Eligiuspreis 2023 - Ulf Dräger

  Eligiuspreis 2023  
     
 

Während des 20. Deutschen Münzsammlertreffens in Dresden erhielt Ulf Dräger den Eligius-Preis 2023 der Deutschen Numismatischen Gesellschaft für sein Wirken für die Numismatik und die Deutsche Numismatische Gesellschaft. Nachstehend (leicht gekürzt) die Laudatio von Matthias Grimm auf den Preisträger ab.

 

Foto: Andreas Mayer

Foto Andreas Mayer

 

SAMMELN - BEWAHREN - ERFORSCHEN - VERMITTELN sind die tragenden Säulen von Numismatik und Museologie. Mit Ulf Dräger ehrt die Deutsche Numismatische Gesellschaft mit dem Eligiuspreis 2023 einen Numismatiker, der auf all diesen Gebieten über viele Jahre, ja Jahrzehnte Herausragendes für die Deutsche Numismatik und Medaillenkunst geleistet und überregionale Zeichen gesetzt hat.

Ulf Dräger wurde 1965 in Halle geboren. Nach Ablegung des Abiturs absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Fotografen. Es war gewiss nicht sein Traumberuf, jedoch die damit erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten waren für ihn bis heute, beispielsweise bei seinen Studienreisen im Nahen und Mittleren Osten, stets nützlich. Sein historisches Interesse verdankt er seinem Vater, der als Archivar am vormaligen „Geheimen Preußischen Staatsarchiv“ in Merseburg tätig war.

Erste Berührungen mit der Numismatik erhielt er 1983 während eines Praktikums bei Eva Wipplinger, die damals die Münzsammlung in Halle betreute. Hier arbeitete Ulf Dräger u. a. an der Vorbereitung einer Ausstellung über Luthermedaillen sowie einer Exposition über Notgeld mit. Das waren für ihn prägende Jahre.

Später studierte er Museologie an der Fachschule für Museologie in Leipzig. Das Studium war sehr praxisorientiert, so wurden Kunstgeschichte im Kunstgewerbemuseum in Pillnitz und Waffenkunde im Dresdner Armeemuseum vermittelt. Numismatik hörte er bei Professor Röblitz in Leipzig. Das Studium beendete unser Preisträger 1988 mit dem Diplom. In seiner Diplomarbeit behandelte er Medaillenentwürfe von Karl Friedrich Schinkel. Die Arbeit wurde publiziert und erschien 1993 mit dem Titel „Entwürfe für Medaillen und Orden von Karl Friedrich Schinkel 1812 bis 1818“ im Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte.

Nach dem Studium setzte man die Absolventen damals für drei Jahre an einem vorgegebenen Bestimmungsort ein. Glücklichen Umständen ist es zu verdanken, dass er weder in Altranft ein Landwirtschaftsmuseum noch in Wermsdorf eine Karl-Liebknecht-Gedenkstätte aufbauen musste, denn Eva Wipplinger holte ihn im Herbst 1988 als wissenschaftlichen Mitarbeiter und ihren späteren Nachfolger nach Halle auf die Moritzburg.

1990 benannte er programmatisch die von ihm betreute Sammlung wieder als „Landesmünzkabinett Sachsen-Anhalt' übrigens die einzige museale Neugründung dieser Art im 20. Jahrhundert in Deutschland - die Münzkabinette in Dresden, Berlin, Gotha und München sind bekanntlich viel länger historisch gewachsen.

Hauptaufgaben des Landesmünzkabinetts sind die numismatische Betreuung aller Museen des Landes, die Koordinierung der Forschung und die Ausbildung von Studenten. Diesen Ausgaben widmet sich unser Preisträger seither mit Freude, Tatkraft sowie immer neuen Ideen und Projekten. Den Ausbau der Moritzburg zum Kunstmuseum konnte Ulf Dräger aktiv begleiten und 2008, nach Abschluss der Baumaßnahmen, vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler aus erster Hand erfahren, dass in Halle das damals modernste Museum Deutschlands entstanden war. Der rekonstruierte Gebäudekomplex ist eine gelungene Symbiose zwischen historischer Bausubstanz und architektonisch zweckmäßiger Einfügung moderner musealer Ausstellungsbereiche.

Ulf Dräger ist nunmehr seit fast 35 Jahren mit stets wachsenden Aufgaben und neuen Verantwortlichkeiten tätig, was in der Kürze der Zeit nur angerissen werden kann. Sein Blick reicht weit über die Numismatik hinaus. Neben seiner Tätigkeit als Leiter des Landesmünzkabinetts ist er seit 2010 außerdem Kurator der Sammlung Kunsthandwerk und Design des Halleschen Kunstmuseums in der Moritzburg. Und im September 2018 wurde er zum Vorsitzenden des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt gewählt. Der Museumsverband umfasst 230 Museen und damit historische, kunsthistorische und naturkundliche Objekte von Zeitz bis Salzwedel und von Wernigerode bis Wittenberg, um nur bekannte Städte an den Endpunkten der geografischen Achsen von Sachsen-Anhalt zu nennen. Er ist hier natürlich kein Einzelkämpfer - im Vorstand arbeiten zehn und in der Geschäftsstelle sieben Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Seit 1991 vertritt Ulf Dräger, übrigens als erster Vertreter aus den neuen Bundesländern, das Land Sachsen-Anhalt in der Numismatischen Kommission der Länder der Bundesrepublik Deutschland. Kommen wir auf die eingangs genannten Tätigkeitsschwerpunkte zurück. Als er die Münzsammlung von Eva Wipplinger übernahm, umfasste diese etwa 60.000 Objekte, darunter rund 20.000 Münzen und Medaillen sowie über 30.000 nicht erfasste Geldscheine. Durch Restitutionsforderungen musste Halle rund 15.000 Stücke zurückgeben. Grund genug, um den Sammlungsbestand gezielt zu erweitern. Bis 2003 gab es dafür ein Budget, danach galt es für ihn neue Quellen zu erschließen.

Halle ist seit Jahrzehnten über die Landesgrenzen hinaus durch seine Bildhauer und Medailleure bekannt. Der große hallesche Künstlerkreis, geprägt durch das Studium an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein, bei Gustav Weidanz, Gerhard Lichtenfeld, Bernd Göbel und Carsten Theumer, pflegt einen engen Kontakt zum Kunstmuseum und gemeinsam mit Ulf Dräger werden Projekte, Ausschreibungen und Wettbewerbe ausgerichtet. Vor allem junge Künstlerinnen und Künstler konnten sich darüber profilieren, wodurch die Sammlung durch Schenkungen und Ankäufe auch Zuwachs an neuen, zum Teil avantgardistischen Schöpfungen der deutschen und europäischen Kunstmedaille erhielt. Eine 2012 erhaltene Schenkung von ca. 2.500 chinesischen Münzen des früheren DDR-Diplomaten und Dozenten Prof. Dr. Joachim Krüger sollte den heute international anerkannten Ruf des Landesmünzkabinetts als bedeutendste Forschungsstätte zur chinesischen Numismatik außerhalb Chinas begründen. So fanden auch die Prägestempel chinesischer Münzen der deutschen Firma Otto Beh aus Esslingen, chinesische Münzen eines Konsortiums amerikanischer und chinesischer Münzhändler unter Michael Hans Lun Chous sowie die Sammlung von Howard Franklin Bowker mit ca. 6000 Objekten, darunter das einzige Exemplar des ältesten Münzbarrens außerhalb Chinas, als Schenkungen den Weg nach Halle. Von 2013 bis 2017 baute unser Preisträger damit die Chinasammlung auf. Es gelang ihm, für die Bearbeitung dieses Gebietes interessierte und fachkundige Mitstreiter zu gewinnen. Folgerichtig würdigte man diese bedeutenden Zugänge sowie die Forschungsergebnisse im Jahr 2016 mit einer Sonderausstellung. Die hier geleistete Forschungsarbeit zur chinesischen Numismatik wird international geachtet. Selbst das Britische Museum orientiert sich nach den Bestimmungen und Zuweisungen aus Halle.

Heute umfasst die Münzsammlung des Landesmünzkabinetts Sachsen-Anhalt ca. 120.000 Münzen, Medaillen, Geldscheine und andere numismatische Objekte, darunter die Sammlung Mansfeld mit etwa 1500 Münzen, die man bereits 1920 von Karl Vogelsang mit dem originalen Münzschrank erworben hatte, sowie die Anhalt-Sammlung von Guido

Banse mit rund 4000 Objekten. Letztere konnte Ulf Dräger 2019 um mehr als 200 wichtige Münzen und Medaillen aus der Sammlung Heinz Thormann ergänzen. Außerordentlich beachtlich sind die numismatischen und kunsthistorischen Ergebnisse der Forschungstätigkeit unseres Preisträgers. Im Zeitraum von 1985 bis 2022 liegen von ihm 285 Veröffentlichungen vor. Diese umfassen vor allem Fachbeiträge in wissenschaftlichen Publikationen über Numismatik und Medaillenkunde, Schriften über die Sammlungen des Kunstmuseums, Artikel in Jahrbüchern numismatischer Vereine, Münzfundbeschreibungen, Rezensionen und natürlich eine Vielzahl von Katalogbeiträgen von Sammlungen und Ausstellungen. Bei vielen Editionen fungierte er als Herausgeber bzw. Mitherausgeber. Eine der Hauptaufgaben des Landesmünzkabinetts ist die Ausbildung von Studenten und ist selbstredend ein Tätigkeitsschwerpunkt von Ulf Dräger. Neben der Abhaltung von Seminaren und anderen Lehrveranstaltungen - seit 1991 regelmäßig an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, der Universität Leipzig, der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig sowie der Kunsthochschule Halle-Burg Giebichenstein - hat er mittlerweile 14 Studenten bei der Erarbeitung von 5 Diplomarbeiten, 3 Bachelor- und 6 Masterarbeiten betreut, mit Jens Heckl auch einen Doktoranden.

Darüber hinaus ist sicher jedem klar, dass zu seinem breiten Wirkungsspektrum als Leiter des Landesmünzkabinetts Medailleneditionen gehören. Dreißig Stück gehen inzwischen auf seine Initiative bzw. Mitwirkung zurück. Besonders stolz ist er darauf, dass seit nunmehr 15 Jahren der Hallesche Kunstverein für seine Heimatstadt Halle alljährlich eine Jahresmedaille herausgibt. Heute gehört die Präsentation von Museumsobjekten über das Medium Internet schon zum Alltag. Ulf Dräger ist auf diesem Gebiet ebenfalls ein Vorreiter, so hat u. a. das Projekt KENOM mit aufgebaut. Und als die Museen während Corona schließen mussten, hat er mit seinem Team die Museumsarbeit mit interessanten kulturellen, kunsthistorischen und natürlich auch numismatisch belegten Beiträgen über die Homepage des Kunstmuseums online gestellt, und zwar als einer der ersten im Lande. Die Themen - immerhin 23 an der Zahl - machen neugierig, wie beispielsweise „Das Rad für den Dreh unserer Zeit", „Ei! Wie schmeckt der Coffee süße" oder

„Vergangen sei das Übel, froh die Zukunft". Die von ihm mitverfasste Corona-Hilfe-Box für die Museen nutzen Häuser in mehreren Bundesländern. Das Konzept wurde lange vor dem der Bundesliga veröffentlicht!

Abschließend sollen noch einige seiner über die berufliche Arbeit hinausgehenden Aktivitäten erwähnt werden.

Ulf Dräger ist Mitbegründer der Numismatischen Kommission Sachsen-Anhalt, Ehrenmitglied in den Numismatischen Vereinen Halle und Magdeburg. Von 2004 bis 2010 war er Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst und von 2004 bis 2019 Vizepräsident der Deutschen Numismatischen Gesellschaft. Ebenfalls ab 2004 bis 2021 bekleidete er das Amt des Vorsitzenden der Gitta-Kastner-Forschungsstiftung. Neben mehreren Funktionen auf Landesebene ist er seit 2008 auch Kurator für den Halleschen Kunstpreis. Ebenso war er an der Konzeption und Verleihung des Deutschen Medailleurpreises „Johann Veit Döll“ in den Jahren 2008 bis 2014 beteiligt. Nicht zu vergessen der von ihm geförderte Arbeitskreis Mittelaltermünzkunde, unlängst wieder unter Regie des Magdeburger Münzvereins ausgerichtet.

Im Rahmen des von ihm initiierten und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes „Rares-Bares. Digitalisierung mitteldeutscher Fundmünzen" und des anschließenden Landesprojektes SESAM (Systematische Erfassung Sachsen-Anhaltischer (Fund) Münzen) werden 4,5 Millionen EUR (!) bereitgestellt, sind sechs Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über mehrere Jahre angestellt und mit Dienstwagen sowie Büros ausgestattet. Jede Fundmünze erhält mit dem vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut Magdeburg entwickelten modernsten Analysegerät unserer Zeit O.S.C.A.R. (Optical System for Coin Analysis and Recognition) einen „digitalen Fingerabdruck' Und unlängst hat Sachsen-Anhalt den Zuschlag für das Zukunftszentum Deutschlands erhalten. Millionen werden fließen. Ich bin gespannt, was sich Ulf Dräger dabei wieder einfallen lässt. Eines dürfte feststehen, er wird sich ganz sicher für die Numismatik 5.0 starkmachen, Wünschen wir ihm bereits dafür und natürlich für die Erfüllung seiner umfangreichen Tagesaufgaben und Projekte allzeit Tatkraft, unerschöpfliche Ideen und beste Gesundheit!

 

 

Eligiuspreis 2022 - Ralf Fischer zu Cramburg

  Eligiuspreis 2022  
     
 

Eligiuspreis 2022 ,  Ralf Fischer zu Cramburg

 

Foto: A. Meyer, DNG

Laudatio auf den Eligius-Preisträger 2022, Dr. Ralf Fischer zu Cramburg

19. Deutsches Münzsammlertreffen, Wuppertal, 27. August 2022

Gerd Dethlefs

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Münzfreunde!

Die Jury hat den diesjährigen Eligiuspreis einem noch relativ jungen Numismatiker zuerkannt, wenn man so auf das Alter der in den letzten Jahren gekürten Preisträger schaut. Unter den professionellen Numismatikern, ob es nun Wissenschaftler oder Händler sind, ist nur einmal ein aktives Mitglied der Numismatischen Kommission ausgezeichnet worden, sonst wird in der Regel ein Lebenswerk gewürdigt.

Aber jeder Leser des NNB versteht die Ehrung sofort: seit September 2015 erscheint in fast jedem Heft eine Folge der Serie MFRP – „Münzfunde in Rheinland-Pfalz“, mit dem Septemberheft 2022 inzwischen 71 Folgen mit 306 Druckseiten: und das ist ganz wesentlich Ihrer Initiative zu verdanken, lieber Herr Fischer zu Cramburg – und natürlich auch dem Redakteur Dr. Rainer Albert. Und dass wir nicht die einzigen sind, die das für lobenswert halten, ist verständlich: im vorigen Jahr erhielten Sie den „mérite européen“ der gleichnamigen Stiftung für Ihre langjährige Tätigkeit in Brüssel für Verdienste um die kulturelle Verständigung in Europa, wobei ein Nebensatz der Begründung auch Ihre Schriftenreihe im NNB würdigte, die „anschaulich das Bild eines vereinten Europas“ zeichne, „das zumindest währungspolitisch in vielen Teilen schon Jahrhunderte vor dem Euro eine Einheit und damit einen Referenzpunkt für die Gegenwart bildete“. Und im Juli sind Sie zum Ehrenpreisträger der GIG ernannt worden – unsere Kür erfolgte allerdings im April ohne Kenntnis dieser Auszeichnungen.

Aber Ehre, wem Ehre gebührt! In Koblenz wirken Sie als ehrenamtlicher Geschäftsführer der 2011 gegründeten Liebenstein-Gesellschaft, die sich einerseits für Sozialprojekte vor allem in der internationalen Kinder- und Jugendhilfe und andererseits für die Münzfundpflege engagiert. Für die Liebenstein-Gesellschaft haben Sie mit der für die Bodendenkmalpflege in Rheinland-Pfalz zuständigen Behörde, der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE), 2014 einen Vertrag abgeschlossen, um für die „Bestimmung, Sicherung, Registrierung und Publikation von Münzfunden“ zu sorgen. Diese Gesellschaft vereint Gleichgesinnte um den Gründungspräsidenten Dr. jur. Diethardt Freiherr von Preuschen von und zu Liebenstein (1935–2016), einem ehemaligen Staatssekretär und Kulturpolitiker, den ich selbst als Anwalt für einen von liberalen Grundsätzen geprägten Kulturgüterschutz kannte. Liebenstein war seine ererbte Burg am Mittelrhein.

Und die Liebenstein-Gesellschaft hat, wie angedeutet, einen Kreis prominenter Unterstützer, die bei den Aufgaben der Münzfundpflege in einem wissenschaftlichen Beirat mitwirken. Die bearbeiteten Funde werden erstens online publiziert auf der Münzfundplattform, die auch die Numismatische Kommission der Länder nutzt – KENOM, das heißt „Kooperative Erschließung und Nutzung der Objektdaten von Münzsammlungen“, zudem werden die wichtigeren im NNB publiziert. Die 71 bisherigen Folgen der MFRP – und jetzt sei bitte etwas Statistik erlaubt – sind wohl entsprechend dem Fundaufkommen überwiegend der Neuzeit gewidmet, 29 ½, dann 24 ½ dem Mittelalter und 17 der Antike – die Halbierungen ergeben sich aus Streufunden von einem Fundplatz. Von den 306 Seiten sind entsprechend 122 Seiten neuzeitlichen, 107 mittelalterlichen und 77 Seiten antiken Münzen gewidmet, damit wird also ein breites Themenspektrum abgebildet entsprechend den breit gestreuten Interessen der NNB-Leser. Es werden sowohl Neufunde wie auch bedeutende und meist unpublizierte Altfunde behandelt.

Die Beiträge stammen von 23 Autoren, die sich auf bestimmte Themen spezialisiert haben, oft auch gemeinsam Beiträge liefern. Die meisten, 31 Beiträge und Beteiligungen kann mit 106 Seiten Konrad Schneider aufweisen, der neuzeitliche und spätmittelalterliche Fund bearbeitet, früherer Frankfurter Stadtarchivar und längst Pensionär, schon vor 25 Jahren mit Ihrem Vorstandsmitglied Gerd-Martin Forneck einer der ersten Eligius-Preisträger. Dann schon folgen Sie, Herr Fischer, mit 13 Beiträgen und 54 Seiten meist zur hochmittelalterlichen Numismatik. Ihre Beiträge datieren vor allem in die ersten Jahre, als die Reihe noch im NNB zu etablieren war. An dritter Stelle steht für die Antike Prof. Sven Günther, der in Nordchina eine Professur für Klassische Altertumswissenschaft hat, mit zehn Beiträgen und 43 Seiten, von denen zwei sogar mit Unterstützung chinesischer Studenten entstanden. Unter den übrigen Autoren hervorzuheben sind vier Mitarbeiter der GDKE mit zehn Beiträgen und 34 Seiten sowie vier Mitarbeiter der Liebenstein-Gesellschaft mit 13 Beiträgen und 30 Seiten (hier sind Mitautorenschaften anteilig berechnet). Die übrigen sind teils Mitglieder Ihres Beirates, so der britische Numismatiker Simon Coupland als führender Spezialist für die Karolingerzeit mit nun vier Beiträgen und 24 Seiten, Dr. Karl Weisenstein für das 15. Jahrhundert; sowie einige hinzugezogene externe Spezialisten für bestimmte numismatische Themen wie Florian Haymann für Antike, für Mittelalterliches die Eligiuspreisträger Peter Ilisch und Klaus Giesen, Kollegen aus der Numismatischen Kommission wie Stefan Kötz, Ralf Wiechmann und Claudia Klages, die sogar eine Kooperation für die Publikation von Funden im NRW-Rheinland mit Ihnen abgeschlossen hat. Eine vergleichbare Reihe in Niedersachsen hat immerhin begonnen.

Meine Damen und Herren, mit diesen trockenen Zahlen möchte ich Sie nicht langweilen, sondern zeigen, wie ein numismatisches Netzwerk funktioniert, wie ein Stein, der einmal ins Wasser geworfen, bei ausreichendem Gewicht weite Kreise zieht. Und es ist unser ausdrückliches Anliegen, die vielen Mitwirkenden Ihres Projektes zu würdigen und zu ermutigen0. Und positiv anzumerken ist, dass zum Publikumsecho auch der Widerspruch gehört; ob die Einordnung eines Fundensembles als Schatzfund richtig ist, oder ob es nicht vielmehr als Streufund aus einer Siedlung anzusprechen ist, also als Häufung von Einzelfunden.

Und wenn ich jetzt die wissenschaftliche Qualität der Beiträge würdigen wollte, müsste ich meine Redezeit um mindestens zehn Minuten überziehen. Das liegt mir fern. Die genannten Namen bürgen allein schon für Qualität. Und es wird eben nicht nur eine trockene Auflistung der Fundmünzen geboten, sondern eine Würdigung und Interpretation auf hohem Niveau, mit Hinweis auf andere Funde, währungs- und geldgeschichtlicher Einordnung. Genau das macht Ihre Serie so attraktiv für Leser; ich bin regelmäßig erstaunt, selbst halbwegs Bekanntes in lesbarer Form neu zu verstehen. So bereitet Numismatik Freude.

Wenigstens auf die Beiträge aus Ihrer Feder will ich kurz eingehen. Sie besprechen oft neue mittelalterliche Münztypen, wie einen Pfennig des Erzbischofs Albero von Trier aus dem ersten Drittel des 12. Jahrhunderts – aus einer Zeit, aus der kaum Münzfunde geborgen werden. Funde leichterer Pfennige des 11. Jahrhunderts erlauben Schlüsse auf kleinregionale Unterwährungssysteme des führenden Kölner Pfennigs. Ihr Themenspektrum reicht von friesischen Sceattas des Frühmittelalters bis zur zweiten Kipperzeit Ende des 17. Jahrhunderts, Sie stellen anhand eines neu entdeckten Fundes den letzten Cramberger Kreuzer von 1685 vor, oder nehmen den Fund eines Kipperguldens im Schatz von Karbach zum Anlass, Spuren des Stempelschneiders und Münzfälschers Johann Heinrich Diehl im Westerwald zu verfolgen. Münzen werden so Tore zur Geschichte. Ihre Publikationsreihe nutzt der Fachwissenschaft ebenso wie der numismatischen Öffentlichkeit, Sammlern und Händlern.

Schon länger ist die Münzfundpflege Ihr persönliches Anliegen. In Ihrer juristischen Dissertation, abgeschlossen 2001 und ungewöhnlich rasch noch in demselben Jahr publiziert, haben Sie das deutsche Schatzregal untersucht, unter Einbeziehung der Rechtstraditionen von der Antike bis zum BGB, ein bis dahin wissenschaftlich vernachlässigtes Thema, das aber durch ein seit den 1980er Jahren erhöhtes Fundeinkommen vor allem wegen der Sondengänger und wegen des von den archäologischen Fachbehörden nach und nach in vielen Bundesländern durchgesetzten Schatzregals höchst aktuell ist. Die Lektüre kann ich nur sehr empfehlen. Dabei sehen Sie – wie viele Fachnumismatiker – ein Schatzregal kritisch. Die Problematik erschließt sich, wenn man die Folgen eines Schatzregals für die Meldefreudigkeit der Finder statistisch erfasst, und die relativ geringen Meldungen mit den Ländern vergleicht, in denen wie in England lediglich eine Meldepflicht und bei sehr wichtigen Funden ein Vorkaufsrecht des Staates besteht, das sich dem materiellen Wert annähert. Kulturgüterschutz geht nicht zum Nulltarif.

