher im benachbarten Brand-Erbisdorf. Als 1958 die Einführung der Wehrpflicht drohte, verließ er die DDR über Westberlin und Bielefeld in die USA, wo er 13 Jahre arbeitete und sich dort bereits für Münzen interessierte. Sicher war ein wenig Heimweh immer dabei, wenn er sich speziell nach sächsischen Münzen umsah. Eine seiner Erfahrungen war, dass man sich in den USA erst einen Katalog kauft und dann Münzen, und dass dies bei uns in Deutschland genau umgekehrt gemacht wird. Zurück in Deutschland absolvierte er 1980-1981 eine Meisterausbildung und betrieb gemeinsam mit seinem Cousin ein eigenes kleines Unternehmen. Zuvor hatte er seine Frau Eva kennengelernt und 1980 geheiratet. Als Nebenerwerb startete aber damals bereits der Münzhandel und 1994 kam sein erster Münzkatalog „Talerteilstücke des Kurfürstentums Sachsen Albertinische Linie 1547-1763“ heraus. Das war ein Meilenstein in der systematischen Katalogisierung der sächsischen Münzen und dieser Katalog gehört seitdem zu den unverzichtbaren Werkzeugen jedes ernsthaften Sachsensammlers. Im Jahre 1996 folgte das gemeinsam mit Claus Keilitz herausgegebene Werk „Talerteilstücke des Kurfürstentums Sachsen Ernestinische Linie 1500-1647“. Am 10. März 2001 startete Christian A. Kohl gemeinsam mit seiner Frau Eva in Dresden die erste Auktion der nun in Dresden am Goldenen Reiter ansässigen Firma Kohl Numismatik. 2002 wurde die Firma leider auch vom großen Elbehochwasser in Mitleidenschaft gezogen, aber bis zum 20. April 2013 konnten doch noch insgesamt 23 Münzauktionen von Kohl Numismatik erfolgreich durchgeführt werden.

Besonders stolz war Christian auf seine drei Söhne Torsten, Andreas und Thomas, die ihm auch oft eine wichtige Hilfe bei der Vorbereitung der Auktionen waren. Noch mit über 80 hat sich unser lieber Christian keine Ruhe gegönnt und seinem Verein der Freiberger Münzfreunde wurde die Ehre zuteil, an seinem Werk „Sächsische Guldengroschen 1500-1525“ mitzuwirken und es 2020 auch herausgeben zu dürfen. Wir sind ihm unendlich dankbar dafür und wissen, dass sein Name bei uns und allen Sammlern und Münzkabinetten, die sich mit sächsischen Münzen befassen, unvergessen bleiben wird.

Udo Becker

 
     

 

 

Maria Radnoti-Alföldi (1926-2022)

  Maria Radnoti-Alföldi (1926-2022)
 
     
  NNB 7/2022  
 

Maria Radnoti-Alföldi  †

Maria Radnoti-Alföldi ist am 7. Mai 2022 in Frankfurt in Ruhe und sanft von uns gegangen.

Sie wurde 1926 in Budapest als einziges Kind des Arztes Geza Alföldi und seiner Frau Olga geboren. 1944 machte sie das Abitur und studierte bis 1949 an der Philosophischen Fakultät der Universität Budapest, unter anderem bei dem Althistoriker und Numismatiker Andreas Alföldi (1895-1981), der auch ihr Doktorvater war. Schon während ihres Studiums publizierte sie mehrere Aufsätze über die Münzprägung des 4. Jahrhunderts, vornehmlich in den Numizmatikai Közlöny. Ebenfalls während des Studiums lernte sie den Archäologen Aladr Radn6ti (1913-1972) kennen. 1947 heiratete das Paar und bekam drei Kinder. Nach dem Studium arbeitete Maria Radnoti-Alföldi bis 1957 in der Münzsammlung des Ungarischen Nationalmuseums. Alljährlich im Wintersemester war sie ab 1950 Lehrbeauftragte an der Universität Budapest. Nach dem Ungarischen Aufstand floh das Paar unter abenteuerlichen Umständen über Wien nach München, zunächst unter schmerzlicher Zurücklassung der Kinder. Erst 1962 war die Familie wieder vereint.

In München war Maria Radnoti-Alföldi 1957-1962 wissenschaftliche Mitarbeiterin des Forschungsunternehmens „Fundmünzen der Römischen Zeit in Deutschland" (FMRD), wo sie den Bayerischen Regierungsbezirk Schwaben bearbeitete. Sie habilitierte sich im Sommersemester 1961 an der Universität München für das Fach Antike Numismatik mit der Arbeit „Die constantinische Goldprägung" (Mainz 1963), das zum Standardwerk wurde. Als Aladár Radnóti 1962 an der Goethe-Universität in Frankfurt eine Professur für die Fächer „Hilfswissenschaften der Altertumskunde sowie Geschichte und Kultur der römischen Provinzen“ erhielt, folgte sie ihm in die Stadt am Main. Von dort aus behandelte sie für FMRD die Fundmünzen auf dem Gebiet der Stadt Trier (Berlin 1970). Nach dem Tod von A1adár Radnóti wurde sie 1973 auf dessen Professur berufen. Ihr Institut in der Gräfstraße im Frankfurter Stadtteil Bockenheim wurde europaweit zu einem Zentrum der numismatischen Lehre und Ausbildung. Die Zahl ihrer Schülerinnen und Schüler ist Legion. Vor Ort hörte sie knapp und respektvoll auf die Anrede „Chefin' wobei sie nicht selten ihre Mitarbeiter und Kollegen, wie den Unterzeichneten, mit „mein Alter" titulierte. Maria Radnoti-Alföldi stellte 1978 ein grundlegendes zweibändiges Werk unter dem Titel „Antike Numismatik“ vor in dem sie einerseits Theorie und Praxis des Fachs behandelte und im zweiten Teil eine Bibliographie zusammenstellte. 1991 wurde sie emeritiert. Zu diesem Anlass erschien für sie die Festschrift „Die Münze: Bild - Botschaft – Bedeutung“ (Frankfurt 1991), besorgt von Hans-Christoph Noeske, Helmut Schubert, Hans Roland Baldus, Angelo Geißen und Peter Hugo Martin mit 30 Beiträgen der Fachkollegen und Fachkolleginnen. Im Ruhestand setzte sie die Bearbeitung der Fundmünzen aus Trier fort und legte von 2006 bis 2008 vier weitere umfangreiche Bände vor.

Schwerpunkte ihrer Forschung waren die Selbstdarstellung der römischen Kaiser, spätantike Münzprägung und die Fundmünzenanalyse. Große Verdienste hatte sie um die Wissenschaftsorganisation der Numismatik. 1989-2001 leitete sie das Griechische Münzwerk der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Des Weiteren war sie federführend für das Projekt „Fundmünzen der Antike“ an der Akademie

der Wissenschaften und Literatur im Mainz. In diesem Projekt gibt es inzwischen in Deutschland 45 Bände, die sie seit 1973 betreut hatte. Über die Grenzen Deutschlands hinaus erschienen gleichkonzipierte Materialbände nach und nach in Luxemburg, Österreich, Slowenien, den Niederlanden, Polen und Kroatien. Zugehörig sind die von Maria Radnoti-Alföldi initiierten Auswertungsbände „Studien zu den Fundmünzen der Antike“ deren Anzahl sich inzwischen auf 23 Bände beläuft.

Zahlreich sind ihre Mitgliedschaften und Ehrungen. Sie war unter anderem ordentliches Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts, der Mainzer Akademie der Wissenschaften und Literatur und Ehrenmitglied der Frankfurter Numismatischen Gesellschaft, der österreichischen Numismatischen Gesellschaft, der Ungarischen Numismatischen Gesellschaft, der Ungarischen Gesellschaft für Altertumsforschung, der Société Francaise de Numismatique und der Commission Internationale de Numismatique. Die American Numismatic Society verlieh ihr 2000 die Archer M. Huntington Medal und die Bundesrepublik Deutschland 1992 das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens. Für Maria Radnoti-Alföldi, eine überzeugte Europäerin, war die internationale Numismatik ihr Zuhause.

Die Verstorbene war eine tiefgläubige Katholikin, die ihren Glauben auch aktiv in der Mitarbeit der Frankfurter Bahnhofsmission praktizierte. Notleidende und caritative Organisationen konnten auf ihre Hilfe rechnen. Für die Trauermitteilung wählte ihre Familie den bezeichnenden Satz des Augustinus „Moneta Christi homo est“ (Münze Christi ist der Mensch), in dem Glaube und Numismatik zusammengeführt sind.

Frank Berger und Fleur Kemmers

 
     

 

Wolfram Weiser (1954-2022)

  Wolfram Weiser (1954-2022)
 
     
  Personalia NNB 4/2022  
 

Wolfram Weiser †

Prof. Dr. Wolfram Weiser ist tot. Er starb nach kurzer, schwerer Krankheit am 6. Februar 2022 im Alter von nur 67 Jahren in der Kölner Uniklinik.

Nach dem Abitur am Krefelder Arndt Gymnasium leistete er seinen Wehrdienst und verließ die Bundeswehr als Leutnant der Reserve. Anschließend studierte er Geschichte, Wirtschaftswissenschaften, Latein und Griechisch in Köln.

Sein Schwerpunkt waren immer die antiken Münzen, für die er sich seit Schülerzeiten begeistert hatte. Bei Prof. Dr. Reinhold Merkelbach promovierte er mit einer Dissertation über die bithynischen kaiserzeitlichen Bronzemünzen aus Nikaia. 1997 wurde er von der philosophischen Fakultät der Universität zu Köln zum Honorarprofessor für Alte Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Numismatik ernannt, 1999 wurde er mit dem Ehrenpreis der Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte ausgezeichnet.

Da er aus seiner universitären Laufbahn keine Einkünfte bezog, war er freischaffend tätig, textete auch Auktionskataloge und Sammlungen verschiedener Auftraggeber. Gern beriet er auch Sammler und andere Münzfreunde. Sein Herz aber schlug für die Wissenschaft, ständig veröffentlichte er in verschiedensten wissenschaftlichen Zeitschriften, Festschriften und anderen Fachpublikationen Aufsätze, die ein immer weiteres Forschungsgebiet umfassten: Zu den kleinasiatischen Münzen der Antike kamen bald byzantinische Siegel, aber auch spätere Medaillen und andere Prägungen aus vielen Gebieten der europäischen und asiatischen Numismatik. Viele seiner publizierten Erkenntnisse wurden weitgehend übernommen, teilweise auch ohne Hinweis auf den Urheber.

Wolfram Weiser war engagierter Uni-Dozent. Er nahm jedes Semester seinen unvergüteten Lehrauftrag gern an und freute sich eigentlich darauf, auch ein hundertstes Lehrsemester zu schaffen, was ihm aber nicht mehr vergönnt war. Zwei Bücher warten noch in seinem Nachlass auf die Herausgabe.

Als begeisterter Familienvater, Gärtner und Chorsänger hatte er auch privat Ausgleich von Forschung und Wissenschaft. Sein tiefgründiger Witz und seine geistreiche Art führten noch in seinen letzten Tagen in der Uniklinik zu der Bemerkung, dass er in seiner Verbundenheit zur Universität zu Köln nur von der philosophischen zur medizinischen Fakultät gewechselt hätte ... DMW

 

 
     

 

Heide Dobberkau (1929-2021)

  Heide Dobberkau (1929-2021)
 
     
  NNB 4/2021  
 

Heide Dobberkau †

Zum Gedenken an die Medailleurin und Bildhauerin Heide Dobberkau (23. Januar 1929 Celle - 5. Februar 2021 Refrath)

Wolfgang Steguweit

Heide Dobberkaus Kunstwerke konnte man im Sommer 2019 zunächst in der Vereinigten VR Bank Kur-und Rheinpfalz in Speyer, danach seit dem 21. November mit einer festlichen Eröffnung im Beisein der Künstlerin zu einer repräsentativen Werkübersicht bewundern, die ihr das Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin zusammen mit einem Katalogbuch widmete. Beglückt und dankbar empfing Heide Dobberkau auf den Tag genau im Jahr darauf ihre skulpturalen Schöpfungen wieder. Eigene Medaillen und Arbeiten befreundeter Künstler und Künstlerinnen hatte sie zuvor noch den Münzkabinetten Berlin und München geschenkt. Ihr Lebens- und Schaffenskreis hatte sich harmonisch gerundet.

Ihren 92. Geburtstag wollten wir noch im Kreise ihrer Freunde mit einem kleinen Frühlingsfest nachfeiern. Nun bleibt die Erinnerung an einen wunderbaren Menschen und ein vollendetes bildnerisches Werk. Es darf künftig nach der Medaillenkunst auch von der Kunstgeschichte „erobert“ werden.

In der Tradition der großartigen Tierbildhauerinnen Rene Sintenis (1888-1965) und Emy Roeder (1890-1971) fand Heide Dobberkau von 1948 bis 1953 bei ihren Bildhauerlehrern Hermann Scheuernstuhl (Hannover) und Edwin Scharf (Hamburg) früh zu einem eigenen, unverwechselbaren Stil. Dabei entwickelte sie sich im Laufe eines langen Künstlerlebens zu einer begnadeten Gestalterin sensibler Medaillen, Reliefs und Kleinskulpturen vornehmlich mit „Tierporträts", ohne ihnen „naturalistisch" zu unterliegen. Hierin liegt die seelenverwandte Meisterschaft zu den skulpturalen Bronzen von ihrer Hand. In einer Art pantheistischen Weltsicht sah sie das Göttliche in der Natur und besonders in den Geschöpfen der Tiere. Sie sagte einmal von ihren Arbeiten, es gäbe „Tiere wie Bronzen und Bronzen wie Tiere“. Pferde, diese Gefährten des Menschen, liebte sie als passionierte Reiterin besonders.

Die Deutsche Gesellschaft für Medaillenkunst ehrte sie im Jahre 2006 mit dem „HildeBroёr-Preis für Medaillenkunst“ für ihr Lebenswerk. Einer für die Medaillengesellschaft 1999 gestalteten Jahresmedaille gab sie den Titel „Verlorene Freiheit“.

 

HD Verlorene Freiheit

 

Es ist eine griechische Ziege mit klagendem Rückblick, die sie auf ihrem Landsitz auf der Peloponnes „porträtiert“ hatte. Dort verbrachte sie seit 1972 die Sommermonate mit ihrem Lebenspartner Werner Niermann (1939-2018), einem namhaften Chirurgen, der ebenfalls als Bildhauer und Medailleur tätig war und ihr bei den vielen seit Mitte der 1960er Jahre gefertigten Eigengüssen als verlässlicher und unerlässlicher Partner und „Mitarbeiter“ zur Seite stand. Olivenbaummedaillen waren sein eigenes Markenzeichen. (Abb. 6) Mehrere davon sind zugleich eine stille Hommage an die verehrte Meisterin und Gemahlin: Von verschiedenen Seiten des Wegs finden die Baumkronen zueinander.


Eine eindrucksvolle Prägemedaille in größerer Auflage gestaltete „HD“ 1986 für die „Food and Agriculture Organization“ (FAO) der Vereinten Nationen unter dem Titel „Development for Peace“ (Abb. 7) Die Sicherung der Ressourcen von Nahrungsmitteln als Lebensgrundlage ist eine Voraussetzung für Frieden, wie es auf der Rückseite zu einem aus gepflügtem Boden sprießenden Baum zu lesen ist und von einer „demonstrierenden“ Schafherde auf Nahrungssuche angemahnt wird.

Als hätte Heide Dobberkau ihr nahendes Ende gespürt, überreichte sie meiner Frau und mir am 21. November 2020 zum Abschied eine unbekannte frühe, um 1960/63 entstandene Reliefskulptur als Kreuzigungsszene, die völlig isoliert im Gesamtwerk steht, aber zeigt, dass Künstler trotz einer formalen, thematischen und weltanschaulichen Ausrichtung immer auch überraschende Einblicke in gestalterisches Vermögen gewähren. (Abb. 8) Diese eindrucksvolle Arbeit des Gekreuzigten mag symbolisch zum jüngeren Medaillenrelief „Gestürztes Pferd" von 1976 stehen. Ungewöhnlich in der ikonografischen Darstellung ist die Alleinstellung von Christus auf der Frontseite des schweren bronzenen „Triumphkreuzes", während die beiden „Schächer" (Dismas und Kosmas) auf die Schmalseiten des Corpus „verbannt" sind. Noch etwas ist gestalterisch ungewöhnlich und offenbar ohne skulpturales Vorbild: HD, wie die Signatur auf der Rückseite die Künstlerin zu erkennen gibt, hat die Körperformen tief, also negativ in die Gipsform modellierend geschnitten und über ein Zwischenpositiv in Bronze gießen lassen. Die Spuren der Formmasse blieben zur optischen Verstärkung der Körperformen bewusst erhalten. Ursprünglich als Auftragswerk für eine Kirche in der Umgebung gedacht, blieb das Kruzifix ein Unikat.

Während unserer letzten Unterhaltung fühlte sie ihr Ableben nahen und bezeichnete den Tod als einen „Schlaf ohne Traum“. Ihr Werk aber lebt nun für sie weiter.