Sie haben damit deutlich gemacht, dass es wichtiger ist, einen Münzfund zu kennen, als ihn zu haben; Wissen ist wichtiger als der Besitz, und nur, was man kennt, kann man auch schützen. Wenn das Schatzregal dazu dient, staatliche Etats zu entlasten, also primär fiskalischen Interessen nutzt, pervertiert es das sicher berechtigte Anliegen, Münzfunde als Kulturgüter zu schützen. Und sehr oft genügt es, die Zusammensetzung eines Schatzfundes zu kennen; mehr als 95% der von Sondengängern gemachten Funde sind ohnehin wissenschaftlich wenig interessant, wenn sie bekannte Erkenntnisse nur bestätigen; ein Registrieren genügt hier.

Leider hat das weder Archäologen noch Kulturpolitiker überzeugt – aber dafür haben Sie dann mit der Liebenstein-Gesellschaft eine Münzfundpflege auf privater Basis etablieren helfen.

Diese Praxis mildert jedenfalls das Problem der fachlichen Überforderung der Bodendenkmalpflege, die vielen Funde zu bearbeiten, zu registrieren und zu publizieren. Manchmal wird das damit begründet, die Universitäten bildeten keine Numismatiker mehr aus – tatsächlich gibt es Defizite bei der Mittelalternumismatik, doch nicht wenige Absolventen, die antike Numismatik und damit das Methodenspektrum beherrschen und bei ausreichender wissenschaftlicher Neugier sich in die späteren Epochen einarbeiten können. Das Problem ist vielmehr, dass die wenigen Stellen für Numismatiker an den Museen immer mehr gestrichen werden und die Behörden der Bodendenkmalpflege, wenn eine Münze aus einer Ausgrabung bestimmt und die zugehörige Schicht datiert ist, an einer Publikation oft uninteressiert ist. Die Fragestellungen von Archäologen sind eben andere als die von Numismatikern. Umso bemerkenswerter ist es, dass Sie Kollegen der GDKE als Autoren gewinnen konnten.

Der Rückzug der öffentlichen Hand aus der Münzfundpflege ist dabei durchaus kritisch zu sehen; ist es der erste Schritt zur Privatisierung der Bodendenkmalpflege, wie man es in den Niederlanden besichtigen kann? Denn sobald ein etwas spektakulärer Fund geborgen wird, braucht man Fachleute mit längerer Erfahrung. Alle, die Verantwortung in Kulturpolitik und Bodendenkmalpflege tragen, gehören daran erinnert, dass im Bereich der Numismatik und der Münzfundpflege mit einem überschaubaren Aufwand wichtige, auch eine breitere Öffentlichkeit interessierende Erkenntnisse gewonnen werden können.

Lieber Herr Fischer zu Cramburg: mit Ihrem Tun setzen Sie dabei auch Maßstäbe der Münzfundpflege über das Bundesland Rheinland-Pfalz hinaus: nur eine publizierte Fundmünze stiftet wissenschaftlichen Nutzen! Die Preisverleihung an Sie soll dazu ermutigen, Münzfunde zeitnah zu veröffentlichen. Viele Kolleginnen und Kollegen der Numismatischen Kommission in Museen und Bodendenkmalpflege arbeiten in ihren Sprengeln daran. Und immerhin greift die Initiative nun auch in das nördliche Rheinland aus. Möge der von Ihnen ins Wasser geworfene Stein weitere Kreise ziehen. Mit dem herzlichen Glückwunsch verbindet sich die Bitte: weiter so!


Gerd Dethlefs

 

 

Eligiuspreis 2021 - Peter Ilisch

  Eligiuspreis 2021  
  Quelle: NNB 11/21, S. 447 f.  
 

Eligiuspreis 2021 Peter Ilisch

 

Eligiuspreis Verleihung2021

 Foto: A. Meyer, DNG

 

Laudatio

In diesen Wochen des Spätsommers und Frühherbstes ist Erntezeit; die Getreideernte längst eingebracht, die Obsternte läuft, am morgigen Wahltag ernten die Politiker das, wofür sie vier Jahre gewirkt haben, demnächst beginnt die Weinlese - und am kommenden Sonntag, am 3. Oktober, ist Erntedankfest. Einen solchen numismatischen Erntedank dürfen wir heute festlich begehen, indem wir Peter Ilisch für ein beeindruckendes Lebenswerk ehren, für sein Leben im Dienste der Numismatik. 33 Jahre hat er als westfälischer Landesnumismatiker gewirkt und das Münzkabinett des Westfälischen Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte in Münster geleitet, Wichtiges publiziert und zahllose Vorträge auf Tagungen und in deutschen Münzvereinen gehalten. Etwa die Hälfte dieser 33 Jahre durfte ich als Referent für die Landesgeschichte sein Kollege am Landesmuseum sein; wir haben uns gegenseitig vertreten - ich weiß also, über wen ich spreche und auch, dass dem Geehrten Lobreden grundsätzlich verdächtig sind und er hier wohl nur eine lästige Pflicht absolviert. Aber Ehre, wem Ehre gebührt!

Ich will mich daher an die Fakten halten und mich bewusst kurz fassen - soweit das geht. Peter Ilisch ist Münsterländer, stammt mütterlicherseits aus einer Zeitungsverlegerfamilie, während sein Vater aus Westpreußen zugewandert war; Vorfahren lebten in Thorn. War ihm so ein breiteres historisches Interesse quasi in die Wiege gelegt? Jedenfalls interessierte er sich schon als Jugendlicher für Münzen, begann als Sammler. Man kann nicht häufig genug betonen, dass das Sammeln als anerkannte Kulturtechnik der Nährboden jeglicher numismatischer Wissenschaft und Erkenntnis ist. Um eine nicht identifizierbare Münze zu bestimmen, meldete er sich bei dem damaligen Landesnumismatiker Peter Berghaus, schon als Vierzehnjähriger besuchte er ab 1961 die Monatstreffen der Münzfreunde Münster und trat um 1965 dem westfälischen Münzverein bei. Berghaus wurde dann Begleiter und Mentor des Studenten Peter Ilisch, der an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Geschichte, Historische Hilfswissenschaften und Volkskunde studierte und mit Niklot Klüßendorf und Fritz-Rudolf Künker einer der erfolgreichsten Schüler von Berghaus war. Dabei ging er aber eigene Wege. Wirkte Berghaus als Rotarier sozial-karitativ, engagierte sich Ilisch politisch-progressiv, setzte sich für die Verbesserung der politischen und sozialen Strukturen ein - darin ganz ein Verfechter der Ideen von 1968 und in der SPD aktiv. Später im Landesmuseum gehörte er lange Jahre dem Personalrat an. Entsprechend interessierte ihn die Geschichte „von unten“ der Menschen auf dem Lande, der Bauern und Kötter, wie sie lebten und dachten. Mit einer Arbeit zur Agrargeschichte seiner Heimatstadt Billerbeck erwarb Ilisch 1971 den Grad eines Magister Artium, war 1972 bis 1974 Volontär am Landesmuseum und promovierte 1974 mit einer Arbeit über die mittelalterlichen und neuzeitlichen Münzfunde und den Geldumlauf im westlichen und südlichen Westfalen.

Danach lebte er von Werkverträgen für Museen, bearbeitete etwa die Münzsammlung des Rijksmuseums Enschede und wirkte als Redaktionsassistent von Anton Kappelhoff für das damals in Emden erscheinende „Numismatische Nachrichtenblatt“. Kurzzeitig im Schuldienst in Neubeckum tätig, wurde er dann 1977 Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für religiöse Volkskunde und sammelte Material für den 1992 erschienenen Katalog der Kirchen- und Altarpatrozinien Westfalens, bis er Anfang 1979 die Nachfolge des zum Museumsdirektor avancierten Peter Berghaus als Betreuer des Münzkabinetts am Landesmuseum antrat. Die Sammlung hat sich in seiner Zeit etwa verdoppelt; es gelang der Erwerb mehrerer wichtiger Schatzfunde und zahlreicher Seltenheiten. Auch zum Münzhandel hatte er ein insgesamt gutes Verhältnis; so hat er zeitweise Münzbestimmungen übernommen und dafür Schenkungen für das Münzkabinett erhalten. Allerdings schritt er ein, wenn ihm illegal geborgene Schätze und Münzen aus Raubgrabungen auffielen, was sogar zu erfolgreichen Hausdurchsuchungen führte und Funde für Kollegen im Baltikum sicherte. Ihm als Vorstandsmitglied des 2016 gegründeten „Fördervereins für öffentliche Münzsammlungen in Westfalen“ werden viele Ankaufsvorschläge verdankt.

Seine Hauptaufgabe war die Erfassung und Bearbeitung der westfälischen Fundmünzen, um Münzen als Geschichtsquellen aufzuarbeiten. Dass dies seinen Neigungen und Interessen mehr als entsprach, braucht nicht betont zu werden, rühmenswert aber sein sehr überdurchschnittliches Engagement hier. 1980 erschien seine Dissertation mit dem Fundkatalog der Regierungsbezirke Arnsberg und Münster, 1992 folgte ein Band mit den Münzfunden Ostwestfalens. Die Neufunde ab 1981 wurden regelmäßig in der Fundchronik der westfälischen Archäologen veröffentlicht - der letzte Band mit den Funden bis 2010 als Online-Manuskript. Man verinnerliche, dass nur eine publizierte Fundmünze wissenschaftlichen Nutzen für die Numismatik stiftet.

Die gründliche Fundbeobachtung setzte Maßstäbe, auch die Zusammenarbeit mit den von Archäologen ungeliebten, aber in stark wachsender Zahl aktiven Sondengängern und die Mitarbeit in Fundforen. Die sorgfältige Funderfassung bis hin zu den bis dahin eher vernachlässigten neuzeitlichen Einzel- und Streufunden brachte großen Ertrag. So konnte er aufgrund von Lesefunden ganzer und halbierter Pfennige des 11. Jahrhunderts beweisen, dass es in dieser sonst so fundarmen Zeit in Westfalen doch einen Münzumlauf gab und die Münzen nicht ausschließlich als sogenannte „Fernhandelsdenare“ für den Export in den Ostseeraum geprägt wurden. Die Bearbeitung der hochmittelalterlichen Pfennige des 10. bis 12. Jahrhunderts mithilfe der Stempelanalyse, vor allem die Klassifizierung und Lokalisierung vieler der sperrigen und unansehnlichen Imitationen Kölner Pfennige, ist sein Spezialgebiet, die Ergebnisse sind bahnbrechend. 1993 erschien der Katalog der münsterischen Mittelaltermünzen; grundlegend auch seine Kataloge der Münzen dieser Zeit aus Niederlothringen, dem Gebiet der Benelux-Länder, 1999 und 2014. Dafür erhielt er die Goldmedaille von Teyler's Genootschap in Haarlem und 2014 die Ehrenmitgliedschaft der Koninklijk Nederlands Genootschap voor Munt- en Penningkunde. Peter Ilisch ist auch international gut vernetzt, schreibt etwa an der in Cambridge von Philip Grierson begründeten Medieval European Coinage den Band über Norddeutschland. Immerhin 40 Autoren beteiligten sich an der ihm zum 65. Geburtstag 2012 gewidmeten Festschrift „Nummi docent“ - Münzen belehren.

Sein Schriftenverzeichnis dort umfasst weit über 400 Titel; mindestens elf haben wir damals sogar übersehen. Bernd Kluge hat Peter Ilisch zu seinem 65. Geburtstag als einen Meister der kleinen Form, der Miszelle gerühmt, der auch kleine Erkenntnisse und Neubestimmungen sofort publiziere (NNB 2012/4 S. 152f.) Nach seiner Pensionierung ging er dann zur großen Form über: 2013 bis 2017 erschienen in vier dickleibigen

Bänden der Katalog der hochmittelalterlichen Fundmünzen in Polen, ein von der Numismatischen Kommission, der er seit 1981 angehörte und der er als aktives Mitglied, zeitweise als 2. Vorsitzender diente, und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördertes, seit 1996 betriebenes Großprojekt, sowie 2014 der zweite Niederlothringen-Band. Hinzu kommen zahllose Vorträge in unserem Verein - keine Tagung ohne ein Referat von ihm -‚ auch in den Ortsvereinen und in Vereinen in ganz Deutschland hat er referiert, in seiner unprätentiös sachlichen, aber die Probleme auf den Punkt bringenden Art mit vielen überzeugenden Antworten. 1982 bis 1990 war er auch Schriftführer im westfälischen Münzverein, seitdem Beisitzer Wissenschaft, der sich bei Großprojekten wie der Fundpublikation des Karolingerschatzes von Pilligerheck beteiligte. Als Nachfolger von Peter Berghaus hatte er einen Lehrauftrag an der Universität Münster und gab sein Wissen so weiter, auch, indem er Autoren numismatischer Standardwerke wie Arnold Schwede beriet, der vor 14 Jahren, 2007, mit dem Eligius-Preis ausgezeichnet wurde. Ein Leben für die Numismatik - das wäre indes ein verkürztes Bild. Auch in der Landesgeschichte ist er sehr aktiv, hat als eifriger Archivbenutzer viele umfangreiche Aufsätze zur Siedlungs- und Stadtgeschichte des Münsterlandes veröffentlicht, war 1976 Gründer und seitdem Herausgeber der Coesfelder Geschichtsblätter, wo sich rund 60 Aufsätze aus seiner Feder finden.

Greifen wir noch einmal das eingangs angesprochene Bild des Erntedanks auf. Es ist insofern ein wenig schief, als die Ernte hoffentlich noch nicht vorbei ist - Arnold Schwede hat, nachdem er den Preis erhielt, noch drei große Monografien vorgelegt. Und so hoffen wir, um im Bild der Erntezeit, hier im pfälzisch-rheinhessischen der Weinlese, zu bleiben, auf eine Spätlese, die ja bekanntlich auch von besonderer Qualität ist; und so wünschen wir uns noch die Kataloge der Mittelaltermünzen von Corvey, Herford und Paderborn und und und - aber ich will damit keinen Stress machen, wir wissen ja, dass Peter Ilisch sich nicht auf Lorbeeren auszuruhen pflegt, sondern abschließend feststellen, dass wir auch in diesem Jahr einen sehr würdigen Preisträger haben, und dem Ausgezeichneten zu dem Eligius-Preis 2021 herzlich gratulieren!


Gerd Dethlefs

 

 

Eligiuspreis 2019 - Rainer Albert

  Eligiuspreis 2019  
   Quelle: NNB 6/19, S. 231 f.  
 

 Eligiuspreis 2019:  Rainer Albert

 

Eligiuspreis Verleihung2019

Dr. Rainer Albert (Ii.) erhielt beim Deutschen Münzsammlertreffen in Karlsruhe den Eligiuspreis 2019 aus den Händen der DNG-Präsidentin Dr. Barbara Simon, rechts der Jury-Vorsitzende Albert Raff. Foto: A. Meyer, DNG

 

Laudatio

Als Vorsitzender der Eligiuspreis-Jury ist es mir eine Ehre und Freude, den diesjährigen Preisträger anlässlich des 16. Deutschen und 54. Süddeutschen Münzsammlertreffens hier in Karlsruhe zu würdigen. Der Eligiuspreis ist die höchste Auszeichnung, den die Deutsche Numismatische Gesellschaft zu vergeben hat, demzufolge macht es sich die Jury nicht leicht mit der Wahl des Preisträgers. Sie hat sich im November des vergangenen Jahres einstimmig für Dr. Rainer Albert ausgesprochen. Sie war sich einig, mit dieser Entscheidung einen würdigen Preisträger gefunden zu haben, der für die Numismatik, das Vereinswesen und insbesondere für die Deutsche Numismatische Gesellschaft selbst Herausragendes geleistet hat. Dies geht schon aus der offiziellen Begründung der Jury hervor, die ich Ihnen nochmals zitieren möchte:

Dr. Rainer Albert erhält den Eligiuspreis 2019 für seine herausragenden Verdienste um die Deutsche Numismatische Gesellschaft als ihr langjähriger Präsident und Vizepräsident, als erfolgreicher Vorsitzender der Numismatischen Gesellschaft Speyer, als Autor und Chefredakteur des Numismatischen Nachrichtenblattes, das er über 25 Jahren auf ein sehr hohes Niveau führte.

Ehe ich auf die einzelnen Punkte der Begründung der Jury näher eingehe, möchte ich mit einigen Bemerkungen zur Person beginnen. -

Rainer Albert, geboren 1949 in Ludwigshafen am Rhein, studierte Geschichte und Germanistik. Seit 1975 ist er verheiratet, hat zwei Söhne und inzwischen einen Enkel und eine Enkelin, die ihm viel Freude bereiten. Von 1976 bis zu seiner Pensionierung 2012 unterrichtete er am

Staatlichen Speyer-Kolleg, zuletzt als Studiendirektor. 1980 wurde er an der Universität Mannheim mit der Arbeit „Das Bild des Augustus auf den frühen Reichsprägungen. Studien zur Vergöttlichung des ersten Prinzeps“ zum Dr. phil. promoviert. Zur Numismatik kam Rainer Albert nach seiner eigenen Aussage durch seinen Doktorvater Heinrich Chantraine, der ihn schon im 1. Semester für die antike Numismatik begeisterte, und zwar nicht nur durch seine brillanten Interpretationen, sondern auch durch das prickelnde Erlebnis, antike Original-Quellen in die Hand nehmen zu dürfen. So war es nicht überraschend, dass Rainer Albert 1975 in die Numismatische Gesellschaft Speyer (NGS) eintrat. Als Germanist und Historiker war er geradezu prädestiniert dafür, in die Redaktion des Numismatischen Nachrichtenblattes einzutreten, dessen Herausgabe 1977 der NGS übertragen wurde. 1980 wurde er in den geschäftsführenden NGS-Vorstand als Bibliothekar gewählt; 1988 übernahm er das Amt des 1. Vorsitzenden, das er bis zum 3; Februar 2016 überaus erfolgreich ausübte. In seiner Amtszeit erhöhte sich der Mitgliederstand von 182 auf 211, der Kassenstand verdreifachte sich und der Bücherbestand stieg von 1000 auf 4001. Von der Schriftenreihe der Numismatischen Gesellschaft Speyer, die 1969 ins Leben gerufen wurden, sind unter der Führung von Rainer Albert bis 2015 27 Bände erschienen, darunter auch wichtige Künstlermonografien, wie das Medaillenwerk des Pfälzer Künstlers Gernot Rumpf oder das von Klaus Kowalski anlässlich dessen 80. Geburtstages. In diesem Zusammenhang muss man auch die von ihm initiierten Medaillenausstellungen sehen Mit ihnen schuf er nicht nur den etablierten, sondern auch den jungen Medailleuren ein wichtiges Forum, das ihnen die Möglichkeit eröffnet, ihre Arbeiten einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Damit steht Speyer einzigartig in Deutschland da.

Folgerichtig war Rainer Albert auch Mitglied in der Jury für die Auswahl der Bundesgedenkmünzen und der Biennale internazionale Dantesca in Ravenna und in der Jury des Deutschen Medailleurpreises. Man fragt sich an dieser Stelle, wie es kommt, dass ein ausgewiesener Numismatiker wie Rainer Albert, der nicht nur durch seine Dissertation, sondern auch mit zahlreichen Fachartikeln und seinem im Gietl-Verlag inzwischen in zweiter Auflage erschienenen Katalog über „Die Münzen der Römischen Republik“ als Fachmann für die Antike bekannt geworden ist, sich für die moderne Kunstmedaille interessiert. Nach eigener Aussage öffnete ihm seine Frau dafür die Augen. U. a. entstanden dadurch Werkkataloge für die Medailleure Hubertus von Pilgrim und Gernot Rumpf und eine Monografie zu den Medaillen der Süddeutschen Münzsammlertreffen 1966-2015. Damit aber nicht genug. Neben der antiken (speziell: republik-römischen) Numismatik beschäftigt sich Rainer Albert auch gerne mit der Zeit von der Französischen Revolution bis zur 1848er Revolution und ihrem Umfeld sowie mit der pfälzischen und der italienischen Numismatik.

Doch noch einmal kurz zurück zu seiner Arbeit für die Numismatische Gesellschaft Speyer. Für Rainer Albert war es wichtig, alle fünf Jahre ein von der Deutschen Numismatischen Gesellschaft initiiertes Sammlertreffen zu veranstalten, um damit zum einen den Zusammenhalt der deutschen Münzvereine untereinander zu stärken, zum anderen den eigenen Verein attraktiv zu halten. Dazu gehören auch die jährlichen Münzbörsen, die jährlich durchgeführten vereinsinternen Auktionen und die regelmäßige Ausgabe von Medaillen. In seiner Amtszeit als 1. Vorsitzender hat Speyer sechs Süddeutsche Münzsammlertreffen, eines zugleich als der 15. Deutsche Numismatikertag und eines auch als 12. Deutsches Münzsammlertreffen erfolgreich veranstaltet. So verwundert es nicht, wenn die NGS bis heute unangefochten zahlenmäßig der größte deutsche Münzverein geblieben ist, sieht man einmal von der überregionalen Bayerischen Numismatische Gesellschaft in München ab. Für seine herausragende Arbeit als 1. Vorsitzender erhielt Rainer Albert nicht nur sämtliche Anerkennungsmedaillen des Vereins, sondern dieser machte ihn auch am 6. April 2016 zu seinem Ehrenvorsitzenden.

Albert wurde beim Süddeutschen Münzsammlertreffen 1989 in Pirmasens Kommen wir - nun von der NGS zur Deutschen Numismatischen Gesellschaft. Rainer zum Vorsitzenden des „Verbandes der deutschen Münzvereine“ gewählt. Er trat damit die Nachfolge von Dr. Gerd Frese aus Heidelberg an, der von 1977 bis 1989 den Vorsitz innehatte. Im Rückblick kann man sagen, dass Rainer Albert in der spannenden und aufregenden Zeit der Wiedervereinigung, die mit der Maueröffnung begann, genau der richtige Mann vor Ort war. Er gab dem Verband die dringend notwendig gewordene neue Satzung und seinen heutigen Namen „Deutsche Numismatische Gesellschaft“. Im folgenden Jahr richtete er den Deutschen Numismatikertag in Speyer aus, an dem die ersten Vereine aus der (damals gerade noch existierenden) DDR teilnahmen. Die Veranstaltung ging als „Wiedervereinigungs-Numismatikertag“ in die Geschichte der DNG ein. Mit einher ging 1993 die Einführung des Mitteldeutschen Münzsammlertreffens, das sich von nun an den beiden traditionellen Treffen im Norden und Süden Deutschlands zugesellte. Dass die Aufbruchstimmung und die damit verbundene Euphorie inzwischen etwas verflogen sind, soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden. Auch nach fast 30 Jahren Miteinander sind trotz zahlreicher und intensiver Gespräche immer noch Vorbehalte auf beiden Seiten vorhanden. Während seiner Amtszeit war Rainer Albert Mitglied der Numismatischen Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, wo er die Interessen der DNG erfolgreich vertrat.

Für seine Verdienste und seine ehrenamtliche Tätigkeit für die DNG wurde Rainer Albert 2003 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Ein Jahr später erhielt er den Vreneli-Preis der World Money Fair für besondere numismatische Leistungen in der Kategorie Klassische Numismatik. Nach einer sechsjährigen erfolgreichen Arbeit als Präsident der DNG strebte Rainer Albert keine neue Amtszeit mehr an. Er war aber bereit, als Vizepräsident zu kandidieren, um so seine Erfahrungen und Vorstellungen weiterhin im Präsidium einzubringen. Und dieses Amt übt er zum Wohle der .DNG bis 2016 aus. Damit blickt Rainer Albert nun auf 27 Jahre Arbeit im DNG-Präsidium zurück. In dieser Zeit hielt er den Verband immer mit Blick auf die Satzung auch gegen manche Wiederstände auf klarem Kurs. Es gibt noch eine weitere Erfolgsgeschichte. Auf das, was er hier geleistet hat, kann Rainer Albert ebenfalls mit Recht stolz sein. Er hat die Weichen für das ab 1996 beim Gietl-Verlag im großen Format erscheinende Numismatische Nachrichtenblatt gestellt und leitet es verantwortlich seit Heft 2/1996. Aus einem Mitteilungsblatt für die Vereine ist ein Heft entstanden, das in der deutschen Numismatik einen anerkannten Rang hat und das zunehmend der Wissenschaft als Forum dient.

Mit dem Eintritt in den Ruhestand im Juli 2012 gab Rainer Albert dem Werben des Gietl-Verlags nach und wurde Chefredakteur der MünzenRevue. Die anfänglichen Befürchtungen, die Qualität des Numismatischen Nachrichtenblattes könne darunter leiden, haben sich nicht bestätigt, im Gegenteil.

Damit komme ich zum Schluss meiner Ausführungen und fasse zusammen: Dr. Rainer Albert hat sich als Numismatiker, Publizist, langjähriger Vorsitzender der Numismatischen Gesellschaft Speyer, als Redakteur des Numismatischen Nachrichtenblattes und vor allem aber als Präsident und Vizepräsident der Deutschen Numismatischen Gesellschaft, für die er sich mit ganzer Kraft eingesetzt hat, verdient gemacht. Von daher war es doch für viele, auch für mich, unverständlich, wie sang- und klanglos die DNG sich von ihm verabschiedete. Deshalb freut es mich umso mehr, dass sich die Jury einstimmig für Rainer Albert als diesjährigen Preisträger entschieden hat. Es wird ihn auch freuen, dass er die 1992 von ihm selbst initiierte und von dem Dresdner Medailleur Peter-Götz Güttler ausgeführte Eligius-Medaille nun selbst bekommt, zumal sie heute zum letzten Mal vergeben wird. Eine neue Medaille ist zur Zeit in Arbeit.

Damit komme ich zum Schluss meiner Ausführungen und fasse zusammen: Dr. Rainer Albert hat sich als Numismatiker, Publizist, langjähriger Vorsitzender der Numismatischen Gesellschaft Speyer, als Redakteur des Numismatischen Nachrichtenblattes und vor allem aber als Präsident und Vizepräsident der Deutschen Numismatischen Gesellschaft, für die er sich mit ganzer Kraft eingesetzt hat, verdient gemacht. Von daher war es doch für viele, auch für mich, unverständlich, wie sang- und klanglos die DNG sich von ihm verabschiedete. Deshalb freut es mich umso mehr, dass sich die Jury einstimmig für Rainer Albert als diesjährigen Preisträger entschieden hat. Es wird ihn auch freuen, dass er die 1992 von ihm selbst initiierte und von dem Dresdner Medailleur Peter-Götz Güttler ausgeführte Eligius-Medaille nun selbst bekommt, zumal sie heute zum letzten Mal vergeben wird. Eine neue Medaille ist zur Zeit in Arbeit.

 Albert Raff

 

 

Eligiuspreis 2018 - Fritz Rudolf Künker

  Eligiuspreis 2018  
     
 

Laudatio für Fritz Rudolf Künker

Während des 15. Deutschen Münzsammlertreffens in Münster erhielt Fritz Rudolf Künker den Eligius-Preis 2018 der Deutschen Numismatischen Gesellschaft für sein Wirken für die Numismatik. Nachstehend drucken wir die Laudatio von Albert Raff auf den Preisträger ab..

 

Preisverleihung
Übergabe des Eligius-Preises 2018 (v.I.n.r.): Fritz Rudolf Künker (Preisträger), Dr. Barbara Simon (DNG-Präsidentin), Albert Raff (Vorsitzender der Jury und Laudator). Foto: Andreas Meyer

 

Für die Vergabe eines renommierten Preises, dessen Verleihung sozusagen

unter aufmerksamer Beobachtung einer interessierten (Fach-)Öffentlichkeit steht, braucht es nicht nur eine gute, nachvollziehbare Begründung der Jury, sondern vor allem natürlich einen überzeugenden Preisträger. Als Vorsitzender der Eligiuspreis-Jury der Deutschen Numismatischen Gesellschaft bin ich sicher, heute mit Herrn Fritz Rudolf Künker nicht nur einen solchen Preisträger vorstellen zu können, sondern sogar einen, bei dem man eigentlich nach keiner Begründung für die Preisverleihung suchen muss, weil alle ihn und seine engagierte Arbeit für die Numismatik kennen. Aber so leicht hat es sich die Jury natürlich nicht gemacht und ich zitiere Ihnen deshalb zuerst die offizielle Begründung der Jury für die Vergabe des Eligiuspreises 2018:

„Herr Fritz Rudolf Künker erhält den Eligiuspreis für herausragende und vielseitige Verdienste um die deutsche Numismatik: für die Förderung von Veranstaltungen und Projekte der Vereine sowie numismatischer Publikationen, für die großzügige Unterstützung der Münzkabinette und für sein besonderes Engagement für Sammler und Händler bei der Gestaltung der Kulturgüterschutzgesetze.“

Zur Erläuterung dieser knappen Begründung möchte ich mit einigen Bemerkungen zur Person Fritz Rudolf Künker beginnen.

Nach seinen eigenen Worten war für ihn der Anfang seiner Leidenschaft für die Numismatik ein Geschenk des Großvaters, der dem sechsjährigen Enkel Mitte der 1950er Jahre ein Fünfmarkstück Sachsen 1903 vererbte. Seine Reichsmünzensammlung, die er dann als Schüler und Student der Geschichte aufbaute, wurde 1971 zum Grundstein einer eigenen Münzhandlung in seiner Studentenbude in Schapdetten bei Münster, die zunächst als Einmannbetrieb geführt wurde. Noch im selben Jahr, also mit 22Jahren, trat er in den Verein der Münzfreunde für Westfalen und Nachbargebiete ein, der heute das 15. Deutsche und 63. Norddeutsche Münzsammlertreffen ausrichtet. Daneben besuchte er regelmäßig die Vorlesungen und Übungen von Peter Berghaus. Nach dem Studium eröffnete Fritz Rudolf Künker zunächst in der Altstadt von Osnabrück ein Geschäft, ehe er in eine Gründerzeitvilla am Osnabrücker Weserberg zog. Hier begann eine Erfolgsgeschichte, die seinesgleichen sucht und immer weiter fortdauert. Aus dem kleinen Einmannbetrieb entwickelte sich eine Firma von Weltruf mit Filialen in München, Hamburg, Konstanz, Zürich, Wien und in Tschechien. Seit seinem Start ins Auktionsgeschehen am 6. Februar 1985 hat sich die Zahl der Auktionskataloge, die immer umfangreicher werden, auf über 300 erhöht. Heute werden nicht mehr ein, sondern zumeist vier, manchmal sogar fünf Auktionskataloge gleichzeitig an die Kunden versandt. Die Pakete sind inzwischen der Albtraum der Postboten, aber auch der Ehepartner der zumeist männlichen Sammler geworden.

Seit einigen Jahren führt das Auktionshaus Künker auch noch regelmäßig reine Ordensauktionen durch. Dabei ist hervorzuheben, dass die lebenslange Echtheitsgarantie, wie sie bei dem Verband der deutschen Münzenhändler für versteigerte Münzen und Medaillen üblich ist, selbstverständlich auch hier gegeben wird. Und das für ein Sammelgebiet, bei dem die Zahl der Fälschungen stetig zunimmt. Ich kenne kein Auktionshaus für Orden und Ehrenzeichen in Deutschland, das eine solche Garantie übernimmt. Ein Beispiel: In seiner ersten Auktion wurde ein Großkreuzset Lippe versteigert. Rund dreißig Jahre später stellte sich heraus, dass es falsch war. Das Haus Künker hat das fragliche Objekt nicht nur zurückgenommen, sondern den damaligen Käufer einschließlich einer entsprechenden Verzinsung entschädigt. Und das ist einer der Gründe für den Erfolg von Fritz Rudolf Künker. Weitere nennt Dr. Gert Dethlefs, der Vorsitzende der Westfälischen Münzfreunde, in seiner Laudatio anlässlich seines 65. Geburtstages: Ein guter Blick für Qualität von Münzen und Medaillen, Fairness und Aufrichtigkeit, eine offene und vertrauensweckende Art mit Menschen umzugehen und mit ihnen die Begeisterung für schöne und seltene Münzen zu teilen, ein sicheres Gespür für Potenziale nicht nur von Münzen und Marktchancen, sondern auch von Menschen und Mitarbeitern.

Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass Herr Künker im Herzen ein Franzose ist. Er spricht die Sprache perfekt und ist daher häufig vor allem in Paris anzutreffen, um sich dort intensiv mit den französischen Numismatikern und Händlern auszutauschen, bei denen er ein hohes Ansehen genießt. Damit setzt er sich aktiv für die deutsch-französische Aussöhnung ein. Sie steht bei ihm nicht nur auf dem Papier, sondern er praktiziert sie.

Inzwischen hat Fritz Rudolf Künker die Geschäftsführung an seinen Sohn Ulrich Künker und an Andreas Kaiser übergeben. Er steht aber der nächsten Generation weiterhin mit seinem umfangreichen Fachwissen und seiner Kompetenz zur Verfügung.

Kommen wir nun zur Fördung von Veranstaltungen und Projekten der Vereine sowie num4smatischer Publikationen:

Was wären die Münzvereine ohne seine Unterstützung? Zahlreiche Vorhaben, seien es die Ausrichtung von Münzsammlertreffen, zu denen oftmals Reise-und Unterbringungskosten aufzubringen sind, die Herausgabe eigener Publikationen und Medaillen oder die Planung und Realisierung von Ausstellungen, wären ohne seine Hilfe nicht möglich gewesen. Es geht in der Regel nicht um eine 100%ige Kostenübernahme, sondern um Anschubfinanzierungen, damit die Vereine mit der Planung und Realisierung überhaupt erst beginnen können. Ich beschränke mich auf einige wenige Bespiele: Förderung des „Tages der antiken Numismatik“, den der westfälische Verein seit 2006 ausrichtet, der vor allem Nachwuchswissenschaftlern ein Forum bietet. Festschrift für Peter Ilisch 2012 und die Festschrift zur Hundertjahrfeier des Vereins. Sicher wird auch die schon seit langem geplante Vereinspublikation über den bedeutenden Karolingerfund von Pilligerheck einen entsprechenden Zuschuss erhalten.

Nun zur Förderung der Münzkabinette für Erwerbungen und Publikationen: Herr Künker war z.B. 2001 bereit, den Goldabschlag zu 10 Dukaten des sogenannten Gothaer Wandertalers von 1773 und fünf weiterer Gothaer Goldmünzen aus der Auktion zu nehmen, damit die Stücke von der Kulturstiftung der Länder zu einem symbolischen Preis erworben werden konnten. Er war es dann auch, der 2007 durch eine private Spende den entscheidenden Impuls gab, dass die im Jahre 1945 von Gotha nach Coburg verbrachten ca. 15.000 Münzen und Medaillen über die Kulturstiftung der Länder rückerworben werden konnten. Das Münzkabinett in Halle erhielt eine zweckgebundene Spende in beträchtlicher Höhe, um diesem den Kauf von historisch bedeutenden Münzen aus der Versteigerung der Sammlung Popken (Auktion 237) zu ermöglichen. Damit konnte das Museum Sammlungsverluste nach dem Zweiten Weltkrieg ausgleichen. Auch das Münzkabinett des Westfälischen Landesmuseum in Münster erhielt immer wieder Unterstützung, so zum Beispiel beim Ankauf des Fundes von Halver aus der Zeit kurz vor 1100. Bekannt ist auch, dass die Firma Künker den Münzkabinetten immer wieder Angebote außerhalb der Auktionen macht, um ihnen den Ankauf zu ermöglichen. So könnte man die Aufzählungen weiterführen.

Abschließend zu diesem Kapitel möchte ich noch die Ausstellung „Geprägte Bilderwelten der Romanik“ erwähnen, die 2017 auf Schloss Runkelstein in Bozen mit großem Erfolg eröffnet wurde und jetzt nach München gewandert ist. Für die Bearbeitung und Koordination konnte damals Alexandra Hylla gewonnen werden. Sie war es auch, die für die Bearbeitung der beiden in Bayern entdeckten Funde von Obing und Waal mit zusammen über 8.000 mittelalterlichen Prägungen, welche das Material für die Ausstellung und den dazugehörenden Begleitband bildeten, zuständig war. Als die nur zeitlich befristete Anstellung in der Staatlichen Münzsammlung München auslief, hat ihr Fritz Rudolf Künker über eine zweijährige Anstellung in Osnabrück ermöglicht, sich weiter mit den Funden zu beschäftigen und auf das Buchprojekt hinzuarbeiten.

Prof. Bernd Kluge, Berlin, wies in einer launigen Rede, die er „Fritz Rudolf, dem Freund auf der anderen Seite der Barrikade“ am 2. Juli 2015 widmete, auf eine gewisse Problematik hin, die manchem Sammler und Händler dabei in den Sinn kommt, nämlich dass Münzhändler und Museumsleute eigentlich auf verschiedenen Seiten der Barrikade stehen und so etwas wie natürliche Konkurrenten sind. Die einen wollen alle Münzen und Medaillen im Museum haben und dafür möglichst nichts bezahlen, die anderen wollen sie möglichst alle und mit gutem Gewinn verkaufen. Sie wissen, dass eine ins Museum verschwundene Münze für den Handel und damit auch den Sammler wohl für immer verloren ist und man somit mit ihr kein Geschäft mehr machen kann. Ich weiß, dass nicht wenige Sammler und Händler dies so sehen. Aber ich glaube, bei der Masse, die jedes Jahr im Handel umgesetzt wird, sind die wenigen Stücke, die so dem Markt entzogen werden, zu verschmerzen, zumal sie von nun an der Wissenschaft jederzeit zur Verfügung stehen. Und eines steht fest. Herr Künker hat mit seiner Unterstützung der Münzkabinette eine entscheidende Bresche in die Mauer zwischen Handel und Museum geschlagen. Hinzu kommt noch, dass das Haus Künker seine Datenbanken, Fotos usw. uneigennützig der Forschung zur Verfügung stellt. Dazu gehört auch, dass die Deutsche Bibliothek in Frankfurt und Leipzig alle Kataloge erhält. Dies ist ein durchaus wichtiger Schritt, die Numismatik als wichtige Hilfswissenschaft zu etablieren. Die aufgezählten Beispiele zeigen, wie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Wissenschaft, dem Handel und den Sammlern zum Wohle der Numismatik gelingen kann.

Weshalb die Jury in ihrer Begründung auch das Engagement von Fritz Rudolf Künker für Sammler und Händler bei der Gestaltung der Kulturgüterschutzgesetze hervorgehoben hat, möchte ich mit einem einzigen Satz begründen:

Herr Künker beauftragte auf eigene Kosten Sachverständige und Anwälte in Berlin, um die Interessen der Münzhändler und Sammler zu vertreten, und nahm immer wieder Kontakte zu den politischen Entscheidungsträgern und Abgeordneten auf.

Also fassen wir zusammen: Herr Fritz Rudolf Künker engagiert sich seit vielen Jahren in ganz hohem Maße für die Numismatiker, und zwar gleich ob Sammler, Händler, Wissenschaftler, Museumsleute, Nachwuchs. Er erhielt dafür schon zahlreiche Ehrungen, u.a. die Ehrenmitgliedschaft „seines“ Vereins der Münzfreunde für Westfalen und Nachbargebiete, die höchste Auszeichnung dieser traditionsreichen Gesellschaft. Es fiel der fünfköpfigen unabhängigen Jury für die Vergabe des Eligiuspreises der Deutschen Numismatischen Gesellschaft leicht, ihn als ehrenvollen Preisträger für das Jahr 2018 zu benennen. Die Jury sprach sich im November vorigen Jahres einstimmig für Fritz Rudolf Künker als diesjährigen Preisträger aus. Er hat den Eligiuspreis mehr als verdient.


Albert Raff

 

 

Eligiuspreis 2017 - Ulrich Klein

  Eligiuspreis 2017  
     
 

Laudatio für Ulrich Klein

Während des 14. Deutschen Münzsammlertreffens in Erfurt erhielt Dr. Ulrich Klein den Eligius-Preis 2017 der Deutschen Numismatischen Gesellschaft für seine numismatischen Forschungen und sein Wirken in der DNG. Nachstehend drucken wir die Laudatio von Albert Raff auf den Preisträger ab.

 

Preisverleihung
Übergabe des Eligius-Preises 2017 (v.I.n.r.): Dr. Barbara Simon (DNG-Präsidentin), Dr. Ulrich Klein (Preisträger), Albert Raff (Vorsitzender der Jury und Laudator). Foto: Andreas Meyer

 

Im Jahre 2001 feierte die Deutsche Numismatische Gesellschaft ihr 50-jähriges Bestehen. An dieses Jubiläum erinnert eine von Peter-Götz Güttler geschaffene Prägemedaille. Sie zeigt auf der Rückseite drei Säulen, die Münzrollen auf einem Brückenelement tragen. Diese drei Säulen heißen aufgrund ihrer Inschrift Sammeln, Forschen und Bewahren. Sie beschreiben so knapp und präzise die Aufgaben der Deutschen Numismatischen Gesellschaft. Sie stehen aber auch für die Numismatik, die ebenfalls auf drei Säulen ruht. Es sind dies die Sammlerschaft, die Wissenschaft und der Münzhandel. Alle drei sind aufeinander angewiesen und gehören untrennbar zusammen. Herr Dr. Ulrich Klein, der diesjährige Eligius-Preisträger, verkörpert die drei Bereiche wie kein anderer in einer Person, natürlich in unterschiedlicher Gewichtung. An erster Stelle steht für ihn selbstverständlich die Wissenschaft, dann folgen die Sammlerschaft und der Handel. Ich möchte dies im Folgenden erläutern und präzisieren.

 

Zunächst zur Wissenschaft

Nach dem Studium der Fächer Latein, Griechisch und Alte Geschichte in Tübingen und Wien wurde Ulrich Klein Assistent am Philologischen Seminar in Tübingen. In dieser Zeit veröffentlichte er regelmäßig Artikel über Münzauktionen im Schweizer Handelsblatt und im Numismatischen Nachrichtenblatt und machte sich damit einen ersten Namen in der Numismatik. Als Frau Dr. Elisabeth Nau im März 1981 in den Ruhestand ging, trat er ein halben Jahr später die Nachfolge als Konservator im Münzkabinett des Württembergischen Landesmuseums an. Zuvor hatte er sich, wie er mir vor vielen Jahren erzählte, auf die ausgeschriebene Stelle am Münzkabinett des Westfälischen Landesmuseums in Münster beworben. Als er von dort zu einem Vorstellungsgespräch gebeten wurde, traf er einen weiteren Bewerber an, nämlich Peter Ilisch. Wer letztendlich das Rennen für sich entschied, wissen Sie alle. Die Ablehnung war im Nachhinein ein Glücksfall für Stuttgart. Was Herr Klein in den 26 Jahren als Leiter des Stuttgarter Münzkabinetts für die Süddeutsche Münzgeschichte geleistet hat, ist ohne Beispiel. Seine Veröffentlichungen in Buchform, in Ausstellungskatalogen oder in einschlägigen Zeitschriften sind kaum zu zählen. Jean-Paul Divo, Schweizer Münzhändler und selbst Autor, hat ihn einst in einer Widmung mit den Worten „Ulrich Klein, der fleißigste Numismatiker in Deutschland“ charakterisiert. An dieser Stelle sei auf das zusammen mit mir erarbeitete und inzwischen auf sieben Bände angewachsene Korpuswerk der württembergischen Münzen und Medaillen einschließlich der Orden und Ehrenzeichen, die „Darstellung von Friedrich Schiller auf Münzen, Medaillen, Plaketten und Kleinreliefs“, „Die Münzen und Medaillen von Esslingen“ oder seine zahlreichen Beiträge zu den Mittelaltermünzen der Städte Konstanz, Villingen, Rottweil oder den Basler und Zürcher Münzprägungen des 11. Jahrhunderts hingewiesen. Nicht zu vergessen der zusammen mit Rainer Ulmer in den Beiträgen zur Süddeutschen Münzgeschichte erschienene tabellarische Katalog der Bodensee-Brakteaten. Und das alles geschah trotz einer permanenten Arbeitsüberlastung, die ein Einmannbetrieb geradezu zwangsweise mit sich bringt.

Die Aufzählung weiterer Veröffentlichungen erspare ich mir an dieser Stelle. Sie sind einem Schriftenverzeichnis vorbehalten, das Herr Klein leider immer noch nicht genehmigt hat. Aber ich deute dies als ein gutes Zeichen. Denn seine Ablehnung kann nur bedeuten, dass er seine schriftstellerischen Tätigkeiten noch lange nicht abgeschlossen hat. Wir können also immer noch hoffen, dass er den „Barbarossaschatz“ und den „Goldguldenfund von Marbach“ doch irgendwann abschließt, wenn auch die stetig wachsende Enkelschar das Gelingen immer schwieriger oder vielleicht sogar unmöglich macht. Auf jeden Fall aber können wir uns jetzt schon auf die Veröffentlichung eines Fundes freuen, mit dessen wissenschaftlicher Bearbeitung Herr Klein seit einigen Jahren beschäftigt ist. Es handelt sich um den Fund von Preuschdorf im Elsass. Dieser zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges verborgene und im Jahr 2005 entdeckte Schatz umfasst 7.270 Münzen deutscher, französischer und Schweizer Prägeherrschaften, zum Großteil aus dem Oberrheingebiet.

Wir können gespannt sein, vor allem wenn man bedenkt, dass Herr Klein die Bestimmung nicht anhand der Originale oder anhand von Fotos, sondern anhand von Röntgenaufnahmen auf dem Bildschirm durchführen musste. Eine unglaubliche Leistung.

In seiner langen Amtszeit ist es Herrn Klein durch intensive Kontakte zu Sammlern, Mäzenen und zum Münzhandel gelungen, die Sammlung im Münzkabinett durch bedeutende Stücke zu erweitern. So gelangten zum Beispiel ein Goldabschlag des Reitertalers von Herzog Ulrich von Württemberg aus der ehemaligen Sammlung Gotha und der nur in einem Exemplar bekannte Doppeldukat 1615 von Herzog Johann Friedrich aus der Sammlung Schlossberger in die Sammlung. Und das sind nur zwei der zahlreichen Raritäten. Nicht zu vergessen das prächtige Kleinod des Grafen Karl Ludwig von Sulz aus dem Jahre 1596.

Als Herr Klein am 7. Oktober 2007 das 65. Lebensjahr vollendete, würdigte die Direktorin des Landesmuseums, Frau Prof. Dr. Cornelia Ewigleben, seine Arbeit und stellte heraus, dass der „Herr über mehr als 100 000 Münzen, Medaillen, Stempel, Orden und Ehrenzeichen“ in seiner langen Amtszeit die international bedeutende Sammlung im Landesmuseum beträchtlich ausgebaut hat.

 

Und nun zur Sammlerschaft

Dass Ulrich Klein mit seiner Amtsübernahme als Leiter des Münzkabinetts auch gleichzeitig den Vorsitz des Württembergischen Vereins für Münzkunde übernahm, war ein Glücksfall. In den 28 Jahren fehlte er nur ein einziges Mal aus dienstlichen Gründen in der monatlichen Sitzung. Mehr als achtzig Mal hielt er einen Vortrag. Damit sparte er seinem Verein nicht nur die Kosten für mögliche auswärtige Referenten, sondern sorgte auch für ein gleichbleibend hohes Niveau. Dass der Württembergische Verein für Münzkunde innerhalb der DNG einen hervorragenden Ruf besitzt, ist sein Verdienst. Höhepunkt in seiner Amtszeit, die zwei Jahre nach dem Eintritt in den Ruhestand im Jahre 2009 endete, war zweifellos die Ausrichtung des Numismatikertags anlässlich des 100-jährigen Vereinsjubiläums im Jahre 2001, auf den ich schon gleich zu Beginn hingewiesen habe. Unvergessen der Empfang für die zahlreichen Teilnehmer aus allen Teilen Deutschlands und dem nahen Ausland, den das Landesmuseum Württemberg zusammen mit der DNG und dem Verein im Alten Schloss ausgerichtet hat.