 

 
     

 

Hans-Dieter Dannenberg (1930-2020)

  Hans-Dieter Dannenberg (1930-2020)
 
     
  Personalia NNB 12/2020  
 

Hans-Dieter Dannenberg †

Die Münzen und die Numismatik seien sein Lebenselixier, sonst hätte er nicht so lange gelebt, sagte Hans-Dieter Dannenberg gern. Nun ist er im hohen Alter am 12. Oktober dieses Jahres, zwei Wochen nach seinem 90. Geburtstag, in Potsdam gestorben. Durch seine Forschungen und Publikationen hat er sich um die brandenburgische Mittelalternumismatik verdient gemacht, wofür ihn die Deutsche Numismatische Gesellschaft 2001 mit ihrem Eligiuspreis ehrte. Geboren am 29. September 1930 in Bergwitz (Stadt Kemberg, Lkr. Wittenberg, Sachsen-Anhalt) hat Hans-Dieter Dannenberg erst als Mittvierziger die Münzen und die Numismatik für sich entdeckt, ist dieser späten Leidenschaft dann aber um-so heftiger verfallen. Nach dem Ausscheiden aus einem erfolgreichen Berufsleben als habilitierter Veterinärmediziner und verantwortlich für die veterinärmedizinische Betreuung der Schweinehaltung im Bezirk Potsdam der damaligen DDR, hat er die Numismatik zum Mittelpunkt seiner zweiten Lebenshälfte gemacht. Sehr bald wurde dabei sein Interesse auf die brandenburgischen Mittelaltermünzen und ihre Quellen, die Münzfunde, gelenkt. Den alten und neuen Münzfunden Brandenburgs spürte er mit großer Hingabe nach und gab auf diesem Feld 1987 sein Debüt als numismatischer Schriftsteller (Berliner Numismatische Forschungen 1, 1987, S. 35-40). 1997 legte er sein Buch über die brandenburgischen Denare des 13. und 14. Jahrhunderts vor, dem nur drei Jahre später (2000) sein zweites Buch über die Denare der Nachbarn Brandenburgs folgte.

Mit beiden Büchern trat er in die Fußstapfen des großen Emil Bahrfeldt (18501929), dessen 1889 erschienenes Werk „Das Münzwesen der Mark Brandenburg von den ältesten Zeiten bis zum Anfang der Regierung der Hohenzollern“ bis dahin als die Bibel der brandenburgischen Mittelalternumismatik galt. Hans-Dieter Dannenberg verfolgte gegenüber Bahrfeldt einen konsequenter auf Münzfunde und metrologische Analyse setzenden methodischen Ansatz und legte neue Grundlagen für das Verständnis des mittelalterlichen Münzsystems in der Mark Brandenburg und die Chronologie der Gepräge. Zahlreiche Münzstättenzuweisungen Emil Bahrfeldts wurden durch ihn in das Reich der Fabel verwiesen. Es konnte den empfindlichen Autor in Rage bringen, wenn z. B. in den Auktionskatalogen des Münzhandels trotzdem an den alten Bestimmungen Bahrfeldts festgehalten wurde.

Lange liebäugelte Hans-Dieter Dannenberg damit, seinen Denarbüchern ein Werk über die brandenburgischen Brakteaten an die Seite zu stellen und den Bahrfeldt damit komplett zu überholen. Dazu ist es nicht gekommen. Er musste den Schwierigkeiten der Materie und seinem Alter Tribut zollen und dieses Vorhaben schweren Herzens aufgeben, zumal der Schreiber dieser Zeilen ihn enttäuschte und die angebotene Mitautorschaft nicht annahm. Seine bedeutendste Vorarbeit hierzu ist die Publikation des großen Brakteatenschatzes von Pfaffendorf-Lamitsch (Veröffentlichungen zur brandenburgischen Landesarchäologie 35, 2004, S. 207-268).

Der Schreiber dieser Zeilen war Hans-Dieter Dannenberg über fast vierzig Jahre freundschaftlich verbunden und hat seinen Weg vom anfänglich etwas ziellosen Sammler zum Spezialisten der brandenburgischen Mittelalternumismatik und erfolgreichen numismatischen Schriftsteller begleitet. Das ging nicht ohne gelegentliche Auseinandersetzungen ab, denn in seinem leicht entflammbaren Temperament fasste Hans-Dieter Dannenberg eine andere Position als die seine mitunter als persönlichen Angriff auf. Man verzieh ihm die gelegentlichen Überreaktionen deshalb gerne, weil er ein von Münzen und Numismatik Begeisterter war und auch anderen diese Begeisterung und das Wissen um die Bedeutung der Münzen als Quelle historischer Forschung vermitteln wollte. Mehr als ein halbes Jahrhundert, seit 1973, war Hans-Dieter Dannenberg als aktives Mitglied und im Vorstand der Potsdamer Münzfreunde tätig (bis 1990 Fachgruppe Numismatik Potsdam im Kulturbund der DDR). Dreißig Jahre gehörte er der Numismatischen Gesellschaft zu Berlin an, die ihn 2015 zu ihrem Ehrenmitglied ernannte, und 1985 war er unter den Gründern des Numismatischen Arbeitskreises Brandenburg! Preußen, in dessen Vorstand er seither ununterbrochen mitarbeitete. Er hat zahlreiche Aufsätze publiziert und Vorträge gehalten, bei denen er mit seiner lebendigen Art und volltönenden Stimme sein Publikum zu packen wusste. Seinen Freunden und allen, die ihn als Redner oder im persönlichen Gespräch erlebten, wird er in lebendiger Erinnerung bleiben. Mögen ihm für die Mittelalternumismatik Brandenburgs ebenso begeisterte Nachfolger erwachsen.

Bernd Kluge

Die Bücher von Hans-Dieter Dannenberg:

Schwein haben. Historisches und Histörchen vom Schwein. Jena 1990.

Die brandenburgischen Denare des 13. und 14. Jahrhunderts. Typenkatalog, Prägezeiten, Historische Zusammenhänge. Berlin 1997.

Die Denare der Nachbarn Brandenburgs: Anhalt, Sachsen-Wittenberg mit Brehna, Magdeburg. Typenkatalog, Prägezeiten, Historische Zusammenhänge. Berlin 2000

 
     

 

Karlheinz Keller (1940-2020)

  Karlheinz Keller (1940-2020)
 
     
  Personalia NNB 3/2021  
 
  • Dr. Karlheinz Keller †

Am 7. September 2020 verstarb Dr. Karlheinz Keller, den alle, die ihm nahestanden, Charly nennen durften. Geboren am 23.10.1940 in Köln, hätte er im Oktober 2020 im Kreise seiner Familie den 80. Geburtstag gefeiert und nur einen Tag später die Hauptversammlung der Rheinischen Münzfreunde geleitet.

Charly wurde als „Kriegskind« geboren und musste nach Informationen der Familie Keller mit seiner Mutter nach Ibbenbüren evakuiert werden, während sein Vater in Russland war. 1945 eröffnete der Vater eine Foto-Drogerie in Eschweiler. Als 15-Jähriger stöberte er gerne im Speicher des großväterlichen Hauses und entdeckte dabei eine Dose mit Münzen, die ihn sicherlich bewegten, dem Hobby des Münzensammelns im späteren Jahren intensiver nachzugehen. Zunächst stand der Schulabschluss mit Abitur 1959 in Eschweiler im Mittelpunkt seines Lebens und danach folgte bis 1969 das Studium der Chemie an der TH Aachen. Er lernte seine Frau Michelle kennen, beide heirateten 1965, und ihre beiden Kinder wurden 1969 und 1971 geboren. Nach dem Studium zog die Familie nach Leverkusen. Charly erhielt eine Anstellung als Chemiker beim Leverkusener Fotokonzern Agfa-Gevaert, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000 tätig war.

Nach dem Studium, der Familiengründung und einer sicheren Anstellung kam bestimmt die Erinnerung an die in der Jugend auf dem Speicher gefundene Dose mit Münzen wieder auf. Er trat um 1970 in den örtlichen Münzverein Leverkusen ein und spezialisierte sich auf die Themen Frankreich mit seinen Kolonien sowie Europa unter Napoleon. Besonderes Interesse hatte die Französische Revolution in der Zeit von Napoleon bei ihm geweckt. Zu diesem Themenbereich hielt er im Laufe der Jahre zahlreiche numismatische Vorträge und publizierte etliche Artikel. Da die Leverkusener Münzfreunde bei den Rheinischen Münzfreunden und auch in der Deutschen Numismatischen Gesellschaft Mitglied waren, hatte er gute Gelegenheit, seine Kenntnisse auf Münzsammlertreffen mit Gleichgesinnten zu vertiefen. Unter dem Vorsitzenden Dr. Kindervater wählten die Leverkusener Münzfreunde Charly zum stellvertretenden Vorsitzenden. Wie in älteren Protokollen der RMF nachzulesen ist, beabsichtigte Dr. Kindervater 1989/1990 aus Altersgründen den Vorsitz an Charly abzugeben. Er nahm ihn mit zu der jährlichen Hauptversammlung der RMF und führte ihn dort als zukünftigen Vorsitzenden der Leverkusener Münzfreunde ein. Zu dieser Zeit leitete Walter Trapp von den Düsseldorfer Münzfreunden die RMF (1973-2002). Auf der Hauptversammlung am 13.6.1992 schlug Walter Trapp Charly zum stellvertretenden Vorsitzenden vor. Das Amt übernahm er kommissarisch, auf der Hauptversammlung am 12.6.1993 wurde er dann offiziell zum stellvertretenden Vorsitzenden der RMF gewählt. In den Folgejahren waren vom Vorstand zahlreiche Vorgänge der Ortsvereine, aber auch von außen herangetragene Fragestellungen zu bearbeiten. Der nächste Generationswechsel stand im Jahr 2002 an. Walter Trapp, der zudem 1995-1998 das Amt des Präsidenten der Deutschen Numismatischen Gesellschaft inne hatte, gab den Vorsitz der RMF an Charly ab. Der neue Vorstand kümmerte sich um eine Vielzahl von sicherlich nicht spektakulären, aber vereinsfördernden Maßnahmen wie z. B. die Registrierung zum e.V., Ehrungen für verdiente Mitglieder der Ortsvereine, die Aufnahme des Geldgeschichtlichen Vereins Niederrhein und die Datenschutzgrundverordnung bei den Ortsvereinen.

Charly Keller war ein hilfsbereiter und beliebter Vorsitzender des Regionalverbandes der RMF, der mit seiner Persönlichkeit, seinen Beiträgen und Anregungen wesentlich zur Entwicklung des Vereinslebens beigetragen hatte. Seinen Freunden und allen, die ihn als Redner oder im persönlichen Gespräch erlebten, wird er in lebendiger Erinnerung bleiben. Mit großem Respekt und in tiefer Dankbarkeit nehmen die Rheinischen Münzfreunde Abschied von ihm.

Christian Koch

 

 
     

 

Michael Matzke (1966-2020)

  Michael Matzke (1966-2020)
 
     
  Personalia NNB 9/2020  
 

Michael Matzke studierte von 1987 bis 1995 in Tübingen und Pisa mittelalterliche Geschichte, Kunstgeschichte, Kulturwissenschaften und Historische Hilfswissenschaften. Wichtig für seinen Werdegang wurde ein Aufenthalt an der Universität Pisa 1989/90, der die zeitlebens enge Verbindung mit Italien begründete. Seine 1998 veröffentlichte Dissertation beschäftigte sich mit Daibert von Pisa (t 1107), Erzbischof von Pisa und Patriarch des Königreichs Jerusalem.

Schon während des Studiums tauchte er tief in die Numismatik und Landesgeschichte ein; in Tübingen arbeitete er bei Lutz Ilisch in der islamischen Münzsammlung, bei Dietrich Mannsperger am Katalog der Sylloge Nummorum Graecorum und bei Sönke Lorenz erlernte er das landesgeschichtliche Handwerk. 1996-1998 arbeitete er an einem interdisziplinären Forschungsprojekt mit, das mit Metallanalysen Bergbauprägungen zwischen Südwestdeutschland und Zentralasien erforschte; er steuerte eine numismatisch-historische Neubewertung der Prägungen im deutschen Südwesten bei. In dieser Zeit lernte ich ihn persönlich kennen.

Bereits da zeigte sich, wie Michael Matzke seine Themen anging. Mit einer, wie es Marc Fehlmann, der Direktor des Historischen Museums Basel, in einem sensiblen Nachruf ausdrückte, „fast unerbittlichen Logik“ stellte er bisherige Forschungsmeinungen, oft grundsätzlich, in Frage. Seine Erkenntnisse entwickelte er in einem reflektierten, bedächtigen Prozess und immer aus dem Blickwinkel historischer Kontexte; hier war er ganz Historiker.

Die Beschäftigung mit Italien, die sich unter anderem in einem wegweisenden Aufsatz über den Beginn der Grossoprägung manifestierte, weitete seinen numismatischen Horizont auch auf andere Weise: Von 1999 bis 2001 arbeitete er am Fitzwilliam Museum in Cambridge zusammen mit Wihiam R. Day Jr. und Andrea Saccocci am Band 12 des von Philip Grierson (1910-2006) begründeten Handbuchs «Medieval European Coinage» über Norditalien (es erschien 2016) und war anschließend Kurator für antike und mittelalterliche europäische Münzen.

Die Zeit in England war, wie jene in Pisa zuvor, wissenschaftlich prägend, aber er tönte einmal an, zu weit von seiner Familie in Deutschland und vom italienischen Lebensgefühl entfernt gewesen zu sein. 2001 trat er eine Assistenzstelle an der Universität Marburg bei Andreas Meyer an, der mir gegenüber von ihm als einem „Historiker, der auf interessante Weise Münzgeschichte macht' sprach. Wie schon in Tübingen und Cambridge lehrte er auch in Marburg mittelalterliche Geschichte.

2006 wurde Michael Matzke Konservator des Münzkabinetts am Historischen Museum Basel, mit ihren Anfängen im 16. Jahrhundert die älteste Münzsammlung der Schweiz. Bald war er mit der Erarbeitung einer neuen numismatischen Dauerausstellung befasst, die 2011 eröffnet wurde. Hier konnte er die ganze Breite seines numismatischen Wissens zur Geltung bringen. Die Basler Präsentation ist mustergültig in ihrer Didaktik, Breite und Vielfalt und eine der interessantesten numismatischen Ausstellungen, die ich kenne.

Von Freiburg i.Br. pendelte er nach Basel, hielt aber Verbindung zur deutschen Numismatik. So war er 2007-2008 Chefredakteur der „Geldgeschichtlichen Nachrichten“, publizierte über südwestdeutsche Münzgeschichte des Mittelalters und unterrichtete an der Universität Freiburg i.Br.

2015 erweiterte er sein numisntisches Portefeuille. Zum Teilzeit-Pensum am Museum gesellte sich ein weiteres beim Inventar der Fundmünzen der Schweiz (IFS) in Bern, der schweizerischen Dokumentations- und Koordinationsstelle für Münzfunde. Hier übernahm er das Dossier eines IFS-Bandes über die Münzfunde der Zentralschweiz und veröffentlichte Siedilungs- und Schatzfunde. Michael Matzkes wissenschaftliches Spektrum ist ungewöhnlich breit, aber folgerichtig für einen kulturgeschichtlich orientierten Historiker. Seine Publikationen erstrecken sich von den Anfängen der Münzprägung in Teos über Wormser Pfennige bis zu Prospektionsfunden aus Mallorca, von der Münzgeschichte des mittelalterlichen Mailand und der Zähringer bis zu Giovanni Cavino (1500-1570) und den „Paduanern", einer eindrücklichen Monographie, die er 2018 vorlegte.

Als Person war Michael Matzke nicht leicht zu fassen; eine bisweilen spröde, etwas umständliche Art, die bis in Publikationen hinein zu spüren ist, überdeckte seine stupende Fähigkeit, Kontakte und Freundschaften zu pflegen; so unterhielt er in der von Fraktionen geprägten numismatischen Landschaft Italiens ein breites Netzwerk. Wenn er im Gespräch schweigend den Mund auf eine bestimmte Weise verzog, wusste man, dass ein Punkt getroffen war, mit dem er nicht einverstanden war. Seine Antwort erfolgte stets nach einer Pause, durchdacht und dezidiert - und führte die Diskussion weiter. Diese intellektuelle Wachheit und seine lakonische Gelassenheit bis zuletzt vermissen seine Kolleginnen und Kollegen in der Numismatik sehr.

Der Verlust dieses herausragenden Wissenschaftlers ist für all jene schmerzlich, die mit ihm zu tun hatten; unermesslich ist er aber für seine Familie, die ihm überaus wichtig war. In ihrem Kreis ist er nach langer, schwerer Krankheit am 20. Mai 2020 in Freiburg verstorben.


Benedikt Zäch

 
     

 

Arnold Schwede (1937-2020)

  Arnold Schwede (1937-2020)  
     
  Personalia NNB 3/2020  
 

 

ZUM TODE VON Arnold Schwede

„In der Ruhe liegt die Kraft!“ Dieser Sportlerweisheit hat auch Arnold Schwede nachgelebt, Ehrenmitglied des Vereins der Münzfreunde für Westfalen und Nachbargebiete e.V. Geboren am 31. Juli 1937 in Königsberg und aufgewachsen in Münster, wurde er Vermessungsingenieur am Straßenbauamt des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in Detmold und siedelte sich mit seiner Familie in Paderborn an. Sein Interesse an Münzen konzentrierte sich schließlich auf die seiner neuen Heimatstadt. 1978 trat er dem Verein der westfälischen Münzfreunde bei.