Da sich Ulrich Klein bis heute strikt einer ihm gewidmeten Festschrift bzw. einem Schriftenverzeichnis widersetzte, erhielt er an seinem 60. Geburtstag von seinem Württembergischen Verein für Münzkunde eine Porträtmedaille in Silber, die von Victor Huster, Baden-Baden geschaffen wurde. Fünf Jahre später, anlässlich seiner Pensionierung, widmete sein Verein ihm eine weitere Medaille. Als Künstler konnte damals Peter-Götz Güttler aus Dresden gewonnen werden. Beide Medaillen wurden im Numismatischen Nachrichtenblatt abgebildet, sodass ich an dieser Stelle auf eine Beschreibung verzichten kann.

Aber auch anderen Vereinen stand Herr Klein hilfreich zur Seite. Ich kann mich nicht erinnern, dass er jemals eine Absage erteilt hätte, wenn an ihn die Bitte herangetragen wurde, ob er im Rahmen eines Münzsammlertreffens einen Vortrag halten könne. Wie kein anderer Numismatiker hat Ulrich Klein das von der Deutschen Numismatischen Gesellschaft herausgegebene monatliche Numismatische Nachrichtenblatt unterstützt, indem er hier regelmäßig wichtige Beiträge aus der Antike, dem Mittelalter und der Neuzeit veröffentlichte. Das war lange Zeit keine Selbstverständlichkeit. Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als es für viele Berufsnumismatiker unter ihrer Würde war, ihre Beiträge hier zu veröffentlichen. Ulrich Klein hat damit einen entscheidenden Anteil daran, dass sich die Zeitschrift zu dem entwickelt hat, was sie heute ist, einerseits ein Nachrichtenblatt für die Vereine, andererseits eine der führenden numismatischen Zeitschriften in Deutschland, die auch für die Wissenschaft zunehmend interessant und wichtig ist.

 

Und dann noch der Münzhandel

Was den Münzhandel betrifft, kann man festhalten, dass Ulrich Klein versucht hat, jede von dort an ihn gestellte Anfrage rasch und umfassend zu behandeln. So war es für ihn trotz ständiger Überlastung im Amt auch eine Selbstverständlichkeit, Vorträge anlässlich der Jahrestagungen des Verbandes der deutschen Münzenhändler in Schwäbisch Hall und in Urach zu übernehmen. Und Stephan Sonntag, der ehemalige Präsident des Händlerverbandes, schildert immer wieder gerne, wie Ulrich Klein ihm anlässlich der Vorarbeiten für seine erste Auktion nicht nur den Tresor des Münzkabinetts, sondern auch trotz der beengten Raumverhältnisse einen Arbeitsplatz und die Bibliothek zur Verfügung stellte. Dass Ulrich Klein in seiner Amtszeit und danach zahlreiche Ehrungen erhielt, dürfte niemand überraschen. Neben der Ernennung zum korrespondierenden Mitglied der Österreichischen Numismatischen Gesellschaft wurden ihm u.a. der GIG-Ehrenpreis 1993, der 1. Preis für die beste numismatische Publikation des Jahres 1996 durch den Internationalen Händlerverband, die Otto Paul Wenger Medaille des Verbandes der Schweizer Münzhändler, der „Jeton de vermeil“ der Sociéte Française de Numismatique, die Kurt Regling-Medaille des Berliner Münzkabinetts und die Ehrenmitgliedschaft der Schweizerischen Numismatischen Gesellschaft verliehen. Heute folgt die vorerst letzte Ehrung. Die fünfköpfige unabhängige Jury für die Vergabe des Eligiuspreises sprach sich Ende Oktober vorigen Jahres einstimmig für Dr. Ulrich Klein als diesjährigen Preisträger aus. Er hat ihn mehr als verdient. Abschließend möchte ich erwähnen, dass der Württembergische Verein für Münzkunde aus Anlass des 75. Geburtstages von Herrn Klein ein Kolloquium am 21. Oktober dieses Jahres in Stuttgart abhalten wird. Das Programm wird rechtzeitig im NNB erscheinen.


Albert Raff

 

 

Eligiuspreis 2016 - Peter Hammer und Eberhard Auer

  Eligiuspreis 2016  
     
 

Laudatio für Peter Hammer

Laudatio für Peter Hammer III. Hauptgruppe, Ordnungszahl 13, Dichte 2,7 Gramm pro Kubikzentimeter: Aluminium - das dritthäufigste Element und häufigste Metall in der Erdkruste - 1808 erstmalig durch Humpry Davy beschrieben, jedoch erst 1825 bzw. 1827 durch ørsted bzw. Wähler erfolgreich mittels Reduktionsverfahren metallisch rein dargestellt. Eine der ersten Aluminiummedaillen auf Napoleon III. von 1853 war seinerzeit teurer als Gold. Ab 1866 wurde die Herstellung durch das Elektrolyseverfahren günstiger. Einmal unter hohem Energieaufwand hergestellt, ist dieses silberglänzende Leichtmetall universell verform- und verarbeitbar; wird in vielen Bereichen unseres Leben verwendet und ist insbesondere in der Luftfahrt, dem Fahrzeugbau und im Haushalt nicht mehr wegzudenken. Mit der numismatischen Verwendung von Aluminium befasst sich Dr. Peter Hammer seit mehr als 40 Jahren. Mehr als 6.000 datierte Medaillen hat er in einer Datenbank erfasst, mehr als 3.000 gebären zu seiner Sammlung. Das ist aber nur eine Seite seiner vielfältigen Forschungen auf numismatisch-metallurgischem sowie verfahrenstechnischem Gebiet, aber jene, die ihn auch als Sammler seitdem nicht mehr loslässt. Peter Hammer wurde am 30. August 1934 in Leipzig geboren. Nach der Oberschule studierte er von 1953 bis 1959 an der Bergakademie Freiberg Metallkunde und schloss mit einer Arbeit über Stähle, insbesondere über Wasserstoff im Stahl sowie über die Alterung von Stählen, erfolgreich als Diplom-Metalloge ab. Sein beruflicher Einstieg erfolgte im Flugzeugbau. Am Institut für Werkstoffe der Luftfahrtindustrie in Pirna untersuchte er von 1958 bis 1960 für Turbinenwerkstoffe erforderliche Hochtemperaturverbindungen aus Nickel und Cobalt. Doch diese Tätigkeit währt nur kurz. 1960 musste die DDR mangels Aufträgen die Entwicklung der Baade 152, des ersten deutschen Düsenverkehrsflugzeuges, einstellen. Der dadurch bedingten beruflichen Veränderung im Jahr 1960, nunmehr beim VEB DKK Scharfenstein für die Kompressorenfertigung von Kühlschränken tätig, folgte auch eine private, sein Umzug nach Zschopau und Heirat im gleichen Jahr. Seiner Ehe entsprangen in den Jahren 1962 und 1964 zwei Söhne. 1970 promovierte Peter Hammer an der TU Chemnitz über metallische Schwingungen mit speziellen Untersuchungen zum Verschleiß von Kompressoren zum Doktor der technischen Wissenschaften. Die Inspiration, sich mit Münzen zu beschäftigen, erfolgte in den Jugendjahren durch seinen Großvater, dessen Münzsammlung er später übernahm. Ab etwa 1975 begann er auf Grundlage seiner beruflichen Erfahrungen und Forschungsarbeiten, Fragestellungen zum Münzumlauf, insbesondere den Abrieb und Verschleiß von Münzen im Geldverkehr sowie deren Haltbarkeit in Abhängigkeit der Legierungszusammensetzung, zu untersuchen. Er musste sich jedoch auf Münzen aus Aluminium - dem „deutschen Metall' wie er es selbst bezeichnete - konzentrieren, denn diese kursierten als Umlaufgeld in der DDR, Polen, der CSSR und in Ungarn. Die Ergebnisse dieser Arbeit lagen bereits 1989 vor, der Druck scheiterte vor der Wende jedoch am Papierkontingent, so dass die Veröffentlichung seiner Monografie „Metall und Münze" erst 1993 erfolgte. Von 1995 bis 1998 war Peter Hammer am Deutschen Archäologischen Institut tätig und untersuchte metallische Fundgegenstände der römischen Kaiserzeit auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Diese Thematik war bisher stiefmütterlich behandelt worden, da man sich v. a. auf Funde germanischer bzw. slavischer Herkunft konzentriert hatte. Das Forschungs- und Interessenfeld von Peter Hammer ist enorm vielfältig. Es reicht von der Antike bis zur Neuzeit, umfasst die Auseinandersetzung mit historischen Fragen der Metallkunde und Münzherstellung, die Untersuchung der verschiedensten Münzmetalle sowie Betrachtungen zu modernen Münzen und Medaillen aus numismatisch-metallurgischen Gesichtspunkten. Von 1971 bis heute hat er mehr als 150 Veröffentlichungen vorzuweisen, darunter auch in der ausländischen Fachpresse. Bemerkenswert sind seine Aufsätze zu ausgefallenen Themen, wie die Beschichtung antiker und neuzeitlicher Münzen, Sintermetalle als Münz- und Medaillenmaterial oder seine umfassenden Abhandlungen über die Kunst des Probierens. Der aufmerksame Leser des NNB wird immer wieder interessante Abhandlungen von ihm finden. Als aktiver Numismatiker suchte natürlich auch er den Austausch mit Gleichgesinnten. Ende der 1960er Jahre trat in die Fachgruppe Numismatik Zschopau des Kulturbundes der DDR ein. 35 Jahre lang, von 1972 bis 2007, leitete er diese sowie die später daraus hervorgegangene Numismatische Gesellschaft Zschopau e.V. (NGZ) als deren Vorsitzender. 2007 wurde er zum Ehrenvorsitzenden der NGZ gewählt, die Mitglied der Sächsischen Numismatischen Gesellschaft und der Deutschen Numismatischen Gesellschaft ist und im Jahr 2007 unter seiner Regie das 15. Mitteldeutsche Münzsammlertreffen in Zschopau ausrichtete. [...] 2001 konnte in Zschopau Dank großer Vorarbeiten von Dr. Hammer eine Münzwerkstatt eingeweiht werden. Sie ist Zentrum der Arbeit der Zschopauer Münzfreunde. Ein besonderes Verdienst von Peter Hammer ist die Publikation des Lebens und Wirkens von Johannes Kanz in der 2001 herausgegeben Broschüre „Münztechnik, Medaillen, Nachprägungen - Johannes Kanz (*31.10.1919 t 21.03.1997)" mit Katalogteil. [ ... ] Seine breit gefächerten Interessen machen Dr. Hammer zu einem gefragten Partner sowohl von wissenschaftlichen Kollegen als auch im numismatischen Umfeld. Folgerichtig arbeitet er deshalb auch aktiv im Arbeitskreis „Experimentelle Numismatik" mit. Die Beschäftigung mit ähnlichen Forschungsthemen führte vor einiger Zeit auch unsere beiden Preisträger, Dr. Eberhard Auer und Dr. Peter Hammer, zusammen. Da Hammer mehrere Aufsätze über Nickelmünzen und deren Eigenschaften verfasst hatte, konsultierte ihn Auer bei seinen Recherchen über Reinnickelmünzen. Das führte beide, Auer und Hammer, zu einem Besuch der Auerhammer Metallwerke nach Aue. Auer und Hammer bei Auerhammer, wie das Leben so spielt - in diesem Sinne unseren beiden Preisträgern ein herzliches „Glück Auf!" und noch viel Freude bei der Beschäftigung mit numismatisch-metallurgischen Projekten.

Matthias Grimm

 

 

 

Laudatio für Eberhard Auer

Wie sehr unsere Preisträger zusammen wahrgenommen werden können, hat Herr Grimm eben sehr eindrucksvoll dargelegt. Dabei lässt sich aus philologischer Sicht noch etwas ergänzen: Bei dem zusammengesetzten Firmennamen Auerhammer ist „Hammer" das Grundwort und „Auer" das Bestimmungswort. Das leuchtet sofort ein, denn Herr Hammer ist acht Jahre älter, während Herr Auer binnen Monatsfrist am 13. Juli sein 75. Lebensjahr vollenden wird. Und ein Hammer ist ja stets aus Metall, während die „Aue" eine Talniederung meint, und ein „Auer" ist entweder jemand, der z.B. aus der Stadt Aue stammt oder aber der Bewohner einer Aue, einer Talniederung. Unser Herr Auer ist aber ein gebürtiger Hannoveraner und aufgewachsen in Südniedersachsen, in Einbeck, der traditionsreichen Bierstadt an einem Bach (niederdeutsch Beeke) - und das passt also bei Einbeck genau: der Bewohner einer fruchtbaren Niederung. Um das nun in das Fach Chemie zu übersetzen: Herr Hammer steht für die anorganische Chemie, insbesondere die Metallurgie, Herr Auer eben für die organische.

Nach dem Abitur in Einbeck machte er ab 1961 eine Ausbildung zum Chemietechniker in Stuttgart und studierte dort 1963 bis 1967 Chemie, und der junge Diplom-Chemiker promovierte dann 1969 zum Dr. rerum naturalium mit einem Thema zur organischen Chemie über die „Synthese von 1.3.5-Trisdialkyl-aminobenzolen über Arinreaktionen aus mehrfach halogenierten Benzolderivaten". Es folgte ein Forschungsjahr in Kanada und dann - inzwischen hatte er eine Chemotechnikerin geheiratet und war glücklicher Familienvater mit zwei Töchtern geworden —ergriff Herr Auer einen ordentlichen Brotberuf als Chemiker bei der Knapsack AG in Hürth bei Köln.

Dort spezialisierte er sich auf Umwelttechnik, suchte etwa natürlich abbaubare Kohlenstoffverbindungen als Ersatzstoffe für Waschmittelphosphate, entwickelte Produktionsverfahren von Flammschutz mitteln, wurde Produktionsleiter der Höchst AG in Knapsack und verbrachte mit seiner ganzen Familie auch gut zwei Jahre in Louisiana/USA 1983-85. Schlimm waren Krankheit und Tod seiner Frau 1987. Sein erfülltes Berufsleben endete bereits Ende September 1996 mit dem Vorruhestand - so ist das oft bei großen Firmen, wenn Sparten umgestellt und umorganisiert werden.

Eberhard Auers Vorruhestand war der Start in einen bald zwanzigjährigen Unruhestand. Nun konnte er sich der Numismatik widmen und zur anorganischen Chemie wechseln. Seine Sammlerkarriere hatte er schon mit der Einschulung 1948 begonnen: die Währungsreform weckte sein Interesse für Münzen. Herr Auer lernte also Münzen und Metalle vor dem ABC und dem Einmaleins! Schon während seines Studiums trat er 1966 dem Württembergischen Verein für Münzkunde bei, 1967 der Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte und war Gründungsmitglied des Münzsammlerclubs in Stuttgart-Bad Cannstatt. 1971 wechselte er zu den Kölner Münzfreunden und war auch Mitglied bei weiteren Vereinen, seit 1992 in Bonn, ferner in Leverkusen, Erfurt, Freiberg, Speyer, der Bergischen und der Thüringischen Numismatischen Gesellschaften sowie ab 2006 des Arbeitskreises Experimentelle Numismatik. Dabei galten seine Interessen zunächst - verständlicherweise - den Münzen seiner niedersächsischen Heimat, vor allem den dortigen Städtemünzen, dann unter diesen speziell den Feinsilbermünzen. Die Aufschrift „von feinem Silber' die sich dort findet, warf ihm die Warum-Frage auf, die bis dahin systematisch noch nicht gestellt war. Auer ermittelte, dass die ersten Feinsilbermünzen nach dem Ende der Kipperzeit 1623 in Goslar und Zellerfeld im Auftrag des Münzherrn Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel geprägt wurden, dessen ungetreue Beamte die Kipper-Inflation wesentlich verursacht hatten. Er fand einen Druck des entscheidenden Münzediktes vom November 1623 in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Die im Nennwert von Mariengroschen zu 1/36 Taler geprägten Feinsilbermünzen waren als Landmünzen zwar nicht den Reichsmünzvorschriften unterworfen, aber durchweg guthaltig - was Auer durch Feingehalts-Berechnungen bestätigte - und setzten einen neuen Qualitätsstandard für Kleinmünzen, der sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Niedersachsen und Ostwestfalen durchsetzte. Herr Auer bewarb sich mit seinem Aufsatz 1992 für den Eligiuspreis des Verbandes der deutschen Münzvereine und gewann den ersten Preis - damals war dieser Preis eben ein reiner Wissenschaftspreis. Nun erhält er den Preis ein zweites Mal - für sein Lebenswerk. Die Studie über die Anfänge der Harzer Feinsilbermünzen, die bis in das 19. Jahrhundert wichtig waren, war quasi sein numismatisches Gesellenstück. Seine Fragestellung bewog ihn zum gründlichen Literaturstudium und zur Recherche nach bisher unbekannten Quellen. Dass mehr als eine rein deskriptive Beschreibung, mehr als die Exegese der Münzen selbst geleistet wird, nämlich der historische und numismatische Kontext erst untersucht und dann einem breiten Kreis durch Aufsätze und Vorträge vermittelt wird, zeichnet die wissenschaftliche Numismatik aus. Diese ist, was nicht genug zu betonen ist, kein Reservat von Fach- und Kabinettnumismatikern mit einem einschlägigen Universitätsstudium, sondern kann auch von einem engagierten Sammler geleistet werden, der sich nicht mit dem Abhaken von Katalognummern begnügt, sondern der den Erkenntniswert und den Kontext eines numismatischen Objektes ermittelt und dann vermittelt. Engagierte Sammler wie Eberhard Auer sind eine unentbehrliche Bereicherung unseres Faches. Dabei zeichnet ihn eine unser Fach erfreulich aufmischende Originalität aus. Viele seiner Aufsätze und Vorträge haben originelle Titel: „Fein oder nichtfein - das ist hier die Frage" - zu den Aufschriften auf Harzer Münzen. Sie behaupten, aus feinem Silber zu sein, was er durch Dichtemessungen bestätigte. Oder: „Warum der Taler eigentlich Berger heißen müsste" - den Standard der Joachimstaler Guldengroschen setzten Annaberger Klappmützentaler. Dann stammt von ihm der Begriff der vierten Dimension einer Medaille - das Material als Gestaltungselement, und er hat auch gezeigt, dass das ein lohnendes Sammelthema ist und aus wie vielen Metallen es Prägungen gibt. Inzwischen weist sein Schriftenverzeichnis 57 Nummern auf. Metallurgische Fragen und Münzen und Medaillen, die explizit über ihr Metall Aufschluss geben wie kanadische Nickelmünzen, oder aus seltenen Metallen bestehen wie Platin, Uran, Tantal, Niob, Indium, hat er besprochen. Viele weitere Aufsätze ließen

sich anführen, die stets originelle Einsichten vermitteln. [ ... ] In zahlreichen deutschen Münzvereinen hat er von seinen Erkenntnissen berichtet, und so ist er in Deutschland wohlbekannt als kundiger Experte - seine Selbstbezeichnung ist Numismetallurge. Die jüngste Arbeit ist nachzulesen in der Publikation des großen Bonner Turnosenschatzes vom Böselagerhof 2015, wo er über die Messung von Dichte und Leitfähigkeit den Feingehalt dieser mittelalterlichen Münzsorte beschrieb.

Schließlich ist noch Auers ehrenamtliche Tätigkeit für die Numismatik zu würdigen. Mit dem Eintritt in den Ruhestand wurde er für knapp acht Jahre ehrenamtlicher Betreuer der Münz- und Medaillensammlung des Deutschen Bergbaumuseums in Bochum. [ ... ] Über zehn Jahre war er freier Mitarbeiter bei den von Thomas Lautz kuratierten Ausstellungen der Kreissparkasse Köln und hat aus seinen Arbeitsgebieten Interessantes beigetragen. Schließlich hat er von 2000 bis 2012 den Bonner Münzfreunden vorgestanden und hat 2008 die 50-Jahrfeier des Vereins mit einem Rheinischen Münztag organisiert; [...] dass er über einige Jahre als Kassenprüfer der DNG fungiert hat, rundet das gezeichnete Bild erfreulich ab.

Alles in allem - seine wissenschaftliche Arbeit als Numismetallurge, die Publikations- und Vortragstätigkeit ebenso wie die ehrenamtliche Tätigkeit in einem Münzsammlerverein, für Museen und für die DNG qualifizieren ihn für den Eligiuspreis in gleicher Weise wie Herrn Dr. Hammer, für den ich eine gleiche Hochschätzung empfinde und dessen Engagement in Zschopau ich auch bei zwei Besuchen persönlich erleben durfte. Indem sie beide geehrt werden, ist ihrer beider Beitrag zur Werkstoffkunde der Numismatik zu würdigen, der einen methodisch sehr wertvollen Beitrag zu unserem Fach darstellt [ ... ]. Engagierte Forscher wie sie beide braucht unser Fach, sie sind unverzichtbar.

Ihre Ehrung hat die Jury schon im vorigen Jahr erwogen, als es zur 25-Jahrfeier der deutschen Einheit auch darum ging, Persönlichkeiten zu würdigen, die sich in der wiedervereinigten Nation um das Zusammenwachsen von Ost und West verdient gemacht haben. Ihre fachliche Kooperation ist auch unter diesem Blickwinkel vorbildhaft. Und dieser Aspekt des Wirkens von ihnen beiden ist auch heute von bleibender Aktualität und verdient an diesem Tagungsort erinnert zu werden.

Gerd Dethlefs

 

 

Eligiuspreis 2015 - Dr. Wolfgang Steguweit

  Eligiuspreis 2015  
     
 

Dr. Wolfgang Steguweit

Im Rahmen des 12. Deutschen und 50. Süddeutschen Münzsammlertreffens im September 2015 in Speyer wurde Dr. Wolfgang Steguweit mit dem Eligius-Preis der Deutschen Numismatischen Gesellschaft ausgezeichnet. Die Laudatio von Matthias Grimm, Dresden, die er als Mitglied der Jury des Eligius-Preises hielt, drucken wir nachstehend ab: Sehr geehrter Herr Dr. Steguweit, liebe Münz- und Medaillenfreunde, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegt im Wesen des Menschen, immer Neues zu entdecken und nach Lösungen für auftretende Fragen zu suchen. Dabei orientieren sich viele an jenen, die auf diesem Weg voranschreiten - egal ob in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst, Sport oder Unterhaltung. In der Numismatik gehört Wolfgang Steguweit zu denen, die Antworten geben. Er ist allen bestens bekannt, der Name Steguweit ist Begriff. Und in diesem Jahr, wo allerorten in unserem Land der deutschen Wiedervereinigung vor 25 Jahren gedacht wird, hat die Jury keinen Würdigeren gefunden als ihn, um das Gelingen der Einheit in unserem Fach und in unserer Zunft sichtbar zu machen. Nachdem die Mauer am 9. November 1989 gefallen war, haben Sie, lieber Herr Steguweit, mit Ihren Münchener Kollegen Dr. Ingrid Szeiklies-Weber und Dr. Wolfgang Hess die Überwindung der deutschen Teilung in einem Medaillen- und Ausstellungsprojekt „Aufbruch - Durchbruch. Zeitzeichen der deutschen Medaillenkunst" verabredet und durchgeführt. Und Ihr Lebensweg zeigt, dass Sie stets ein Grenzüberschreiter gewesen sind. Dabei war der Weg unseres Preisträgers bis zu seiner wissenschaftlichen Tätigkeit auf dem Gebiet der Münz- und Medaillenkunde nicht einfach. Blicken wir zurück. Geboren am 30. Januar 1944 führten ihn die Wirren des Krieges in einer wahren Odyssee von Königsberg über Schlesien, das Erzgebirge, Magdeburg bis in das mecklenburgische Residenzstädtchen Ludwigslust. Hier machte er 1962 das Abitur und im Jahr darauf eine Berufsausbildung zum technischen Zeichner. Seine Zukunft wollte er jedoch nicht in Technik und Konstruktion finden. Bereits in jungen Jahren entstand der Wunsch, Kunstgeschichte zu studieren, um später einmal in einem Museum zu arbeiten. Im Staatlichen Museum Schwerin beeindruckte ihn immer wieder die reiche Sammlung niederländischer Meister des 17. Jahrhunderts. Da ein Studium der Kunstgeschichte gleich nach dem Mauerbau nahezu aussichtslos war (geworben wurden Abiturienten für „zweckmäßigere" Studiengänge), versuchte er es über den Umweg des Lehrerberufs und bewarb sich am Pädagogischen Institut Dresden für ein Studium der Pädagogik, Kunstgeschichte, Kunsterziehung sowie Deutsche Sprache und Literatur und wurde immatrikuliert. Wie bei vielen Sammlern unter uns, waren es auch bei ihm in der Kindheit erhaltene Münzen, die die „Initialzündung" für seinen späteren Berufsweg gaben. Warum sollte die angestrebte künftige Arbeit in einem Museum nicht mit der noch aus den Jugendjahren in Erinnerung gebliebenen „Numismatik" verknüpft sein? Eine Verbindung mit Kunstgeschichte war nahe liegend, Verknüpfungen zu pädagogischen Aspekten für Lehre und Erziehung galt es heraus zu finden. Als die Auswahl des Themas für die Diplomarbeit anstand, bot das Dresdener Münzkabinett Hilfe. Dessen damaliger Direktor Dr. Paul Arnold nahm sich des Anliegens von Wolfgang Steguweit an und unterstützte ihn in seiner Idee, den Hauptmeistern der deutschen Renaissancemedaille aus der Sicht eines angehenden Pädagogen nachzuspüren. Mit dem mehrbändigen Corpus von Georg Habich über die deutschen Schaumünzen des 16. Jahrhunderts leihweise ausgerüstet, machte er sich ans Werk, ein schier unmögliches Unterfangen, auf dessen Ergebnis er selbst heute nachsichtig blickt. Fortan sollte aber die Medaille eine besondere Rolle in seinem Leben spielen. Noch vor dem regulären Ende seines Studiums reiste er nach Gotha. Sein Ziel war eine avisierte Stelle für das Münzkabinett. Wolfgang Steguweit muss die damalige Leiterin des Schlossmuseums beeindruckt haben, dass genau er der Richtige und für diese Aufgabe prädestiniert sei, dass sie ihm die Stelle zwei Jahre freihalten wollte, denn nach seinem Studienabschluss war ein Einsatz in der Volksbildung nicht zu umgehen. Für ihn und seine Frau bedeutete das Lehrertätigkeit im Kreis Malchin, einen Ort, den man sich damals nicht aussuchen konnte. Man wurde „berufsgelenkt“ Immer das Gothaer Ziel vor Augen, erledigte er pflichtbewusst seine Arbeit und entwickelte sich zu einem guten und beliebten Lehrer. Aus den zwei Jahren wurden am Ende vier, bis der Bezirksschulrat wohl oder übel der Hartnäckigkeit des jungen Pädagogen nachgab, auf den man durchaus Hoffnungen im damaligen Bezirk Neubrandenburg setzte. Damit war der Weg nach Gotha frei. Auch hier ergaben sich anfänglich neue Probleme für die junge Familie - inzwischen hatte sich Nachwuchs eingestellt: Es stand keine Wohnung zur Verfügung. Dass er mit seiner Familie zunächst im Schloss Friedenstein wohnen würde, hätte er selber nicht gedacht. Was lehrt uns diese Lebensbiografie von Wolfgang Steguweit aus diesem kurzen Zeitabschnitt seines beruflichen Einstiegs? Konsequente Hinarbeitung auf die Verwirklichung gesetzter Ziele sichert den Erfolg. Oder frei nach Hermann Hesse: „Nur wer das nahezu Unmögliche versucht, wird das Mögliche erreichen.“ Von 1971 bis 1988 war unser Preisträger als Mitarbeiter des Schlossmuseums für das Münzkabinett tätig und konnte zuletzt die Abteilung zu einem eigenständigen Direktionsbereich innerhalb der Museen der Stadt Gotha „befördern“. Hier ordnete und strukturierte er die Sammlung, publizierte ausgewählte Bestände in Katalogen des Schlossmuseums und machte das Kabinett mit zahlreichen Ausstellungen - auch im „sozialistischen Ausland“ (z. B. Wilnius, Torun, Zilina, Brno) bekannt. Schmerzlich empfand er immer wieder, dass das vormals herzogliche Münzkabinett, 1712 durch den Erwerb der bedeutenden Münzsammlung des Grafen Anton Günther II. von Schwarzburg-Arnstadt in einen europäischen Rang erhoben, durch Verluste 1945 wichtiger Pretiosen beraubt war. Es fehlten die antiken Griechen, nahezu alle Renaissancemedaillen sowie die Goldmünzen. Dieses Wissen sollte später noch einmal bedeutsam für die Gothaer Sammlung werden. Als 1982 im Rahmen des Kulturbundes der DDR der Arbeitskreis Thüringer Münzkunde gegründet wurde, war er in diesem Gremium als wissenschaftlicher Betreuer aktiv. Publikationen des Arbeitskreises bereicherte er mit eigenen Aufsätzen, Rezensionen sowie Literaturrecherchen zur Thüringer Münz- und Geldgeschichte. Obwohl sein späteres Tätigkeitsfeld in Berlin keine unmittelbare Mitwirkung im Arbeitskreis mehr zuließ und er auch nicht der Gesellschaft für Thüringer Münz- und Medaillenkunde angehört, hat er doch, wie er selbst unlängst bemerkte, ständig deren Arbeit mit Interesse verfolgt und nach Kräften unterstützt. Als gebürtiger Ostpreuße und damit echter Preuße ist Wolfgang Steguweit Mitglied der Numismatischen Gesellschaft zu Berlin. Mit seinen fundierten und erfrischenden Fachvorträgen ist er nicht nur in Thüringen ein gern gesehener Gast. Steguweit hat stets die Sammler als sein Publikum, als seine Zielgruppe gesehen, und wir waren und sind gern sein „Fanclub“. 1980 promovierte Wolfgang Steguweit an der Martin-Luther-Universität Halle mit dem Thema „Geschichte der Münzstätte Gotha in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts“. Seine wissenschaftliche Arbeit in Gotha krönte er 1987 mit der Monografie über die Geschichte der Münzstätte Gotha vom 12. bis zum 19. Jahrhundert. Damit war in Gotha die Arbeit zunächst getan. Die Pensionierung des Direktors des Münzkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin, Dr. Heinz Fengler, eröffnete die Möglichkeit, der Provinzialität des beschaulichen thüringischen Städtchens zu entfliehen, am Pulsschlag der Hauptstadt Berlin mit weitaus größeren Kontaktmöglichkeiten, vor allem auf internationalem Gebiet, teilzuhaben und diesen im numismatischen Fachgebiet mit zu beeinflussen. Er nahm diese Herausforderung an und wurde 1988 Direktor des größten deutschen Münzkabinetts. Zunächst galt es aber, das traditionsreiche Berliner Kabinett unbeschadet durch die Wirren der Wende zu steuern und die politische Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten auch auf numismatischem Gebiet öffentlichkeits-wirksam darzustellen. Ich habe darauf bereits eingangs verwiesen. Ursula Kampmann schrieb dazu unlängst: „Mit der Ausstellung ‚Aufbruch - Durchbruch. Zeitzeichen in der deutschen Medaillenkunst; die er im Zusammenarbeit mit dem ‚anderen' bedeutenden Münzkabinett in Deutschland, der Staatlichen Münzsammlung in München, durchführte, durchbrach er mentale Grenzen, die immer noch zwischen Ost und West bestanden. Er führte damit nicht nur die Künstler zusammen, sondern schlug gleichzeitig eine Brücke zwischen der traditionellen und der zeitgenössischen Numismatik.“ Heute, 25 Jahre danach, sind die deutschen Numismatiker vereint und Wolfgang Steguweit gebührt das Verdienst, diesen Prozess durch sein Wirken aktiv gefördert zu haben. Im Begleitband zur Ausstellung hat er die Medaille als „reliefplastisches Kleinkunstwerk" begrifflich neu gefasst. Die auf Goethe zurückgehende und gern zitierte Bedeutung der Medaille als vorzügliches Objekt zur Ehrung verdienst voller Persönlichkeiten sowie Medium zur Verbreitung und Überlieferung ihrer Leistungen wird durch seine Wortschöpfung erweitert und hat der Medaillenkunst neue Impulse gegeben. 1991 stand die Vereinigung der westdeutschen „Deutschen Medaillengesellschaft“ mit der ostdeutschen „Gesellschaft für Medaillenkunst“ an; es gab eine gemeinsame Gründungsversammlung in Bonn. Das Erstaunliche war hier, dass sich die westdeutsche Gesellschaft gerade in einem Zerfallsprozess befand und deshalb die ostdeutschen Medaillenenthusiasten die Federführung übernahmen: Wolfgang Steguweit wurde erster Vorsitzender. Es war also nicht so wie in vielen anderen Bereichen, dass die sog. ,Niedervereinigung“ oft mehr eine feindliche Übernahme durch Westdeutsche war, sondern es war eine echte und herzliche Vereinigung unter kompetenter Führung, wo Ost oder West nach ganz kurzer Zeit keine Rolle mehr spielte und wo sachorientierte Arbeit Freude an Medaillen vermehrte, wo Steguweit Künstler ermutigte und förderte und auf vielen Tagungen dem Austausch von Künstlern und Sammlern ein Forum bot. Steguweit führte die „Deutsche Gesellschaft für Medaillenkunst“ von 1991 bis 2001 sowie von 2010 bis 2013 als deren Vorsitzender, 2013 wurde er zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Im Jahr 1992 begründete unser Preisträger die Schriftenreihe „Die Kunstmedaille in Deutschland". Von den bislang erschienenen 29 Bänden ist er bei etlichen Autor bzw. Herausgeber oder Mitherausgeber. Auch die 2005 erfolgte Stiftung des „Hilde-Broër-Preis für Medaillenkunst“ wurde von ihm initiiert. Von 1992 bis 1998 war er für Deutschland Delegierter in der internationalen Medaillengesellschaft FIDEM, von 1991 bis 2008 vertrat er das Land Berlin in der Numismatischen Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland und wirkte von 1994 bis 2004 als Vorsitzender der auf Medaillenforschung konzentrierten „Gitta-Kastner-Stiftung“ der Numismatischen Kommission. Seit 2015 ist Wolfgang Steguweit Mitglied der Historischen Kommission für Thüringen und des Kuratoriums der Kulturstiftung Gotha. Doch zurück nach Berlin. Bereits kurze Zeit nach seinem Amtsantritt als Direktor des Berliner Münzkabinetts wurde ihm bewusst, dass die damit verbundenen administrativen Aufgaben seine Möglichkeiten einschränkten. Es war sicher kein leichter Schritt, den Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz nach nur zwei Jahren zu bitten, ihn von dieser Stelle zu entbinden und um eine Tätigkeit „als Mann der zweiten Reihe“, wie er sich selbst gern bezeichnet, zu ersuchen. Seinem Antrag wurde nicht zuletzt wegen seiner Reputation entsprochen. Bis Ende 1991 arbeitete er noch als Direktor und von 1992 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2009 als stellvertretender Direktor und Hauptkustos des Münzkabinetts in Berlin. Und seine Arbeit ist durchaus als „produktiv“ zu bezeichnen. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Arbeiten zur Münz- und Geldgeschichte von Mittelalter und Neuzeit, sammlungs- und wissenschaftsgeschichtliche Studien und natürlich zahlreiche Publikationen über deutsche und europäische Medaillen. Wenn wir Goethe folgen, der Bücher einmal als Perlen bezeichnete, so ist der Umfang seiner Schriften nicht nur mit einer Perlenkette sondern einer Schatzkiste vergleichbar. Seine im Internet veröffentlichte Bibliografie umfasst mittlerweile mehr als 200 Titel, darunter 24 Monografien, zahlreiche Aufsätze sowie Fundbeschreibungen und Rezensionen. Wer aktiv das NNB und die numismatische Fachpresse studiert, wird immer wieder Beiträge von ihm finden, die der Zusammenstellung noch beigefügt werden müssen. Wolfgang Steguweit ist einer der produktivsten Wissenschaftler auf dem Gebiet der Numismatik mit einem nicht alltäglichen breiten Spektrum. Dafür ist ihm nicht nur die Sammlerschaft zu großem Dank verpflichtet. Zudem ist er ein ausgesprochen angenehmer Zeitgenosse, der jede Gesprächsrunde intellektuell und amüsant bereichert. Nach Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit ist Wolfgang Steguweit nach Gotha, dem Anfang seines musealen und numismatischen Wirkens, zurückgekehrt. Und diese wird, so hat man den Eindruck, seither umso aktiver betrieben. Die Rückführung von ca. 15.000 Münzen und Medaillen nach Gotha, die die herzogliche Familie 1945 nach Coburg „transferiert“ hatte, konnte er im Auftrage der Kulturstiftung der Länder und des Schlossmuseums Gotha mit seinen Gutachten und der. Erfassung „vor Ort“ in Coburg maßgeblich bewirken. Da es vor Ort keinen Münzverein gibt, gehört er dem dortigen Briefmarken-Sammler-Verein Gotha 1890 e.V. an, in dem neben ihm auch andere Numismatiker mitarbeiten. Anfang September diesen Jahres war Gotha Austragungsort des 15. Deutschen Philatelistentages, auch dabei brachte sich unser Preisträger mit ein. Die Verbindung zwischen Philatelie und Numismatik hat er unlängst in einem mehrteiligen Beitrag im NNB „Von der zweiten zur dritten Dimension. Zeitgenössische Künstler in ihrem numismatischen und philatelistischen Umfeld“ dargestellt. Es scheint so, als ob er unaufhaltsam frühere Projekte, die aus Zeitgründen unvollendet geblieben waren, zu Ende bringt und sich aber auch neuen Themen zuwendet. Starke Männer haben meist starke Frauen an ihrer Seite, die ihnen Freiräume schaffen, sie in ihrem Tun bestärken, Projekte befördern und vielleicht sogar bei speziellen Fragen eingebunden werden. Da dies bei Frau Steguweit ganz sicher der Fall ist, gebührt auch ihr eine Aktie am Preis und natürlich ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle. Lieber Herr Steguweit, es ist mir nicht leicht gefallen, zum heutigen Anlass für Sie, den Wissenschaftler, den begnadeten Autor und Schöngeist, der oft selbst als Festredner brilliert, die richtigen Worte zu finden. Nun, es waren die Worte eines Sammlers, der stellvertretend für die Vielzahl der in der Deutschen Numismatischen Gesellschaft organisierten Sammler heute hier Lob und Dank vorgetragen hat. Im Namen der Jury und von uns allen wünsche ich Ihnen alles erdenklich Gute, beste Gesundheit, ungebrochenen Forscherdrang sowie stets eine flotte Feder - zu Ihrem Vergnügen und zu unser aller Freude. Anmerkung: Interessenten finden weiterführende Angaben zum Leben und Schaffen von Wolfgang Steguweit bei Bernhard Weisser: Wolfgang Steguweit - Initiator - Macher - Mentor - Visionär. In: Geldgeschichtlichen Nachrichten, GN 274, Juli 2014, S. 214-225, sowie bei Uta Wallenstein: Das Gothaer Münzkabinett von 1945 bis 2009. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Thüringer Münz- und Medaillenkunde, Heft 18, 2008-2010, S. 133-143. .




 

 

 

Eligiuspreis 2014 - Heinz Thormann

Laudatio

  Eligiuspreis 2014
 
  Foto: Andreas Mayer, Neumarkt  
 

Laudatio für Heinz Thormann
Eligius-Preisträger Thormann
Heinz Thormann erhält den Eligiuspreis der Deutschen Numismatischen Gesellschaft / Verband der deutschen Münzvereine e.V. 2014 – nach der von der Jury formulierten und in der Urkunde niedergelegten Begründung – „für sein numismatisches Lebenswerk, als Sammler, als Gründer und aktives Mitglied deutscher Münzvereine, als Autor eines vielzitierten numismatischen Standardwerkes, als Gründungsredakteur einer numismatischen Fachzeitschrift und als wissenschaftlicher Numismatiker im Münzhandel.“

 

Sehr geehrter, lieber Herr Thormann,

verehrte Festgäste, liebe Münzfreunde, meine Damen und Herren!

Als Mitglied der von unserem Präsidenten Kristian Nikol Worbs berufenen Jury für den Eligius-Preis ist mir die Aufgabe übertragen, die übliche Lobrede auf den Geehrten zu halten. Dabei möchte ich sofort klarstellen, dass der Vorschlag, Heinz Thormann zu ehren, nicht von mir stammt – als Vorsitzender der westfälischen Münzfreunde kann ich ja nicht gut eigene Mitglieder vorschlagen – aber ich habe auch nicht widersprochen und kein Veto eingelegt. Aus vielen Gründen hat mir der Vorschlag sehr eingeleuchtet, etwa weil ich den Geehrten seit früher Jugend kenne – nicht persönlich, sondern von seinen Schriften –, und ich nutze gern die Gelegenheit, nun eine große Dankesschuld abzutragen.


Gottlob macht der Preisträger die Sache leicht. Denn, sehr verehrte Damen und Herren: wer von Ihnen kennt Heinz Thormann nicht vom Namen her? Wer hat sein Hauptwerk über die anhaltischen Münzen des Mittelalters hier noch nicht benutzt? Ist es nicht immer noch, bald 40 Jahre nach Erscheinen, das viel zitierte Standardwerk zu Anhalter Münzen des Mittelalters?

 

Wir ehren hier also nicht jemanden wie einen „unbekannten Soldaten“, der stets seine Pflicht tat. Aber wer kennt schon seine Biographie, Einzelheiten seines Lebens für die Numismatik? Dass Sie, meine Damen und Herren, noch nicht viel über HerrnThormann wissen, erleichtert meine Aufgabe: denn es ist eben nicht längst Bekanntes, oft im Fünfjahresrhytmus in den numismatischen Gazetten Gelesenes zu wiederholen – und, um es kurz zu sagen, es lohnt sich, den Autor dieses Buches und sein Lebenswerk zu kennen.

 

Heinz Thormann ist einer der passionierten und kundigen Sammler, der mit einer General-sammlung begann und sein Interesse dann auf Münzen seiner Heimat konzentrierte. Er stammt aus Rathenow an der Havel, aus der Mark Brandenburg, entwickelte früh ein lebhaftes Interesse an Münzen von Brandenburg-Preußen, verfasste für die örtliche Havel-Zeitung dazu schon als Vierzehnjähriger numismatische Artikel. Mit der mittleren Reife vom Gymnasium abgegangen, hat er aber eine Optikerlehre, wie sie in Rathenow, einem Pionierort der optischen Industrie in Deutschland, zukunftsweisend sein konnte, schon bald aufgegeben und stattdessen das Journalistenhandwerk von der Pike auf gelernt. Sehr jung Redakteur an der Havel-Zeitung, machte er durch seine Berichterstattung über Gerichtsverfahren Aufsehen. 18-jährig zur Wehrmacht eingezogen, war er auf der Krim und im Kaukasus, im Baltikum eingesetzt. Krankheiten und Verwundungen ermöglichten ihm das Überleben, auch journalistische Tätigkeit. Kurz vor Kriegsende verschlug es ihn nach Brandenburg, Rathenow, Wittstock, Schwerin, und von dort aus gelangte er nach Holstein, wo er schließlich beim Radiosender der Militärregierung tätig wurde – und wo er seine ihn besuchende Braut heiratete, mit der er 1945 in deren Herkunftsort Zerbst zurückkehrte. Seine Anhalter Heimat ist also eigentlich nur angeheiratet!

 

Der Familientradition, nämlich Großvater und Mutter folgend, trat er in die SPD ein, arbeitete beim Landesnachrichtenamt, dann beim Landessender in Magdeburg und Halle. Nachdem er sich 1946 gegen die Forderung seiner SED-Oberen wehrte, Nachrichten über die politischen Konkurrenten zu unterdrücken, und er vor den Wahlen in eine Art Schutzhaft genommen worden war, arbeitete er für das LDPD-Zentralorgan Der Morgen in Berlin und fiel durch SED-kritische Berichte auf, mit Schlagzeilen im Sommer 1948 wie z.B. „SED-Skandal in Schkeuditz“.

 

Auf die Dauer waren diese Positionen aber nicht zu halten. So setzte er sich 1949 mit seiner Familie in den Westen ab, nach Aurich, wo er für den Ostfrieslandteil der Nordwestzeitung schrieb – sein früherer Rathenower Verleger war dort auch tätig – dann für die Ostfriesen-Zeitung. 1959 wechselte er zur Neuen Tagespost nach Osnabrück, später in Neue Osnabrücker Zeitung umbenannt, und übernahm von Meppen aus die Lokalberichterstattung für das Emsland, später mit eigener Redaktion in Haselünne. Auch dort wurde nach einem Wechsel des Chefredakteurs unabhängige Berichterstattung schwieriger, so dass er zum 1. April 1970 in den Münzhandel ging und beim Münzenhändler Holger Dombrowski in Münster anheuerte. Der Münzhandel boomte damals und suchte tüchtige Numismatiker zur Münzbestimmung; für Münzsammler ist es wichtig, zuverlässig bestimmte Münzen zu erwerben und so ein eigenes Urteil zu entwickeln. Heute soll es doch Auktionatoren geben, die die Bestimmungen ihrer Einlieferer ungeprüft übernehmen. Bei neueren und Reichsmünzen mag das gehen, aber bei älteren?

 

Bei der Münzenhandlung Dombrowski hat er im Herbst 1970 einen Schatzfund aus dem oberpfälzischen Schwandorf sehr sorgfältig in einem der Lagerkataloge beschrieben – ein nach 1670 vergrabener Fund von rund 700 Kleinmünzen. Es ist vorbildhaft, wenn ein solcher Münzfund vor seiner Zerstreuung dokumentiert wird, das ist auch heute im Münzhandel leider die Ausnahme und stellt eine der wenigen nachvollziehbaren Begründungen für das staatliche Schatzregal dar, das ja leider zur Unterschlagung der meisten Funde führt und damit das Gegenteil seiner erklärten Absicht bewirkt, meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, das hier einmal laut und deutlich zu sagen.

 

Die positive Reaktion der Kunden auf diese Thormann’sche Fundbeschreibung veranlasste die Gründung der Münsterschen Numismatischen Zeitung – ab März 1971 wurde jedem Ver-kaufskatalog der Firma Dombrowski ein Aufsatzteil vorangestellt. Herr Thormann war seinem Journalistenberuf treu geblieben – nun war er sein eigener Chefredakteur! Insgesamt 46 längere und kürzere Artikel und 36 Buchanzeigen trug er selbst bei. Auch nach Übersiedlung der Firma nach München und Übernahme der Münzgalerie München 1986 bestand die Zeitung unter diesem Titel fort, und erscheint bis heute.

 

Zeitschriften als Beilage von Münzhandelskatalogen hatten bis 1945 eine lange Tradition. Es konnte dazu dienen, in einer breiteren Sammlerschaft für die wissenschaftliche Numismatik zu werben. Ich darf das auch für mich selbst in Anspruch nehmen – bitte sehen Sie mir einen autobiographischen Exkurs nach: als 1970 die Fundbeschreibung von Schwandorf erschien, war ich gerade 12 Jahre alt, schon gut drei Jahre Kunde bei Dombrowski, und die MNZ war für mich das Tor in eine neue Welt, in die Welt der Münzkunde. Als ab 1972 dort der Katalog der fürstbischöflich-münsterschen Münzen der Neuzeit in Fortsetzungen erschien, erschloss mir das die westfälische Numismatik. 1973 trat ich in den westfälischen Münzverein ein und veröffentlichte 1978/79 meine ersten numismatischen Aufsätze in der Münsterschen Numismatischen Zeitung; da hatte Herr Thormann die Redaktion schon abgegeben. Dieses ziemlich zufällige Beispiel zeigt aber, lieber Herr Thormann, was Sie mit ihrer Münsterschen Numismatischen Zeitung angerichtet haben! Ohne Sie stünde ich heute vielleicht nicht hier.