Seine eigene Sammlung verkaufte er dem Diözesanmuseum Paderborn und übernahm das Amt eines Münzwartes des Altertumsvereins (Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens Abt. Paderborn), dessen Sammlung er 2000 in der Festschrift des Vereins publizierte. Als anerkannter Spezialist fungierte er auch als Berater der Paderborner Volksbank, für die er den Markt beobachtete und bei Ankäufen beriet. Diese inzwischen wohl beste Paderborn-Sammlung ist mittlerweile ein in die Denkmalschutzliste eingetragenes Kulturgut und damit im Rang einer öffentlichen Sammlung.

Nach seiner Pensionierung widmete er sich intensiv der Erforschung der Paderborner Münzgeschichte. Bedächtiges, gründliches und umsichtiges Planen war sein Metier gewesen; so betrieb er nun die numismatische Wissenschaft. Unterstützt von der Volksbank und begleitet von dem westfälischen Landesnumismatiker Peter Ilisch, wertete er die archivische Überlieferung aus und erstellte mit Besuchen der wichtigen Sammlungen ein Korpuswerk der Paderborner Münzen der Neuzeit, das 2004 in der Schriftenreihe des Altertumsvereins und zugleich der Historischen Kommission für Westfalen erschien. Für dieses Meisterwerk wurde ihm 2007 der Eligiuspreis der Deutschen Numismatischen Gesellschaft verliehen. Es folgten weitere teils dickleibige Bände zu den frühneuzeitlichen Prägungen ostwestfälischer Münzstände, der Reichsabtei Corvey (erarbeitet mit Peter Ilisch) 2007, die Münzgeschichte von Lippe (der Katalogteil von Heinrich Ihl) 2016 sowie von Rietberg (2012) und Marsberg (2015). In der Schriftenreihe der Paderborner Volksbank erschienen Kataloge der Paderborner und Corveyer Medaillen bis 1945 (2005) sowie von 1946 bis 2010 (2013), zu den Liborius-Münzen und -Medaillen (1999) und zur Münzsammlung der inzwischen fusionierten Volksbank Paderborn-Höxter-Detmold (2010). Hinzu kommen eine Reihe fundierter Aufsätze in landesgeschichtlichen Zeitschriften und in Festschriften.

Arnold Schwede war einer der Sammler, die auf hohem wissenschaftlichem Niveau unser Fach durch wichtige Nachschlagewerke bereichert haben. Und er war ein verlässlicher Freund, ein treuer „Münzbold“ oft Gast und wiederholt Referent bei den Vereinstagungen. Drei Jahre lang stellvertretender Vorsitzender, wurde er dann zum Ehrenmitglied gewählt. Dass er auch musikalisch war und es verstand, auf dem Schifferklavier Zuhörer zu begeistern, auch in Altenheimen und Krankenhäusern, rundet das Bild. Schwer traf ihn der Tod seines Sohnes vor vier Jahren. Im Herbst nahm er noch am Norddeutschen Sammlertreffen teil, am 2. Januar hat er in der Volksbank noch die neue Sammlungskuratorin beraten. Am 9. Januar verstarb er im Kreis der Familie. „Grüß' sie alle" waren seine letzten Worte. Alle, die ihn kannten, werden sich getroffen fühlen, ihn gern erinnern, und alle Leser und Benutzer seiner Werke sein Andenken in Ehren halten.

Gerd Dethlefs

 
     

 

Bernhard Overbeck (1942-2018)

  Bernhard Overbeck (1942-2018)  
     
  Personalia NNB 12/2018  
 

 

ZUM TODE VON BERNHARD OVERBECK

Nach langer Krankheit ist Bernhard Overbeck, der ehemalige Direktor der Staatlichen Münzsammlung München, am 8. Juli 2018 im Alter von 76 Jahren verstorben.

In Berlin am 1. April 1942 geboren, studierte Overbeck ab dem Wintersemester 1960/61 Ur- und Frühgeschichte, Alte Geschichte und Provinzialrömische Archäologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ging im Winter 1963/64 für zwei Semester zum Studium bei Konrad Kraft nach Frankfurt am Main. Im Winter 1964/65 war er wieder in München und wurde im Sommersemester 1969 bei Joachim Werner promoviert. Die Arbeit erschien 1973 bzw. 1982 als Band 20 und 21 in der Reihe Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte unter dem Titel Geschichte des Alpenrheintals in römischer Zeit auf Grund der archäologischen Zeugnisse.

Teil 1: Topographie, Fundvorlage und historische Auswertung; Teil II: Die Fundmünzen der römischen Zeit im Alpenrheintal und Umgebung.

Genau dieser Schnittstelle zwischen provinzialrömischer Archäologie und Numismatik galt zeit seines Lebens sein besonderes wissenschaftliches Interesse. Eine Fülle von einzelnen kleineren und größeren Beiträgen Overbecks widmet sich der Veröffentlichung und historischen Einordnung von keltischen und römischen Münzschätzen und Münzfundkomplexen ganz überwiegend aus dem bayerischen Raum. Zusammen mit seiner Frau Mechtild Overbeck und H.- J. Kellner bearbeitete er den Band Unterfranken für Die Fundmünzen der Römischen Zeit in Deutschland, 1975. Und zuletzt publizierte Overbeck noch in mustergültiger Weise den bei den Grabungen im Kastell Vemania bei Isny gefundenen Schatzfund III, der hauptsächlich aus Antoninianen des Probus der Zeit zwischen 277 und 279 aus der Münzstätte Ticinum besteht (Das spätrömische Kastell Vemania bei Isny II. Ein Schatzfund von Münzen aus der Zeit des Probus [Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 61], München 2009).

Am 1. September 1969 begann Bernhard Overbeck bei der Staatlichen Münzsammlung München, der er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2006 treu bleiben sollte. Als Konservator für römische und keltische Münzen arbeitete er an verschiedenen Ausstellungsprojekten mit, als erstes bei Bauten Roms auf Münzen und Medaillen, 1973 (zusammen mit D. Steinhilber und I. Weber). Für die breite Öffentlichkeit sehr erfolgreich war Overbecks Ausstellung Die Welt der Kelten im Spiegel der Münzen, die zugehörige Ausstellungsbroschüre wurde zwischen 1979 und 1984 an sechs Ausstellungsorten in unterschiedlichem Umfang neu herausgegeben (Bregenz, Ellwangen, Oldenburg, Münster, Würzburg, Kempten). Es folgten Overbecks Beteiligung an Ausstellung und Katalog zur Geschichte der Staatlichen Münzsammlung, Vom Königlichen Kabinett zur Staatssammlung 1807-1982, 1982 (zusammen mit W Heß, H. Küthmann und I. Szeiklies-Weber) und Antike im Münzbild, 1986 (zusammen mit D. 0. A. Klose). Der Katalog zu Overbecks Ausstellung Rom und die Germanen von 1986 erschien im folgenden Jahr auch auf Englisch. Diese Ausstellung war als Wanderausstellung außerordentlich erfolgreich; sie wurde an fast 30 Orten vor allem in den USA gezeigt, außerdem auch in Kanada, Australien, Neuseeland, Ungarn und Rumänien. 1989 folgten Spätantike zwischen Heidentum und Christentum, 1989 (zusammen mit J. Garbsch) und Ägypten zur Römerzeit, 1989 (zusammen mit D. 0. A. Klose und S. Schoske).

Seine wohl wichtigste Ausstellung, die bereits unter Overbecks Direktorat in der Staatlichen Münzsammlung präsentiert wurde, galt den Münzen und Siegeln des Heiligen Landes. Diese entstand in Zusammenarbeit mit dem Granden der jüdischen Numismatik, Yaakov Meshorer. Zur Ausstellung, die am 29. November 1993 durch Staatsminister Hans Zehetmair eröffnet wurde, kam auch der israelische Botschafter Avi Primor, der ein Grußwort sprach. Die letzte von Overbeck durchgeführte Ausstellung war im Jahr 2005 der Darstellung des Weingottes Dionysos auf geschnittenen Steinen gewidmet. Auch bei diesem Projekt stand ihm, wie so oft, seine Frau Mechtild als kenntnisreiche Mitarbeiterin zur Seite. Der Katalog (Bacchus und seine Welt auf antiken Gemmen, 2005) erschien auch in einer englischen und in einer griechischen Version (beide ebenfalls 2005).

Am 14. Januar 1981 erfolgte die Habilitation an der Universität Augsburg mit der Arbeit Untersuchungen zu den keltischen Münzen des Büscheltyps. Ein Beitrag zur Geldgeschichte der Spätlatènezeit in Bayern. Overbecks Venia Legendi umfasste Alte Geschichte und Historische Hilfswissenschaften.

Bernhard Overbeck war seit Sommersemester 1981 zunächst als Privatdozent, dann als außerplanmäßiger Professor am Augsburger Lehrstuhl für Alte Geschichte bei Gunther Gottlieb tätig. Seine letzte im Wintersemester 2005/6 angekündigte Lehrveranstaltung galt der Rezeptionsgeschichte der antiken Numismatik in der Literatur des 16. bis 19. Jahrhunderts.

Die guten Beziehungen zwischen dem Augsburger Lehrstuhl für Alte Geschichte und der Staatlichen Münzsammlung München, deren Grundlagen in diesen Jahren von Gunther Gottlieb und Bernhard Overbeck gelegt wurden, sind in der jüngeren Vergangenheit am Lehrstuhl von Gregor Weber weiter ausgebaut und gepflegt worden. Dieses Erbe gilt es auch in Zukunft zu bewahren. 1991 wurde Bernhard Overbeck als Nachfolger von Wolfgang Heß zum Direktor der Staatlichen Münzsammlung bestellt. Dieses Amt bekleidete er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2006. Aufgrund von Overbecks Initiativen und der von ihm erreichten Finanzierungen konnten eine ganze Reihe von bedeutenden Stücken für die Sammlung neu erworben werden, etwa ein Antoninian des römischen Usurpators Proculus von 280/281 n. Chr. (erworben 1991), eine bedeutende Privatsammlung antiker Gemmen (erworben 1992), eine Goldmünze des Königs Mahadis von Aksum, nach 420 n. Chr. (erworben 1995); ein Gnadenpfennig des bayerischen Kurfürsten Maximilian I. von 1623 (erworben 2003), und ein goldener Quaternio des Kaisers Gallienus von 262 n. Chr. (endgültig erworben 2007). Als Direktor war Overbeck von 1991 bis 2006 einer der beiden Vertreter für Bayern in der Numismatischen Kommission der Länder. Auf Overbecks Initiative und dank seines Einsatzes konnte 1995 der Freundeskreis der Staatlichen Münzsammlung gegründet werden, der bis heute das Haus bereits bei einer ganzen Reihe von Neuerwerbungen und Projekten unterstützt hat. Es gelang Overbeck, für den Vorsitz des Freundeskreises namhafte Persönlichkeiten aus der Wirtschaft und für den Ehrenvorsitz S. K. H. Herzog Franz von Bayern zu gewinnen.

Wichtig war ihm auch die Verbindung zum künstlerischen Schaffen der Gegenwart. Er förderte die enge Verbindung des „Kreises der Münchner Medailleure“ mit der Staatlichen Münzsammlung, eine besondere Freude waren ihm die Treffen dieses Kreises in den Räumen der Münzsammlung.

Im Bereich der keltischen Numismatik hat Overbeck Wegweisendes geleistet. Noch seine letzte Publikation galt diesem Gegenstand: Dem Fund von Neuses, dem ersten Mischfund keltischer Gold- und Silbermünzen in Bayern (Neuses a. d. Regnitz. Ein spätkeltischer Münzschatz aus Oberfranken [Abhandlungen und Bestandskataloge der Archäologischen Staatssammlung München 2], München 2016).

Ein weiterer Schwerpunkt von Overbecks Interessen war die Numismatik der römischen Kaiserzeit und da insbesondere der Spätantike. Hier seien zusätzlich zu den weiter oben genannten Arbeiten einschließlich der vielen Fundpublikationen nur der Aufsatz Alemanneneinfälle in Raetien 270 und 288 n. Chr., 1970, Overbecks Beteiligung an der Publikation Der römische Schatz von Regensburg-Kumpfmühl, 2000 (mit A. Boos und L.-M. Dallmeier) und seine Einzelschrift Das Silbermedaillon aus der Münzstätte Ticinum. Ein erstes numismatisches Zeugnis zum Christentum Constantins I., 2000, hervorgehoben.

Ein auch die kleineren Publikationen umfassendes Schriftenverzeichnis hat Matthias Barth erstellt (Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte 57, 2007, S. 1-40). Ein Nachtrag für die Jahre ab 2006, in Verbindung mit einer Übersicht über Overbecks im Rahmen der Bayerischen Numismatischen Gesellschaft und des Freundeskreises der Münzsammlung gehaltenen Vorträge, erstellt ebenfalls von Matthias Barth, folgt.

Gerne erzählte Overbeck von seiner Lehrtätigkeit in den USA. 1980 holte ihn die American Numismatic Society als Gastdozenten nach New York. Er war Gastprofessor an der Emory University in Atlanta (Georgia) und an der University of Texas in Austin. Aus diesen Tagen lieb ihm die Verbundenheit und Liebe zu den USA. Das äußerte sich auch in seinem Habitus: Bis zum letzten Tag seiner aktiven Dienstzeit pflegte er einen Ledergürtel mit prächtiger texanischer Schnalle zu tragen. Overbeck war alles andere als ein langweiliger Wissenschaftler. Immer kritisch und immer humorvoll konnte er mit seinen unkonventionellen Meinungsäußerungen manchmal provozierend wirken. Er verfügte über ein hohes Maß an Menschenkenntnis. Wen Overbeck schätzte, für den setzte er sich ein. Was Museumspolitik anbelangt, so konnte man bei ihm strategisch denken lernen. Er scheute, wichtig für einen Museumsmann, nie die Nähe zum Publikum und auch nicht zu den ‚einfachen‘ Sammlern. Seine menschliche Art und sein guter Rat bei schwierigen Entscheidungen werden uns fehlen.

Kay Ehling, Dietrich 0. A. Klose

 

 
     

 

Karl-Josef Gilles (1950-2018)

  Karl-Josef Gilles (1950-2018)  
     
  Personalia NNB 8/2018  
 

 

Nur kurz nach der Vollendung seines 68. Lebensjahres verstarb Karl-Josef Gilles am 12. Mai 2018. Der langjährige Leiter des Trierer Münzkabinettes und Bearbeiter des Trierer Goldschatzes mag vielen von uns vornehmlich als Numismatiker in Erinnerung bleiben. Damit wäre sein umfassenderes Wirken aber allzu kurzsichtig beschrieben. Wer einen Schritt zurücktritt, erkennt in ihm auch den Archäologen, Historiker und Lokalpolitiker, der insbesondere im Trierer Land, aber auch weit darüber hinaus nicht zuletzt mit fast 400 Publikationen derart tiefe Spuren hinterlassen hat, dass sie ihn weit überdauern werden.

Karl-Josef Gilles kam am 1. Mai 1950 als zweiter Sohn des Justizbeamten Josef Gilles und seiner Ehefrau Margaretha (geb. Bohn) in Zell zur Welt. Dass sein Geburtsort nicht nur beanspruchen darf, als eine der größten Weinbaugemeinden der Mosel zu gelten, sondern zudem noch eine römische Gründung ist, mag man als doppeltes Omen für seine künftigen Forschungsschwerpunkte deuten dürfen. Nach dem Abitur am Cochemer Gymnasium (1970) leistete er seinen Wehrdienst bei der Fernmeldetruppe in Kastellaun ab.

Sein Studium der Vor- und Frühgeschichte, Alten Geschichte und Klassischen Archäologie begann er 1971 in Mainz und setzte es ab 1972 in Frankfurt/Main fort. Ein DAAD-Kurzstipendium erlaubte ihm einen Studienaufenthalt an der Universität in Tel Aviv und archäologische Forschungen mit der Arabah-Expedition im Sinai. 1978 promovierte er zum Dr. phil. mit einer Dissertation zu den spätrömischen Höhensiedlungen in Eifel und Hunsrück, die sich später auch unter Sondengängern einer Beliebtheit erfreuen sollte, auf die er allzu gerne verzichtet hätte.

Karl-Josef Gilles begann seine berufliche Laufbahn im August 1978 beim Rheinischen Landesmuseum Trier, dem er Zeit seines Berufslebens und auch als Mitglied sowie Schatzmeister des Förderkreises treu blieb. Er war dort zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter, ab 1986 als Kustos und seit 1989 als Oberkustos für die Archäologie der Römerzeit und des Frühmittelalters im Bezirk Trier zuständig. Er leitete dabei zahlreiche archäologische Grabungen in der Region, darunter in Mehring, Longuich und Kenn, bei denen u.a. diverse Heiligtümer, Höhenbefestigungen und Villen zutage traten.

Die Entdeckung von zwölf antiken Kelteranlagen an der Mosel und damit der Nachweis, dass die Römer dort in großem Umfang Weiß- und Rotwein anbauten, zählen zu seinen Verdiensten. Dadurch verhalf er auch Moselorten wie Piesport, Erden oder Graach zu größerer Bekanntheit. Überhaupt war der Weinbau ein Schwerpunkt seiner Forschungen, die nicht ohne entsprechende Würdigung blieben.