 

Als Holger Dombrowski, der auch Münzen aus der DDR ankaufte, dort 1976 lange festgehalten wurde und die Zukunft der Firma fraglich war, wechselte Herr Thormann zur Firma Tietjen in Hamburg, die mit Dombrowski schon mehrfach zusammengearbeitet hatte, und von dort 1985 zur Firma Künker in Osnabrück. Seit 1988 Rentner, hat er seitdem intensiv numisma-tische Forschungen angestellt und auch publiziert. Der Fall der Mauer öffnete ihm den Weg zu Recherchen in seiner alten Heimat und zu neuen Kontakten. Heinz Thormann hat eine der deutsch-deutschen Biographien, für die die Mauer nicht undurchlässig war und für die der Mauerfall Raum zu fruchtbarer wissenschaftlicher Tätigkeit öffnete.

 

In diesem knapp erzählten Lebenslauf sind entscheidende numismatische Wegmarken schon angesprochen: das Schreiben zur Münzgeschichte, das ihn als Jugendlichen zum Journalistenberuf brachte – und das er auch als Journalist in Ostfriesland und im Emsland pflegte, wo er über Münzfunde und Münzkundliches berichtete. Schon in den 1950er Jahren begegnete er dem Numismatiker Peter Berghaus, als dieser die ostfriesischen Münzfunde bearbeitete. Dass Berghaus Heinz Thormann für den westfälischen Münzverein gewann und eine fruchtbare Zusammenarbeit entstand, versteht sich fast von selbst. Thormanns Zeitungsarbeit, etwa Arti-kel zu Schatzfunden wie den von Lagerfeld und andere numismatische Artikel – ermöglichte schließlich 1962 die Gründung eines Ortsvereins des Vereins der Münzfreunde für Westfalen und Nachbargebiete für das Emsland in Meppen. Thormann hat die Aufgabe, diesen Ortsver-ein zu leiten, aber schon 1967 in andere Hände abgegeben; die Arbeitszeiten und Pflichten eines Redakteurs passen nicht wirklich zu den Aufgaben eines Ortsvereinsvorsitzenden.

 

Ein zentraler Aspekt ist bisher zu kurz gekommen: Heinz Thormann als Sammler. Zunächst sehr breit interessiert, baute er eine Generalsammlung auf und konzentrierte sich nach 1960 auf anhaltische Münzen, also Münzen aus der Heimat seiner Frau. Es gab jedoch keine ordentliche Literatur, trotz der Arbeiten von Theodor Elze um 1880 und der Monographie von Johannes Mann 1907 über die neuzeitlichen anhaltischen Münzen und Medaillen. Thormann sammelte also systematisch Literatur zu den Münzen der Askanier, die 1295 ja auch seine Geburtsstadt Rathenow gegründet hatten und die bis 1320 Brandenburg beherrschten, ihr Kernland längs der Elbe als Grafschaft, dann Fürstentum und Herzogtum Anhalt sogar bis 1918 behaupteten. Die Münzbeschreibungen musste er aus zahlreichen Fundpublikationen zusammentragen; auch war das Gelände vermint durch die älteren Kontroversen zwischen den Numismatikern Julius Menadier und Emil Bahrfeldt. Nach jahrelanger Puzzlearbeit, sechs Jahre nach seinem Berufsbeginn als Numismatiker, erschien 1976 sein Katalog über Die Anhaltischen Münzen des Mittelalters, im Verlag von Holger Dombrowski, ein schmaler Band von 131 Seiten, dem Vorwort zufolge mit dem bescheidenen Anspruch, „jedem am Thema Interessierten, dem wissenschaftlichen Fachkollegen, dem Sammler, dem Händler eine gute Informationsquelle und Bestimmungshilfe“ zu bieten, kurz „ein nützliches numismatisches Handwerkszeug“. Das hat auch die kritische Forschung anerkannt, so Gert Hatz in seiner Rezension für die Hamburger Beiträge zur Numismatik: „es ist insgesamt ein kenntnisreiches, solide gearbeitetes, bequem benutzbares Bestimmungsbuch, das sich in der Praxis bereits bewährt hat“. Nach weiteren sechs Jahren folgte 1982 eine 192 Seiten starke, erweiterte Neuauflage unter dem Titel Die Münzen der Herzöge von Sachsen aus dem Hause Anhalt 1212–1422 – es ist das bisher unübertroffene Zitierwerk für dieses Gebiet.

 

Heinz Thormann reiht sich damit ein in die Zahl der wissenschaftlich tätigen Sammler, die ihren Fleiß dazu anwenden, Erkenntnisse einem breiteren numismatischen und wissenschaft-lichen Publikum mitzuteilen. Ein solches Engagament ist bei einem kleinen Fach wie der Numismatik, die so vielgestaltig ist wie die Kulturgeschichte der Menschheit, unverzichtbar! Das Sammeln an sich hat kein Verdienst, es dient der Unterhaltung, und wenn es gut ist, der Bildung des Sammlers. Es wird aber gemeinnützig, wenn der daraus erwachsende Erkenntnis-schatz systematisiert, gründlich und mit der Neugier und Findigkeit des passionierten Sammlers erweitert, dann mit anderen Sammlern und der Fachwelt geteilt wird. Heinz Thormann ist dabei durchaus kein Einzelfall; aus unserem westfälischen Verein sind so klangvolle Namen wie Ewald Stange für die Münzen von Minden und Ravensberg, Karl Kennepohl für Osnabrück und Bentheim, Anton Kappelhoff für Ostfriesland, Hans Krusy für Waldeck, für Soest und mittelalterliche Gegenstempel, Hans Weinrich für das Domkapitel Münster, Gerhard Krug für Sachsen und Meißen, Arnold Schwede für Paderborn, Corvey und Rietberg, Klaus Giesen für Hoya und Diepholz zu nennen, aus anderen Münzvereinen etwa für Brandenburg Hans-Dieter Dannenberg, wie Schwede und Giesen ebenso Eligius-Preisträger wie etwa der Hamburger Manfred Mehl dank der vorbildhaften Monographien zu Hildesheim, Quedlinburg, Magdeburg, Barby und weiteren mitteldeutschen Münzständen. Sie, lieber Herr Thormann, sind ein solcher Arbeiter im Weinberg der Numismatik, ohne den der Garten der Anhalter Numismatik sehr viel schwieriger zu bestellen wäre.

 

Weitere verdienstvolle Grundlagenforschung hat Heinz Thormann nach Eintritt in den Ruhestand geleistet. Er schrieb 1989 einen Katalog der eigenen Anhalt-Sammlung, unter dem Titel Münzen und Medaillen, Marken und Zeichen des Landes und des Gesamthauses Anhalt, jetzt mit 5 Nachträgen in einer Bibliothek in Zerbst zugänglich. Dann hat er umfangreichere, auf archivischen Quellen basierende Aufsätze zur Kippermünzprägung in anhaltischen Münzstätten publiziert, in den Mitteilungen des Vereins für anhaltische Landeskunde in Köthen 1993 und 1994, sowie Studien zum Geldwesen in Rosslau. Akribisch durchforschte Thormann Archive. Ein Hauptwerk wurde der gründlich aus den Quellen erarbeitete Katalog Rathenow in nummis, der inzwischen ebenfalls sechs dicke Manuskriptbände umfasst, die in einer Auflage von 14 Exemplaren vervielfältigt sind, Exemplare davon sind im Stadtarchiv Rathenow, in der Staatlichen Münzsammlung in München und im Institut für Numismatik der Universität Wien einzusehen. Dabei hat Heinz Thormann auch ein kaum beackertes Gebiet der Numismatik erschlossen: die seit den 1990er Jahren von Sozialämtern herausgegebenen Wertgutscheine für Asylbewerber, die er in mühevollen Korrespondenzen mit den ausgeben-den Behörden und den gewerblichen Anbietern solcher Ersatzzahlungsmittel recherchierte und die er 2006 am Beispiel des Landkreises Havelland im Land Brandenburg auch publiziert hat – in den Beiträgen zur brandenburgisch-preussischen Numismatik Bd. 14. Ich erinnere mich, wie Herr Thormann bei Tagungen unseres westfälischen Vereins auf dieses Phänomen hinwies und etwa meinen Kollegen Peter Ilisch im Münzkabinett unseres Westfälischen Lan-desmuseums motivierte, Beispiele aus westfälischen Kommunen für die Museumssammlung zu beschaffen. Heinz Thormann hat also in viele Richtungen anregend und fruchtbar gewirkt. Anhalter Münzfreunde haben dies 2013 zu seinem 90. Geburtstag mit einer Festschrift gewürdigt.

 

Es gilt also, nun und hier die Früchte eines langen, achtzigjährigen Numismatikerlebens zu würdigen: die breite Allgemeinbildung des Generalsammlers, der sich damit zum Numismatiker und Münzbestimmer im seriösen Münzfachhandel qualifiziert hat; das Wissen des Spezialsammlers, der fleißig zu seinem Sammelgebiet recherchiert und sein Wissen in einem Katalog-Handbuch an Sammler, Händler und Wissenschaftler weitergibt; der engagierte Münzfreund und Gründer eines numismatischen Vereins im Emsland; der Gründungsredak-teur einer numismatischen Zeitschrift, der Grundlagenforscher, der sich nicht mit dem positivistischen Beschreiben begnügt, sondern in Archiven nach den historischen Zusammen-hängen forscht und seine Erkenntnisse der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt.

 

Das alles haben wir für vorbildhaft und preiswürdig gehalten: solcherart Aktivisten, Ihresgleichen brauchen wir mehr! Und Sie sind, lieber Herr Thormann, noch in anderer Hinsicht vorbildhaft: man sieht Ihnen an, wie die Numismatik, Sammeln und Forschen, Geist und Körper frisch und jung erhält! Und namens der Jury und uns allen wünsche ich Ihnen alles Gute, damit Ihnen das auch weiter gelingt: Gesundheit und Energie, die aus der Freude an Münzen gespeist wird.

 

Herzlichen Glückwunsch zum Eligius-Preis 2014!

Gerd Dethlefs



 

Vortrag

  Eligiuspreis 2014 - Vortrag
 
     
 

Heinz Thormann

Zwei seltene Medaillen auf das Kurfürsten-Denkmal in Rathenow

 

Als der preußische Generalmajor Graf Truchseß von Waldburg seinem König Friedrich Wilhelm I. empfahl, bei Rathenow eine Neustadt zu schaffen, in der auch eine Garnison in Bürgerquartieren unterzubringen sei, traf das voll den Geschmack des „Soldatenkönigs“. Wenig später, im Jahre 1733, ließ dieser mit dem Bau der Rathenower Neustadt beginnen und die notwendigen Arbeiten so intensiv fördern, daß nur fünf Jahre später bereits 37 zwei-und 64 einstöckige Bürgerhäuser nebst sechs öffentlichen Gebäuden entstanden waren. Mit den Bürgern, die ab 1738 die neuen Häuser bezogen, zogen jedoch auch der Stab und zwei Schwadronen des Königlichen Leibkarabinier-Regimentes, die in Bürgerquartiere eingewiesen wurden, in die Rathenower Neustadt ein. Sie begründeten damit die Tradition Rathenows als Garnisonstadt eines Reiterregimentes, zuletzt ab 1851 die Zietenhusaren (nach 1918 preußisches Reiterregiment Nr. 3) bis zu dessen Versetzung nach Göttingen im Jahre 1934.

 

Die größte Überraschung aber brachten die kurmärkischen Stände nach Rathenow. Sie ließen auf dem Marktplatz der Neustadt, dem späteren Paradeplatz und heute nur noch einfach zu einer gärtnerischen Anlage gewordenen Schleusenplatz ein von dem Bildhauer Johann Georg Glume, vorher Mitarbeiter und Nachfolger Andreas Schlüters, nach einem Modell des Berliner Meisters Bartholomäus Damart geschaffenes Denkmal zu Ehren des Großen Kurfürsten und zur Erinnerung an dessen bedeutendste militärische Siege, darunter die Vertreibung der Schweden aus der Mark Brandenburg im Jahre 1675, errichten. Auf demselben Platz steht es noch heute, wohlerhalten und restauriert.

An den vier Seiten des quadratischen Unterbaues hat Glume Flachrelief s mit Kampfszenen aus den siegreichen Schlachten des Kurfürsten geschaffen, darüber je ein erklärendes Schriftband. Es sind: „Bataille bei Warschau d. 20. Juli 1656; Massacre in Rathenow d. 15. Juni 1675; Schlacht bei Fehrbellin d. 18. Juny 1675; Eroberung der Festung Stralsund d. 11. October 1678.”

 

Foto: Ralf Kuberski (Fotohaus Wilhelm, Rathenow)

 

 

Das Wort „Massacre“ in Verbindung mit Rathenow beweist, dass die brandenburgischen Soldaten das Versprechen, das sie einander vor dem Geschwindmarsch vom Oberrein nach Rathenow sich gaben, nämlich „Pardon wird nicht gegeben“, bei den Kämpfen in und um Rathenow wahr gemacht haben.

 

Es war die Vergeltung für die unsäglichen Drangsalierungen und Grausamkeiten, denen die Rathenower Bürger und die bäuerliche Bevölkerung des Havellandes im Jahre 1675 während der sieben Monate andauernden Besetzung durch die wie im Dreißgjährigen Krieg im Lande hausenden, mordenden und brennenden Schweden schutzlos ausgesetzt gewesen waren.

Auf der Höhe des Denkmales steht, nach Osten blickend, die Ganzfigur des Kurfürsten in antiker Kleidung mit dem Feldherrnstab in der Rechten. Auf halber Höhe des Monumentes finden sich den Kurfürsten preisende Verse in poetischer Form. Sie hat „der berühmte Dichter Johann Valentin Pietsch, ehemaliger Proessor zu Königsberg“ (Oelrichs) verfasst.

An jeder der vier Ecken des Unterbaues sitzt ein in Ketten gelegter Sklave als Sinnbild für die in Gefangenschaft geratenen Schweden. Zu Zeiten der DDR wurden ihnen die Ketten abgenommen, nach der Wende aber wieder angelegt.

Die Gesamtkosten für das sehenswerte, beachtliche Sandsteinmonument haben nach Oelrichs Angaben 16.000 Reichstaler zu Lasten der kurmärkischen Stände betragen. Nach einer anderen ungenannten Quelle mußten die Stände für die Bezahlung des bildhauerischen Kunstwerkes sogar 22.000 Reichstaler aufbringen.

Den ihm erteilten Auftrag, eine Medaille auf die Errichtung dieses prächtigen Standbildes zu schaffen, hat auch der an der Berliner Münze tätige Stempelschneider Ludwig Heinrich Barbiez 1738 erfüllt. Von wem der Auftrag kam, ob ebenfalls von den märkischen Ständen oder angesichts der Person des auf dem Ehrenmal Dargestellten möglicherweise vom König selbst, ist uns nicht bekannt, zumal es darüber offenbar keine Akten gibt. Die Rückseitenlegende der Medaille nennt das von den Rathenowern einfach als das Kurfürstendenkmal bezeichnete Monument immerhin ein Siegesmal, ein Tropaeum.

Ein Exemplar dieser Medaille in vergoldeter Bronze gelangte in die Sammlung des 1875 im jugendlichen Alter von 32 Jahren verstorbenen Berliner Bankiers Paul Henckel ohne Angaben der Herkunft. So kam sie 1876 im Teil II der von dem damals bekannten Berliner Münzenhändler Adolph Weyl veranstalteten Auktion der Paul-Henckelschen Sammlung Brandenburg-preußischer Münzen und Medaillen als Nummer 3086 zum Ausruf und wurde für den sagenhaften Betrag von einer Mark einem Herrn Ernst, dessen nähere Personalien heute natürlich nicht mehr feststellbar sind, zugeschlagen. Seitdem ist sie nicht mehr auffindbar und gilt schlichtweg als verschollen. Der bekannte Berliner Münzenhändler Dr. Waldemar Wruck wandte im Kundenauftrag viel Zeit mit der Suche nach ihr oder einem anderen Exemplar dieser höchstwahrscheinlich ja nicht nur in einem Exemplar geprägten Medaille auf, und auch ich wurde mehrfach von Interessenten kontaktiert. Alle Bemühungen, sie aufzufinden, blieben bisher ergebnislos

Nach der Beschreibung im Katalog der Sammlung Henckel muss Nummer 3086 eine recht hübsche Medaille gewesen sein. Darauf lässt die Beschreibung im Auktionskatalog schließen:



Slg. Paul Henckel 3086; Ossbahr 58; Brockmann 571. Repro aus: Adolph Weyl: Die Paul Henckel’sche Sammlung Brandenburgisch-Preussischer Münzen und Medaillen, Berlin 1876 (Reprint Berlin 1987).

 

Die lateinischen Inschriften lauten wörtlich übersetzt: Den bei Rathenow eingeholten, bei Fehrbellin in die Flucht geschlagenen Schweden, am 18. Juni des Jahres 1675.

Sinngemäß wäre zu übersetzen, indem der Text im Abschnitt und die Überschrift in einem Zug zu lesen sind: Das Siegesdenkmal zu Rathenow, errichtet im Jahre 1738, nachdem die Schweden zu Rathenow verfolgt und bei Fehrbellin vernichtend geschlagen wurden am 18. Juni 1675.

Warum ist die Medaille so selten? Warum gibt es sie nur in vergoldeter Bronze? Ist ein Exemplar in den Grundstein eingemauert worden? Diese Fragen lassen sich vorerst nicht beantworten. Die Spur zu einer Erklärung könnte der Künstler bieten, der mit „BARBIEZ F[ecit]“ signiert hat. Dabei dürfte es sich um Ludwig Heinrich Barbiez (1712–1754) handeln. Dessen aus der Champagne stammender Vater Jacques Barbiez und dessen Bruder Zacharias Barbiez waren wohl nur als Münzgraveure an der Berliner Münze tätig. Ludwig Heinrich Barbiez dagegen signierte stets mit seinen Initialen; sein frühestes gesichertes Werk sind die Huldigungsmünzen für Friedrich II. zur Berliner Huldigung am 3. August 1740. Der junge König zeigt hier ein etwas dickliches Gesicht, das dem seines Vaters sehr ähnelt. Dem König scheinen die Prägungen nicht sehr gefallen zu haben, denn er lehnte 1741 die Anstellung von Barbiez als Münzgraveur ab – man solle im Ausland bessere Graveure suchen. Erst nach dem Tode des Münzgraveurs Lüders wurde Ludwig Heinrich Barbiez am 4. Mai 1742 mit 250 Talern Jahresgehalt angestellt. Immerhin wurde sein Gehalt mehrfach bis auf 600 Taler erhöht; er starb am 8. Juli 1754. Dass Barbiez wegen einer von ihm geschaffenen, aber nicht von den Behörden oder gar vom König autorisierten Medaille auf die Schlacht bei Hohenfriedberg 1745 gemaßregelt werden sollte, zeigt immerhin, dass die Münzgraveure nicht unbedingt auch frei arbeiten und Medaillenstempel gravieren durften. Erklärt das vielleicht die Seltenheit der Rathenower Denkmal-Medaille?

Sollte die Rathenower Medaille wirklich ein Werk dieses Barbiez sein? Es wäre sein erstes bekanntes Werk, und es fehlen seine Vornamen. Etwas mehr Wahrscheinlichkeit hätte demnach die Autorschaft seines Vaters Jacques – von dem aber bisher überhaupt keine Arbeiten identifizierbar sind. So ist es umso bedauerlicher, dass von dieser Rathenower Medaille weder ein Exemplar noch eine Abbildung bekannt ist.

- - -

Eine 180 Jahre jüngere Rathenower Medaille auf die 250. Wiederkehr des „Tages von Rathenow“ für einen privaten Kreis von einem nicht bekannten Medailleur in einer Auflage von nur 25 Stück gefertigt, wäre anscheinend wohl auch bald zu den verschollenen numismatischen Objekten zu zählen gewesen. Die aus 900/1000 feinem Silber bestehende Medaille zeigt auf der Vorderseite die in der Mitte unten beginnende und endende Umschrift „Zur Erinnerung an die Befreiung der Stadt Rathenow 15.6.1675“ das alte Stadtwappen, auf der Rückseite zwischen den Jahreszahlen 1675 – 1925 das Rathenower Kurfürstendenkmal. Sie hat eine interessante Geschichte, die im Folgenden erzählt werden soll.

 

Tragbare Medaille 1925

auf die 250. Wiederkehr des „Tages von Rathenow“ (Befreiung der Stadt von den Schweden) „Zur Erinnerung an die Befreiung der Stadt Rathenow 15. 6. 1675“ Von einem Engel gehaltener geschweifter Wappenschild mit dem Adler von Brandenburg über zwei gekreuzten Zweigen von Wein- und Eichenlaub. Rs. Das Kurfürstendenkmal in Rathenow von vorn zwischen „1675 – 1925“, im Abschnitt vertieft eingeschlagen die Feingehaltsangabe „900“.

 

39,0 mm; 27,0 g, mit Öse und Ring Fotos: Jens-Ulrich Thormann

 

Waren bislang zwei vollständige Exemplare dieser Medaille und ein Exemplar mit herausgedrehter Vorderseite (Wappenseite) – sämtlich in Rathenower Privatbesitz als noch existent bekannt, so tauchte im Herbst 2001 in einer kleineren Versteigerung im Rheinland ein drittes vollständiges Exemplar auf, das jetzt in Osnabrücker Privatbesitz ist.

Zur Geschichte der Medaille verlautet unbelegt, die Idee zu ihrer Prägung sei im Kreise eines in Knütters Weinstuben am Zietenplatz in Rathenow heimischen Stammtisches von Rathenower Honoratioren geboren und schließlich in die Tat umgesetzt worden. Nachdem die Stadt eine angebotene Beteiligung an der Herausgabe dieser Medaille – wie auch an den vom Heimat- und Museumsverein vorbereiteten Gedenkfeiern – abgelehnt hatte, gab die Honoratiorenrunde 25 Exemplare der Medaille in Auftrag. Den wenig später bekundeten Wunsch der Stadt, ungeachtet der vorher ausgesprochenen Ablehnung doch an der Medaillenemission teilzunehmen, lehnte nunmehr der offenbar gründlich verärgerte Stammtisch ab und ließ darüber hinaus die von ihm bezahlten Prägestempel nach Ausprägung der bestellten 25 Medaillen vernichten.

Es war die damalige sozialdemokratische Mehrheit der Stadtverordneten, die gegen die vom Magistrat befürwortete Beteiligung der Stadt an den geplanten Veranstaltungen zur Erinnerung an die blutigen kriegerischen, als „das Massacre in Rathenow“ in die brandenburgische Geschichte eingegangenen Geschehnisse des 15. Juni 1675 stimmte. „Der Magistrat beantragt, 1000 Mark (für die Gedenkfeiern, Verf.) zu bewilligen“, heißt es in dem von der als Organ der SPD in Rathenow verbreiteten „Brandenburgischen Zeitung“ veröffentlichten Sitzungsprotokoll. „Die Stadtverordnetenversammlung lehnte den Antrag ab.“

Medailleur oder Prägeanstalt der stadtgeschichtlich bedeutenden und seltenen Medaille konnten bislang trotz intensiver Recherchen nicht ermitttelt werden. Für die Wappenseite hatte offensichtlich die Vorderseite der von Oertel in Berlin geschaffenen Medaille von 1905 zum 75jährigen Bestehen der Rathenower Schützengilde als Vorlage gedient. Nach dem Stempelschnitt und dem Gesamteindruck kommt aber die Oertelsche Prägeanstalt als Urheber nicht in Frage. Es erscheint vielmehr als durchaus möglich, dass ein Rathenower Graveur oder Goldschmied die sehr ordentlich geschnittenen Stempel für die Gedenkmedaille gefertigt hat.