Auch seine Gesamtleistungen auf dem Gebiet der Archäologie fanden die angemessene Anerkennung. 1987 wurde er zunächst korrespondierendes Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts. Von 1990 bis 1999 nahm er einen Lehrauftrag an der Universität Trier im Fach Alte Geschichte an, den er wegen seiner kommunalpolitischen Verpflichtungen ruhen lassen musste. 1993-1997 war er Sprecher der Arbeitsgemeinschaft „Römische Archäologie“ der deutschen Altertumsverbände.

Für uns steht naturgemäß das Wirken auf dem Gebiet der Numismatik im Zentrum des Interesses und der Erinnerung. Karl-Josef Gilles wurde 1992 Leiter des Trierer Münzkabinetts und vertrat von da an auch das Land Rheinland-Pfalz als Deputierter in der Numismatischen Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland. Nach den Amtszeiten von Wolfgang Binsfeld (1973-1992), Erich Gose (1961-1971) sowie Wilhelm Diepenbach (1950-1961) konnte er nach 1964 und 1979 die Kommission 2004 zum dritten Mal zu einer Jahreshauptversammlung nach Rheinland-Pfalz einladen.

Von 1998 bis 2010 war er auch stellvertretender Vorsitzender der Trierer Münzfreunde e.V. und dort maßgeblich daran beteiligt, dass der Verein nach dem plötzlichen Tod des damaligen Vorsitzenden bestehen blieb und sich konsolidieren konnte. Zu den Höhepunkten seiner Tätigkeit zählte neben der inhaltlichen Arbeit die Organisation des Rheinischen Münztages und des 40-jährigen Vereinsjubiläums 2004.

Karl-Josef Gilles hat die numismatische Literatur u.a. um wesentliche Beiträge zum Münzwesen der Treverer, der früh-und hochmittelalterlichen Münzprägung in Trier und auch detaillierten Fundregesten bereichert. Vor allem aber wird sein Name stets untrennbar mit dem 1993 entdeckten Trierer Goldmünzenschatz verbunden bleiben, der mit 2650 Aurei und einem Gesamtgewicht von rund 18,5 Kilogramm Gold der größte Hortfund von Goldprägungen der römischen Kaiserzeit bleibt. Es ist vor allem sein Verdienst, dass der unter abenteuerlichen Umständen entdeckte und in alle Winde verstreute Schatz zum großen Teil wieder vereint werden konnte. Er bleibt bis heute die herausragende Attraktion und Publikumsmagnet des Trierer Landesmuseums. Seine in langen Jahren akribisch erarbeitete Fundpublikation zählt zu den Standardwerken des Fachs.

Mit großer Leidenschaft setzte Karl-Josef Gilles sich auch für seinen Stadtteil Filsch ein. Bei seiner Wahl zum Ortsvorsteher (1999) war er mit 49 Jahren der jüngste der 19 Amtskollegen und der einzige der FDP.

Von 2004 bis 2014 bekleidete er das Mandat eines Trierer Stadtrates, von 2010 bis 2014 als Fraktionsvorsitzender und zeitweilig stellvertretender Kreisvorsitzender seiner Partei.

Auch nachdem er 2015 in den Ruhestand getreten war und die ihm gewidmete 470 Seiten starke Festschrift des Landesmuseums in Händen halten konnte, dachte er nicht ans Aufhören. Er plante diverse ergänzte Neuauflagen seiner Werke, die Bearbeitung antiker Fundmünzen für die Liebenstein-Gesellschaft und schloss auch nicht aus, bei der Wahl 2019 erneut seinen Hut in den Ring zu werfen. Ein ungerechtes Schicksal hat ihm dies verwehrt.

Die Beisetzung fand am 22. Mai 2018 auf jenem Friedhof in Filsch statt, für dessen Erhalt er sich intensiv eingesetzt hatte. Gilles hinterlässt seine Frau Veronika und die beiden Kinder Joachim und Constanze, die in ihrem „Kajo“ stets Liebe, Stärke und Zuversicht fanden.

Ralf Fischer zu Cramburg

 

 
     

 

Gert Hatz (1928-2017)

  Gert Hatz (1928-2017)
 
     
  NNB 11/2017  
 

Gert Hatz wurde am 4. Januar 1928 in Hamburg geboren. Nach dem Schulabschluss 1946 begann er 1947 sein Studium der Geschichte, Germanistik, Historische Hilfswissenschaften und Volkskunde in Hamburg. Für seinen weiteren Lebensweg sollte entscheidend die Begegnung mit Walter Hävernick sein, der 1945 aus Gotha nach Hamburg kam und seit 1947 zum Direktor des Museum für Hamburgische Geschichte berufen worden war. Hävernick, seit 1947 ebenfalls Ordinarius für Deutsche Altertums- und Volkskunde samt Numismatik, muss schnell auf den aufstrebenden Jungen Wissenschaftler aufmerksam geworden sein und versorgte ihn mit einem Dissertationsthema, das bislang ein Desiderat in der Erforschung der mittelalterlichen Stadt Hamburg und darüber hinaus darstellte: „Die Anfänge des Münzwesens in Holstein (Die Prägungen der Grafen von Schauenburg bis 1325)“. Hamburg war in diesen Jahren von einer ungeheuren Betriebsamkeit erfüllt. Es herrschte eine dynamische Aufbruchsstimmung, denn es galt, die durch den Krieg abgerissenen Kontakte wieder herzustellen sowie einen Überblick über den Bestand und die Verluste an numismatischen Sammlungen und Bibliotheken in (West-)Deutschland zu gewinnen. Diesem Ziel dienten drei numismatische Arbeitstagungen, die in den Jahren 1947 bis 1949 im Museum für Hamburgische Geschichte ausgerichtet wurden. Wichtige Numismatiker des In-und Auslandes reisten hierher, um an den Tagungen und Diskussionen teilzunehmen.

In dieser zwar immer noch schwierigen, aber auch anregenden und stimulierenden Nachkriegszeit machte sich der junge Gert Hatz mit Feuereifer an sein Studium. Bereits ab dem 1. Juli 1950 arbeitete er gelegentlich als studentischer „Museumshelfer“ am Münzkabinett. In Rekordzeit von acht Semestern bewältigte Gert Hatz nicht nur seine Studienzeit, sondern auch das anspruchsvolle Thema seiner Abschlussarbeit. Die Promotion erfolgte am 12. Januar 1952. Er reihte sich damit in eine Folge von weiteren Arbeiten ein, so Vera Jammer mit ihrer Arbeit „Die Anfänge der Münzprägung im Herzogtum Sachsen (10. und 11. Jahrhundert)“ im Jahr 1951 oder auch Peter Berghaus mit seiner Studie „Währungsgrenzen des westfälischen Oberwesergebietes im Spätmittelalter“ aus demselben Jahr. Walter Hävernick etablierte damit in den Nachkriegsjahren an der Universität Hamburg die später so benannte „Hamburger Schule“, die eine neue Richtung der mittelalterlichen Numismatik in Deutschland einschlug. Diese beruhte insbesondere auf der theoretischen Ausdeutung und praktischen Auswertung der Münzfunde als Geschichtsquelle mit einem ausgeprägten interdisziplinären Ansatz, der numismatische, prähistorische und wirtschaftsgeschichtliche Forschung vereinte. Schon Ahasver von Brandt führte in seinem „Werkzeug des Historikers“, das auch heute noch als maßgebliche Einführung in die historischen Hilfswissenschaften zählt, in diesem Zusammenhang verschiedene Arbeiten der Mitglieder der Hamburger Schule auf (1966, S. 179).

Die Leistungen von Gert Hatz waren offensichtlich so herausragend, dass er bereits am 14. Januar 1952 seinen Dienst im Museum für Hamburgische Geschichte antrat. Seine Dissertation erschien als „Heft“ 5 der vom Münzkabinett herausgegebenen Reihe „Numismatische Studien“ noch im selben Jahr. Selbst heute noch ist sie unverzichtbar für die Bestimmung der frühen Hamburger Brakteaten und stellt einen wichtigen Teil der Hamburger Münzgeschichte dar.

Mit dem Amtsantritt arbeitete Gert Hatz zur Entlastung Hävernicks in der Numismatischen Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland. Die Kommission, erst 1950 auf Initiative von Walter Hävernick gegründet, steckte noch in den Kinderschuhen und hatte unter anderem die Aufgabe, Vorschläge über die gesetzliche Regelung des Münzbesitzes und des Münzhandels zu machen, die numismatische Forschungstätigkeit wieder anzukurbeln und für die Heranbildung eines geeigneten wissenschaftlichen Nachwuchses zu sorgen. Vordringliche Aufgabe war die schnelle und einheitliche Erfassung von neuen Münzfunden. Dazu wurde eine Fundkartei geschaffen, die alle mittelalterlichen und neuzeitlichen Münzfunde enthalten sollte: der auch heute noch existierende Fundkatalog Mittelalter/Neuzeit. Konsequenterweise wurde Hatz von Hävernick mit der Hälfte seiner Arbeitszeit für eben diesen Fundkatalog eingesetzt. Seine Tätigkeiten erstreckten sich mit 25 Wochenstunden aber nicht nur auf den numismatischen Bereich, sondern auch auf andere Arbeitsfelder, nämlich auf „alles Laufende in Einzelblattsammlung und Museum“ (Hatz 2000, S. 59), mit immerhin noch 23 Stunden. Die 48-Stundenwoche schloss auch den Samstag mit ein!

Hävernick, der, sich besonders für die skandinavischen Schatzfunde interessierte, hatte die Funde des 10. und 11. Jahrhunderts in Schweden zu einem Hauptthema in seinen Seminaren und Übungen gemacht. Sein Ziel war die Überarbeitung des schon damals nahezu 100 Jahre alten Dannenberg. Inzwischen verhandelte die Numismatische Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland und die Kungliga Vitterhetsakademie in Stockholm über einen Vertrag, der die Bearbeitung der deutschen Münzen des 10. und 11. Jahrhunderts in den schwedischen Funden beinhaltete. Vera Jammer, die sich als ausgewiesene Spezialistin in diesem Feld hervorgetan hatte, übernahm ab dem 1. November 1954 die Bearbeitung dieses Materials im Historiska Museet in Stockholm (später Kgl. Münzkabinett). Zeitgleich mit dem Arbeitsantritt in Schweden wurde sie als Beisitzerin in die NK berufen. Nach Ablauf des ersten Arbeitsjahres trat sie allerdings aus persönlichen Gründen von ihrem Vertrag zurück. Inzwischen hatten sich die beiden jungen Wissenschaftler, Vera Jammer und Geil Hatz, die beide die Leidenschaft für die Mittelalternumismatik teilten, auch privat gefunden. 1956 heirateten sie, im Jahr 1957 wurde ihr erster, 1965 der zweite Sohn geboren.

Da man gerne den eingeschlagenen Weg fortführen wollte, beschloss man fortan die Fundaufnahme in Stockholm von der Ausfertigung der Fundlisten in Hamburg getrennt vorzunehmen. Zudem wurde mit Gert Hatz, ab 1956, ein zweiter Sachbearbeiter eingesetzt, der sich ab diesem Zeitpunkt an der systematischen Aufarbeitung der deutschen Münzen des 10. und 11. Jahrhunderts in den schwedischen Funden der Wikingerzeit, die Walter Hävernick seit 1948 vorbereitete hatte, beteiligte. Es folgten regelmäßige Langzeitaufenthalte gemeinsam mit seiner Frau Vera und zeitweise auch mit Peter Berghaus in Schweden. Vision war die sukzessive Veröffentlichung der Fundlisten im Rahmen eines internationalen Projekts. Diesem Ziel ordnete Gert Hatz Einzeluntersuchungen zu Münztypen unter, die nach seiner Vorstellung der Veröffentlichung des Fundkorpus nachfolgen sollten. Die intensive Aufarbeitung der schwedischen Schatzfunde führte dann auch zum Thema seiner Habilitationsschrift: „Handel und Verkehr zwischen dem deutschen Reich und Schweden in der späten Wikingerzeit. Die deutschen Münzen des 10. und 11. Jahrhunderts in Schweden“ (gedruckt in Lund 1974). 1971 erfolgte seine Habilitation an der Universität Hamburg, 1972 wurde er Privatdozent. Die umfangreiche Studie ist zu einem Standardwerk zur Münzgeschichte des 10./11. Jahrhunderts geworden und wird von vielen Autoren zitiert.

Daneben fiel Gert Hatz auch die Bearbeitung der von den deutschen Münzen beeinflussten Prägungen anderer europäischer Länder (Böhmen und Mähren) zu. Von den 375 Funden mit deutschen Münzen (Stand 1975) vom 10. bis frühen 12. Jahrhundert in Schweden wurden von dem Ehepaar Hatz die deutschen Fundanteile von 24 Funden bearbeitet. Gert Hatz bearbeitete die Serien von verschiedenen Münzstätten, nämlich von Tiel, Boppard und Alt-Lübeck. Er publizierte wichtige Materialvorlagen zur Münzprägung mancher Münzstätten, besonders detailliert für Andernach und Straßburg. Dies schlug sich direkt in dem von schwedischer Seite herausgegebenen, für die wikingerzeitliche Numismatik wegweisenden Münzfundkorpus nieder. Bislang sind von dem Corpus Nummorum Saeculorum IX-XI qui in Suecia reperti (CNS) ab 1975 insgesamt neun Bände erschienen (zuletzt 2010). Ohne Zweifel haben sich Vera und Gert Hatz um die Erforschung der Münzgeschichte des 10./11. Jahrhunderts außerordentlich verdient gemacht. Man kann sicherlich sagen, dass eine Beschäftigung mit diesem Themenkomplex ohne die Berücksichtigung ihrer Arbeiten nicht möglich ist. Die regelmäßigen Aufenthalte in Schweden führten zu intensiven Kontakten nach Schweden und waren durch enge und vielerlei freundschaftliche Verbindungen z. B. zu Bengt Thordeman, Nils L. Rasmusson und Brita Malmer geprägt. Dies lag sicherlich auch daran, dass Gert Hatz sehr gut Schwedisch sprach. Für die besonderen Verdienste um die schwedische Numismatik wurden Vera und Gert Hatz vom schwedische König Carl Gustaf am 17. September 1993 als Kommandeure des Königlichen Nordstjärne-Ordens ausgezeichnet.

Das wissenschaftliche Interesse erstreckte sich jedoch nicht nur nach Schweden. Gert Hatz machte sich auch um die regionale Fundnumismatik verdient. Da das fundarme Bundesland Hamburg nur wenige Neufunde erbrachte, dehnte er dabei sein eigentliches Arbeitsgebiet deutlich in die umliegenden Bundesländer aus, insbesondere nach Schleswig-Holstein und Niedersachen. Es entstand eine lange Reihe unterschiedlicher Aufsätze, die das Material vorstellten, prägnant beschrieben und bebilderten. Ob besondere Einzelfunde, Ansammlungen von Siedlungsfunden oder auch Depotfunde, immer verstand es Hatz nach dem aktuellen Forschungsstand den historischen Kontext zu umreißen und neue Perspektiven auf die jeweiligen Münzen und ihre Zeit zu gewinnen. Ob Miszellen oder längere Aufsätze, immer sind seine Texte mit großem Gewinn zu lesen und immer ist ein neuer Forschungsaspekt erkennbar. So ist sein Name auch untrennbar mit der lokalen Münzforschung zu verbinden.

Hervorzuheben ist, dass Gert Hatz eine beeindruckende Redaktions- und Rezensionstätigkeit entfaltete. Seit dem Heft 6/7, 1952/53 erscheint Gert Hatz als Mitarbeiter der Redaktion der „Hamburger Beiträge zur Numismatik“ seit Heft 12/13, 1958/59 übernahm er die Schriftleitung, seit 1961 war er ihr Mitherausgeber. Die „Hamburger Beiträge zur Numismatik“ wurden bis zu ihrer Einstellung im Jahr 1994 zu eine der wichtigsten Numismatischen Zeitschriften Deutschlands. Durch die außerordentlich sorgfältige Redaktion, die weitgespannte Vernetzung in der numismatischen Fachwelt und das Vermögen, Kolleginnen und Kollegen im In- und Ausland für die Mitarbeit zu gewinnen, wurde die deutsche Numismatik auch im Ausland bekannt. Ein wichtiger Bestandteil der Zeitschrift war der umfangreiche Besprechungsteil, in dem sich nahezu geschlossen alle wichtigen numismatischen Publikationen des entsprechenden Zeitraumes finden lassen. Auch heute noch sind die Bände eine unerschöpfliche Fundgrube für manche Detailfrage und für mannigfache Literaturzugänge. Wünschenswert wäre allerdings ein Register, das vor allem den Rezensionsteil erschließt, schon deshalb, weil allein Gert Hatz die fast unglaubliche Anzahl von ca. 1000 Besprechungen und Anzeigen schrieb. Zwischen 1960 und 1967 übernahm er zudem die Bearbeitung des Abschnitts „Vorhansische Zeit“ im Besprechungsteil der Hansischen Geschichtsblätter. Darüber hinaus finden sich diverse Besprechungen von ihm in anderen Zeitschriften, so in: Beiträge zur Deutschen Volks-und Altertumskunde, Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte, Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bayerische Vorgeschichtsblätter, Zeitschrift des Vereins für Schleswig-Holsteinische Geschichte u.a.m. Dieses breit angelegte Spezialwissen konnte er nutzen, als er den Literaturbericht für Deutschland (Mittelalter) im „Survey of Numismatic Research 1960-1965“ (2, Kopenhagen 1967, S.122-147; 3, Kopenhagen 1967, S. 6877) übernahm.

In der Numismatischen Kommission der Länder war Gert Hatz zwischen 1961 und 1974 neben Walter Hävernick der zweite Vertreter für das Bundesland Hamburg. Nach dem Ausscheiden Hävernicks aus dem Berufsleben 1974 und damit auch aus der Numismatischen Kommission, wurde Hatz 1. Vertreter für Hamburg und zugleich Vorsitzender der Kommission. Dieses Amt bekleidete er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1993. So sind die Berichte der Kommission ab dem 12. Jahresbericht, Geschäftsjahr 1961 (NNB 11, 1962, S. 25-27) zusammen mit Walter Hävernick, ab dem Geschäftsjahr 1974 (NNB 24, 1975, S. 5860) bis einschließlich dem Geschäftsjahr 1992 (NNB 42, 1993, S. 74-76) von ihm allein verfasst. In der Kommission bewährte sich die Fähigkeit von Gert Hatz, Verhandlungen zu führen und gemeinsame, auch interdisziplinäre Arbeit zu fördern. Seine Kontakte erstreckten sich inzwischen, schon vor dem Fall der Mauer 1989, auch in den Osten Deutschlands, insbesondere zu den Münzkabinetten Berlin und Dresden. Als einer der ersten westdeutschen Referenten bekam Gert Hatz eine Einladung nach Dresden, wo er am 16. September 1988 einen „Streifzug durch die Hamburgische Münzgeschichte“ unternahm.

Öffentliches Rampenlicht lag Gert Hatz jedoch nicht. Er war von hanseatischer Bescheidenheit und wusste eher durch Fleiß und Leistung zu überzeugen. Am Herzen lagen ihm familiäre Treffen mit anderen Erforschern der spätwikingerzeitlichen Numismatik im Sinne einer wissenschaftlichen „community“ die er und seine Frau auch in ihrem Haus in Hamburg begrüßten, um gemeinsam die Fundlisten der schwedischen Funde durchzugehen. Zusammen mit Peter Berghaus waren die Hatzens bis an ihr Lebensende der aktive Nukleus dieser Gruppe. Ihr großes Haus in Volksdorf war bis unters Dach vollgestopft mit wohlgeordneten Büchern, die es zu einem perfekten Arbeitsplatz machten. Dort hatte Gert Hatz auch seinen Lieblingsplatz: seinen Schreibtisch, an dem er sich in seine Münzstudien vertiefen konnte. Die Verbundenheit zu Schweden äußerte sich im Hause Hatz auch in Drucken schwedischer Künstler an den Wänden und den typischen Dalarnapferdchen. Die ihm eigene Liebenswürdigkeit brachte ihm die außerordentliche Wertschätzung vieler Fachkollegen ein, die sich wiederum in der dem Ehepaar Hatz gewidmeten von Peter Berghaus, Jörgen Bracker, Jørgen Steen Jensen und Lars 0. Lagerqvist herausgegebenen Festschrift „Commentationes Numismaticae“ aus dem Jahr 1988 ausdrückt. Hier findet sich auch ein Schriftenverzeichnis (bis zum Jahr 1985) von Gert Hatz.

Es folgten weitere Ehrungen, so erhielt er 1988 den Ehrenpreis der Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte, 2002 den Derek Allen Price der British Academy und 2003 zusammen mit seiner Frau die Medaille der Royal Numismatic Society. Zudem war er Ehrenmitglied der Numismatischen Gesellschaft Berlin sowie Ehrenmitglied im Verein der Münzenfreunde in Hamburg. So war Gert Hatz ein großer Sendbote der Numismatik. Dabei ging es ihm immer um die Sache. Ein Aufheben um seine eigene Person zu machen, war ihm völlig fremd. Das ist sicherlich auch der Grund, warum er, obwohl er schon seit 1972 die Venia Legendi besaß, erst durch gemeinsame Anstrengungen wissenschaftlicher Fürsprecher verschiedenster Seiten im Jahr 1988 eine außerplanmäßige Professur am Historischen Seminar der Universität Hamburg erhielt und Honorarprofessor am Institut für Ur-und Frühgeschichte der Universität Kiel wurde. Dort lernte auch der Verfasser ihn kennen, der gerade seine Dissertation zu den wikingerzeitlichen Schatzfunden Schleswig-Holsteins begonnen hatte. Anfangs mit gehörigem Respekt vor den vor ihm liegenden ca. 10.000 in weiten Teilen unbestimmten Münzen, ließ er sich von Gert Hatz überzeugen, dass eine Beschäftigung mit den Münzfunden wissenschaftlich sicherlich gewinnbringend wäre. Ohne die vielen guten Ratschläge, seine Unterstützung und wissenschaftliche Expertise in schwierigen Einzelfragen wäre diese Bearbeitung sicherlich nicht gelungen. Dabei erwies sich Gert Hatz auch als hervorragender Didaktiker und Pädagoge, denn er beantwortete bestimmte Fragen nicht etwa mit einer abschließenden Antwort, sondern gab immer Hilfe zur Selbsthilfe, nannte also nur die entsprechende Literatur und ermunterte den Fragenden, selbst auf die Lösung zu kommen. Dabei war er ein Lehrer, der auf Augenhöhe mit seinen Schülern sprach, was doch in weiten Teilen des damaligen Universitätsbetriebes eher ungewöhnlich war. Dass der Verfasser Gert Hatz als Leiter des Münzkabinetts in Hamburg nachfolgen durfte, ist ihm immer noch Ehre und Ansporn zugleich.

Im Museum für Hamburgische Geschichte wirkte Gert Hatz eher im Hintergrund. Vom 20. März bis zum 2. Juni 1991 konnte er in einer eigenen Sonderausstellung die herausragende Sammlung Vogel präsentieren, zu der ein Begleitband mit dem Titel „Geschichte in Gold“ erschien. Danach wurde von Hatz in dem speziell dafür konzipierten Raum die Dauerausstellung des Münzkabinetts eingerichtet. Auch im Verein der Münzenfreunde Hamburg engagierte sich Gert Hatz schon früh. Zwischen 1957 und 1990 war er Schriftführer und von 1990 bis 1993 Beisitzer. An den regelmäßig stattfindenden Vereinsabenden hielt er von Zeit zu Zeit Vorträge über seine aktuellen Forschungen, bei denen er unter den Vereinsmitgliedern zahlreiche wissensdurstige Zuhörer fand.

Obwohl Gert Hatz Ende 1993 als Leiter des Münzkabinetts ausschied, markiert dieses Jahr nicht etwa das Ende der wissenschaftlichen Arbeit, sondern eher den Beginn einer sehr kreativen Schaffensphase, die sich in der Publikation diverser wichtiger Schriften niederschlug - meist in gemeinsamer Autorenschaft mit seiner Frau. Überschattet wurde diese Zeit durch den Tod ihres ältesten Sohn Axel, der 1994 bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben kam. Nur schwer kann man ermessen, was das für die Familie Hatz bedeutet hat. Offensichtlich hat ihnen aber auch hier das gemeinsame wissenschaftliche Arbeiten über diese schwere Zeit hinweggeholfen. Noch viele Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem regulären Arbeitsleben, kam Gert Hatz einmal in der Woche, meist am Dienstag, ins Münzkabinett. Er studierte die hereingekommenen Neuerscheinungen und schrieb an verschiedensten Publikationen. In der „Kaffeepause“, in der sich auch das Bibliotheksteam, Herr Glagla, Frau Griem und Frau Müller, später dann Frau Mende, dazu gesellten, erzählte er manche Anekdote, ließ sich aber auch mit lebhaftem Interesse in wissenschaftliche Diskussionen verwickeln. In diese Zeit gaben Gert Hatz und der Verfasser zusammen sechs Bände der Numismatischen Studien mit unterschiedlichen Themen heraus. Herr Hatz hat sich dabei nicht nur als erfahrender Redakteur, sondern auch an verschiedenen Stellen als Autor beteiligt. Mit einer außergewöhnlichen Akribie widmete er sich den Manuskripten und kontrollierte jeden einzelnen Eintrag der angegebenen Literatur anhand der im Kabinett vorhandenen Bücher und Zeitschriften. Auch Frau Hatz beteiligte sich mit großem Elan an dieser zeitaufwändigen Arbeit.

Erst das fortschreitende Alter machte dieser Schaffenskraft langsam ein Ende. Nach langer und reiflicher Überlegung entschied sich das Ehepaar Hatz im Jahr 2005 zum Verkauf des Hauses in Hamburg-Volksdorf und zum Umzug nach Eutin! Ostholstein. Dort lebte ihr Sohn Olaf mit seiner Frau und den noch kleinen Enkelkindern, mit denen sie mehr Zeit verbringen wollten. Die Auflösung der großen privaten Bibliothek wird ihnen sicherlich schwer gefallen sein, wenngleich ein Kern mit Büchern zur wikingerzeitlichen Numismatik, ein Anker sozusagen, im Haus ihres Sohnes in Eutin aufgestellt wurde.

Ihr sehnlicher Wunsch, das fertig gestellte Manuskript zu den Fundmünzen aus der Landschaft Blekinge, Schweden, als weiteren Band der CNS-Reihe, gedruckt zu sehen, ging leider nur noch für Gert Hatz in Erfüllung. Vera Hatz starb am 18. Oktober 2010. Der Band erschien wenig später im selben Jahr. Obwohl Gert Hatz in Eutin recht zurückgezogen lebte, war er trotzdem bis ins hohe Alter an allen wissenschaftlichen und numismatischen Fragen interessiert. Gerne ließ er sich von neuen Funden berichten und konnte noch nahezu bis zuletzt mit bemerkenswerter Klarheit über Detailprobleme diskutieren. Die letzten Rezensionen schrieb er noch in den Jahren 2008 (Kluge, Wiechmann), 2011 (Malmer) und 2013 (Mehl). Ehrlich freuen konnte sich Gert Hatz über die schöne von Peter-Götz Güttler gestaltete Medaille, die 2013 posthum auf den 90. Geburtstag von Vera Hatz entstand. Das entsprechende Pendant, das Güttler im selben Jahr auf Gert Hatz schuf, quittierte dieser bei der Überreichung mit den Worten: „Eine Medaille bekommen doch nur Leute, die schon gestorben sind“ Diese Ehre war ihm für seine zurückhaltend-liebenswürdige Lebensauffassung fast schon zu viel.

Am 5. September 2017 verstarb Gert Hatz. Die Beisetzung fand am 27. September im Kreis der engsten Angehörigen, den Freunden und numismatischen Wegbegleitern statt. Niklot Klüßendorf sagte in seiner bewegenden Trauerrede sehr treffend, für viele gälte das Lebensmotto „Mehr Schein als Sein“ bei Gert Hatz wäre es dagegen immer „Mehr Sein als Schein“ gewesen.

Ralf Wiechmann

 
     

 

Helmut König (1934-2017)

  Helmut König (1934-2017)
 
     
  Personalia NNB 5/2017  
 

 

Am 24. März 2017 vollendete sich der Lebensweg des Thüringer Medailleurs und Graveurs Helmut König im Alter von fast 83 Jahren. Er wurde trotz seines hohen Alters völlig unerwartet in die Ewigkeit abberufen.

Helmut König, der Unentwegte, der Eifrige, der Meisters des Stichels, solässt sich wohl mit wenigen Sätzen das Lebenswerk des weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Stempelschneiders beschreiben. Auf vier Jahrzehnte Medaillenherstellung konnte er 2014 mit berechtigtem Stolz zurückblicken.

Schon seine Geburt 1934 im fernen Mailand bot oft den Anlass für vielerlei Scherze. Diese fröhliche Art entsprach seinem Naturell und half ihm oft, beschwerliche Lebensabschnitte zu meistern. Aufgewachsen in der thüringischen Doppelgemeinde Zella-Mehlis, erlernte Helmut König den Beruf eines Jagdwaffen- und Stempelgraveurs. Zahlreiche erhaltene Zeichnungen und Entwürfe in seinem Atelier lassen erahnen, über welch vielfältige künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten er verfügte. Noch bis kurz vor seinem Tod erstaunte er Besucher und Kunden immer wieder, mit welcher Leichtigkeit er Ideen und Gedanken zeichnerisch, sozusagen aus dem Handgelenk, umsetzen konnte. Nach erfolgreicher Gesellenprüfung im Jahr 1953 begann für ihn eine Zeit des Fortgehens. Ähnlich wie einst die Gesellen im Mittelalter auf Wanderschaft gingen, so schnürte auch er den Ranzen. Bis nach Mainz führte ihn der Weg. Bleiben oder doch lieber zurück nach Thüringen? Diese Frage stellte sich 1958 im geteilten Deutschland. Der Heimatruf war stärker. In Suhl fand sich eine neue Wirkungsstätte in einer PGH (Produktions-Genossenschaft des Handwerks). Hier legte er auch vier Jahre später seine Meisterprüfung mit Bravour ab. Weitere neun Jahre folgten, bis er 1971 den Schritt in die Eigenständigkeit wagte. Selbstständiger Handwerksmeister durfte er sich fortan nennen In dieser Zeit fasste er den Entschluss, eigene Medaillenstempel herzustellen. Fast in der Lebensmitte stehend, stellte er 1974 seine erste Prägung für den Ort Ditfurt vor. Es sollte trotz aller zeitbedingten Schwierigkeiten der Beginn einer äußerst schaffensreichen Zeit werden, stark geprägt auch von der kongenialen Zusammenarbeit mit dem Diplom-Designer Jürgen Ellenberg. Der eine lieferte die Entwürfe, der andere setzte sie meisterhaft um. Geprägt wurde damals noch beim Partner Bittner in Gotha.

Mit der Anerkennung seiner Arbeit stellten sich Erfolge und Ehrungen ein. Bereits 1977 verlieh man ihm den Titel „Anerkannter Kunsthandwerker“ später wurde er Mitglied im Verband Bildender Künstler. Für die weltweit agierende Goethegesellschaft in Weimar schuf er über Jahrzehnte hinweg deren goldene Ehrenmedaillen.

Das Wendejahr der friedlichen Revolution von 1989 stellte die Einmannfirma König von heute auf morgen vor völlig neue Herausforderungen. Staatliche und gesellschaftliche Auftraggeber verschwanden über Nacht von der politischen Bildfläche. Ebenso verringerte sich auch der Freundeskreis. Offene Staatsgrenzen ermöglichten die Erfüllung alter Sehnsüchte. Abrupt veränderte sich die Nachfrage, anderes war jetzt gefragt! Ungern erinnerte sich der Graveur an jene von Unsicherheiten geprägte Umbruchzeit. Erneut stand er vor einem betrieblichen Neuanfang. Nur zählte er jetzt bereits selbst zum „alten Eisen“. Mut zum Neubeginn gab ihm seine liebenswerte Ehefrau Brigitte. Eine moderne 200-Tonnen-Presse wurde angeschafft. Fortan prägte der Stempelschneider in eigener Werkstatt. Selbst in der alten Bundesrepublik war er kein Unbekannter. Von dort kamen nun die Aufträge. Die Nachfrage nach den von ihm geschaffenen ausdruckstarken Medaillen mit besonders großer Relieftiefe stieg erfreulicherweise wieder an. Zum 20. Firmenjubiläum konnte er bereits auf neunhundert Schaumünzen verweisen. Nachfolgend ehrte man ihn mit der Mitgliedschaft im Bundesverband Bildender Künstler. 1994 erhielt er den Auftrag zur Gestaltung und Herstellung einer Erinnerungsprägung für die Mitglieder der 10. Bundesversammlung in Berlin. Es war dies ein weiteres Zeichen der hohen Wertschätzung, die er sich erworben hatte.

Wie viele Künstler mimosenhaft und etwas eitel, war er selbst ein Getriebener seiner Fähigkeiten sowie seiner Gutmütigkeit. Hier hätte oftmals ein striktes Nein dem Kunden gegenüber zu mehr Freizeit verholfen. So konnte es passieren, dass der 80-Jährige noch in einem Jahr 53 Medaillen schuf. Also jede Woche schnitt er einen Stempel und stellte die gewünschte Anzahl Medaillen her. Dass er zudem auch als Darlehensgeber für klamme Vereine agierte, war allgemein bekannt und wurde leider gern ausgenutzt. „Zahlt die Rechnung, wenn die Stücke abgesetzt sind“ war oftmals sein selbstloses Entgegenkommen, um die Finanzierung zu ermöglichen.

So preußisch korrekt wie er zeitlebens gearbeitet hatte, so ging er von uns. Noch am Tag vor seinem Tod stellte er den letzten Auftrag pünktlich zur Abholung bereit. Es ist dies eine Medaille für Helmut Recknagel, den berühmten Skispringer.

Einen Überblick auf vier Jahrzehnte Medaillenschaffen, der großen und kleinen Schaumünzen, Klippen, Gedenkprägungen, Sportmedaillen, Plaketten sowie Abzeichen, ermöglicht der von Konrad Dienel erstellte Gesamtkatalog (Wettin-Verlag, Kirchberg/Jagst 2011 ff.). Auf mehr als 2000 Medaillen zu den unterschiedlichsten Themen und Anlässen können wir heute blicken.

Helmut König war ein Meister der Medaillenkunst. Sein vor uns liegendes, nun abgeschlossenes Werk wird weiterleben und nachfolgende Generationen werden seine Gedenkmünzen suchen und sammeln und sich an ihrer Vielfalt und Schönheit erfreuen.