Einmal noch wurde danach im 20. Jahrhundert in Rathenow eine Medaille mit der Darstellung des Kurfürstendenkmals ausgegeben. Das war im Jahre 1991, als Rathenow – 1216 erstmals in einer Urkunde des Brandenburger Bischofs Siegfried erwähnt – seine 775-Jahrfeier festlich beging. Angeboten wurde sie in handpatiniertem Feinsilber, in normalem Feinsilber und in Feingold – letztere allerdings nur in 25 Exemplaren.

 

42,0 mm; Fotos: Jens-Ulrich Thormann

 

Quellen und Literatur:

Günther Brockmann: Die Medaillen der Kurfürsten und Könige von Brandenburg-Preußen Bd. 1: Die Medaillen Joachim I. – Friedrich Wilhelm I. 1499 – 1740, Köln 1994

Gunther Hahn / Alfred Kernd‘l: Friedrich der Grosse im Münzbildnis seiner Zeit, Frankfurt/Main / Berlin 1986.

Julius Menadier: Schaumünzen des Hauses Hohenzollern, Berlin 1901

Johann Carl Conrad Oelrichs: Erläutertes Chur=Brandenburgisches Medaillencabinet aus ... historisch erklärten Gedächtnißmünzen. Zur Geschichte Friederich Wilhelm des Großen, Berlin 1778 (Reprint Berlin 1988)

C. A. Ossbahr: Mynt och Medaljer slagna för främande makter ..., Uppsala 1927

Heinz Thormann: Rathenow in nummis, 6 Bde., als Manuskript vervielfältigt, Osnabrück 1996-2007

Adolph Weyl: Die Paul Henckel’sche Sammlung Brandenburgisch-Preussischer Münzen und Medaillen, Berlin 1876 (Reprint Berlin 1987).

Für die medaillenkundlichen Beobachtungen zu Barbiez mit den Literaturhinweisen wird Dr. Gerd Dethlefs (Münster) sehr gedankt.

 

 

 

 

Eligiuspreis 2013 - Klaus Giessen

  Eligiuspreis 2013  
     
 

Klaus Giessen

Ohne Gegenstimmen hat die Jury für den Eligius-Preis der Deutschen Numismatischen Gesellschaft unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Bernhard Overbeck sich für Herrn Klaus Giesen, Mitglied des Vereins der Münzfreunde für Westfalen und Nachbargebiete, als diesjährigen Preisträger entschieden. Herr Giesen ist inzwischen 80 Jahre alt. Seine numismatischen Interessen liegen vor allem auf dem Gebiet des Mittelalters. Diese Thematik ist weit entfernt von seinem Berufsfeld als Diplomingenieur. Ganz aus eigener Initiative hat er sich in den Bereich der Münzwissenschaften eingearbeitet, und dabei blieb es für ihn nicht beim Sammeln. Im Jahre 2001 erschien aus seiner Feder eine erste Monographie, „Die Münzen von Diepholz. Geld- und Münzgeschichte, Geprägekatalog". 2004 legte er dann eine weitere numismatische Monographie vor: „Die Münzen der Grafen von Hoya. Geld- und Münzgeschichte, Münzfunde, Geprägekatalog". Mit diesen beiden veritablen wissenschaftlichen Darstellungen zur deutschen Numismatik ist die Münzprägung von Diepholz und Hoya für Wissenschaft und Sammler zugänglich und erschlossen. Damit hat Herr Giesen einen weißen Fleck auf der numismatischen Landkarte getilgt und sich um die deutsche Numismatik verdient gemacht. Die Preisverleihung fand am 25. Mai 2013 in Münster anlässlich des 10. Deutschen Münzsammlertreffens statt, die Laudatio auf den Preisträger hielt Herr Fritz Rudolf Künker.




 

 

Eligiuspreis 2012 - Günter Unshelm

  Eligiuspreis 2012  
     
 

Günter Unshelm

Der Eligius-Preis 2012 der Deutschen Numismatischen Gesellschaft wurde während des 21. Deutschen Numismatikertages am 5. Oktober 2012 in Berlin an Günter Unshelm verliehen. Die nachstehende, leicht gekürzte Laudatio hielt das Jury-Mitglied Dr. Bernd Sprenger, Langenfeld.

2012 Preisträger Günter Unselm

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

lieber Herr Unshelm,

meine Damen und Herren,

 

ich freue mich, dass wir dieses Jahr mit Herrn Günter Unshelm wieder einen ehrenamtlichen Forscher und Sammler mit dem Eligius-Preis auszeichnen. Es ist ja guter Brauch, nicht nur Wissenschaftler und berufsmäßige Numismatiker mit dem Preis auszuzeichnen, sondern eben auch ehrenamtliche Forscher und Privatsammler, die sich um die Numismatik verdient gemacht haben.

 

Unser Preisträger ist gelernter Bankkaufmann. Er stammt aus der Stadt Haan nahe bei Düsseldorf. Sein Berufsweg führte ihn zur Sparkasse in Hilden, einem Nachbarort, wo er (1969) die Leitung der Kreditabteilung übernahm. 1987 wechselte er als Kundenbetreuer zur Westdeutschen Landesbank. Dort blieb er, bis er in den wohlverdienten Ruhestand ging, um sich ganz seinen Hobbys zu widmen.

 

Seine Sammelleidenschaft entdeckte Günter Unshelm schon in jungen Jahren. Mit 19 wurde er Mitglied der Bergischen Münzfreunde. Mit 27 Jahren übernahm er bereits den Vereinsvorsitz der Bergischen Münzfreunde – das war 1967. […]

 

Neben den Münzen liegen unserem Preisträger die bergischen und märkischen Goldwaagen aus dem 18. und 19. Jahrhundert am Herzen. Das Herzogtum Berg und die Grafschaft Mark waren damals Zentren der Goldwaagenherstellung. Die dort produzierten Münzwaagen wurden europaweit vertrieben, sie gelangten bis nach Italien und Spanien. Hierzu hat Günter Unshelm im vergangenen Jahr eine umfassende, grundlegende Studie vorgelegt und veröffentlicht. Alle bekannten Goldwaagenmacher aus der bergisch-märkischen Region sind sorgfältig aufgeführt, ihre Münzwaagen genau beschrieben und exzellent abgebildet. Dieses Buch ist eine wahre Fundgrube. Es wurde bereits mehrfach besprochen, auch schon im Numismatischen Nachrichten Blatt, so dass es nicht nötig ist, hier näher auf den Inhalt einzugehen.

 

Nur so viel: Prof. Bernhard Overbeck, der Vorsitzende der Eligius-Preisjury, hat bei seiner Bekanntgabe des Preisträgers im Numismatischen Nachrichten Blatt (in der Juni-Ausgabe 2012) sehr treffend zusammen gefasst – und die Worte mögen Ihnen bekannt vorkommen: „… ein imposantes, zudem in seinem alphabetischen Aufbau und mit den ausgezeichneten Illustrationen für jeden Sammler und Wissenschaftler leicht benutzbares Werk…“ Und es wird genutzt. So hat das Buch von Günter Unshelm umgehend Anerkennung als Zitierwerk für Münzwaagen gefunden.

 

Vorangegangen waren 40 Jahre Forschen, Sammeln und Sichten, eine langjährige Zusammenarbeit mit bedeutenden Auktionshäusern, zahlreiche Ausstellungen, Veröffentlichungen, Vorträge. Eine Leidenschaft, die sich bereits vor rund 30 Jahren im „Frankfurter Allgemeine Magazin“ (damals eine wöchentliche Beilage der FAZ), Ausgabe 18. Februar 1983 (Heft 155, S. 28-34) als großer Artikel über Münzwaagen niederschlug, überschrieben mit dem Titel „Auf die Goldwaage gelegt“. Die Journalistin Stella Braun beginnt diesen Artikel wie folgt: „Zwei kugelig frisierte Eiben bewachen eine kleine Villa, deren Fassade Behagen ausstrahlt. Doch im Innern kann von Behagen keine Rede sein. Der Hausherr Günter Unshelm hat Urlaub genommen, um die Arbeit an einem Auktionskatalog abzuschließen: Hundertfünfzig Goldwaagen machen sich auf allen Tischen und den meisten Stühlen breit.“ Und weiter: „Diesen reizvollen Geräten ist Herr Unshelm ganz und gar verfallen. Den Bankmann, der elektronisch wiegt und mit unsichtbaren Geldern umgeht, fasziniert der Blick in die Vergangenheit. Über das Sammeln von Münzen kam er an die Waagen, deren hervorragender Kenner er heute ist. Vor zwei Jahren regte er das Münzversteigerungshaus S.-B. in Essen zur ersten Münzwaagen-Auktion an, die ein spektakulärer Erfolg wurde. Herr Unshelm hatte den Katalog besorgt; er war sofort vergriffen. Der in Arbeit befindliche Katalog hat nun solch ein Vorausrenommee, daß schon Anfragen aus aller Welt ins Haus flattern…“

 

Damals gab es noch keinen Verein für historische Metrologie in Deutschland. Er wurde aber bald darauf ins Leben gerufen. Nicht von ungefähr waren Sie, lieber Herr Unshelm, einer der maßgeblichen Mitbegründer der neuen Vereinigung „Maß und Gewicht“. Und Sie waren - wen wundert es noch - lange Zeit deren erster Vorsitzender.

 

Münzwaagen werden von Sammlern und Forschern oft nur am Rande beachtet. Dabei war das Wiegen und Wägen von Münzen durchaus wichtig in Zeiten, in denen der Metallgehalt ausschlaggebend für den Wert einer Münze war. Und das ist immerhin bis ins 20. Jahrhundert hinein der Fall gewesen. Noch heute erinnert der Spruch „Leg doch nicht jedes Wort auf die Goldwaage“ daran, wie sehr die Waage früher zum Alltag gehörte. […]

 

Die Vielzahl ständig wechselnder Münzen, die wir Sammler so lieben, die Vielfalt sich immer wieder ändernder Münzfüße, Münzsysteme und Währungen bergen zahlreiche Fallgruben – und treiben so manchen Historiker zur Verzweiflung. Umso wichtiger ist es, dass immer wieder auch engagierte Sammler mit ihren Forschungsarbeiten die Numismatik bereichern. So wie unser Preisträger mit seinem Handbuch über die bergischen und märkischen Goldwaagen von 1749 bis 1850. Mit diesem Werk hat Herr Unshelm eine Forschungslücke geschlossen. […]

 

Eine großartige Studie zu Münzwaagen, und 45 Jahre erfolgreiches Wirken als Vereinsvorsitzender - das verdient Dank und Anerkennung! Wer kann schon auf eine so lange Zeit in Amt und Würden zurück blicken? Ich wüsste jemanden, auch wenn der Vergleich weit hergeholt ist: Der preußische König Friedrich II. regierte sogar 46 Jahre lang. Aber, lieber Herr Unshelm, den alten Fritz werden Sie im nächsten Jahr überrunden!

 

 

Eligiuspreis 2011 - Prof. Dr. Paul Arnold

  Eligiuspreis 2011  
     
 

Prof. Dr. Paul Arnold



Laudatio von Prof. Dr. Bernhard Overbeck

Anlässlich des 8. Deutschen und 19. Mitteldeutschen Münzsammlertreffens in Halle/Saale erhielt Prof. Dr. Paul Arnold, Dresden, ehemaliger Vizepräsident der Deutschen Numismatischen Gesellschaft, aus der Hand des DNG-Präsidenten Kristian Nicol Worbs den Eligius-Preis 2011. Die Laudatio hielt der Vorsitzende der Eligius-Jury, Prof. Dr. Bernhard Overbeck, er führte aus:

Verehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, lieber Herr Kollege Professor Arnold, vor fünf Jahren hatte ich die Ehre und Freude, im Rahmen des 3. Deutschen und 14. Mitteldeutschen Münzsammlertreffens zu Dresden eine Laudatio zu Ihrem 70. Geburtstag zu halten. Gastgeber war damals der Numismatische Verein zu Dresden e.V., und diese meine Geburtstagsgratulation wurde in den Dresdner Numismatischen Heften Nr. 4 publiziert. Ich bin also in dem Dilemma, dass ich nicht all das wiederholen sollte, was schon längst zu Papier gebracht worden ist und was man daher jederzeit nachlesen kann.

Nur so viel: Der Ihnen heute durch den Präsidenten der DNG verliehene Eligius-Preis ist eine bescheidene Anerkennung Ihres Wirkens für die Numismatik und speziell für das Dresdner Münzkabinett, das nicht zuletzt durch Ihre Arbeit wie ein Phoenix aus der Asche wiedererstanden ist, und zwar an dem gleichen historischen Ort, der Residenz der Wettiner, wie vor dem Feuersturm, der Dresden in Schutt und Asche gelegt hatte. Ihr am 2. März dieses Jahres begangener 75. Geburtstag ist ein schöner Anlass, Ihr tatkräftiges Wirken für die Numismatik der Grund für die Verleihung des Preises.

Nein, es erfolgt jetzt keine nochmalige Aufzählung Ihres wissenschaftlichen Œuvres und kein Bericht über Ihre Arbeit als Direktor am Kabinett und als akademischer Lehrer. Das ist nachzulesen. Lassen Sie mich vielmehr nur einige Anmerkungen zu unserem schönen Fach anführen, die ein Licht werfen auf die Numismatik und auf Amt und Würden des Direktors eines Münzkabinetts. Diese Ausführungen stammen nicht von mir, sondern von dem Literaturnobelpreisträger von 1929, keinem Geringeren als Thomas Mann. In seinem Roman „Doktor Faustus", der Lebensbeschreibung des fiktiven genialen Komponisten Adrian Leverkühn, findet man vielfältige Beziehungen zur Numismatik mit all ihren Querverbindungen zur Ästhetik und zu den historischen Wissenschaften. Dazu gehört übrigens auch die Würdigung unseres schönen Tagungsortes Halle und der „Alma Mater Hallensis", der bedeutenden Universität, in die der Berichterstatter im Roman sich einschreibt. Ich darf zitieren: „Zu Halle an der Saale finden sich theologische und philologisch-pädagogische Überlieferungen vielfach verschränkt, vor allem in der historischen Figur August Hermann Franckes, des Schutzheiligen der Stadt sozusagen ... Stellt nicht auch die Cansteinsche Bibelanstalt, diese erste Autorität für die Revision von Luthers Sprachwerk, die Verbindung von Religion und Textkritik her? Außerdem wirkte in Halle zu jener Zeit ein hervorragender Latinist, Heinrich Osiander, zu dessen Füßen zu sitzen mich sehr verlangte ...“ (Kap. XI, S. 116 f.).

Doch nun zur Numismatik: Da tritt im gesellschaftlichen Leben im München der späten 1920er Jahre in den Diskussionen bei den Abendgesellschaften des Industriellen Bullinger ein gewisser Dr. Kranich auf, den ich mitten aus der Unterhaltung über Ästhetik und Sinnlichkeit in diesem Roman hier zu Wort kommen lassen möchte. Auf die Bemerkung des genannten Herrn Bullinger, dass man sich vor dem Sinnlichen weder zu fürchten noch zu schämen habe, kommt nun die folgende Replik: „Vielleicht doch", ließ Dr. Kranich, der Direktor des Münzkabinetts, sich vernehmen. Er sprach, wie immer, außerordentlich distinkt, fest, klar artikuliert und verständig, obgleich sein Atem dabei vor Asthma pfiff „In der Kunst vielleicht doch. Auf diesem Gebiet darf oder soll man sich wohl in der Tat vor dem Nichts-als-Sinnlichen fürchten und sich seiner schämen, denn es ist das Gemeine nach der Bestimmung des Dichters: ‚Gemein ist alles, was nicht zum Geiste spricht und kein anderes als sinnliches Interesse erregt'. ... Die Betulichkeit und die Duldsamkeit gegen das Zweideutige ... sind nie als die vorbildlichsten Züge im Charakter unseres Olympiers (Goethe) angesehen worden. Im Übrigen kann man wohl eine Gefahr für die Kultur darin sehen, wenn der Geist vor dem Gemein-Sinnlichen ein Auge zudrückt oder gar damit blinzelt." (Kap. XXXVIII, S. 549 f.)

Aus dieser Passage geht vielseitige und profunde Bildung und Durchdringung der Kunsttheorie und Ästhetik durch diesen Direktor des Münzkabinetts sinnfällig hervor, so wie Thomas Mann den Numismatiker in seinem Roman gesehen hat. Seine Wertschätzung für das Fach Numismatik wird dann an anderer Stelle, einer hochdramatischen Phase in seinem Werk, sehr deutlich von ihm zum Ausdruck gebracht. Nach einem Konzert in München wird ein Musiker auf dem Heimweg in der Straßenbahn erschossen, eine überraschende und außerordentlich schockierende Beziehungstat. Der ebenfalls auf dem Heimweg befindliche Dr. Kranich hält die Hand des sterbenden Opfers: „Was für eine entsetzliche, besinnungslose, unvernünftige Tat!" sagte er, bleichen Angesichts, in seiner klaren, akademisch wohl artikulierten und dabei asthmatischen Sprechweise, indem er das Wort „entsetzlich", wie man es öfters, auch von Schauspielern, hört, „entzetzlich" aussprach. Er fügte hinzu, nie habe er mehr bedauert, nicht Mediziner, sondern nur Numismatiker zu sein, und der Chronist, den man natürlich mit dem Autor Thomas Mann gleichzusetzen hat, kommentiert das nun mit den folgenden Worten: „Und wirklich erschien mir in diesem Augenblick die Münzkunde als die müßigste der Wissenschaften, noch unnützer als die Philologie, was keineswegs aufrechtzuerhalten ist.“ (Kap. XLII, S. 596 f.) Hier steht also am Ende doch ein eindeutiges Bekenntnis zur und die Wertschätzung für die numismatische Wissenschaft, die nur in einer menschlichen Notsituation keine Bedeutung mehr hat. Und wieder ist der Direktor des Münzkabinetts sehr deutlich und sehr menschlich geschildert. Wer ist nun dieser Numismatiker Dr. Kranich? Wer die Personalia am Münchner Münzkabinett der Zeit und die Arbeitsweise Thomas Manns kennt, weiß natürlich, wer gemeint ist. Es handelt sich um einen meiner Vorgänger, keinen anderen als den großen Medaillenforscher und Förderer der zeitgenössischen Kunstmedaille, Georg Habich, ein seinerzeit prominentes Mitglied der Münchner intellektuellen Gesellschaft und in Künstlerkreisen sowie bei Kunstinteressierten wohlbekannt. Von 1907 bis zu seinem Tod im Jahre 1932 war er Direktor des Münchner Münzkabinetts. Bei Mann wurde aus dem Vogel „Habicht" der Kranich, die Vokalfolge blieb dabei gleich, eine typisch Mann'sche Namensverfremdung, denn seine Romane leben oft von der Realität, sind im Detail nicht Fiktion, sondern Beschreibung erlebter Wirklichkeit. Lassen Sie mich das Fazit aus den klugen Worten in Thomas Manns großem, in den Vierziger Jahren entstandenen Werk „Doktor Faustus" ziehen: Wir alle, die wir in der Numismatik tätig sind, etwa als Direktor eines Münzkabinetts, wie Sie, lieber Herr Kollege Arnold, vertreten ein Fach, das Wichtiges zur historischen Erkenntnis beitragen kann. Persönlicher Einsatz, klare Linie in dem, was man bewirken will, sind dabei ebenso unabdingbar wie ständiges Engagement in der Gesellschaft, die einen umgibt. Hätte Thomas Mann in jetziger Zeit Sie zu Dresden erlebt, lieber Herr Arnold, vielleicht hätte er aus Ihnen den Direktor des Münzkabinetts Dr. Anton gemacht, bei gleicher Vokalfolge in einem anderen Vornamen? Vielleicht! Natürlich wäre seine Schilderung Ihrer Person sehr präzise und sicher anders als bei meinem Vorgänger Habich ausgefallen. Jedenfalls haben Sie, wie Dr. Kranich-Habich, viel geforscht, viel bewegt und sich uni Ihr Kabinett verdient gemacht. Und wer Sie kennt, der weiß, dass Sie weiterhin für dieses unser Fach aktiv bleiben werden. [Anmerkung: Die angeführten Zitate beziehen sich auf Thomas Mann: Doktor Faustus. Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn erzählt von einem Freunde. Frankfurt 1960 (S. Fischer-Verlag, Stockholmer Gesamtausgabe der Werke von Thomas Mann)]

 

Dankeserwiderung von Prof. Dr. Paul Arnold

Für die große Ehre, die mir heute durch die Verleihung des Eligius-Preises zuteil wird, noch dazu verbunden mit der schönen mich sehr bewegenden Laudatio meines langjährigen, verehrten, lieben Kollegen und Freundes Prof. Overbeck, danke ich Ihnen herzlich. Sie haben damit mein wissenschaftliches Leben gewürdigt, von dem ich hoffe, dass es noch lange nicht abgeschlossen sein wird. Über mein jetzt schon nahezu vor einem Dezennium beendetes 36-jähriges Direktorat des Dresdner Münzkabinetts möchte ich heute nicht sprechen, aber erlauben Sie mir einige wenige Worte über meine akademische Lehrtätigkeit. Sie begann im Sommersemester 1991 mit meiner Berufung zum Gastprofessor durch die Universität Wien an das bekannte, auf Josef Hilarius Ecldiel zurückgehende Institut für Numismatik, das damals von dem scheidenden Ordinarius Prof. Robert Göbl geprägt war. Als ich von Wien nach Dresden zurückkehrte, habe ich mich noch unter dem Eindruck meiner Wiener Zeit an den damaligen sächsischen Ministerpräsidenten Prof. Biedenkopf mit einem Brief gewandt und darin auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Numismatik als wissenschaftliche Disziplin wieder an den Landesuniversitäten, zumindest an der TU Dresden, einzuführen, nachdem die Hochschulpolitik der ehemaligen DDR versucht hatte, sie auf das Niveau einer Hobby-Freizeitbeschäftigung im Rahmen des Kulturbundes herabzudrücken, was aber glücklicherweise nicht gelang. Als Wissenschaft konnte die Numismatik aber nur noch in den Münzkabinetten der großen Museumsverbände in Berlin, Dresden, Gotha, Schwerin und natürlich hier in Halle, ich denke an das verdienstvolle Wirken unserer verehrten Kollegin Frau Dr. Wipplinger, gepflegt werden. Prof. Biedenkopf nahm meine Eingabe an und reichte sie an die TU Dresden weiter, wo sie der neu berufene Ordinarius für Alte Geschichte, Prof. Jehne, sofort aufgriff und mir für das Sommersemster 1993 einen Lehrauftrag erteilte. In 14 Tagen werde ich das 37. Semester in Dresden mit einer Einführung in die antike Münzgeschichte beginnen. An der Universität Leipzig nahm sich zuerst der Ordinarius für klassische Archäologie, Prof. Paul, meines Anliegens an und erteilte mir ebenfalls im Sommersemester 1993 einen Lehrauftrag. Ich wechselte dann 1995 in Leipzig an das Seminar für Historische Hilfswissenschaften, wo die wissenschaftliche Numismatik eine große Förderung durch den neuen Ordinarius Prof. Vogtherr erfuhr, allerdings nach seinem Wechsel an die Universität Osnabrück im Wintersemester 2004/05 wieder eingestellt wurde.