Hans-Peter Brachmanski

 
     

 

Georg Baums (1935-2017)

  Georg Baums (1935-2017)  
     
  Personalia NNB 4/2017  
 

Im Alter von 81 Jahren verstarb am 16. Februar 2017 nach längerer Krankheit der Sammler, Kunstliebhaber und Förderer der Medaillenkunst Georg Baums. Er hatte noch viele Ideen, Hoffnungen und Wünsche, auch wenn die Osnabrücker Firma Fritz Rudolf Künker vor drei Jahren die „500 Jahre Geschichte und Kunst im Spiegel der Medaille“ umfassende Sammlung des erfolgreichen Werbe- und Marketingfachmanns Georg Baums versteigerte.

„Zu jeder Sammlung gehört Liebe“ überschrieb der Verfasser des Nachrufs die sammelnden Intentionen seines Freundes Georg frei nach Goethe, die dem Auktionskatalog vorangestellt wurden. Mittlerweile war er aktives Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst geworden. Neue Sammlungen waren im Entstehen begriffen, so zur Kunst des Jugendstils. Seit der Jahrestagung 2013 in Kressbronn öffnete er sich auch der zeitgenössischen deutschen Medaille und förderte Künstler durch gezielte Ankäufe. Am 25-jährigen Jubiläum unserer Gesellschaft, das wir Ende September 2016 in Speyer begingen, nahm er noch freudig und voller Zuversicht über den Heilungsprozess nach überstandener Operation teil. Die Herstellungskosten der Festschrift hatte er als seine Jubiläumsgabe gesponsert.

Noch wenige Tage vor seinem Tod telefonierten wir über sein Interesse an einer Online-Auktion in Leipzig, in der Arbeiten von Karl Burgeff, Heide Dobberkau, Peter-Götz Güttler, Eberhard Linke und anderen zeitgenössischen deutschen Künstlern angeboten wurden.

Nun hat sich sein Leben vollendet. Die Freunde und Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst und der Numismatischen Gesellschaft Speyer werden ihrem Mitglied und Förderer Georg Baums ein ehrendes Andenken bewahren.

Wolfgang Steguweit

 
     

 

Christian von Kleist (1930-2016)

  Christian von Kleist (1930-2016)
 
     
  Personalia NNB 1/2017  
 

 

Am 13. November 2016 wurde der frühere Vorsitzende des Vereins der Münzfreunde für Westfalen und Nachbargebiete, Dr. Christian-Ewald von Kleist, von längerem Leiden erlöst. Geboren am 16. Juli 1930 in Berlin, aufgewachsen auf dem Familiengut in Pommern und von dort vertrieben, flüchtete er 1961 von Demmin aus nach Westdeutschland und kam als promovierter Chemiker nach Münster, wo er eine Familie gründete und dem Verein beitrat. Breit interessiert, zählte er auch zum Osnabrücker „Münzbold“. 1996 Nachfolger von Peter Berghaus als Vorsitzender, führte er den Verein erfolgreich zehn Jahre lang (vgl. NNB 2015/7, S. 267). Als er sein Amt 2005 aufgab, wurde er zum Ehrenmitglied gewählt. Verdienste erwarb er sich auch um das Kleist-Familienmuseum neben dem Bahnhof in Hamm. Begeisterter Jäger und Jagdhornbläser, war er nach der „Wende“ oft Gast auf dem früheren Familiengut bei Stolp und unterhielt freundschaftliche Kontakte zu den heutigen Besitzern. Sein freundliches, gewinnendes und humorvolles Wesen werden allen seinen Freunden unvergessen bleiben.

Gerd Dethlefs

 
     

 

Dieter Raab (1938-2015)

  Dieter Raab (1938-2015)
 
     
  Personalia NNB 3/2016  
 

Am 20. Dezember 2015 ist der Frankfurter Münzenhändler Dieter Raab, ehemaliger Inhaber des traditionsreichen Auktionshauses Dr. Busso Peus Nachfolger, im Alter von 77 Jahren in seiner Wahlheimat, der Stadt Frankfurt am Main, verstorben.

Dieter Raab ist am 11. Dezember 1938 zwar in Steinhöring bei München zur Welt gekommen, aber er hat seine ganze Kindheit und Jugend in Stuttgart verbracht und war - das weiß jeder, der ihn etwas besser kannte - aus Überzeugung und mit Begeisterung Schwabe. Er verkörperte dabei vor allem die Tugenden, die diesem Menschenschlag gemeinhin nachgesagt werden: Bodenständigkeit, Bescheidenheit, Kontaktfreude, Menschenfreundlichkeit sowie eine tief verwurzelte Liberalität. Von den nicht weniger sprichwörtlichen schwäbischen Lastern wie Borniertheit, Frömmelei oder Geiz ist er dagegen verschont geblieben.

Schon von jungen Jahren an beschäftigte sich Dieter Raab mit großem Engagement mit alten Münzen und ihrer Geschichte. Für den echten Münzsammler besteht seine Tätigkeit ja stets auch in einem Zusammentragen und Weitergeben von Geschichten um den Gegenstand seiner Leidenschaft, und das entsprach Raabs besonderer Neigung und Begabung in hohem Maß. Es drängte ihn vor allem, die historischen Hintergründe der numismatischen Objekte, Münzen oder Medaillen, mit denen er bald täglich Umgang pflegte, herauszufinden und weiterzuerzählen. Die Begeisterung dafür sollte ihn sein Leben lang begleiten und nicht mehr loslassen. Sie führte ihn schon während seiner Schulzeit am Stuttgarter Wagenburg-Gymnasium zum Württembergischen Verein für Münzkunde, wo er älteren und erfahreneren Numismatikern begegnete, die für ihn zu Lehrern und Mentoren wurden. Einer dieser Lehrer war Kurt Jaeger, der den jungen Raab 1960 bald nach der Aufnahme eines (später aufgegebenen) Studiums der Betriebswirtschaft an der Universität München zunächst nur für die Semesterferien zur Münzen & Medaillen AG in Basel vermittelte.

Hier, in einem Zentrum des europäischen Münzenhandels, war der junge Numismatiker aber so sehr in seinem Element, dass er eine ihm alsbald angetragene Vollzeitbeschäftigung bei der Firma annahm und ganz nach Basel zog: Die Basler Jahre, von denen er auch später immer wieder gerne erzählt hat, zählten gewiss zu den eindrücklichsten und schönsten Perioden seines Lebens. Schließlich hat er bei der Münzen & Medaillen AG dann auch seine spätere Frau Lilo kennengelernt. Im Jahre 1966 erfuhr Dieter Raab, dass für die renommierte Frankfurter Münzhandlung Dr. Busso Peus, vormals Adolf Hess, ein Nachfolger gesucht wurde. Er trat in Verhandlungen ein und übernahm 1967 - zunächst zusammen mit seinem Kollegen Peter N. Schulten - die Firma, die fortan Dr. Busso Peus Nachfolger heißen sollte. Nach dem Ausscheiden seines Teilhabers im Jahre 1973 führte Raab die Firma dann allein weiter.

In den vierzig Jahren, die Dieter Raab das Haus Dr. Busso Peus Nachfolger mit seiner hohen Kompetenz und der ihm eigenen ruhigen Hand gemäß seinem Motto „beata tranqillitas“ geleitet hat, hat er nicht nur die bedeutende Tradition dieser alten Frankfurter Münzenhandlung aufgenommen und fortgesetzt, sondern er hat die Firma ganz erheblich weiterentwickelt und sie zu einer der wichtigsten numismatischen Institutionen in der Welt von heute gemacht. Manche der über 128 Auktionskataloge, die das Haus in diesen Jahren herausgegeben hat und die entweder ganz von seiner Hand stammen oder unter seiner maßgeblichen Beteiligung entstanden sind, sind zu Zitatwerken für das jeweilige Teilgebiet geworden: Besonders stolz war er hier immer auf die Kataloge der Talersammlung von Dr. Werner Koch (273/1970 und 278/1971), auf den Katalog der Brakteaten von Dr. Friedrich Bonhoff (293/1977) oder auf den Katalog zum 650-jährigen Jubiläum der „Goldenen Bulle“ in Frankfurt (390/2007), um nur einige hervorragende Beispiele herauszugreifen. Unter seiner Obhut und mit seiner Förderung ist in den Räumen und mit den Hilfsmitteln der Firma darüber hinaus eine ganze Reihe von numismatischen Fachpublikationen entstanden - darunter auch so bedeutende Arbeiten wie das dreibändige Werk von Karl Müseler über die Bergbaugepräge in der Sammlung der Preussag AG, deren wichtigster Lieferant und Berater in numismatischen Fragen stets nur Dieter Raab gewesen ist. Und unschätzbare Verdienste hat er sich um die Pflege und den Ausbau der Geschäftsbibliothek, Nervenzentrum und Rück-grat einer jeglichen Münzenhandlung, zur weltweit größten numismatischen Fachbibliothek in privater Hand erworben. Daneben ist er über Jahre hinweg immer wieder zum Vertreter des Münzhandels in der Numismatischen Kommission der Länder der Bundesrepublik Deutschland berufen worden, wo ihm seine große persönliche Integrität zusammen mit seinem verbindlichen Wesen über die verschiedenen Interessengruppen hinweg hohes Ansehen verschafft hat.

Im Mittelpunkt all dieser beruflichen Erfolge stand aber immer der Mensch Dieter Raab, dessen Fairness und Ehrlichkeit ihn bei Kollegen wie bei Kunden geschätzt und beliebt machte. Seine unprätentiöse, offene und freundliche Art machten ihm den Umgang mit Menschen der verschiedensten Art leicht. Und entsprechend seiner Neigung steckte er stets voller Geschichten, die er immer wieder gerne mit anderen geteilt hat, was ihn nicht nur zu einem angenehmen Gefährten, sondern auch zu einem großartigen Lehrer werden ließ. Viele Numismatiker in seinem Umkreis haben von dieser besonderen Fähigkeit Raabs viel profitiert.

Im Jahre 2007, vierzig Jahre nach der Übernahme der Firma, zog sich Dieter Raab (jedenfalls pro forma) aus dem aktiven Geschäftsleben zurück und übergab die Leitung des Hauses seinem Sohn Christoph. Das hat ihn freilich nicht daran gehindert, nach wie vor beinahe täglich ins Geschäft zu kommen, seinen Nachfolgern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und sich im Umgang mit den Münzen immer wieder erneut den intellektuellen Herausforderungen und Ausschweifungen zu stellen, welche die Numismatik für den Kundigen gleich welchen Alters bereit hält.

Am Ende von ein paar schwierigen Jahren der Krankheit, die er jedoch unterstützt von seiner Frau stets guten Mutes durchgestanden hat, war es Dieter Raab schließlich vergönnt, so zu sterben, wie er auch gelebt hat: Nach einer letzten unbeschwerten und fröhlichen Feier im Kreis seiner Mitarbeiter und Weggefährten, wie er sie sein Leben lang immer wieder gerne veranstaltet hat, ist er friedlich in seinem Bett eingeschlafen. Seine Familie, seine Freunde und die Angehörigen seiner Firma trauern um den Verlust eines Menschen, der ihre jeweiligen Leben nachhaltig berührt und bewegt hat.

 
     

Albert Pick (1922-2015)

  Albert Pick (1922-2015)
 
     
  Personalia NNB 2/2016  
 

Am Sonntag, dem 22. November 2015 ist Albert Pick im Alter von 93 Jahren in Garmisch-Partenkirchen verstorben. Mit ihm verliert die Welt der Geldscheinsammler einen großen Freund und Berater und das numismatische Fach „Geldscheinkunde“ seinen Begründer und größten Förderer.

Albert Pick wurde am 15. Mai 1922 in Köln als Kind des Druckereibesitzers Balduin Pick und seiner Ehefrau Auguste, geb. Sievers, geboren. Aus dieser Ehe stammte noch eine ältere Schwester Elisabeth. Bereits als Schuljunge begann er im Alter von acht Jahren mit dem Sam-meln deutschen Notgelds. Was zunächst das Hobby eines Kindes war, wurde bald zu einer Passion. Albert Pick sammelte seit seiner Kindheit unermüdlich weiter und vertiefte im Lauf der Jahre seine Kenntnisse über die Zahlungsmittel aller Länder und aus allen Zeiten.

Nach Volksschule und Gymnasium, das er 1939 mit dem Abitur abschloss, studierte er an der Philosophischen Fakultät der Universität Köln die Fächer Germanistik und Geschichte. Nach vier Semestern wurde er 1941 zum Kriegsdienst eingezogen, geriet als Fähnrich der Luftwaffe 1944 in Kriegsgefangenschaft und wurde als prisoner of war in die Vereinigten Staaten verbracht. Insgesamt dreizehn Monate lebte er in den USA, dann noch weitere sechs Monate als Kriegsgefangener in einem Camp in England, bis er 1946 repatriiert wurde. Aus dieser Zeit als Kriegsgefangener stammten seine guten Englischkenntnisse.

Zurück in Köln trat er in den väterlichen Druckereibetrieb ein und gründete den Kölner Universitätsverlag. 1949 heiratete er Annelie, geb. Fleischer. Der Ehe entstammen die Töchter Monika und Doris. Neben seiner beruflichen Tätigkeit führte er sein Hobby, das Geldscheinsammeln, unermüdlich weiter und erwarb sich einen hervorragenden Ruf als Papiergeld-Spezialist.

1964 verkaufte er seinen Kölner Universitätsverlag samt technischem Betrieb. Seine Sammlung historischer Geldscheine war mit rund 130.000 Exemplaren so umfangreich geworden, dass er sie privat nicht mehr adäquat betreuen konnte. Die Bekanntschaft mit dem damaligen Chefsyndikus der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank in München, Dr. Lippisch, führte für Albert Pick zu einer überzeugenden Lösung. Er übergab seine Sammlung 1965 der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank in München und wurde im Gegenzug von der Bank als Kurator der Sammlung angestellt. Von der Münchner Industrie- und Handelskammer wurde er als vereidigter Sachverständiger im deutschsprachigen Raum benannt.

1985 ging Albert Pick dann in den wohlverdienten Ruhestand und lebte seither in Garmisch-Partenkirchen. 2003 wurde die Sammlung von der HypoVereinsbank, dem Nachfolgeinstitut der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank, unter dem Namen „HVB Stiftung Geldscheinsammlung“ in eine Stiftung öffentlichen Rechts eingebracht. Von den Nachfolgern Picks wurde die Geldscheinsammlung bis heute weiter ausgebaut und ist nun die wohl weltweit bedeutendste Generalsammlung. Als Kurator der Sammlung in München entfaltete Albert Pick eine rege Tätigkeit. Mit dem ihm gewährten Etat konnte er zahlreiche spektakuläre Ankäufe tätigen. Daneben begann er, Bücher und Kataloge über sein Sammelgebiet zu schreiben. Er begann 1964 mit einem bis heute gültigen Standardwerk mit dem Titel „Papiergeld“, das erstmals einen historischen Überblick über dieses Fachgebiet bot. Sein 1970 erschienener „Papiergeld Katalog, Europa seit 1900“ war bahnbrechend und erschien 1971 bereits in englischer Übersetzung. Es folgte 1973 der „Paper Money Catalogue of the Americas”.

Das Werk aber, das immer mit dem Namen Pick verbunden sein wird, ist der 1975 erstmals und seitdem in vielen Auflagen erschienene „Standard Catalog of World Paper Money“. Seit der ersten Auflage vermehrte sich das Wissen um die Zahlungsmittel aus Papier ungeheuer. Nach einigen Jahren konnte die Editionsarbeit von Albert Pick allein nicht mehr bewältigt werden. Er verkaufte die Rechte an seinem Katalog an den Verlag Krause Publications in Iola, USA. Albert Pick hat eine ganze Reihe weiterer Bücher zur Geldscheinkunde vorgelegt. Unentbehrlich für den Geldscheinsammler sind das „Papiergeld Lexikon“, erschienen 1973, und der Band „Papiergeld-Spezialkatalog Deutschland 1874- 1980“, den er zusammen mit Uwe Rixen 1982 herausbrachte und der 1998 in dritter Auflage erschienen ist. Dem Sammler sind auch seine Werke über „Briefmarkengeld“ (1970), „Handbuch für Sammler und Liebhaber“ (1967) und „Papiergeld sammeln“ (1971) bekannt. Auch mit Walter Grasser hat Albert Pick bald nach seiner Übersiedlung nach München zusammengearbeitet. Bereits 1972 erschien der Band „Walter Grasser, Albert Pick: Das Bielefelder Stoffgeld 1917-1923“. Insgesamt umfasst Picks Bibliographie 23 selbständige Publikationen, von denen einige sogar mehrere Auflagen erlebten. Dazu kommen 37 Fachartikel in Zeitungen und Zeitschriften und 5 Beiträge in fremden Publikationen.

Albert Pick gestaltete eine ganze Reihe von Ausstellungen, die die Geldscheinsammlung bekannt machten, ebenso wie drei Fernsehsendungen zur Sammlung. Er hat zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten, speziell in den USA, der Hochburg der Banknotensammler, so 1972 den „Special Award of Merit“ der Society of Paper Money Collectors, 1975 den „Nathan Gold Award“ und im gleichen Jahr auch den „Special Award“ der Society for International Numismatics. Die International Banknote Society IBNS hat ihn in die ,,Hall of Fame“ aufgenommen.

Albert Pick war ein Pionier auf dem Gebiet des Geldscheinsammelns in einer Zeit, als die klassische Numismatik das Papiergeld noch nicht als sammlungswürdig erkannt hat. Die Sammlergemeinde hat durch seinen Tod einen großen Verlust erlitten. Das Geldscheinsammeln wird immer mit seinem Namen verbunden bleiben.

Franziska Jungmann-Stadler

 
     

 

Kauko Räsänen (1926-2015)

  Kauko Räsänen (1926-2015)
 
     
  Personalia NNB 11/2015  
 

 

Nach langer, schwerer Krankheit verstarb am 10. September 2015 der bekannte finnische Bildhauer und Medailleur Kauko Räsänen in Espoo bei Helsinki im 89. Lebensjahr. Kauko Räsänen war einer der bedeutendsten Medaillenkünstler des an Medailleuren im 20. Jahrhundert bis zur Gegenwart so reichen Finnland. Er hat mit seiner Kunst, seinen Ideen und seinen Neuerungen der Medaillenkunst entscheidende Impulse verliehen. Geboren wurde Kauko Räsänen am 23. Februar 1926 als drittes Kind eines Polizisten und einer Lehrerin und Kunsterzieherin im damals zu Finnland gehörenden Karelien. Mit drei Jahren verlor er den Vater; mit Beginn des Winterkrieges gegen die Sowjetunion 1939 und dann endgültig 1944 musste die Familie die Heimat verlassen. Von 1946 bis 1950 studierte Kauko Räsänen an der Finnischen Kunstakademie in Helsinki. Sein Schwerpunkt lag zunächst bei der Skulptur, mit der Medaillenkunst beschäftigte er sich erstmals 1951, und das gleich mit Erfolg: Räsänen gewann den ersten Preis für die Gedenkmedaille auf die Olympiade 1952 in Helsinki. Von diesem Zeitpunkt ab folgte - neben der Bildhauerei, die immer das andere wichtige Tätigkeitsfeld von Kauko Räsänen blieb - eine große Anzahl von Medaillen auf verschiedenste Anlässe. Sie gehen auf eigene Ideen zurück oder sind Auftragsarbeiten, die das Thema jedoch stets künstlerisch ganz frei nach den Ideen und Vorstellungen des Künstlers umsetzten. Sieht man vom eng mit Finnland verbundenen Schweden ab, ist Deutschland das einzige weitere europäische Land, für das Räsänen Medaillen geschaffen hat. Räsänens Medaillen sind, wie generell in der finnischen Medaillenkunst, überwiegend Prägemedaillen, Gussmedaillen gibt es von ihm nur wenige. Räsänen hat die Medaille nicht weniger geschätzt als die Skulptur, sie war ihm nicht weniger wichtig. Ja, er sagte sogar, dass Skulpturen im Vergleich zu Medaillen weniger Ausdrucksmöglichkeiten böten. Der Künstler entwickelte ebenso wie in der Plastik auch in der Medaillenkunst seinen ganz individuellen Stil, der sie sehr deutlich als typische Arbeiten erkennen lässt. Der nackte weibliche Körper ist das Motiv, das man bei Räsänen wahrscheinlich am häufigsten findet. Es gelang ihm, dieses Sujet in einer für ihn typischen Ästhetik äußerst vielseitig für die verschiedensten Themen und Aussagen zur Verwendung zu bringen, ohne dass dies auch nur im Geringsten ein Gefühl der Wiederholung, der Monotonie oder der fehlenden Relevanz hervorrufen würde. Er selbst hat dazu gesagt: „Zunächst einmal liebe ich die Frau, sie ist plastischer in der Wiedergabe als der Mann. Sie repräsentiert den Fortbestand des Lebens - außerdem ist die Kunst weiblichen Geschlechts.“ Die bemerkenswerteste Neuerung, die Kauko Räsänen in der Medaillenkunst eingeführt hat, war die aus mehreren Teilen zusammengesetzte Medaille. Das konnten von zwei bis zu acht Teile sein. Die Aussage konnte so noch wesentlich vielseitiger gestaltet werden und weitere Aspekte zum Ausdruck bringen. Ein vollständiges Bildprogramm ließ sich so verwirklichen, wie Räsänen es in den mehrteiligen Medaillen auf Leonardo da Vinci 1974 und Michelangelo 1977 zur Perfektion gebracht hat. Alle Teile der zusammengesetzten Medaillen sind exakt aufeinander angepasst und rasten hörbar ineinander sein - schon das bedeutet eine hohe technische Anforderung an den entwerfenden Künstler wie an die ausführende Prägeanstalt. Räsänens Medaillen waren und sind im In- und Ausland sehr geschätzt. Er gewann zahlreiche Ehrungen und Preise und hat sich an zahlreichen Ausstellungen in und außerhalb Finnlands beteiligt, wozu auch regelmäßige Beteiligungen an FIDEM gehörten. Die Staatliche Münzsammlung München hat ihm 2011 eine eigene Ausstellung mit einem ausführlichen Werkverzeichnis gewidmet (Josef Hackl, Dietrich 0. A. Klose: Kauko Räsänen, Neue Wege in der Medaillenkunst. München 2011). Räsänens Bildhauerarbeiten stehen in Finnland auf zahlreichen öffentlichen Plätzen, sind in Museen und Kirchen zu sehen. Zahlreiche Museen besitzen Medaillen von ihm, in der Staatlichen Münzsammlung München befindet sich die neben dem Archiv des Künstlers weltweit einzige vollständige Sammlung aller Medaillen von Kauko Räsänen, die Josef Hackl, langjähriger Freund des Verstorbenen, zusammengebracht hat. Mit Kauko Räsänen verliert die Medaillenkunst einen der ganz Großen auch über die Grenzen Finnlands hinaus. Seine späteste Medaille, es ist die Nr. 188 seines Werkverzeichnisses der Medaillen, stammt aus dem Jahr 2004, als er bereits von seiner Krankheit gezeichnet war. Räsänens Werk wird ein wichtiger Meilenstein der Medaillenkunst des 20. Jahrhunderts bleiben, denen, die ihn kannten, bleibt er als ein humorvoller, liebenswürdiger und ganz in seiner Kunst aufgehender Mensch in Erinnerung.

Josef Hackl / Dietrich 0. A. Klose



 
     

Leandre Villaronga (1919-2015)

  Leandre Villaronga (1919 - 2015)
 
     
  Personalia NNB 9/2015  
 

 

Im Juli 2015 verstarb mit Leandre Villaronga in Barcelona einer der berühmtesten Erforscher der antiken Münzen Spaniens im Alter von 96 Jahren.

Leandre Villaronga ist eines der besten Beispiele dafür, was man als Sammler zur wissenschaftlichen Erforschung der Münz- und Geldgeschichte beitragen kann. Als numismatischer Autodidakt sind seine vielen Bücher und Aufsätze zur iberischen Geldgeschichte heute Referenzwerke. Sein 1994 publiziertes Corpvs Nvmmvn Hispaniae ante Avgvsti Aetatem (CNH) ersetzte beispielsweise den Klassiker La moneda hispánica (1926) von Antonio Vives als Zitierwerk für die Katalogisierung der antiken spanischen Münzen. 2011 veröffentlichte er gemeinsam mit Jaume Benages eine erweiterte und aktualisierte Neuauflage des Werkes Ancient Coinage of the Iberian Peninsula (ACIP). Insgesamt schrieb er 23 Monographien und mehr als 300 Aufsätze zur antiken Numismatik der iberischen Halbinsel.

Neben dieser beachtlichen Zahl an Einzelstudien und Publikationen war Leandre Villaronga aber auch sehr aktiv darin, sein numismatisches Wissen an kommende Generationen weiterzugeben. So war er Mitbegründer der Societat Catalana d'Estudis Numismátics und ihrer Zeitschrift Acta Numismática sowie von 1979 bis 1995 auch deren Präsident. Außerdem ermöglichte er vielen Forschern großzügig den Zugang zu seiner Sammlung und seiner umfangreichen Bibliothek. Im Laufe seines Lebens erhielt er zahlreiche wichtige Preise numismatischer Gesellschaften sowohl in Spanien als auch im Ausland und war Mitglied im Vorstand des International Numismatic Council (INC). 1981 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität zu Köln verliehen.

Das Leben von Leandre Villaronga war geprägt von der Leidenschaft für die Numismatik und seine zahlreichen Publikationen werden ihm einen Platz unter den bedeutendsten Erforschern nicht nur der Münzgeschichte Spaniens sichern.

 

Auswahlbibliographie Leandre Villaronga

     
  • Las monedas de Arse-Sagvntvm. Barce-lona 1967.

  •  
  • Las monedas hispano-cartaginesas. Bar-celona 1973.

  • The aes coinage of Emporion. Oxford 1977.

  • Las monedas ibéricas de Ilerda. Barcelona 1978.

  • Numismática antigua de Hispania. Iniciación a su estudio. Barcelona 1979.

  • „Necesidades financieras en la Peninsula Ibérica, durante la Segunda Guerra Púnica y primeros levantamientos de los iberos“. In: Nummus, IV-VI (1981-83), S. 119-153.

  • Les monedes ibèriques de Tàrraco. Tarragona 1983.

  • Els denaris d'Ikalkusken. Valencia 1988.

  • Tresors monetaris de la Peninsula Ibèrica anteriors a August: Repertori i Análisi. Barcelona 1993.

  • Corpus nvmmvm Hispaniae ante Avgvsti aetatem (CNH). Madrid 1994.

  • Denarios y quinarios ibéricos. Madrid 1995.

  • Les dracmes ibèriques i llurs divisors. Barcelona 1998.

  • Les monedes de plata d'Empòrion, Rhode i les seves imitacions. De principi del segle III AC fins a l'arribada dels romans, e1 218 AC. Barcelona 2000.

  • Les dracmes emporitanes de principi del segle II a.C. Barcelona 2002.

  • La plata emporitana de la segona guerra púnica final del segle III a.C. Barcelona 2003.

  • Gemeinsam mit Benages, J.: Ancient Coinage of the Iberian Peninsula. Barcelona 2011.

 Isabel Rodriguez Casanova



 
     

Hans-Jörg Kellner (1920-2015)

  Hans-Jörg Kellner (1920 - 2015)
 
     
  Personalia NNB 9/2015  
 

 

Am letzten Juniwochenende, als in Frankfurt a. M. die Jahrestagung der Numismatischen Kommission der Länder direkt in die Feier der Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte e. V. zu ihrem 50-jährigen Bestehen überging, verbreitete sich die traurige Nachricht vom Tod von Hans-Jörg Kellner.

Kellner, 1920 geboren, trat bereits als Schüler im Jahr 1936 der Bayerischen Numismatischen Gesellschaft bei. Seine Interessen werden hier wohl eine Rolle gespielt haben, aber es gab noch einen Grund: Durch die Mitgliedschaft belegte man eine wissenschaftliche Betätigung mit Münzen, welche die Grundlage dafür war, Goldmünzen des Kaiserreichs besitzen zu dürfen. Bald nach dem Schulabschluss begann der Krieg, der für Kellner fast zehn verlorene Jahre bedeutete. Von 1944 bis 1947 in russischer Kriegsgefangenschaft war er im Straßenbau eingesetzt; dabei wurden auch Münzen gefunden, die er dem zuständigen Museum zukommen ließ. Als er davon im Mai 1995 erzählte, saß in München auch Vsevolod Potin (1918-2005) mit am Tisch, Numismatiker der Eremitage in St. Petersburg, der sich gerade zu einer Vortragsreise in Deutschland aufhielt. Potin war gleichzeitig in deutscher Kriegsgefangenschaft gewesen und hatte in der Ziegelfabrik in Hagelstadt bei Regensburg gearbeitet. Kellner studierte nach der Rückkehr aus Russland Vor- und Frühgeschichte und schloss 1953 mit einer Dissertation über die römischen Fundmünzen im nördlichen Rätien ab. Es folgte für einige Jahre eine Stelle im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, bevor er 1960 Direktor der Prähistorischen Staatssammlung in München (der heutigen Archäologischen Staatssammlung) wurde. Fast ein Vierteljahrhundert stand er diesem Museum vor, das 1976 in den Neubau umzog, der demnächst einer Generalsanierung unterzogen wird. In dieser Zeit entstand 1971 die erste Auflage des Handbuchs „Die Römer in Bayern", das bis 1978 vier Auflagen erlebte. 1984 übergab er das Museum in die Obhut von Hermann Dannheimer. Drei Jahrzehnte konnte er sich des darauffolgenden Ruhestands erfreuen. Noch im Dienst hatte er 1983 von der Universität Passau eine Honorarprofessur für Historische Hilfswissenschaften der Antike mit besonderer Berücksichtigung der Numismatik verliehen bekommen, wo er sodann Provinzialrömische Archäologie sowie keltische und römische Numismatik lehrte. In der Numismatik war Kellner von Anfang an in der vollen zeitlichen Breite dieses Faches tätig. Im Jahr der Promotion über römische Fundmünzen 1953 veröffentlichte er z. B. auch die Hellerfunde von Mönchsroth und Röttingen und zwei bayerische Spätmittelalterfunde aus Metten und Aidenbach und schrieb über mittelalterliche Münzstätten; zwei Jahre später erschien der erste Teil des Katalogs der neuzeitlichen Nürnberger Münzprägung. Auch als Direktor der Prähistorischen Staatssammlung fand er die Zeit für numismatische Publikationen. Zentral ist seine Beteiligung am Start des FMRD-Projekts, der Publikation der Fundmünzen der römischen Zeit in Deutschland: 1960 erschien sein Band zu Oberbayern, weitere Bände zu Mittelfranken und Niederbayern folgten, an weiteren Bänden arbeitete er mit. Im Rahmen der von Hugo Geiger herausgegebenen Bayerischen Münzkataloge legte er Bände zu Nürnberg und zu den Münzstätten in Niederbayern vor. Ihr Konzept abgespeckter Typenkataloge für den Sammler verfolgte er auch noch in den 1990er Jahren, als im Rahmen der Süddeutschen Münzkataloge Neubearbeitungen von Nürnberg und Passau erschienen. Von eminenter Bedeutung ist schließlich seine Bearbeitung der keltischen Fundmünzen von Manching und weiterer bayerischer Fundorte, die 1990 erschien und heute kaum mehr zu bekommen ist. Daneben publizierte er seit den frühen 1950er Jahren eine Fülle von Münzfunden durch alle Epochen: Kelten, Römer, Mittelalter und Neuzeit. In hohem Alter legte er noch 2004 im JNG Bd. 51-52 den Fund von Randersacker vor: über 4000 fast ausschließlich Würzburger Pfennige aus dem zweiten und dritten Viertel des 12. Jahrhunderts.

Ich lernte Kellner in den frühen 1980er Jahren als Student kennen, als ich eingeladen wurde, ihn in der Prähistorischen Staatssammlung zu besuchen. Noch heute habe ich die zweibändige Sächsische Münzkunde von Haupt, die ich damals von ihm geschenkt bekam. Aber auch weitere prägnante Begegnungen blieben in Erinnerung. Da ist der schon erwähnte gemeinsame Besuch einer

Gaststätte 1995 nach einem Vortrag von V. Potin in München zu nennen, und unvergessen ist sein Vortrag vor der Bayerischen Numismatischen Gesellschaft im Jahr 1991, als die Gesellschaft ihr 110-jähriges Bestehen feierte und er über seine 55-jährige Mitgliedschaft sprach. Im Jahr 2004 luden die numismatischen Institutionen in Wien Kellner ein, den Festvortrag auf dem 1. Österreichischen Numismatikertag in Wien zu halten. Mit 83 Jahren sprach er über Aspekte der Münzgeschichte des 18. Jahrhunderts im Bayerischen und Fränkischen Reichskreis. Im Rahmen einer Diskussion über Münzfunderfassung in Österreich stellte er verblüfft fest, dass ihm das erste Mal ein Metallsucher in persona im Gespräch gegenüber stand. Kellner war ein überzeugter Bayer. Bei seinen numismatischen Publikationen ist der durchgehende Bayernbezug unübersehbar: Prägungen aus Bayern, Funde aus Bayern. Er stand zu seiner Herkunft und vertrat sie überzeugt. Das war aber kein Ausdruck von Engstirnigkeit, sondern ein Eintreten für und ein Stehen zu seiner Herkunft und ein Votum gegen die Gleichmacherei, die er im Dritten Reich erlebt hatte.

Kellner war kein bequemer Mensch, weder für sich selbst noch für die anderen. Er vertrat seine Meinung, er mischte sich ein, er zog die Fäden, um seine Anliegen durchzusetzen. Oftmals gelang ihm das, manchmal freilich auch nicht, wenn er etwa mit seinem Bemühen, an einer bayerischen Universität einen numismatischen Lehrstuhl zu schaffen, chancenlos scheiterte. Aber er erreichte auch viel. Nur ein Beispiel sei genannt: Eine Stelle an der Prähistorischen Staatssammlung für seinen Schüler Bernward Ziegaus war ein Glücksfall für die keltische Numismatik, ist dieser doch heute der renommierteste Kelten-Numismatiker in Deutschland, der die wohl bedeutendste Sammlung keltischer Münzen in Deutschland betreut. Bis zuletzt hat Hans-Jörg Kellner, auch wenn er schon seit Jahren nicht mehr viel sehen konnte, in voller Präsenz Anteil genommen am wissenschaftlichen und politischen Leben, an Personen, denen er sich verbunden fühlte (auch ich bin für diese „Einmischung" dankbar), an aktuellen Entwicklungen jeglicher Art. Wenn er sich äußerte, ging es ihm immer um die Sache, niemals um seine Person.