Im Juni 2002, kurz vor meinem altersbedingten Ausscheiden als Direktor des Dresdner Münzkabinetts, bestellte mich die Universität Leipzig zum Honorarprofessor für Numismatik, wozu sicherlich die Feststellung von Prof. Vogtherr beigetragen hat, dass es mir gelungen sei, die Numismatik zum Kernbestand des Leipziger Curriculums in den Historischen Hilfswissenschaften gemacht zu haben. Seitdem konnte ich erfreulicherweise sehr viele Vertreter des wissenschaftlichen Nachwuchses mit dem Inhalt und der Bedeutung unserer Wissenschaft vertraut machen. Dabei war es mir immer wichtig, nicht nur den geldgeschichtlichen Aspekt sondern auch den historischen Aussagewert der Münzen und die Verbindung zu anderen Wissenschaften zu vermitteln sowie auf die Bedeutung der Münzen als historische Primärquellen hinzuweisen. Als Originalurkunden gewinnen sie an Bedeutung, je weiter wir in der Geschichte zurückgehen.

Ich fühle mich Robert Göbl immer darin verbunden, dass ich die Numismatik nicht als eine historische Hilfswissenschaft, sondern als eine auf dem riesigen Bestand des weltweit verbreiteten numismatischen Materials beruhende selbstständige Grundlagenwissenschaft behandele. Voraussetzung für erfolgreiche numismatische Forschung ist die Beschreibung der Münzen. Wird diese exakt, umfassend und kritisch vorgenommen, so ergibt sich von selbst, dass die wissenschaftliche Numismatik - so wie die Münze ja auch zwei Seiten hat - nicht nur Geldgeschichte sondern auch Kulturgeschichte im weitesten Sinne ist.



 

 

Eligiuspreis 2010 - Rainer Cunz

  Eligiuspreis 2010  
     
 

Reiner Cunz

Auszug aus der Laudatio des Vorsitzenden der Jury, Prof. Dr. Bernhard Overbeck:

[…] Lieber Herr Cunz, der große österreichische Schriftsteller Heimito von Doderer hat in seinem Roman „Die Dämonen“ treffend formuliert: „Das Studium einer Fachwissenschaft ist einer Brautschau ähnlich. Die gesamte Heilkunde oder die gesamte Zoologie oder die gesamte Altertumswissenschaft führen an sehr viele und sehr verschiedene Objekte der Liebe heran, bis endlich ein aus fast unerforschlichen Wurzeln der Biographie heraufsteigender Eros sich auf eines oder einige derselben stürzt: die Karzinome, die Lepidoptera (die Schmetterlinge) oder die Brakteaten. Es gehört dazu auch, dass normale Mitbürger nicht einmal wissen können, was das nun eigentlich sei.“

Hier waren es die Brakteaten, auf die Ihr Eros sich unter anderem stürzte, und in diesem Falle kann man überzeugt sein, dass alle hier im Saale natürlich wissen, was das ist. Beim Studium der Brakteaten allein, zu Marburg bei Wolfgang Heß und Niklot Klüßendorf zweifellos intensiv zur Kenntnis genommen, blieb es bei Ihnen freilich nicht. Der Althistoriker Hans Werner Ritter legte auch bei Ihnen die Basis für solide Kenntnisse in der antiken Numismatik. Er ist auch mir als Lehrer in ausgezeichneter Erinnerung, brachte er dem Studenten doch geduldig und mit der ihm eigenen präzisen Beobachtungsgabe das Bestimmen römischer Fundmünzen bei. Inzwischen geben Sie die Fackel der numismatischen Wissenschaft als Lehrbeauftragter in Göttingen weiter, wobei der Lehrauftrag im Bereich der Historischen Hilfswissenschaften angesiedelt ist. Dieses Wort allein definiert bereits klar die Bedeutung der Numismatik: Sie bringt den historischen Wissenschaften als authentische und vieles erhellende Quelle wahre Hilfe.

Ihre nun schon ein viertel Jahrhundert währende Tätigkeit in Hannover hat Ihnen das Vertrauen und die Achtung vieler Kollegen gewonnen. Seit elf Jahren sind Sie Vorsitzender der Numismatischen Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, seit sieben Jahren Vizepräsident von ICOMON, International Committee of Money and Banking Museums, und haben in diesen Eigenschaften viel bewirkt. Als ordentliches Akademiemitglied der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft haben Sie zum großen Nutzen der Numismatik einen fruchtbringenden Kontakt hergestellt und auch eine Brücke geschlagen von der Numismatik zu den Naturwissenschaften.

Vieles muss aus Zeitgründen in diesem Rahmen unerwähnt bleiben, sicher aber nicht Ihre Haupttätigkeit als Kustos am Niedersächsischen Landesmuseum Hannover und als Betreuer des Königlichen Münzkabinetts (früher Niedersächsisches Münzkabinett der Deutschen Bank). Nur als ein Beispiel möchte ich hier Ihre schöne Ausstellung „Vom Taler zur Mark“ nennen, die gleichermaßen für Fachnumismatiker und die breite Öffentlichkeit interessant war und die viele Menschen als Wanderausstellung mit 69 Stationen erreicht hat. […]

Aber zurück zur Münzensammlung der Welfen: Die alte, seit 1745 sukzessive aufgebaute Welfensammlung war 1983 durch den kunstsinnigen Vorsitzenden, damals bereits Ehrenvorsitzenden der Deutschen Bank, Hermann Josef Abs, für die Deutsche Bank angekauft und somit für Wissenschaft und Öffentlichkeit gerettet worden. Als sich als Folge der Wirtschaftskrise die Deutsche Bank vor vier Jahren von diesem bedeutenden nationalen Kulturgut „Welfensammlung“ trennen wollte, und ihr weiteres Schicksal ungewiss war, gab es viele Initiativen, diesen Schatz nicht nur für die Öffentlichkeit zu erhalten, sondern auch für den weiteren Verbleib in Hannover zu sorgen. Dass das gelungen ist, zeigt allein schon die Tatsache, dass nun im Niedersächsischen Landesmuseum zu Hannover eine Ausstellung eröffnet wurde, die Reiner Cunz konzipierte. Titel der Ausstellung: „Eine königliche Sammlung – das neue Münzkabinett im Landesmuseum Hannover“. […] Auch weitere Zukunftspläne gibt es, etwa die Idee, wichtige numismatische Sammlungen in Niedersachsen zusammenzuführen und somit ein numismatisches Zentrum aufzubauen.

Es gibt viel zu tun, lieber Herr Cunz, und das neben der täglichen Arbeit des Museumsnumismatikers. Die soeben eröffnete Sonderausstellung mit Cimelien aus der Welfensammlung gibt einen ersten kleinen Vorgeschmack, eine vergleichsweise winzige Kostprobe. Der Eligius-Preis ist Ihnen einstimmig von der Jury zuerkannt worden, natürlich nicht nur wegen dieser Kostprobe in der neuen Ausstellung, sondern ob Ihres steten Engagements für die Numismatik, Ihre integrierende Arbeit in vielen Gremien und Organisationen und für Ihre Lehr- und Museumsarbeit in all ihren Facetten. Sie haben mir gegenüber betont, dass Sie die Welfensammlung als bescheidener Landesbediensteter nicht gerettet haben, sondern dass dies durch die Einsicht der maßgeblichen Politiker geschehen ist, natürlich angeregt durch das große, ja unerwartet hohe Interesse der Öffentlichkeit. Diese großartige Sammlung ist jedenfalls weiterhin Ihr reiches Arbeitsfeld, und man kann überzeugt sein, dass Sie weiterhin in und mit ihr arbeiten werden, zum Nutzen der wissenschaftlichen Numismatik und der Öffentlichkeit.



 

Eligiuspreis 2009 - Peter Götz Güttler

  Eligiuspreis 2009  
     
 

Peter Götz Güttler

Alljährlich vergibt die Deutsche Numismatische Gesellschaft (DNG)) den Eligiuspreis, benannt nach dem Goldschmied und späteren Bischof von Noyon, an eine verdienten Numismatiker, sei es Fachwissenschaftler, Händler oder Sammler. In diesem Jahr kürte die fünfköpfige Jury den Dresdner Künstler Peter Götz Güttler. Im Namen der DNG gratulieren wir, das Präsidium der DNG, herzlich zu dieser Auszeichnung!

Mit dürren Lebensdaten, die zweifellos am Anfang stehen müssen, ist es nie getan. 1939 in Greifswald geboren, Forstarbeiter-Lehre, Abitur 1959 in Potsdam, Studium der Architektur in Dresden und seit 1969 in einem namhaften Dresdner Architekturbüro tätig, deckt nur die eine Seite der Persönlichkeit ab, Hinzu kommt eine Weiterbildung auf dem Sektor Malerei, Grafik, Plastik, die Güttler teilweise auch autodidaktisch betreibt. Und die dritte Seite: die Heirat mit Heiderose Heger, einer künstlerisch tätigen Frau.

Güttlers Werk umfasst, wie Rainer Albert in NNB 48, 1999, S. 313 f. feststellt, mehr als 300 Medaillen, „… fast alle Stücke aus Weißmetall und patiniert von ihm selbst ohne jegliche Inanspruchnahme von Fremdleistungen als reiner Künstlerguß …“

Warum Güttler als neuen Eligius-Preisträger auszeichnen? Der Sprecher der Jury, Prof. Dr. Dr. Bernhard Overeck, fasste es in einem Schreiben kurz so zusammen: „… der Preisträger (kommentiert) in ganz besonderem Maße und in seiner unverkennbar und immer ansprechenden Art Ereignisse und auch die Persönlichkeiten der DNG und der unter ihrem Dach organisierten Vereine… Das geschieht mit Hilfe des Mediums Medaille.“

Um das Gesagte noch deutlicher und augenfälliger werden zu lassen, sei Güttlers zum 17. Deutschen Numismatikertag geschaffene Plakette, 8,2 x 8,7 cm, 240 g schwer, aus Weißmetall, noch einmal herangezogen. Wie kaum eine andere Schöpfung Güttlers lässt sie Absicht, Numismatik mittels der Medaille zu beflügeln, erkennen. Im Folgenden stütze ich mich auf Rainer Alberts feinsinnige und nachfühlende Interpretation.

„Die Vorderseite variiert den wohl 1503 entstandenen Kupferstich „Nemesis“ von Dürer, gern auch als das ‚Große Glück‘ bezeichnet. Die Flügelgestalt saust mit wehendem Haar und nachflatterndem Gewandzipfel auf einem schaukelndem Seil mit traumwandlerischer Sicherheit auf den rechts als Segment angedeuteten Erdkreis zu. Die Glückskugel aber, auf der Dürers ‚Großes Glück‘ dahin rollt, wurde bei Güttler zu einer Münze …. Da die Numismatiker immer wieder das Bestimmen von Münzen als ‚großes Glück‘ empfinden, hat es ihnen Güttler ermöglicht.“ Die Glückskugel wird von Güttler in einen Taler von 1517 des Speyerer Bischofs Marquard von Hattstein (1560-1584) umgewandelt. Albert resümiert zutreffend: Der „wahre Numismatiker hat sich von der Fessel des Alltags befreit, er hält dem Sauseschritt der Zeit stand und kommt … dank seiner geliebten Objekte, zu innerer Ruhe. Die Numismatik wird so nicht nur personifiziert, sie wird zum Ideal…“ (NNB 44, 1995, S. 111 f.) Bedarf es eines besseren Zeugnisses, um die gute Wahl der Jury zu belegen? Ihr sei an dieser Stelle für ihre gute Arbeit ein herzlicher Dank gesagt.

Wenn Peter Götz Güttler am 3. Oktober 2009 den Eligiuspreis überreicht bekommt, dann empfängt er eine Medaille, die er selbst geschaffen hat. Wie mit aller Kunst, die der Öffentlichkeit übergeben wird, so geschieht es auch jetzt: Des Künstler Schöpfung verabschiedet sich von ihrem Schöpfer und gewinnt ein Eigenleben. Kehrt sie in die Hand des Schöpfers zurück, dann geschieht es mit dem aufrichtigen Dank derer, denen diese Medaille übergeben wurde.
Helmut Schubert

 

Eligiuspreis 2008 - Monika Lücke

  Eligiuspreis 2008  
     
 

Monika Lücke

„Eines der schönsten Häuser Stolbergs steht in der Niedergasse 19“, so beginnt die Beschreibung der „Alten Münze Stolbergs (Harz)“ aus der Feder von Dr. Monika Lücke. Damit sind wir bereits bei der Person angekommen, die die Jury als Preisträgering des diesjährigen Eligius-Preises auswählte.

Dr. Monika Lücke, geboren 1958 in Berlin, studierte von 1976-1980 an der Martin-Luther-Universität Halle Geschichte. Eine Tätigkeit als Wissenschaftliche Assistentin auf dem Sektor der mittelalterlichen Geschichte bei Professor W. Zöllner schließt sich an. 1985 wurde sie mit der Dissertation „Studien zu den hochmittelalterlichen Volkskreuzzügen“ promoviert. Auch nach erfolgreichem Doktorat arbeitet Frau Dr. Lücke weiter als Wissenschaftliche Assistentin am Institut für Geschichte der Martin-Luther-Universität. Sie hält Lehrveranstaltungen in hoch- und spätmittelalterlicher Geschichte sowie in den historischen Hilfswissenschaften (Diplomatik, Paläographie, Sphragistik, Heraldik, Genealogie). Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen Kirchenarchive (u.a. Leichenpredigten), Hexenverfolgung in Sachsen-Anhalt, die Malerunternehmer Lucas Cranach d. Ä. und d. J. in Wittenberg, Topographie mitteldeutscher Städte und Münzstätte Stolberg. Zahlreiche Beiträge aus ihrer Feder weisen sie als Forscherin aus.

Die Deutsche Numismatische Gesellschaft freut sich, dass die Jury mit Frau Dr. Lücke eine Wissenschaftlerin auswählte, zu deren Schwerpunkten auch die Münzprägung und vor allem die Münzstätte Stolberg im Harz zählen. Das belegt ihr Beitrag „Die Alte Münze in Stolberg (Harz)“ in dem ansprechenden Band „… die Mark zu 13 Reichstaler und 8 Groschen beibehalten werde“. Die DNG gratuliert Frau Dr. Lücke zur Preisverleihung recht herzlich und wünscht ihr weiterhin erfolgreiches Forschen und Lehren. Der Preis wird Frau Dr. Lücke während des 5. Deutschen Münzsammlertreffens überreicht werden.
Helmut Schubert



 

 

Eligiuspreis 2007 - Arnold Schwede

  Eligiuspreis 2007  
     
 

Arnold Schwede

Der diesjährige Eligiuspreis der DNG ist von der Jury unter Vorsitz von Prof. Dr. Bernhard Overbeck Herrn Arnold Schwede aus Paderborn zuerkannt worden. Damit wird sein 2004 erschienenes, unter Auswertung der wichtigsten europäischen Münzkabinette, der archivalischen Überlieferung und der Münzfunde erarbeitetes großes Korpuswerk über die Paderborner Münz- und Geldgeschichte der Neuzeit gewürdigt; 2005 folgte ein Katalog der Medaillen im Paderborner und Corveyer Land. Ein Korpuswerk über die neuzeitlichen Münzen der Reichsabtei Corvey, das zur Zeit in Kooperation mit Dr. Peter Ilisch entsteht, soll im Herbst - wie die vorgenannten in den Schriftenreihen des Paderborner Altertumsvereins und der Historischen Kommission für Westfalen und wesentlich finanziert von der Paderborner Volksbank - erscheinen.

Herr Schwede hielt anlässlich der Preisverleihung beim Deutschen Numismatikertag in Nürnberg vom 4. bis 6. Mai 2007 einen Vortrag mit dem Thema „Vom schlechten Geld zum guten Geld. Das Münzwesen in Ostwestfalen während des Dreißigjährigen Krieges“, der im NNB 8/2007, S. 331-336, veröffentlicht wurde.



 

Eligius Preis 2006 - Herbert Ruß

  Eligiuspreis 2006  
     
 

Hubert Ruß

Die Eligiuspreis-Jury der Deutschen Numismatischen Gesellschaft unter Vorsitz von Prof. Dr. Bernhard Overbeck sprach den Eligiuspreis 2006 Dr. Hubert Ruß zu. Der von den Münzenhandlungen Dr. Busso Peus Nachf., Frankfurt/M., und Fritz Rudolf Künker, Osnabrück, unterstützte Preis wurde am 29. April 2006 anlässlich des 3. Deutschen und 14. Mitteldeutschen Münzsammlertreffens in Dresden überreicht. Nachstehend bringen wir Auszüge aus der Laudatio von Jury-Mitglied Dr. Björn-Gunnar Haustein.

 

 

 

 

 

Sehr geehrter Herr Dr. Ruß, sehr geehrter Herr Präsident Dr. Dethlefs, meine Damen und Herren!

[…] Beeindruckend ist das vorliegende neue Standardwerk für Sachsen-Coburg-Gotha mit dem Titel Die Münzen des Fürsten- und Herzogtums Coburg von 1577 bis 1918. Die Prägungen der in Coburg regierenden sächsischen Herzöge von Dr. Hubert Ruß. In diesem zweibändigen Standardwerk werden in der Reihenfolge der in Coburg regierenden Herzöge aus der ernestinischen Linie des Hauses Sachsen alle bisher bekannten Nominale und Jahrgänge der in Coburg gültigen Münzen erfasst. Dabei werden neben den einzelnen Münztypen auch alle Varianten aufgezeigt. Erstaunlich ist die Vielzahl der Stempelvarianten, mit denen die Münzen geprägt wurden. Ein Kapitel mit den Rechenpfennigen und Kleingeldersatzmarken beschließt das umfangreiche Werk. Ausgewertet wurden gleichzeitig die einzelnen Archive. Gesichtet und ausgewertet wurden die Bestände in den Münzkabinetten in Berlin, Coburg, Dresden, Gotha, London, München, Nürnberg, Saalfeld, St. Petersburg, Stuttgart, Weimar und Wien, außerdem in den Kabinetten der Deutschen Bundesbank und des Historischen Museums in Frankfurt sowie im Staatsarchiv Coburg. Die Ergebnisse sind in den jeweiligen Kapiteln berücksichtigt, so z.B. Ausführungen über die einzelnen Münzstätten und Prägezahlen sowie über das Leben der Bevölkerung. Die Erklärung der Wappendarstellungen und Umschriften auf den Münzen sowie das in den Quellen fassbare Personal in den einzelnen Münzstätten, in denen die Coburger Münzen geschlagen wurden, ist in einem Anhang zusammengestellt. Auf eine Darstellung der Medaillenprägung wurde in diesem Buch aus Platzgründen verzichtet. Sie soll Gegenstand einer späteren Bearbeitung sein. Ausgeklammert wurde auch die mittelalterliche Münzprägung Coburgs, die derzeit von Dieter Heus neu bearbeitet wird. […]

Die Vorarbeiten und Co-Autoren zu diesem Standardwerk dürfen bei der Würdigung des Preisträgers nicht ungenannt bleiben. Im Jahre 1979 erschien die Münz- und Geldgeschichte von Coburg 1265-1923 von Walter Grasser. […] Fast gleichzeitig beschäftigte sich auch Otto Kozinowski intensiv mit der Coburger Münz- und Geldgeschichte zwischen 1577 und 1918, er konnte bis zu seinem frühen Tode im Jahre 1994 eine umfangreiche Materialsammlung und eine Fülle von neuen Erkenntnissen zusammentragen, die weit über die von Walter Grasser vorgelegten Bestände an Coburger Münzen hinausgingen. […] Das vorliegende Werk baut auf den Vorarbeiten von Otto Kozinowski auf. […] Erfasst wurden die Prägungen der Herzöge aus den verschiedenen ernestinischen Linien, die das Fürsten- und Herzogtum Coburg regierten und deren Münzen hier Geltung besaßen. Uneingeschränkte Unterstützung durch seinen Co-Autor Jürgen Otto fand Hubert Ruß jederzeit bei seinen weiterführenden Studien zur Münz- und Geldgeschichte Coburgs. So schreibt Hubert Ruß in seinem Vorwort: „Die Ergebnisse seiner langjährigen Forschungen bilden einen wichtigen Bestandteil der vorliegenden Arbeit. Auch bei der Auswertung der jetzt leichter zugänglichen Bestände der Münzkabinette in Sachsen und Thüringen war seine Hilfe unverzichtbar.“

Gestatten Sie mir noch einige Ausführungen zu den Lebensstationen des Preisträgers Dr. Hubert Ruß:
Geboren: 26.10.1962 in Baunach, Kreis Bamberg, verheiratet und zwei Töchter. - Studium 1982-1987: Diplomstudiengang Geschichte an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg mit den Schwerpunkten Mittelalterliche Geschichte (inkl. Landesgeschichte), Historische Hilfswissenschaften und Denkmalpflege. - 1987: Preis des Praxisforums der Otto-Friedrich-Universität Bamberg für hervorragende Studienleistungen. - 1991: Promotion mit einem Thema aus der mittelalterlichen fränkischen Landesgeschichte (Grafen von Truhendingen) an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.

Zur beruflichen Tätigkeit:
1987-1989: Wissenschaftlicher Volontär und Mitarbeiter am Historischen Museum in Bamberg. - 1990-1995: Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Numismatischen Abteilung des Privatbankhauses Partin & Co. in Bad Mergentheim. - Seit 1.10.1995: Verantwortlicher Numismatiker für die Fachgebiete Mittelalterliche und Neuzeitliche Münzen und Medaillen in der Numismatischen Abteilung von Hauck & Aufhäuser, Privatbankiers KGaA, München-Frankfurt/Main. - Seit 2000: Von der IHK für München und Oberbayern öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Münzen und Medaillen des Mittelalters und der Neuzeit.

Zur Tätigkeit in der DNG:
Seit 1995: Mitglied in der Bayerischen Numismatischen Gesellschaft (BNG). - Seit 2000: Kassenprüfer der BNG.

Sonstige Tätigkeiten:
1993/1994: Konzeption und Moderation eines sog. Münztips für einen lokalen Hörfunksender in Tauberfranken, in dem den Hörern ein Überblick über die Geschichte des Geldes vermittelt wurde. - 1994: Kursleiter eines Kurses Einführung in die Numismatik für Sammler an der VHS Bad Mergentheim. - Darüber hinaus diverse Vorträge zu numismatischen und landesgeschichtlichen Themen.

Die vielfältigen numismatischen und heimatgeschichtlichen Tätigkeiten des Preisträgers finden ihren Niederschlag in einer Reihe von Publikationen:

Neben dem vorliegenden Coburg-Corpus wären als eigenständige Publikationen zu nennen der Kirchenführer von St. Oswald in Baunach aus dem Jahre 1984 und seine Dissertation Die Edelfreien und Grafen von Truhendingen, veröffentlicht als Band 40 der Gesellschaft für fränkische Geschichte.

In ca. 16 Zeitschriftenaufsätzen werden sowohl numismatische als auch heimatgeschichtliche Themen behandelt, so z. B. Der Münzfund von Serkendorf, Zwei kleinasiatische Imitationen neapolitanischer Gigliati (Aydin), Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn (1726-1740) als zweiter Gründer der Bamberger Hochschule auf Münzen und Medaillen, Zur Münzprägung der Andechs-Meranier im Rahmen der fränkischen Münz- und Geldgeschichte und Kippergeld aus der Markgrafschaft Bayreuth sowie Das Baunacher Stadtrecht von 1328 und 1341 und Bamberg - Geschichte und städtebauliche Entwicklung.

Schließlich zeichnet Herr Dr. Ruß auch für die Herausgabe und Bearbeitung von Münzkatalogen verantwortlich: Katalog Nr. 31 bis 47 des Bankhauses Partin in Bad Mergentheim und Katalog Nr. 12 bis 19 der Numismatischen Abteilung des Bankhauses Auuhäuser bzw. von Hauck & Aufhäuser Privatbankiers.

[…] Sehr geehrter Herr Preisträger Dr. Ruß, ich darf Ihnen nochmals zu dieser Auszeichnung, und das auch im Namen aller Anwesenden, ganz herzlich gratulieren. […]