Am 25. Juni 2015 hat uns mit Hans-Jörg Kellner ein bedeutender bayerischer und deutscher Numismatiker verlassen, der nicht nur viele Spuren hinterlassen, sondern in seinem glücklichen und erfüllten Leben viele wichtige Weichen gestellt hat. Vor allem aber hat uns ein Mensch verlassen, der sich für das Leben, für die Menschen in seiner Umgebung interessiert und eingesetzt hat.

 

Auswahl der Festschriften für Hans-Jörg Kellner und Verzeichnisse seiner Publikationen:

  • Jochen Garbsch (Redaktion): Spurensuche. Festschrift für Hans-Jörg Kellner zum 70. Geburtstag (Kataloge der Prähistorischen Staatssammlung, Beiheft 3), Kallmünz/OPf. 1991. Darin: Gisela Zahlhaas: Bibliographie Hans-Jörg Kellner (S. 11-30).

  • Hermann Dannheimer, Alois Schmid, Ludwig Wamser (Hrsg.): Festschrift für Hans-Jörg Kellner zum 80. Geburtstag (= Bayerische Vorgeschichtsblätter 65), München 2000. Darin: Gisela Zahlhaas: Bibliographie Hans-Jörg Kellner (S. 349-360).

  • Bernhard Overbeck, Matthias Barth: Eligius-Preis 2005: Hans-Jörg Kellner. In: Numismatisches Nachrichtenblatt 54, 2005, Heft 8, S. 323-333. Enthält: Matthias Barth: Schriftenverzeichnis Hans-Jörg Kellner (S. 324-333).

  • Hans-Jörg Kellner feiert seinen 90. Geburtstag (2. Dezember 2010) (http://www.muenzenwoche.de/de/New s/4?&id=350)

  • Matthias Barth: Hans-Jörg Kellner. In: Numismatisches Nachrichtenblatt 59, 2010, Heft 12, S. 462.

Hubert Emmerig


 

 
  Personalia NNB 8/2015  
 

 

Am 25. Juni 2015 verstarb Prof. Dr. Hans-Jörg Kellner, der 2005 für sein numismatisches Lebenswerk den Eligius-Preis der Deutschen Numismatischen Gesellschaft erhalten hat. Im NNB 8/2005, S. 323 ff., erschienen aus diesem Anlass eine Laudatio von Prof. Dr. Bernhard Overbeck und das Schriftenverzeichnis des Geehrten, zusammengestellt von Matthias Barth.

Hans-Jörg Kellner, geboren am 3. Dezember 1920, legte nach seinem Einsatz im 2. Weltkrieg und 4 Jahren sowjetischer Gefangenschaft 1953 seine Dissertation „Die römischen Fundmünzen aus dem nördlichen Teil von Raetien. Untersuchungen zum römischen Geldumlauf" vor (gedruckt 1960). Von 1960 bis 1984 war Kellner Direktor der Prähistorischen Staatssammlung in München. Hinzu kommt seine Tätigkeit als Hochschullehrer, besonders an der Universität Passau, wo er nach seiner Zeit am Museum sehr aktiv im Bereich Provinzialrömische Archäologie und keltische sowie römische Numismatik tätig war.

Prof. Kellner führte als Schriftleiter 1961-1970 (zusammen mit Konrad Kraft) und 1970-1974 (zusammen mit Harald Küthmann) das „Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte" der BNG, deren Erster Vorsitzender er 1968- 1971 war. Er verstand es als exzellenter Gelehrter, (numismatische) Wissenschaft und Sammlerschaft sehr produktiv zusammen zu bringen. Zuletzt wandte er sich im NNB 2013 an die deutschen Numismatiker mit dem beeindruckenden persönlichen Beitrag „Erinnerungen eines Münzensammlers. Zur Numismatik in den 1930er Jahren" (NNB 10/2013, S. 365 ff.)

Wir trauern sehr um Hans-Jörg Kellner und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Rainer Albert

 
     

 

Tyll Kroha (1929-2015)

  Tyll Kroha (1929 - 2015)
 
     
  Personalia NNB 5/2015  
 

Am 2. April 2015 verstarb der 1929 geborene Kölner Numismatiker Tyll Kroha. Tyll Kroha war eine weit über seine Heimat hinaus bekannte Persönlichkeit, er hat die Numismatik in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten sehr positiv beeinflusst. Den meisten Münzsammlern ist Tyll Kroha vor allem durch das „Kölner Münzkabinett" bekannt, seine von ihm Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts gegründete Münzenhandlung. Seine Firma ist in einem schmalen Haus, über mehrere Etagen verteilt, am Kölner Appellhofplatz untergebracht, in unmittelbarer Nähe zum Westdeutschen Rundfunk.

Genau 100 Auktionen hat Tyll Kroha selbst durchgeführt. Die Auktionskataloge des Kölner Münzkabinetts heben sich durch den weiß-roten Deckel - den Farben der Stadt Köln - von dem normalen Erscheinungsbild deutlich ab. Es war stets die Absicht Krohas, neben kostbaren und sehr wertvollen Stücken auch preiswerte Objekte aus allen Epochen der Geldgeschichte für seine Kunden anzubieten.

Tyll Krohas 1977 herausgegebenes „Grosses Lexikon der Numismatik" ist für Sammler und Händler gleichermaßen zu einem unentbehrlichen Nachschlagewerk geworden. Darüber hinaus haben die periodisch wechselnden Ausstellungen „Das Fenster" zur Münz- und Geldgeschichte aus der Sammlung der Kreissparkasse Köln die für Laien oft schwer zugänglichen historischen Münzen einem breiten Publikum näher gebracht. Seit Mitte der fünfziger Jahre hat er eigenverantwortlich und maßgeblich über 30 Jahre lang die Sammlung der Kreissparkasse aufgebaut und hier die bekannten Ausstellungen geleitet.

Tyll Kroha war eine schillernde Persönlichkeit mit starker Ausstrahlungskraft. Sein Witz, sein rheinischer Humor, aber auch seine Neigung, Kritik mit der ihm eigenen, feinsinnigen Ironie zum Ausdruck zu bringen, haben ihn für Kunden und Kollegen zu einem interessanten Gesprächspartner gemacht. Er war ein vielseitig interessierter und engagierter Mensch. Es war stets spannend, wenn er von seinen Erlebnissen und Begegnungen mit uns fremden Kulturen des ost-asiatischen Raumes berichtete oder von seinen Erfahrungen mit dem eigenen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb in seiner Heimat.

Tyll Kroha hat sich im Verband der deutschen Münzenhändler ehrenamtlich engagiert und war von 1977 bis 1986 dessen 2. Vorsitzender. In dieser Zeit habe ich als noch sehr junger Kollege den Verband geführt und von der Kreativität und dem Ideenreichtum Krohas profitieren können. Kroha fühlte sich als Münzhändler stets einem seriösen und ethisch einwandfreien Verhalten verpflichtet. Wegen seiner besonderen Verdienste hat die Deutsche Numismatische Gesellschaft Tyll Kroha den Eligius-Preis verliehen. Tyll Kroha hat sich um die Numismatik verdient gemacht.

Fritz Rudolf Künker

 
     

 

Bernard Poindessaul (1935-2014)

  Bernard Poindessault (1935-2014)
 
     
  Personalia NNB 12/2014  
 

In den 1970er Jahren hörte man in Paris immer wieder einen kleinen Scherz. Ja, es gäbe einen numismatischen Himmel, und der wäre beherrscht von Gottvater, Gottsohn und dem Heiligen Geist. Gottvater wurde mit dem großen Jean Vinchon identifiziert, Urgestein des Pariser Münzhandels seit 1945. Als Heiliger Geist galt Emile Bourgey. Und Gottsohn, das konnte niemand anderer sein als Bernard Poindessault, eifriger Verkünder der numismatischen Botschaft, der eine große Begabung darin entfaltete, Laien für die Numismatik zu begeistern. Um Bernard Poindessault trauert nicht nur seine Familie. Die numismatische Welt hat eine große Persönlichkeit verloren. Er starb am 12. Juli 2014.

Geboren wurde Bernard Poindessault als Kind zweier Juristen am 13. Juli 1935. So war es keine Überraschung, dass auch er sich nach der Schule für das Studium der Rechte entschied. Doch in den Jahren zwischen 1958 und 1961 kam der Militärdienst, und der gab seinem Leben eine neue Richtung. Im Laufe seiner militärischen Karriere wurde er nämlich nach Algerien geschickt, um in Khenchela eine Schule aufzubauen. Vor Ort erlebte der junge, begeisterungsfähige Mann, wie die Thermen der antiken Stadt Mascula ausgegraben wurden. Immer wieder kamen dabei Münzfunde zu Tage. Bernard Poindessault war hingerissen. Seit frühester Kindheit hatte er die Romane von Alexandre Dumas mit ihrem historischen Hintergrund förmlich verschlungen. Er hatte sogar eine kleine Sammlung von Sesterzen aufgebaut. Und nun erlebte er vor Ort eine Ausgrabung, entdeckte selbst einige Objekte, die heute in den Vitrinen des Museums von Konstantine ausgestellt sind. Nach dem Militärdienst wieder in Paris, arbeitete Bernard Poindessault in einer Pariser Versicherung. Seine gesamte Freizeit aber investierte er in die Numismatik. Er sammelte römische Münzen. Darüber hinaus hatte er das tiefe Bedürfnis, seine Leidenschaft für die Numismatik zu teilen. Und so wurde er ein Gründungsmitglied der Societe d'Etudes Numismatique et Archeologie, deren Präsidium er später übernehmen sollte. Er schuf die Zeitschrift Les Cahiers numismatiques und agierte als deren Redakteur. Und 1965 kam seine große Stunde. Er wurde von der Fernsehsendung „Avis aux Amateurs" von T.F.1 eingeladen, um sein Hobby vorzustellen. Was heute nichts wirklich Besonderes mehr wäre, war damals eine Sensation: T.F. 1 war der einzige Fernsehkanal, der in Frankreich empfangen wurde. Alle sahen Bernard Poindessault. Doch selbst die Fernsehprofis waren von dem Echo überwältigt. Mehr als 1.200 Briefe erreichten den Sender — so viele wie noch nie zuvor. In den 15 Monaten, die Bernard Poindessault brauchte, um sie alle zu beantworten, entschied er sich, Münzhändler zu werden. Schon nach zwei Jahren reichten die Geschäftsräume in der Rue Montpensier nicht mehr aus. 1969 erfolgte der Umzug in die Straße der Münzhändler, in die Nr. 38 der Rue de Richelieu, wo noch heute das Centre Numismatique du Palais Royal zu finden ist, das von seiner Frau Josiane weitergeführt wird. Neben der Arbeit eines Münzhändlers war Bernard Poindessault immer daran gelegen, die Numismatik zu fördern. So gab er drei Bücher heraus, von denen zwei von vielen Sammlern als Grundlage ihrer Tätigkeit benutzt wurden: Das Repertoire de la Numismatique Frarwaise Contemporaine und das Repertoire des Monnaies Napoleonides. Er initiierte die Zeitschrift Archeonumis und arbeitete als Generalsekretär, Vize-Präsident und Präsident aktiv mit in dem französischen Händlerverband Syndicat National des Experts Numismates et Numismates Professionnels, dessen Ehrenpräsident er war. Mit Bernard Poindessault verliert die numismatische Welt einen engagierten Vertreter, dem es gegeben war, auch Außenstehende und Nicht-Sammler zu begeistern. Ich habe einen Kollegen und Freund verloren, dem ich über die Numismatik verbunden war. Mein Mitgefühl gilt seiner Witwe, Josiane Vedrines-Poindessault, und der ganzen Familie.

Fritz-Rudolf Künker

 
     

Jean-Paul Divo (1937-2014)

  Jean-Paul Divo (1937 -  2014)
 
     
  Nachruf NNB 4/2014, S. 138 f
 
 

Jean-Paul Divo wurde am 8. August 1937 in Luxemburg geboren. Von den Eltern bekam er sein Interesse an Literatur, Kunst und Geschichte in die Wiege gelegt. Als Schüler konnte man ihn auf Feldern um Luxemburg finden, wo man damals römische Münzen förmlich vom Boden auflesen konnte. Die Abende wurden dann mit der Bestimmung der Münzen verbracht. Im luxemburgischen Münzverein lernte er den späteren Münzhändler Romain Probst und den Wissenschaftler Raymond Weiler kennen, Freundschaften, die ihn sein Leben lang begleiten sollten.

Als er 1958 nach seiner Militärzeit ein Inserat der Firma Seaby's in London für einen Münzhändlerposten las, meldete er sich und wurde angenommen. Das war der Start einer großen numismatischen Karriere. Sein beruflicher Werdegang war mannigfaltig. Er arbeitete zuerst bei den berühmten alten Firmen Seaby's, Bank Leu und Spink (dort als Geschäftsführer der Zürcher Niederlassung); danach als Teilhaber bei der Hess-Divo AG (vormals Adolph Hess AG).

Es ist beachtlich, dass er die Zeit und Energie fand, seine vielen Bücher und Publikationen zu schreiben. Einige werden wohl für immer Standardwerke bleiben. Sie sind ein Spiegelbild seines großen und breiten numismatischen Wissens. Mit Edwin Tobler schrieb er die Standardwerke für die Schweizer Münzen seit dem 17. Jahrhundert. Aber er interessierte sich auch für die Münzen des modernen Griechenlands, Großbritannien und zum Ende seines Lebens für Frankreich und das Elsass. Über französische Medaillen schrieb er zwei Werke mit seiner Ehefrau Francoise Page. Mich beeindruckten immer seine großen Kenntnisse und sein Interesse für zum Teil kleine Nebengebiete der Numismatik. Er sprach fließend Deutsch, Französisch, Letzeburgisch, Englisch, Italienisch und sogar etwas Japanisch, das er sich bei seiner Tätigkeit als Geschäftsführer von Spink-Taisei aneignete. Er leitete sogar einige Auktionen in Tokyo!

Jean-Paul Divo war Gründungsmitglied der Schweizer Standesorganisation der Münzenhändler und 1981 der Initiator des Otto Paul Wenger-Preises, den der Verband Schweizer Berufsnumismatiker (damals Verband Schweizer Münzenhändler) nun in unregelmäßigen Abständen an verdienstvolle Personen oder Institutionen in der Numismatik verleiht. 1997 erhielt Paul diesen Preis selbst für seine vielen Publikationen, Auktionskataloge und allgemeinen Verdienste um den Münzenhandel und die Numismatik. Nachdem er 14 Jahre als Sekretär und über 20 Jahre als Editor des Bulletins der AINP (dem Internationalen Verband der Münzenhändler) gedient hatte, wurde er 1997 zum Präsidenten dieser Organisa-tion gewählt. Das war für ihn die Krönung seiner Tätigkeit im Handel. Er hielt dieses Amt vier Jahre inne.

Am 20. Juli 2005 wurde ihm vom Großherzogtum Luxemburg ein Verdienstorden überreicht. Er wurde dadurch zum „Officier de l'Ordre de Mérite du Grande Duché de Luxembourg" ernannt.

Für alle Münzhändler die ihn kannten, ist sein Tod ein schmerzvoller Verlust. Die Zürcher Auktions- und Verbandsszene wird nicht mehr so sein, wie damals, als Paul im Auktionssaal saß oder bei einem Numismatiker-Treffen einen mitreißenden Vortrag hielt. Paul hinterlässt seine Frau Francoise Page-Divo, seine Töchter Juliet und Karin, Sohn Mark und Enkelin Lumi. Ihnen drücken wir unser aufrichtiges Beileid aus. Seine Kolleginnen und Kollegen werden ihn nicht vergessen und ihm ein ehrenvolles Andenken erhalten.

Lutz Neumann-Lysloff

 
     

 

Peter Berghaus (1919-2012)

  Peter Berghaus, 20.11.1919 - 16.11.2012
 
     
  Auszug aus NNB 01/2013  
 

Vier Tage vor seinem 93. Geburtstag ist Peter Berghaus, der Nestor der deutschen Numismatik, der Mitbegründer und erste Redakteur des Numismatischen Nachrichtenblattes, in Münster verstorben.Peter Berghaus

 

In der bundesdeutschen Numismatik der Nachkriegszeit war Berghaus ein Mann der ersten Stunde: 1951 zugleich Gründungsmitglied der Numismatischen Kommission der Länder, Mitbegründer, lange Geschäftsführer (1951-1968) und stellvertretender Vorsitzender (1972-1992) des Verbandes der deutschen Münzvereine und seitdem Ehrenpräsident der "Deutschen Numismatischen Gesellschaft - Verband der deutschen Münzvereine e.V.".

Als Redakteur des Numismatischen Nachrichtenblattes hat er über Aktivitäten, Aktuelles, Literatur, Münzfunde, Personen, Entwicklungen informiert. Als er zum Eligiustag 1960 die Schriftleitung an Dr. Günther Albrecht übergab, war die Auflage von 800 auf 1900 Stück gestiegen.

Was bleibt, sind seine Bücher und Schriften, die von ihm so stark bereicherten Sammlungen an Münzen und Graphiken im Landesmuseum, Brunnen, Schulen und Krankenhäuser in Indien und vor allem die Erinnerung an einen guten Freund, an einen begeisterungsfähigen und begeisternden Menschen.

Gerd Dethlefs


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